Das BAG hat die Berufungsinstanz bestätigt. Die Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 TzBfG i. V. m. dem anzuwendenden MTW wirksam vereinbart worden. Die tarifliche Regelung wird von der gesetzlichen Öffnungsklausel gedeckt. Sowohl die Höchstdauer als auch die Anzahl der Verlängerungen können tarifvertraglich abweichend geregelt werden. Die Beschränkung der Tariföffnungsklausel folgt einzig aus dem Wertungszusammenhang des TzBfG unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit des Art. 12 GG sowie des Europarechts. Diesen Gesamtwertungen wird durch die grundsätzliche materielle Richtigkeitsgewähr tarifrechtlicher Regelungen Rechnung getragen. Eine Gestaltung durch die Tarifvertragsparteien kann deshalb nur ausnahmsweise dem Wertungsgefüge des Befristungsrechts widersprechen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Befristungsdauer bei sechs Jahren und die Verlängerungsanzahl bei maximal neun liegt, also eine Verdreifachung der gesetzlichen Vorgaben erfolgt (vgl. bereits BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 135/15). Dies ist abzuleiten aus den Grundsätzen zum institutionellen Rechtsmissbrauch, welche auch für die hier zu prüfenden Zusammenhänge heranzuziehen sind.

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Das BAG räumt der Tarifautonomie einen hohen Stellenwert ein. Das gilt auch für die vorliegend zur Prüfung gestellte Öffnungsklausel des § 14 Abs. 2 Satz 3 und 4 TzBfG. Die Betonung der materiellen Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen erfährt durch das vorliegende Urteil eine nochmalige Aufwertung.

 

In der jüngeren Rechtsprechung war das BAG noch davon ausgegangen, dass die Tariföffnungsklausel lediglich eine Verdoppelung der Gesamtbefristungsdauer von zwei Jahren und maximale Verlängerungen von drei an der Zahl zulässt (vgl. noch BAG, Urt. v. 18.3.2015 – 7 AZR 115/13). Aus der Verdoppelung ist nunmehr eine Verdreifachung geworden. Die Begründungsstränge haben sich dabei jedoch kaum verändert. Das verdeutlicht einmal mehr die grundsätzlichen Schwierigkeiten, die die Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen und Auslegungsmöglichkeiten im TzBfG für die Praxis nach sich ziehen. Konsequent begründen lassen sich sowohl eine Verdoppelung als auch eine Verdreifachung der Höchstwerte. Für die Tarifvertragsparteien ergeben sich nun noch größere Gestaltungsspielräume.

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Der Kläger wurde bei der Beklagten sachgrundlos befristet angestellt. Das befristete Arbeitsverhältnis wurde sodann befristet verlängert. Die Gesamtdauer der Befristungen betrug mehr als zwei Jahre. Beide Befristungen erfolgten gem. § 14 Abs. 2 TzBfG i. V. m. dem anzuwendenden MTV. Der MTV regelt, dass die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig ist. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens fünfmalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig.

 

Der Kläger ist der Auffassung, dass der MTV unwirksam sei und begehrt die Entfristung des Arbeitsverhältnisses wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.

 

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Wollen Arbeitgeber aufgrund einer tarifvertraglichen Sonderregelung eine Befristung begründen, tragen sie das Risiko der Unwirksamkeit der entsprechenden Tarifvertragsklauseln. Insoweit besteht kein Unterschied zur sonstigen Risikoverteilung. Es obliegt dem Arbeitgeber, die Ordnungsgemäßheit der Befristung darzulegen und zu beweisen. Findet sich eine Regelung in einem anwendbaren Tarifvertrag, gehen Arbeitgeber jedoch i. d. R. berechtigterweise von deren Wirksamkeit aus. Das vorliegende Urteil zeigt, dass blindes Vertrauen indes unangebracht ist. Zwar reicht die materielle Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen weit. Gleichwohl sind die Schranken jedenfalls dort erreicht, wo die Grenzen des Rechtsmissbrauchs überschritten werden. Diese Grenzen sind jedoch weit, das sollte man als Arbeitgeber beachten. Hinsichtlich der sachgrundlosen Befristung bedeutet das, dass eine maximal sechsjährige Dauer bei maximal neun Verlängerungen noch zulässig ist. Darin liegt schon eine sehr erhebliche Abweichung vom gesetzlichen Regelmodell.



Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA 1/18, S. 55.