man and women gathered around a table
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Veranstaltungstipp:

Professional Learning Europe,

Global Learning Track

Dienstag, 12. Oktober, 9.30 bis 12.30 Uhr

"Strategic Focus on Innovations in Learning"

Dienstag, 12. Oktober, 15.15 bis 17.00 Uhr

"Innovative Learning Design"

Moderation: Prof. Dr. S. Seufert scil, University St. Gallen

Mittwoch, 13. Oktober, 9.30 bis 12.30 Uhr,

"Change focus on Innovations in Learning"

Moderation: Dr. Tanja Fandel scil, University St. Gallen

Veranstaltungsort: Koelnmesse

www.professional-learning.de

Wer neue Technologien wie beispielsweise Blogs oder Wikis in Aus- und Weiterbildungsprozesse von Organisationen einführen möchte, muss nicht nur eine methodische Veränderung herbeiführen. Denn mit solchen Neuerungen wandeln sich gleichzeitig auch die Anwendung von Wissen in verschiedenen Hierarchiestufen und das Akzeptanzniveau der Mitarbeiter für neue Technologien.

Warum ist es wichtig, die Lernkultur einer Organisation zu analysieren und zu fördern?

Die schnelle und facettenreiche Entwicklung in Gesellschaft und Arbeitswelt sowie neuste Erkenntnisse der Lerntheorie (zum Beispiel das Konzept des aktiven und selbstgesteuerten Lerners oder die effiziente Integration formeller und informeller Lernaktivitäten) erfordern neue Lernkulturen. Da sich Arbeitsbedingungen schnell verändern, wird es für Organisationen immer wichtiger zu verstehen, wie sie eine Lernkultur etablieren können.

Dieser Anspruch basiert nicht zuletzt auf der Überzeugung, dass eine Lernkultur, die Lernen am Arbeitsplatz erleichtert, entscheidend zum Erfolg eines Unternehmens beitragen kann. Viele Unternehmen setzen sich deshalb das stategische Ziel, interne Barrieren für Lern- und Verständnisprozesse abzubauen und die Mechanismen einer lernenden Organisation besser zu begreifen.

Um die Lernkultur gezielt beeinflussen zu können, müssen zunächst alle Beteiligten ihre Bedeutung grundlegend verstanden haben. Personalmanager sollten demzufolge vor der Implementierung eines Veränderungsprojektes die bestehenden kulturellen Mechanismen am Arbeitsplatz untersuchen.

Wie können Organisationen ihre Lernkulturen analysieren?

Für eine solche Analyse stehen verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, wie etwa eine SWOT-Analyse oder die “scil-Learning Culture Analysis (LCA)“ (Seufert, Hasanbegovic & Euler, 2007).

Die LCA ist innerhalb eines strukturbezogenen Forschungsansatzes entwickelt worden und bietet einen allgemeinen Rahmen für eine solche Analyse. Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit zwölf untereinander vernetzten Unternehmen erarbeitet. Das Analysetool entspringt also nicht nur theoretischen Überlegungen. Personalmanager, Wissenschaftler und Experten haben es in Workshops getestet. Es basiert auf fünf Dimensionen, die sich in mehreren Pilotprojekten bestätigt haben (siehe Abb. 1):

Abb 1: Learning Culture Analysis

1. Mitarbeiterermächtigung: Diese Dimension beinhaltet Instrumente, die sich an den Mitarbeitern orientieren, zum Beispiel indem sie selbstorganisiertes Lernen und Kooperation unter den Mitarbeitern fördern.

2. Unterstützung für Vorgesetzte: Diese Dimension beschreibt die Art und Weise, in der die Organisation Vorgesetzte unterstützt, damit sie als Vorbild dienen oder die Rahmenbedingungen für Lernprozesse schaffen können.

3. Transfergestaltung/Methoden: Diese Dimension umfasst Trainingsmethoden, die die Kompetenzen der Beschäftigten entwickeln sollen. Dabei geht es etwa darum, wie praxisorientiert eine Weiterbildung ist.

4. Infrastruktur/Umgebung: Diese Dimension bezieht sich auf die Lernbedingungen, zum Beispiel im Hinblick darauf, ob die Beschäftigten genügend Zeit zum Lernen haben.

5. Transfer-Evaluation/Qualität: Diese Dimension beinhaltet die Bewertung von Lernerfolgen und Vermittlungsprozessen und beschäftigt sich damit, wie die Qualität einer Weiterbildung gemessen werden kann.

Dieses Rahmenmodell zur Analyse von Lernkulturen soll die relevanten Aspekte einer Lernkultur in Organisationen messen. Sämtliche „Stakeholder“ (Beschäftigte, Manager, Lehrpersonal, Top-Management, Betriebsrat) sollten dazu befragt werden, wie sie die Bedingungen für Lernprozesse am Arbeitsplatz einschätzen.

Dafür gibt es zwei Fragebögen: eine Version für Mitarbeiter, die auf die individuelle Erfahrung am Arbeitsplatz ausgerichtet ist, und eine zweite Version für Führungskräfte, die regelmäßig Lernerfahrungen ihrer Mitarbeiter bewerten müssen. In den meisten Fällen ergibt die Analyse einen beträchtlichen Widerspruch zwischen der Selbsteinschätzung der Vorgesetzten und der Wahrnehmung der Beschäftigten, was die Unterstützung von Lernprozessen durch Führungskräfte angeht.

Oftmals halten sich Vorgesetzte in Lernprozessen für die primäre Kontaktperson. Die Mitarbeiter kritisieren hingegen die mangelnde Unterstützung von Seiten der Vorgesetzten hinsichtlich ihrer Weiterentwicklung im Job. Vorgesetzte genehmigen demnach zum Beispiel zwar das Training für die Mitarbeiter, tragen aber im Anschluss nichts zur gemeinsamen Reflexion des Erlernten bei.

Der in der Analysephase identifizierte Handlungsbedarf bietet Learning Professionals eine Bandbreite verschiedener Optionen für Veränderungsprojekte. So kann die Analyse zu folgenden Schritten führen:

  • Entwicklung und Implementierung eines neuen Lerndesigns
  • Neudefinition der Rolle von Führungskräften in Lernprozessen
  • Schaffung neuer Zeitmodelle für Lernen am Arbeitsplatz
  • Erweiterung der Reichweite informeller Lernaktivitäten in der Organisation

Welche Rolle spielen Führungskräfte bei der Veränderung einer Lernkultur?

Um eine nachhaltige Lernkultur innerhalb einer Organisation zu schaffen und weiter zu entwickeln, sollten die Führungskräften als "Learning Promoters" in Weiterbildungsaktivitäten eingebunden sein. Zahlreichen Studien zufolge (z.B. Amy, 2008; Seufert, Hasanbegovic & Euler, 2008), können Führungskräfte das Lernverhalten und die Lerneinstellung ihrer Mitarbeiter entscheidend beeinflussen. Es ist anzunehmen, dass eine ständige Wechselbeziehung zwischen Lernkultur und Unternehmensleitung besteht: “Führungskräfte schaffen Mechanismen für die Entwicklung einer Lernkultur und verstärken Normen und Verhaltensweisen innerhalb der Grenzen dieser Kultur.” (Bass & Avolio, 1993).

Führungskräfte sind also ein entscheidender Erfolgsfaktor auf dem Weg zu einer nachhaltigen Lernkultur. In ihrer Vorbildfunktion und angesichts neuer Anforderungen an ihre Rolle müssen Vorgesetzte sich zunehmend auch mit ihrer Rolle in Lernprozessen auseinandersetzen. Das Personalmanagement und die Abteilung für Aus- und Weiterbildung sollten die Veränderung der Führungsrolle aktiv unterstützen und als "Learning Consultants" agieren. Dazu gehört, dass sie die Bedeutung der neuen Rolle kommunizieren, Führungskräften bei der Reflexion über ihre Erfahrungen unterstützen und sie hinsichtlich ihrer Verantwortung beraten.

Die Veränderung einer Lernkultur ist nicht mit einem Workshop oder einer öffentlichen Ankündigung durch ein Mitglied des oberen Managements erreicht. Es handelt sich um einen langfristigen Prozess sowohl für Individuen als auch für Organisationen. Deshalb sollten Veränderungsprozesse immer auf lange Sicht angelegt sein.

Bibliographische Angaben und weiterführende Literatur

Amy, A.H. (2008): Leaders as facilitators of individual and organizational learning. In: Leadership & Organization Development Journal. Vol. 29, No. 3, S. 212 – 234.

Bass, B. & Avolio, B.J. (1993): Transformational Leadership and organizational culture. International Journal of Public Administration, Spring 2003, 112-121.

cipd (2009). Annual survey report. http://www.cipd.co.uk/subjects/hrpract/absence/_absence_management_summary.htm (2010-02-15).

Cunningham, P., & Illes, P. (2002). Managing learning climates in a financial services organisation. Journal of Workplace Learning, 21(6), 477 492.

Friebe, J. (2005): Merkmale unternehmensbezogener Lernkulturen und ihr Einfluss auf die Kompetenzen der Mitarbeiter. Ruprecht- Karls- Universität Heidelberg.

Jenert, T., Zellweger Moser, F., Dommen, J., Gebhardt, A. (2009): Learning Cultures at Higher Education Institutions. IWP Working Paper, 2009.

Schein, E.(2004): Organizational Culture and Leadership. San Francisco, 2004.

Seufert, S./Hasanbegovic, J./Euler, D. (Hrsg.) (2008): Next Generation Leadership. Die neue Rolle der Führungskraft in nachhaltigen Lernkulturen, Arbeitsbericht 19 des Swiss Centre for Innovations in Learning (scil), St. Gallen, 2008.

Seufert, S., Hasanbegovic, J. & Euler, D. (2007): Mehrwert für das Bildungsmanagement durch nachhaltige Lernkulturen. Arbeitsbericht 11 des Swiss Centre for Innovations in Learning (scil), St. Gallen, 2007.