Arbeitgeber haben ein großes Interesse daran, ihre Arbeitnehmer möglichst dauerhaft an das Unternehmen zu binden. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels kommt diesem Umstand wachsende Bedeutung zu. In erster Linie gelingt die Umsetzung dieses Ziels, wenn der Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen insgesamt attraktiv gestaltet werden. Die Möglichkeiten hierfür sind so vielfältig wie das Arbeitsleben selbst. Wie das Ziel der Mitarbeiterbindung dann im Einzelfall erreicht wird, ist deshalb im Kern eine Frage des Tatsächlichen.

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Foto von John Schnobrich

Eine rechtliche Bindung des Beschäftigten gestaltet sich dagegen deutlich schwieriger. Entsprechende Vereinbarungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, soweit sie vom Arbeitgeber nach § 310 Abs. 3 BGB vorformuliert sind. Dies ist in der Praxis der Regelfall.

Im Rahmen der AGB-Kontrolle hat sodann eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden, die auf den gesetzlichen Ausgangspositionen fußt. Hier kommt insbesondere Art 12 Abs. 1 GG zum Tragen, der für den Arbeitnehmer im Rahmen seiner Berufsausübungsfreiheit auch die Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltet.

Diese grundrechtliche geschützte Position gewichtet das BAG richtigerweise sehr hoch, wie sich etwa an der strengen Rechtsprechung zu Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungskosten ablesen lässt (zuletzt BAG, Urt. v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12). Die berufliche und wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Arbeitnehmers darf durch verlängerte Kündigungsfristen nicht beschränkt werden.

Auf dieser Rechtsprechungslinie liegen auch die Erwägungen zu der vorliegenden Entscheidung. Eine Bindungsdauer von drei Jahren ist nicht zu rechtfertigen, auch wenn die absolute Höchstdauer nach § 624 BGB und § 15 Abs. 4 TzBfG nicht überschritten ist. Eine so lange Bindung könnte auch nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein. Der Arbeitgeber müsste schon eine ganz erhebliche Kompensation für einen so langen Verzicht auf das Kündigungsrecht bieten, um diesen zu rechtfertigen. Dies dürfte sich allenfalls im Rahmen sehr werthaltiger Arbeitsleistung abspielen, die dem Bereich der Gestaltung von Dienstverträgen für Geschäftsleiter inhaltlich nahekommt. In Fallgestaltungen wie der vorliegenden dürfte das geradezu fernliegend sein.

Arbeitgeber sollten sich im Klaren darüber sein, dass der Versuch einer rechtlichen Bindung von Arbeitnehmern jedenfalls in der breiten Masse praktisch schwierig bis unmöglich ist. Wenn gleichwohl entsprechende Bindungsvereinbarungen getroffen werden, sind diese oftmals nicht durchzusetzen. Arbeitgebern ist daher der weniger juristische als vielmehr praktische Rat zu geben, in Fragen der Mitarbeiterbindung auf die tatsächliche Ausgestaltungen der Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses zu achten. Nicht von ungefähr greift die Begrifflichkeit des Employer Brandings zunehmend Raum.

 

Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA 5/18, S. 310.

Das BAG hat das Berufungsurteil bestätigt. Die Verlängerung der Kündigungsfrist ist unwirksam wegen einer Benachteiligung des Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach den §§ 305 Abs. 1 Satz 1, 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Als vorformulierte Vertragsbedingung ist die Zusatzvereinbarung der AGB-Kontrolle unterworfen und daher nichtig.

Ist eine vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist wesentlich länger als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Auf Seiten des Arbeitnehmers ist dabei insbesondere auf die Kündigungsmöglichkeit als Bestandteil der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG abzustellen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich durch die Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Jahre eine unangemessene Benachteiligung wegen der ganz erheblichen Betroffenheit in der Berufsausübungsfreiheit des Beklagten. Daran ändert auch der Gleichlauf der Frist für den Arbeitgeber nichts. Der darin liegende Nachteil wird auch nicht durch die gleichzeitig mit vereinbarte Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die gegenständliche Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig festgezurrt hat.

Der Arbeitnehmer ist seit Dezember 2009 bei der Arbeitgeberin als Speditionskaufmann beschäftigt. Er erhält eine Vergütung von 1.400 Euro brutto pro Monat für eine 45-Stunden-Woche. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag. Durch diese verlängert sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende. Mit der Vereinbarung wurde das Bruttogehalt auf 2.400 Euro angehoben. Ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000 Euro stieg die Vergütung weiter auf 2.800 Euro. Das Entgelt sollte bis zum 30.5.2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben.

Der Beklagte kündigte am 27.12.2014 sein Arbeitsverhältnis zum 31.1.2015, da auf den Computern der Niederlassung heimlich im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens der Arbeitnehmer geeignete Programm „PC Agent“ installiert war. Die klagende Arbeitgeberin beantragt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31.12.2017 fortbesteht. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.