BAG, Urteil vom 09. Juli 2008, 5 AZR 810/07
Der klagende Arbeitnehmer war bei dem beklagten Unternehmen, einem Zement- und Baustoffhandel, als LKW-Fahrer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass er für die Zeit von März bis November eines jeden Jahres ein Festlohn von 1.300 Euro monatlich bekommen sollte. Für die übrigen Monate erhielt der Arbeitnehmer dann nur einen Betrag von knapp der Hälfte seines Festgehaltes (nämlich circa 589 Euro brutto monatlich). Um diesen Betrag wurde sein Arbeitszeitkonto belastet. Der Arbeitnehmer sollte dann während der übrigen Jahreszeit durch Mehrarbeit diese negativen Kontostände des Arbeitszeitkontos wieder ausgleichen. Mit dieser arbeitsvertraglichen Regelung wollte sich der Arbeitnehmer indes nicht zufrieden geben und erhob deshalb Klage auf Weiterzahlung des monatlichen Festgehaltes auch für die Zeit von November bis Februar.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ihm letztlich Recht gegeben. Dabei hat sich das BAG auf die sogenannte Betriebsrisikolehre des § 615 Satz 3 BGB berufen. Danach trägt der Arbeitgeber das Risiko dafür, dass der Betrieb die Arbeitskraft nicht abrufen kann. Realisiert sich ein solches Betriebsrisiko, ist der Arbeitgeber trotzdem zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, wenn und soweit der Arbeitnehmer in der Lage wäre, ohne das störende Ereignis seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Das BAG hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis während der Wintermonate nicht ruhe. Es liege auch keine vereinbarte Arbeit nach Abruf (kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) vor. Der Arbeitnehmer habe jederzeit mit einem Abruf rechnen müssen. Ein solches völliges Offenlassen des Ob und des Umfangs einer Arbeitsverpflichtung sei für den Arbeitnehmer auch in einem witterungsabhängigen Unternehmen unzumutbar. Nach alledem hatte es der Arbeitgeber zu vertreten, dass er die Leistung des Arbeitnehmers nicht abgerufen hat und muss daher trotz nicht geleisteter Arbeit die ursprünglich für die wärmere Jahreszeit vereinbarte Festvergütung auch im Winter bezahlen.