Auch bei Nachgewährung des durch Krankheit entgangenen Urlaubs muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist aber gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Gründe vorliegen oder die persönliche Situation des Arbeitnehmers dies erforderlich macht. Der Urlaub muss dann in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden (§ 7 Absatz 3 BUrlG). Ausnahmen und Besonderheiten sind bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit zu beachten. Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer verfallen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, wenn sie bis dahin nicht genommen werden konnten (LAG Hamm, Az.: 16 Sa 1352/11). Sie sind auch bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten.

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Es ist jedoch zulässig, dass in einem Tarifvertrag das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränkt wird. Der Übertragungszeitraum muss dabei aber die Dauer des Bezugszeitraums, für den der Urlaub gewährt wird – das ist das Kalenderjahr – deutlich überschreiten (siehe auch Entscheidungen des EuGH vom 22.11.2011, Az.: C-214/10 und des LAG Hamm vom 22.3.2012, Az.: 16 Sa 1176/09).

 
Quelle: LohnPraxis – Nr. 8/9 – August/September 2012

Bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus Ländern der Europäischen Union ist der Arbeitgeber grundsätzlich an deren Beweiswert gebunden. Dabei muss das ärztliche Attest klar erkennen lassen, dass der Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Nur dann hat sie den gleichen Beweiswert wie eine in Deutschland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 25.6.1998).

Auf die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit als Folge der Erkrankung ist insbesondere bei ärztlichen Bescheinigungen aus Ländern außerhalb der EU zu achten. Kehrt der arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte nach Deutschland zurück, ist er verpflichtet, seine Rückkehr unverzüglich dem Arbeitgeber und der Krankenkasse anzuzeigen (§ 5 Absatz 2 Satz 7 EFZG). Der im Urlaub erkrankte Mitarbeiter darf aber die ursprünglich vereinbarte Urlaubszeit nicht nach eigenem Gutdünken um die nachgewiesenen Krankentage verlängern. Der infolge der Arbeitsunfähigkeit nachzugewährende Urlaub muss stets erneut beantragt und durch den Arbeitgeber genehmigt werden.

Bei ernsthaften Zweifeln an der während des Auslandsurlaubs eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Ihres Mitarbeiters können Sie als Arbeitgeber über die jeweilige Krankenkasse beim ausländischen Sozialversicherungsträger ein medizinisches Gutachten zur Arbeitsunfähigkeit verlangen.
 
Sonderfall unbezahlter Urlaub
 
In einem ruhenden Arbeitsverhältnis besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dazu zählt auch ein unbezahlter Urlaub. In diesem Fall besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch nur für die Zeiten vor und nach dem unbezahlten Urlaub. Möchte Ihr Mitarbeiter seinen bezahlten Erholungsurlaub mit einem unbezahlten Urlaub verlängern, kann aber in der Vereinbarung zum unbezahlten Urlaub festgelegt werden, dass der unbezahlte Urlaub endet oder nicht beginnt, wenn Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eintritt. Sollte Ihr Mitarbeiter in dieser Zeit tatsächlich erkranken, entfallen die noch nicht in Anspruch genommenen unbezahlten Urlaubstage und Ihr Mitarbeiter hat auch während dieser Zeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
 
Selbst verschuldete Erkrankung
 
Hat Ihr Mitarbeiter die Erkrankung im Urlaub und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Handlungen selbst verschuldet, verliert er zwar seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der Anspruch auf Nichtanrechnung der nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub bleibt aber nach wie vor bestehen, so dass auch hier der Urlaub nachzugewähren ist. Zu Fällen einer selbst verschuldeten Arbeitsunfähigkeit zählen beispielsweise:

  • Verletzungen bei einem Verkehrsunfall infolge grober Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften
  • Verletzungen als Folge erheblicher Trunkenheit
  • Verletzungen bei Ausübung einer besonders gefährlichen Sportart
  • Verletzungen bei einer selbst provozierten Schlägerei

Legt der Arbeitnehmer bei einer selbst verschuldeten Arbeitsunfähigkeit jedoch kein Attest vor, läuft sein Urlaub weiter und es kommt nicht zu einer Nachgewährung der durch Arbeitsunfähigkeit entgangenen Urlaubstage. Dafür behält er aber den Vergütungsanspruch für den bezahlten Erholungsurlaub.

Ihr Mitarbeiter hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft (§ 3 EFZG). Erkrankt er während des Urlaubs und weist die Tage der Arbeitsunfähigkeit durch ein Attest nach, hat er auch für diese Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dann dürfen Sie die nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub Ihres Mitarbeiters anrechnen (§ 9 BUrlG). Die Arbeitsunfähigkeit muss deshalb vom ersten Krankheitstag an durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden. Kann Ihr Mitarbeiter den bereits genehmigten Urlaub wegen Krankheit nicht antreten, so ist auch die Urlaubserteilung hinfällig, da sich Urlaub und Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit ausschließen. Der Urlaub muss dann nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit erneut beantragt werden.

Im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung treten immer wieder Fragen auf, wenn ein Mitarbeiter während eines Auslandsurlaubs erkrankt. In diesem Fall ist der erkrankte Arbeitnehmer verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und auch die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Allerdings haben Sie als Arbeitgeber auch die durch die Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit entstehenden Kosten zu tragen (§ 5 Absatz 2 Satz 1 und 2 EFZG). Darüber hinaus muss Ihr Mitarbeiter, sofern er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, auch seiner Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger an als angezeigt, so ist er verpflichtet, sowohl Ihnen als Arbeitgeber als auch der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit erneut mitzuteilen.

Die gesetzlichen Krankenkassen können aber festlegen, dass der erkrankte Arbeitnehmer diese Anzeigeund Mitteilungspflichten auch gegenüber einem ausländischen Sozialversicherungsträger erfüllen kann (§ 5 Absatz 2 Satz 3 bis 5 EFZG). Bestehen mit dem Urlaubsland bilaterale Sozialversicherungsabkommen, vereinfachen sich die Nachweispflichten gegenüber Arbeitgeber und Krankenkasse. Der im Urlaub Erkrankte wendet sich in diesem Fall mit seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den für seinen Aufenthaltsort zuständigen Sozialversicherungsträger, der die deutsche Krankenkasse benachrichtigt. Die Krankenkasse informiert dann auch den Arbeitgeber. Damit ist der Beweis der Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß geführt.

Wenn während des Urlaubs nicht der Mitarbeiter selbst erkrankt, sondern ein Kind des Mitarbeiters, bleibt der erteilte Urlaub bestehen und führt nicht zu einem Anspruch auf Nachgewährung der für die Pflege des Kindes verwendeten Urlaubstage. Für die Nichtanrechnung von Krankentagen auf Urlaubstage ist die nachgewiesene Arbeitunfähigkeit infolge Krankheit des Arbeitnehmers selbst erforderlich. Die Regelung nach § 9 BUrlG kann deshalb nicht angewendet werden.

Lässt sich Ihr Mitarbeiter während seines Urlaubs wegen der Erkrankung des Kindes von der Arbeit freistellen (§ 45 Absatz 3, Satz 1 SGB V), hat er Anspruch auf das von der Krankenkasse gewährte Kinderpflege-Krankengeld in Höhe von 70% seines Nettoarbeitsentgelts, verliert aber zugleich den Anspruch auf die Zahlung des Urlaubsentgelts. Die Arbeitsfreistellung zur Pflege eines erkrankten Kindes erfolgt ausdrücklich bei gleichzeitigem Wegfall der Vergütungspflicht des Arbeitgebers (Arbeitsgericht Berlin, Az.: 2 Ca 1648/10).
 
Hinweis
 
Wenn Ihr Mitarbeiter während des Urlaubs sein erkranktes Kind pflegt und sich dafür nicht von der Arbeit nach § 45 SGB V freistellen lässt, erhält er weiterhin das volle Urlaubsentgelt.