In unserem heutigen HRM-Podcast dreht sich alles um die Aussage „7,8 Milliarden Wege führen zu 7,8 Milliarden Bewerbern“. Die stammt von unserem Gast Martin Gaedt, Ideenrocker, Autor und Unternehmer in einer Person. Damit will er sagen, dass jeder Mensch anders ist und die Personalsuche dementsprechend individuell gestaltet werden soll. Im Gespräch mit Alexander Petsch, dem Gründer des HRM Instituts, lässt er uns wissen, warum Menschen, die mit ihrer Meinung aus der Reihe tanzen, Unternehmen nicht nur guttun, sondern sogar voranbringen können. Und wie Personaler mit ungewöhnlichen Aktionen Bewerber auf sich aufmerksam machen können.

group of people doing jump shot photography
Photo by Husna Miskandar

Martin Gaedt hält deutschlandweit provokante Vorträge, bei denen er meist ein knallrotes Sportjäckchen trägt, sein Markenzeichen. Sein 2014 erschienenes Buch “Mythos Fachkräftemangel” war seinerzeit und ist bis heute eines der meistdiskutierten HR-Bücher im deutschensprachigen Raum. Martin Gaedt ist Preisträger des Alternativen Wirtschaftsbuchpreis 2016 und Land der Ideen 2012.

Wen will ich denn? Wie soll der ideale Kandidat denn ticken? Was muss er wirklich an Skills mitbringen? Oberflächlich betrachtet seien das einfache Fragen, sagt Martin Gaedt. „Und doch scheitern schon viele Unternehmen daran.“ Gleich und Gleich gesellt sich gern? Klingt überzeugend. Oder doch lieber nach dem Motto „Unterschiede ziehen sich an“ suchen? Hört sich auch gut an. „Eine große Stärke ist, wenn ich weiß, wen ich will“, sagt der Provokateur und Keynote Speaker. Für einfache Produktionsprozesse komme vielleicht eher eine gleichgesinnte Natur in Frage. „Wenn ich aber Wissen generieren möchte, neue Ideen und Geschäftsmodelle suche, dann brauche ich Menschen, die widersprechen.“ Wenn der Personaler sich über die Einmaligkeit dieser Personengruppe bewusst sei, könne mit dem eigentlichen Recruiting begonnen werden.

Stellenanzeige aufsetzen, ab in einschlägige Portale und das Warten kann beginnen. Nicht selten werde daraus aber ein hoffnungsloses Warten, sagt Martin Gaedt. „Ich muss sichtbar werden“, darum gehe es. Natürlich gebe es passende Bewerber da draußen, „nur wissen die nichts von mir“. Um das zu ändern, müssten eingefahrene Wege verlassen und neue betreten werden. In anderen Worten, die Regeln müssten gebrochen werden. Martin Gaedt erinnert sich, wie einmal die Stadtverwaltung Hamm verzweifelt an ihn herantrat. „Die suchten Bauingenieure, nur meldete sich keiner auf deren Stellenanzeige im Internet.“ Nach einem gemeinsamen Brainstorming habe zehn Tage später sogar die Bild-Zeitung die neue Strategie aufgegriffen. „Die lockten mit Tickets für eine Heavy Metal-Kreuzfahrt und rockten mit E-Gitarren im Büro der Personalverwaltung.“ Damit hätten sie bewiesen, dass sie sich Gedanken über den Menschen hinter dem Bauingenieur machten. „Denn die hören erwiesenermaßen überdurchschnittlich viel Heavy Metal“, sagt Martin Gaedt.

Hinter jedem Mitarbeiter stehen auch Interessen und Bedürfnisse

Überhaupt müsse der Mensch wieder im Zentrum des Recruitings stehen, ist der beliebte Keynote Speaker und Buchautor überzeugt. „Wir arbeiten doch nicht nur um der Arbeit willen. Wir arbeiten, weil wir Menschen sind, weil wir unsere Welt gestalten, weil wir unsere Kommunikation gestalten, weil wir unser Miteinander gestalten.“ Es gehe darum, auf die Interessen und Bedürfnisse der Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen. Und diese Menschen seien eben unterschiedlich. „Und das bedeutet, dass Personalgewinnung sich entsprechend auch unterscheiden muss“, sagt Martin Gaedt. Diese Einsicht eröffne völlig neue Wege im Recruiting. Er wisse von Einzelhändlern, die explizit nach Köchen suchten, etwa um freie Stellen als Fleischfachverkäufer zu besetzen. „Die wissen, dass sehr viele Köche ihren Beruf an den Nagel hängen, weil sie nicht gewillt sind, sich länger den ausbeuterischen Arbeitszeiten auszusetzen.“ Mit einer Aussicht auf geregelte Arbeitszeiten seien die leicht zu locken, überdies wären sie für die neuen Aufgaben „zu 120 Prozent bestens vorbereitet“, sagt Martin Gaedt. Also eine Win-win-Situation.

Man sieht, bei Martin Gaedt darf es ruhig menscheln. In diesem Zusammenhang verweist er gerne auf die Sinne der Kandidaten, die im Recruitingprozess seiner Ansicht nach nur rudimentär angesprochen würden. Warum Schüler in gezielten Anstrichaktionen nicht Farbe spüren und riechen lassen? „Es gibt viele Lehreinrichtungen in Deutschland, die mal wieder gestrichen werden müssten“, sagte Martin Gaedt, „da könnte doch ein Malerbetrieb den Vorschlag machen, mit einem Freiwilligentrupp im Azubi-Alter das kostenlos zu übernehmen.“ Viele angehende und noch unentschlossene Auszubildende hätten gar keine Vorstellung, was im Beruf konkret auf sie zukomme. „Und bei solchen Aktionen riechen sie Farbe und haben sogar noch Spaß dabei.“ Dieses Konzept sei mit ein wenig Kreativität auf andere Berufszweige und Branchen leicht übertragbar. Also auch im Recruiting für Erlebnisse sorgen, die Kandidaten abholen. Gänzlich neu sei seine Idee nicht, „das nennt man in der BWL schon lange Erlebnisökonomie.“

Zur Person:

Martin Gaedt, Jahrgang 1968, studierte zunächst Theologie an der Berliner Humboldt-Universität. Anstatt in die Kirche ging Martin Gaedt aber in die freie Wirtschaft. Er ist seit vielen Jahren Ideen-Fitnesstrainer, Unternehmer und Autor der Bücher „Mythos Fachkräftemangel“ (2014) und „Rock Your Idea“ (2016). Martin Gaedt ist Preisträger „Alternativer Wirtschaftsbuchpreis 2016“ und „Land der Ideen 2012“. Seit 1999 gründet er Unternehmen. Meist mit Erfolg. Seine zeitweise bis zu 60 Kolleginnen und Kollegen hat er immer selbst gesucht und gefunden, ohne eine einzige Stellenanzeige geschrieben zu haben.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: Recruiting: 7,8 Mrd. Wege führen zu 7,8 Mrd. Menschen mit Martin Gaedt (Episode #27) – HRM.de

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast Martin Gaedt: martin-gaedt – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by “Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband” https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

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Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.