9 Zusammenfassung und Fazit
Arbeitgeber können generell das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreiben. Ist diese überwiegend fremdnützig, gilt ihr An- und Ablegen als Arbeitszeit; hierfür sind dann auch im Betrieb Umkleideräume einzurichten. Besteht eine Verpflichtung zum Umkleiden im Betrieb, sind die Umkleidezeiten immer vergütungspflichtig. Gleiches gilt für die innerbetrieblichen Wegezeiten dafür, allerdings nicht von der Wohnung zur Arbeitsstelle. Grundsätzlich sind Regelungen zum Thema Dienstkleidung mitbestimmungspflichtig. Arbeitgeber können mit dem Betriebsrat entsprechende Pauschalabgeltungen hinsichtlich der Umkleide- und Wegezeiten vereinbaren.
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Quelle: Arbeit & Arbeitsrecht | Ausgabe Nr. 2 / 2014
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1 Neue Rechtsprechung
Bereiche, in denen Berufskleidung getragen wird, sind hauptsächlich Handwerk und Industrie, Gastronomie und Einzelhandel oder die Medizinbranche. Oftmals findet sich Dienstkleidung in der Gestalt von Uniformen aber auch bei zahlreichen anderen Unternehmen, wie Fluggesellschaften. Hierbei soll das Unternehmen nach außen präsentiert werden, zugehörige Mitarbeiter als solche erkannt werden. In anderen Bereichen hat die Berufskleidung eine Schutzfunktion, sie schützt entweder den Arbeitnehmer selbst vor Verletzungen oder den „Kunden“, im Krankenhaus etwa die Patienten vor der Übertragung von Infektionen. Zum Thema hat das BAG vor einiger Zeit eine neue Entscheidung gefällt (Urt. v. 19.9.2012 – 5 AZR 678/11, AuA 7/13, S. 438). Eine OP-Krankenschwester musste bei Betreten des Krankenhauses zunächst im Untergeschoss ihre Privatkleidung gegen ihre Berufskleidung wechseln, sodann in das Dachgeschoss des Krankenhauses fahren, um dann in der dortigen Umkleide „Bereichskleidung“ (Hose und Oberteil mit V-Ausschnitt (Scrubs) anzulegen. Erst anschließend durfte sie den im Dachgeschoss untergebrachten OP-Bereich betreten. Dieses zweifache Umziehen wurde vom Arbeitgeber nur teilweise und darüber hinaus pauschaliert vergütet.
Im Hinblick auf diese neue Entscheidung stellt sich die Frage, wie Umkleide-, Wege- und Waschzeiten arbeitsrechtlich und vergütungstechnisch zu behandeln sind, und welche Beteiligungsrechte der Betriebsrat geltend machen kann. Dazu ist zunächst einmal zu beurteilen, welche Funktion die Dienstkleidung bei der konkreten Tätigkeit hat. Oftmals dient sie der Erkennbarkeit als Beschäftigte des Unternehmens. Anhand der Kleidung soll der Kunde Mitarbeiter identifizieren und sich mit Fragen an sie wenden können. Dies gilt bspw. für Verkäufer in einem Geschäft oder Kellner in einem Restaurant. Schutzfunktion hat Berufskleidung oftmals in der Industrie (Schutzbrille, -schuhe, -handschuhe). Eine hygienische Funktion erfüllt sie hingegen in Krankenhäusern oder anderen Pflegeeinrichtungen. Das Tragen der Dienstkleidung ist in manchen Bereichen aus arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten geboten und bspw. durch § 15 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben. Unabhängig von der Funktion der Arbeitskleidung hat der Arbeitnehmer i. d. R. keine Einflussmöglichkeit auf das Tragen der, durch den Arbeitgeber
vorgeschriebenen Kleidung.
8 Freiwillige Pauschalabgeltung durch Betriebsvereinbarung
Es stellt sich daher die Frage, ob ein Unternehmen mit dem Betriebsrat überhaupt eine Pauschalregelung zur Abgeltung von Umkleide- und Wegezeiten in einer Betriebsvereinbarung treffen kann oder ob dies aufgrund der Entscheidung nach Art. 75 Abs. 4 BayPersVG nun nicht mehr möglich ist. Die Vorschrift regelt die Mitbestimmung in Personalangelegenheiten und sozialen Angelegenheiten und entspricht in etwa dem, was in § 87 Abs. 1 BetrVG niedergelegt ist. So regeln die Nr. 1 bis 3 z. B. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Dienstbezüge, Arbeitsentgelt und die Aufstellung des Urlaubsplans. Übertragen auf den Betriebsrat hieße dies Folgendes: Der Arbeitgeber kann nicht zusammen mit dem Gremium über eine pauschalierte Abgeltung von Umkleide- und Wegezeiten bestimmen. Diese Schlussfolgerung ist bei einer genaueren Analyse allerdings nicht zutreffend.
Zwar ist richtig, dass sich die Pauschalabgeltung durch Betriebsvereinbarung nicht aus dem Mitbestimmungsrecht „Beginn und Ende der Arbeitszeit“ aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ableiten lässt, da diese sich nicht auf die Dauer der Arbeitszeit bezieht. Insofern laufen die benannten Vorschriften gleich.
Dennoch kann man hieraus nicht auf eine generelle Unwirksamkeit von Pauschalabgeltungen durch Betriebsvereinbarungen schließen: Das bayerische Personalvertretungsrecht lässt Dienstvereinbarungen nur für gesetzlich normierte Fälle in Art. 75 Abs. 4, Art. 75a Abs. 1 und Art. 76 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 zu. In diesen Normen ist die zwingende Mitbestimmung des Personalrats geregelt. Im Gegensatz zum BetrVG (§ 88) ist es nach dem bayerischen Personalvertretungsrecht jedoch nicht möglich, freiwillige Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Zwar fällt der Abschluss nicht unter einen der Regeltatbestände des § 88 BetrVG (Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen; betrieblicher Umweltschutz; Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; Förderung der Vermögensbildung; Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb), der Abschluss freiwilliger Betriebsvereinbarungen ist aber auch in anderen Bereichen möglich.
Praxistipp
Eine Pauschalabgeltung durch Betriebsvereinbarung kann auf freiwilliger Basis erfolgen. Aus praktischen Gründen ist dies durchaus sinnvoll, da hier eine verbindliche Regelung für eine Vielzahl der Arbeitnehmer möglich und der Arbeitgeber nicht gezwungen ist, individualvertragliche Regelungen mit jedem einzelnen Mitarbeiter zu treffen. Es steht Unternehmen daher frei, mit dem Betriebsrat Pauschalabgeltungen hinsichtlich der Umkleide- und Wegezeiten zu vereinbaren. Dies jedenfalls so lange, wie eine Betriebsvereinbarung nicht aufgrund einer tariflichen oder tarifüblichen Regelungen unzulässig ist (§ 77 Abs. 3 BetrVG). Anderes gilt für Arbeitgeber, die als Sozialpartner mit einem Personalrat verhandeln müssten. Diesen bleibt letztlich nichts anderes übrig, als mit den Beschäftigten individuelle Vereinbarungen zu treffen.
7 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Regelungen zur Berufskleidung betreffen grundsätzlich das Ordnungs- und Arbeitsverhalten – zumindest dann, wenn die Kleidung nicht notwendige Voraussetzung für die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung ist. Insofern kann der Betriebsrat hier ein Mitbestimmungsrecht geltend machen (BAG, Beschl. v. 13.2.2007 – 1 ABR 18/06, NZA 2007, S. 640). Anders könnte es hingegen bei Schutzkleidung sein. Ist bestimmte Schutzkleidung bspw. bei der Arbeit in Tiefkühlbereichen vorgeschrieben und muss der Arbeitnehmer Schutzhandschuhe, Brillen etc. tragen, kann dies vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht erfasst sein, da hier auch der Arbeitgeber keine Einflussmöglichkeiten hat (BAG, Beschl. v. 15.12.1961 – 1 ABR 3/60, NJW 1962, S. 759).
Wirklich interessant ist die Entscheidung des BAG zum Fall der OP-Krankenschwester in einem Punkt, den das Gericht nur anreißt: Es gab eine Dienstvereinbarung (DV 2010) des Personalrats über „die vergütungs- bzw. arbeitszeitliche Behandlung von Wege- und Umkleidezeiten des betroffenen OP- und Anästhesiepflegepersonals“, in der es hieß: „Unter Zugrundelegung der durch zusätzliches Umkleiden und Zurücklegen der erforderlichen Wege anfallenden Zeiten haben die Beschäftigten, die in den Geltungsbereich dieser Dienstvereinbarung fallen, Anspruch auf Vergütung einer pauschalierten zuschlagslosen Wege- und Umkleidezeit von 15 Minuten pro Anwesenheitsschicht am Campus G, …“ Die Umkleide- und Wegezeiten wurden somit nach Willen der Parteien pauschal abgegolten. Wie das BAG aber dann in einem Satz feststellte, war eine derartige pauschalierte Abgeltung durch Dienstvereinbarung unwirksam. Es führte aus: „Das bayerische Personalvertretungsrecht lässt den Abschluss von Dienstvereinbarungen zur Dauer der Arbeitszeit, auch einzelner Teile davon, und eine vom Tarifvertrag abweichende Vergütungsregelung nicht zu, Art. 73 Abs. 1 i. V. m. Art. 75 Abs. 4 BayPersVG. Das führt zur Unwirksamkeit der DV 2010.“
Die Argumentation des BAG beschränkte sich darauf, festzustellen, dass der Personalrat lediglich ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des Beginns und Ende der Arbeitszeit hat. Dieses erstrecke sich jedoch nicht auf die tägliche Dauer der Arbeitszeit. Dies ist zutreffend. Der Arbeitgeber kann bspw. nicht einseitig anordnen, dass sich die Mitarbeiter vor Beginn und nach Ende der Arbeitszeit umziehen, weil hier der Personalrat oder der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht zu Beginn und Ende der Arbeitszeit geltend machen kann. Er kann aber außerhalb der Arbeitszeit deren Dauer im Rahmen von angeordneten Überstunden faktisch verlängern. Die monetäre Abgeltung der Umkleide- und Wegezeiten durch eine pauschale „Verlängerung“ der Arbeitszeit um 15 Minuten – so das BAG – sei gem. Art. 75 Abs. 4 BayPersG nicht zulässig.
6 Einrichten einer Umkleide für das Personal
Ist die Arbeitskleidung besonders auffällig, muss das Unternehmen Umkleideräume einrichten. Dies gilt zumindest dann, wenn ein Umkleiden am konkreten Arbeitsplatz (Schreibtisch, Schalter, Kasse etc.) nicht möglich ist. Besteht die Arbeitskleidung bspw. lediglich in einem mit Firmenlogo versehenen Kittel, den der Arbeitnehmer nur über seine Alltagskleidung überziehen muss, so reicht es hier aus, dass er dies am Arbeitsplatz tut. Ein solcher Umkleidevorgang dauert lediglich wenige Sekunden. Anders stellt es sich allerdings dar, wenn die Arbeitskleidung z. B. in Hemd und Weste mit Firmenlogo, oder gar Hose und Jackett in einer bestimmten Farbgebung (oft bei Flugpersonal der unterschiedlichen Airlines) besteht.
Arbeitskleidung, die besonders auffällig ist, muss der Beschäftigte nicht auf dem Weg zur Arbeit tragen – dieser gilt nicht als Arbeitszeit. Auch möchte der Mitarbeiter in seiner Freizeit möglicherweise nicht von jedem gleich als einem bestimmten Unternehmen zugehörig identifiziert werden. Der Arbeitgeber darf daher den Arbeitnehmer auch nicht darauf verweisen, dass er bereits zuhause die Dienstkleidung anlegen müsse. Er ist dann gehalten, separate Umkleideräume für Beschäftigte bereitzuhalten. Zudem darf er den Mitarbeiter nicht anweisen, sich in den betrieblichen Toiletten umzuziehen. Eine derartige Anweisung ist nicht zumutbar. In der Entscheidung zur Fluggesellschaft führte das BAG aus, die Mitarbeitertoiletten dienten anderen Zwecken und seien aufgrund der hygienischen Zustände und der räumlichen Enge keine geeigneten Umkleideräume (Beschl. v. 17.1.2012, a. a. O.). Auch wenn ein Umkleiden auf den Toiletten zwar prinzipiell möglich sei, böten diese keinen angemessenen Ersatz für Kabinen und die Beschäftigten würden faktisch dazu gezwungen, auf dem Weg zur und von der Arbeit die Dienstkleidung zu tragen. Dies sei eine unangemessene Beeinträchtigung ihrer privaten Lebensführung.
5 Wegezeit von der Wohnung zur Arbeit
Nicht als Arbeitszeit gilt nach wie vor der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstelle. Dies hat das BAG in der Entscheidung aus dem letzten Jahr ebenfalls klargestellt. Im Fall der OP-Krankenschwester war somit der Weg vom Eingang des Klinikgebäudes bis zur Umkleide in der Tiefparterre keine Arbeitszeit. Diese begann erst bei Ankunft in der Umkleide. Muss der Arbeitnehmer dann allerdings im Betrieb Dienstkleidung anlegen, so ist ihm der Weg von der Umkleide bis zum Arbeitsplatz als Arbeitszeit zu vergüten. So war der Weg von der Umkleide in der Tiefparterre (Anlegen der Berufskleidung) bis zum OP-Bereich (Anlegen von Bereichskleidung) Arbeitszeit.
Darüber hinaus ist nach dem BAG Arbeitszeit nur die Zeitspanne, die für den einzelnen Mitarbeiter unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit für das Umkleiden und das Zurücklegen des Weges von der Umkleide- zur Arbeitsstelle erforderlich ist.
Wichtig
Vergütungspflichtig ist nur die Zeit, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden und für den Weg an seinen Arbeitsplatz tatsächlich benötigt. Der Beschäftigte hat keinen Anspruch darauf, dass ihm Umkleidezeiten pauschaliert vergütet werden, wie die Krankenschwester es im vorliegenden Fall beantragt und Vergütung für 30 Minuten Umkleide- und Wegezeit pro Arbeitstag gefordert hatte. Erfolgt das Umkleiden nicht in der festgelegten Arbeitszeit, so sind dem Mitarbeiter die Umkleide- und Wegezeiten als Überstunden anzuerkennen. Diese können dann je nach Regelung im Arbeitsvertrag entweder als Überstunden – ggf. mit Überstundenzuschlag – vergütet oder in Freizeit ausgeglichen werden.
3 Fremdnützigkeit
Ob beim individuellen Umkleidevorgang Arbeitszeit vorliegt, beurteilt sich nach deren Fremdnützigkeit. Dazu ist erforderlich, dass das Unternehmen das Tragen bestimmter Kleidung vorschreibt und der Umkleidevorgang im Betrieb erfolgen muss. Ist bspw. nur eine allgemeine Farbgebung vorgegeben (schwarze Hose, helles Oberteil für Kellner) und wird die Kleidung weder vom Arbeitgeber gestellt noch mit Firmenlogo versehen, so kann von keiner Fremdnützigkeit ausgegangen werden. Der Arbeitnehmer ist nicht als dem Unternehmen zugehörig zu identifizieren. Anders kann es sich jedoch bereits darstellen, wenn dem Beschäftigten das Tragen eines Hemdes oder einer Weste mit großem Firmenlogo vorgeschrieben ist, welches gut und auch von weitem erkennbar ist. Maßgeblich ist nicht, was das Unternehmen für auffällig hält. Kriterium für die Fremdnützigkeit ist allein, was ein objektiver Dritter als auffällige Kleidung im öffentlichen Raum ansehen würde. Fraglich ist daher allein, ob der Mitarbeiter im öffentlichen Raum als ein solcher seines Arbeitgebers zu identifizieren ist.
4 Vergütungspflicht
Wenn der Arbeitnehmer bei seiner Tätigkeit Dienstkleidung tragen muss, sind dann die Umkleidezeiten vom Arbeitgeber zu vergüten? Das BAG hat festgestellt, dass es hier gerade keinen Automatismus gibt. Es muss sich beim Anlegen der Dienstkleidung um „versprochenen Dienst“ handeln, d. h. um eine Tätigkeit, die vom Beschäftigten verlangt wird und die mit der eigentlichen Tätigkeit unmittelbar zusammenhängt (Urt. v. 19.9.2012, a. a. O.). Bei der Umkleidezeit verfolgt das BAG lediglich seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2000 weiter. Bereits damals hatte das Gericht entschieden, dass Umkleide- und Waschzeiten bei „Müllwerkern“ vergütungspflichtig sind. Es hatte argumentiert, dass, wenn die Dienstkleidung notwendig im Betrieb angelegt werden muss, dort nach Beendigung der Tätigkeit zu verbleiben hat und der Arbeitnehmer arbeitsschutzrechtlich ohne sie die Arbeit gar nicht aufnehmen darf, diese Zeiten vergütungspflichtig sind.
Hier diene das Umkleiden und das Anlegen der vorgeschriebenen Schutzkleidung nicht gleichermaßen einem eigenen Bedürfnis des Mitarbeiters. Es diene vorwiegend dem fremden Bedürfnis des Unternehmens, das ihn ohne die entsprechende Ausrüstung nicht einsetzen dürfte. Es sei nicht überzeugend, führte das BAG weiter aus, diese Handlungen gleichsam als Vorbereitung der Freizeit und damit als lediglich einem eigenen Bedürfnis des Arbeitnehmers dienend zu betrachten. Sie seien notwendig für die Wiederherstellung des Zustands vor der Tätigkeitsaufnahme und beendeten lediglich dessen insgesamt fremdnützige Veränderung (Urt. v. 11.10.2000 – 5 AZR 122/99, NZA 2001, S. 458).
Ordnet der Arbeitgeber das Umkleiden im Betrieb an oder besteht eine Verpflichtung zum Umkleiden dort, sind die Umkleidezeiten immer vergütungspflichtig. Bisher ungeklärt war hingegen, wie die Wegezeiten von und zu den Umkleidekabinen zu behandeln sind. In vielen Unternehmen war es üblich, sich erst nach dem Umkleiden vor Arbeitsbeginn ein- und vor dem Umkleiden nach Arbeitsende auszustempeln. Auch gab es teilweise hierzu explizite Anweisungen, wie in dem Fall einer Fluggesellschaft (BAG, Beschl. v. 17.1.2012 – 1 ABR 45/10, NZA 2012, S. 687). In manchen Betrieben liegen zwischen der Umkleide und dem Arbeitsplatz mehrere Minuten Wegstrecke. Das BAG hat nun klargestellt, dass auch diese als Arbeitszeit gilt und als solche vergütungspflichtig ist (Urt. v. 19.9.2012, a. a. O.). Denn auch die Wegezeiten legt der Beschäftigte im Rahmen der versprochenen Leistung zurück.
2 Arbeitszeit
Ist der Mitarbeiter durch gesetzliche Vorschriften oder Unternehmensrichtlinien gezwungen, Berufskleidung zu tragen, so stellt sich ihm berechtigterweise die Frage, ob der Wechsel der Alltags- in die Berufskleidung Arbeitszeit darstellt oder in der Arbeitszeit erfolgen kann. Wann genau beginnt und endet seine Arbeitszeit und wie wird sie vergütet? Das BAG hat in der Entscheidung vom 19.9.2012 eine zweistufige Prüfung vorgenommen und unterschied zwischen dem Vorliegen von Arbeitszeit und der Vergütungspflicht. Der in vielen Gesetzen und Vorschriften verwendete Begriff der Arbeitszeit ist nicht deckungsgleich. Gem. § 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist sie die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit. Definiert wird der Begriff im ArbZG ausdrücklich als „Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes“, also im arbeitsschutzrechtlichen Sinne. Wegezeiten von der Wohnung des Beschäftigten bis zum Betrieb zählen nicht als Arbeitszeit, die vom Betrieb zu einer außerhalb gelegenen Arbeitsstelle hingegen schon (Wank in ErfKo, 13. Aufl . 2013, § 2 ArbZG, Rdnr. 16). In einem vom Bayrischen Oberlandesgericht (BayObLG) entschiedenen Fall wurde problematisiert, ob der Transport von der Betriebs- zur auswärtigen Arbeitsstätte in betriebseigenen Transportmitteln Arbeitszeit darstellt. Arbeitszeit i. S. d. arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften ist nach dieser Entscheidung die Zeit, während welcher der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung im Betrieb, d. h. der Arbeitsstelle, an der er Arbeiten zu verrichten hat, zur Verfügung steht oder aber außerhalb des Betriebs tatsächlich arbeitet (BayObLG, Beschl. v. 23.3.1992 – 3 ObOWi 18/92, NZA 1992, S. 811). Angeknüpft wird hierbei an die tatsächliche Arbeitsleistung, nicht an die, die der Mitarbeiter vertraglich schuldet (Joachim/Wichert in Hümmerich/Boecken/Düwell, 2. Aufl . 2010, § 2 ArbZG).
Nach Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist Arbeitszeit jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Auch das BetrVG hat eine eigene Definition der Arbeitszeit. § 87 Abs. 1 Nr. 2 gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Das Gremium bestimmt hierbei über die Grenze zwischen Arbeits- und Freizeit. Erstere ist nach dem BetrVG die Zeit, während der der Arbeitnehmer die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen soll. Das Mitbestimmungsrecht zur Arbeitszeit umfasst jedoch nicht die Vergütung.