1 Betriebsratsmitglieder: Wer macht wann was?
Der Betriebsrat – und damit jedes einzelne Betriebsratsmitglied – ist das Sprachrohr der Belegschaft. Die Mitglieder führen ihr Amt unentgeltlichals Ehrenamt aus, § 37 Abs. 1 BetrVG. Darüber hinaus ist das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vom Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit geprägt. Danach muss das Gremium u. a. auf die Belange des Arbeitgebers im Rahmen seiner Entscheidungen achten. Dies begrenzt letztlich auch den Umfang der Betriebsratstätigkeiten.

people gathering inside the building
Foto von Evangeline Shaw

Grundsätzlich wird die Arbeitnehmervertretung während der Arbeitszeit tätig. Das gilt sowohl für die Sitzungen als auch für ihre sonstigen Aufgaben. Bei der Erbringung der Betriebsratstätigkeit ist danach zu unterscheiden, ob dies durch

– ein freigestelltes Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG geschieht oder

– durch ein nicht freigestelltes Mitglied nach § 37 Abs. 2 BetrVG.

Außerdem ist zu differenzieren, wer die Tätigkeit ausführt:

– der Betriebsratsvorsitzende,

– sein Stellvertreter,

– ein mit besonderen Aufgaben betrautes Betriebsratsmitglied oder

– ein reguläres sonstiges Mitglied.

2 Generelle Freistellung nach § 38 BetrVG

Je nach Unternehmensgröße sieht das Gesetz in § 38 BetrVG vor, dass der Arbeitgeber eine gewisse Anzahl von Betriebsratsmitgliedern ohne konkreten Anlass generell ganz oder teilweise von ihrer eigentlich geschuldeten Arbeitsleistung freistellen muss. Dies bedeutet, dass der Arbeitgebersie unter Fortzahlung ihrer bisherigen Vergütung von ihrer beruflichen Tätigkeit befreit, damit sie sich der Betriebsratsarbeit widmen können. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass ab 200 i. d. R. im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern der Umfang der Betriebsratsaufgaben so groß ist, dass sie ohne Freistellung nicht zu bewältigen sind. Die Anzahl der freizustellenden Mitarbeiter steigt dann weiter in Relation zur Anzahl der i. d. R. beschäftigten Arbeitnehmer.

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangt, weitere Betriebsratsmitglieder – zeitweise oder dauerhaft – generell freizustellen. Er kann dies allerdings nur in Ausnahmefällen erfolgreich durchsetzen. Da der Gesetzgeber in § 38 BetrVG klar zum Ausdruck gebracht hat, in welchem Umfang eine Freistellung i. d. R. erforderlich ist, sind die Voraussetzungen für eine weitere Freistellung sehr streng. Die Arbeitnehmervertretung muss darlegen, dass dies nach Art und Umfang des Betriebs ausnahmsweise notwendig ist, um sämtliche Betriebsratsaufgaben ordnungsgemäß durchzuführen. Das setzt voraus, dass weder die Arbeitszeit der bereits freigestellten Betriebsratsmitglieder noch die Möglichkeit, die übrigen Betriebsratsmitglieder anlassbezogen nach § 37 Abs. 2 BetrVG freistellen zu lassen, ausreichen.

Hierzu muss der Betriebsrat die besonderen Umstände so detailliert beschreiben, dass

– sich die daraus voraussichtlich ergebenden zeitlichen Belastungen zumindest bestimmen lassen und

– der Arbeitgeber zudem in der Lage ist, auf den Vortrag zu erwidern (BAG, Beschl. v. 26.7.1989 – 7 ABR 64/88).

Praxistipp

Eine zusätzliche Freistellung für die gesamte Dauer der Amtsperiode oder für eine gewisse Zeitspanne nach § 38 Abs. 1 BetrVG kommt nicht in Betracht, wenn die Anzahl der i. d. R. beschäftigten Mitarbeiter deutlich unter der nächsthöheren gesetzlichen Staffelungsgröße des § 38 Abs. 1BetrVG liegt.

Der Wertung des Gesetzgebers in § 38 Abs. 1 BetrVG ist außerdem zu entnehmen, dass in Betrieben mit weniger als 200 i. d. R. beschäftigten Arbeitnehmern die Betriebsratstätigkeit keinen Umfang annehmen darf, der die vollständige Freistellung eines Betriebsratsmitglieds erfordert.

3 Zeitweise Freistellung für konkrete Betriebsratsaufgaben

Die Betriebsratstätigkeiten von nicht freigestellten Betriebsratsmitgliedern steht immer im Spannungsverhältnis zu ihrer Pflicht die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Das Gesetz räumt ihnen gem. § 37 Abs. 2BetrVG einen Anspruch gegen den Arbeitgeber ein, sie aus konkretem Anlass vorübergehend von der Arbeit zu befreien. Dieser unterliegt engen gesetzlichen Voraussetzungen und ist nur gegeben, wenn und soweit die Freistellung nach Umfang und Art des Betriebs erforderlich ist, um die Betriebsratsaufgaben ordnungsgemäß durchzuführen.

Voraussetzung für die Arbeitsbefreiung ist daher zunächst, dass sie dazu dient, Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. Dazu gehören z. B. Betriebsratssitzungen, Betriebsversammlungen, Einigungsstellenverfahren, Betriebsratssprechstunden, anwaltliche Beratungsgespräche u. Ä. Erst wenn feststeht, dass es sich um Betriebsratstätigkeiten handelt, kommt es auf der zweiten Stufe darauf an, dass die Arbeitsbefreiung nach Umfang und Art des Betriebs erforderlich ist, um die Betriebsratstätigkeit ordnungsgemäß zu erledigen. Hierfür ist nach der Rechtsprechung desBAG auf die Sicht des betroffenen Betriebsratsmitglieds abzustellen: Durfte es bei gewissenhafter Überlegung und vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen, dass die Arbeitbefreiung erforderlich ist, um die Betriebsratsaufgabe zu erfüllen? Die Erforderlichkeit der Betriebsratsaufgabe ist also gerichtlich überprüfbar.

Das BAG führte in einem Urteil vom 6.8.1981 (6 AZR 1086/79) aus: „Entscheidend dafür, ob die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds als erforderlich i. S. v. § 37 Abs. 2 BetrVG angesehen werden kann, ist, dass das betreffende Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände die Arbeitsversäumnis für notwendig halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden. (…) Dagegen spricht nicht, dass grundsätzlich die laufenden Geschäfte des Betriebsrats durch die freigestellten Betriebsratsmitglieder zu erledigen sind. Maßgeblich ist allein, ob der Kläger die konkrete Tätigkeit für erforderlich halten durfte.“

Wichtig

Ist ein Betriebsratsmitglied generell nach § 38 Abs. 1 BetrVG freigestellt, ist es vorrangig seine Aufgabe, sich um die Betriebsratsarbeit, insbesondere die laufenden Angelegenheiten, zu kümmern. Ein nicht dauerhaft freigestelltes Mitglied kann nur dann vorübergehend für konkrete Betriebsratsaufgaben freigestellt werden, wenn dies – aufgrund einer besonderen Sachlage – erforderlich i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG ist. Bei normaler Betriebsratstätigkeit ist das (abgesehen von Betriebsratssitzungen etc.) grundsätzlich nicht notwendig.

4 Umfang der Arbeitsbefreiung bei § 37 Abs. 2 BetrVG

Der Umfang der Arbeitsbefreiung ist nicht für alle Betriebsratsmitglieder gleich, sondern abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Entscheidend sind

– die konkrete Aufgabenstellung und die Funktion des einzelnen Betriebsratsmitglieds,

– Art und Größe des Betriebs sowie

– Umfang und Vielfalt der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben (vgl. Fitting, BetrVG, § 37 Rdnr. 38).

Konkrete zeitliche Grenzen oder verallgemeinerungsfähige zeitliche Rahmengrößen – etwa anhand der Betriebsgröße – existieren nicht. Das BAG lehnt eine solche Betrachtungsweise sogar in ständiger Rechtsprechung ab und hebt stets die Eigenart des jeweiligen Einzelfalls hervor. Es kommt daher maßgeblich darauf an, welche Aufgaben der Betriebsrat im konkreten Fall zu erledigen hat. Somit lässt sich nicht eindeutig festlegen, wie oft und wie lang Betriebsratsarbeit erfolgen darf. Gerade im Hinblick darauf, wie häufig Betriebsatssitzungen stattfinden dürfen hat die Rechtsprechung keine zulässige Höchstzahl festgelegt. Jedoch wird sich das Gremium wohl einmal pro Woche für eine Betriebsratssitzung zusammenfinden können. Über den Termin hat der Betriebsrat den Arbeitgeber zu informieren.

Praxistipp

Um die negativen Auswirkungen auf den Betriebsablauf so gering wie möglich zu halten, sollte das Unternehmen gemeinsam mit dem Betriebsrat überlegen, ob dieser nicht einen festen Sitzungstag bzw. eine feste Sitzungszeit einführt. Dadurch wird die Betriebsratssitzung zu einer leichter kalkulierbaren Größe. Eine solche Festlegung erfolgt allerdings freiwillig. Der Arbeitgeber kann sie nicht erzwingen.

Unternehmen sollten außerdem darauf achten, dass der Umfang der temporären Freistellungen in Addition nicht dazu führt, dass der Betriebsratüber die Staffelung des § 38 BetrVG hinaus eine dauerhafte zusätzliche Freistellung faktisch durchsetzt. Eine solche ist nur in besonderen Ausnahmefällen, z. B. bei einer erhöhten Anzahl an Einigungsstellen, bei einer Betriebsänderung oder aufgrund anderer umfassenderer Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber (und dann auch nur zeitweise) zulässig.

Der Arbeitgeber hat in Fällen „begründeten Zweifels“, ob die Betriebsratstätigkeit wirklich erforderlich ist, die Möglichkeit – sofern es sich nicht um Betriebsratssitzungen handelt –, sie infrage zu stellen mit der Folge, dass er die Entgeltzahlung für diese Zeit verweigern kann. Er muss seine Zweifel zwar substanziell begründen, jedoch obliegt es dem Betriebsratsmitglied im Rahmen einer Klage auf Entgeltzahlung darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass die Tätigkeit erforderlich war.

5 An- und Abmeldepflicht von nicht freigestellten Mitgliedern

Für die Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber zustimmt. Das Betriebsratsmitglied muss sich nur ordnungsgemäß abmelden, bevor es den Arbeitsplatz verlässt. Dies dient dazu, dem Arbeitgeber die Arbeitseinteilung zu erleichtern und den Arbeitsausfall zu überbrücken (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG, Beschl. v. 23.6.1983 – 6 ABR 65/80). Für diesen Zweck genügt es, wenn der Betreffende Ort und voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit angibt. Dann ist der Arbeitgeber imstande, die Arbeitsabläufe in geeigneter Weise zu organisieren und Störungen im Betriebsablauf zu vermeiden. Nicht notwendig ist, dass das Mitglied auch den Gegenstand der Betriebsratsarbeit beschreibt. Eine persönliche Abmeldung darf der Arbeitgeber ebenfalls nicht verlangen (BAG, Beschl. v. 13.5.1995 – 1 ABR 2/97). Sie kann daher auch durch andere Mitarbeiter erfolgen.

Orts- und zeitbezogene Angaben zur Betriebsratstätigkeit reichen allerdings nicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied bei der Abmeldung mitteilt, dass ein Organisationsproblem besteht und es für die Zeit der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen an seinem Arbeitsplatz unabkömmlich ist. In diesem Fall muss der Betreffende nach § 2 Abs. 1 BetrVG überprüfen, ob und inwieweit er die Betriebsratsaufgaben verschieben kann. Es gilt:

– Ist es dringend betrieblich notwendig, dass das Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz anwesend ist, kann der Arbeitgeber es auffordern, diesen nicht zu verlassen.

– Ist die Betriebsratstätigkeit aber so dringlich, dass ihr gegenüber das Verlangen des Arbeitgebers legitimerweise zurücktreten muss, hat das Mitglied dies darzulegen (BAG, Urt. v. 15.3.1995 – 7 AZR 643/94). Keineswegs sind Betriebsratstätigkeiten jedoch stets vorrangig.

Das BAG führte in seinem Urteil vom 11.6.1997 (7 AZR 229/96) diesbezüglich aus: „Grundsätzlich sind also die Dringlichkeit der beruflichen Tätigkeit und der Verrichtung der Betriebsratsarbeit gegeneinander abzuwägen. Der Senat hat bereits in einem Urteil vom 15. März 1995 dargelegt, dass betriebsbedingte Gründe eine zeitliche Verlegung der Betriebsratsarbeit bedingen können. (…) Es kann in Fällen einer betrieblichen Unabkömmlichkeit des Betriebsratsmitglieds durchaus sachgerecht sein, das Betriebsratsmitglied an der Teilnahme verhindert anzusehen, so dassan seiner Stelle ein Ersatzmitglied an der Betriebsratssitzung teilnimmt.“

Praxistipp

Liegen dringende betriebliche Gründe dafür vor, dass das Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz anwesend sein muss, hat es diese gegen die Notwendigkeit der Betriebsratsarbeit abzuwägen. Ist es tatsächlich betrieblich unabkömmlich und hat das Unternehmen es bei seiner Abmeldung darauf hingewiesen, darf der Arbeitgeber das Mitglied abmahnen, wenn es gleichwohl seinen Arbeitsplatz verlässt. Eine Abmahnung kann er aber nicht aussprechen, wenn der Betreffende aufgrund einer Betriebsratssitzung, auf deren Zeitpunkt er keinen Einfluss hat die dringenden Arbeitsaufgaben nicht wahrnimmt.

6 Arbeitsbefreiung wegen Teilnahme an Betriebsratssitzung

Die Teilnahme der Betriebsratsmitglieder an Betriebsratssitzungen ist erforderliche Betriebsratstätigkeit i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG. Über die Anzahl der Betriebsratssitzungen entscheidet entsprechend dem Arbeitsanfall allein der Betriebsrat bzw. der Betriebsratsvorsitzende (BAG, Beschl. v. 23.4.1974 – 1 AZR 139/73, AP Nr. 11 zu § 37 BetrVG 1972). Das Gremium hat dabei jedoch auf die betrieblichen Notwendigkeiten, also den Betriebs- und Arbeitsablauf, Rücksicht zu nehmen. Liegen dringende betriebliche Gründe vor, die zwingenden Vorrang vor dem Interesse des Betriebsrats haben, die Sitzung zum vorgesehenen Zeitpunkt abzuhalten,muss es sie verschieben (vgl. Fitting, BetrVG, 22. Auflag, § 30 Rdnr. 10m. w. N.). Das Gebot der Rücksichtnahme gilt

– sowohl im Hinblick auf die Festlegung des Zeitpunkts

– als auch für Zahl und Dauer der während der Arbeitszeit stattfindenden Sitzungen.

Betriebsratssitzungen gehören zu den originären Betriebsratstätigkeiten. Ob sie tatsächlich erforderlich sind, lässt sich jedoch praktisch nur sehr schwer überprüfen. Daher liegt für den Arbeitgeber die Schwelle recht hoch, ab der er sich auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufen kann. Bei groben Verstößen kommt in Betracht, den Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG aufzulösen. Auch hier ist die Schwelle allerdings äußerst hoch.

Praxistipp

Selbst wenn § 30 BetrVG die Betriebsratsarbeit zeitlich nicht begrenzt, ist dennoch davon auszugehen, dass eine Betriebsratssitzung pro Woche nur in Ausnahmefällen länger als vier Stunden dauern darf. Andernfalls ist diese unserer Auffassung nach nicht erforderlich.

7 Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei Verstößen

Der Arbeitgeber kann erst im Nachhinein, wenn er den Entgeltfortzahlungsanspruch des Betriebsratsmitglieds nach § 37 Abs. 2 BetrVG prüft, Angaben dazu fordern, warum die Betriebsratstätigkeit erforderlich war. Damit liegt die generelle Entscheidung, ob Betriebsratstätigkeiten anstehen, die während der Arbeitszeit zu erledigen sind, zunächst beim Be-triebsratsmitglied. Die Rechtsfrage der Erforderlichkeit hat das BAG auf die Ebene der Vergütungsfortzahlung bzw. sonstigen Sanktionierung eines evtl. Fehlverhaltens des Betriebsratsmitglieds verlagert. Daraus ergeben sich zugleich die wesentlichen Schlussfolgerungen, wie der Arbeitgeberreagieren kann, wenn ein Betriebsratsmitglied das Maß dessen, was angesichts der konkret im Betrieb und für das einzelne Betriebsratmitglied anfallenden Aufgaben als erforderlich i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG anzusehen ist, überschreitet:

Nach der Rechtsprechung des BAG ist für den Lohnfortzahlungsanspruchdes Betriebsratsmitglieds allein entscheidend, dass die Arbeitsbefreiung tatsächlich erforderlich war, um Betriebsratsaufgaben i. S. d. § 37 Abs. 2BetrVG zu erledigen. Dabei ersetzt eine ordnungsgemäße Abmeldung nicht die für die Lohnfortzahlung entscheidende Prüfung,

– ob das Betriebsratsmitglied während der Arbeitsbefreiung gesetzliche Aufgaben erledigt hat,

– deren Wahrnehmung es, vom Standpunkt eines vernünftigen Dritten aus gesehen, auch für erforderlich halten durfte.

Handelt es sich nicht um Betriebsratstätigkeit oder war sie nicht erforderlich i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG, besteht keine Vergütungspflicht Für dasVorliegen des Lohnfortzahlungsanspruchs ist das Betriebsratsmitglied darlegungspflichtig (BG, Urt. v. 24.7.1991 – 7 AZR 61/90). Zwar darf der Arbeitgeber die Auszahlung des Arbeitslohns nicht davon abhängig machen, dass es lückenlos Art und Umfang der angemeldeten Betriebsratstätigkeit darlegt. Hat er aber aufgrund der konkreten betrieblichen Situation und des genannten Zeitaufwands Zweifel, ob die Tätigkeit wirklich erforderlich war, muss das Betriebsratsmitglied auch Kurzangaben zur Art der Tätigkeit machen, die zumindest eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen (BAG, Urt. v. 15.3.1995 – 7 AZR 643/94). Solange es dieser Pflicht nicht nachkommt, kann der Arbeitgeber der Rechtsprechung zufolge den Lohn zurückhalten (Eisenmann in Erfurter Kommentar, § 37 Rdnr. 7; BAG,Urt. v. 15.3.1995, a. a. O.).

Sofern das Betriebsratsmitglied nicht „entschuldbar“ davon ausgehen durfte, dass eine Betriebsratsaufgabe vorlag, obwohl dies nicht der Fall war, kann der Arbeitgeber es außerdem individualvertraglich abmahnen. Ebenso ist er berechtigt, ohne Mitwirkung des Betriebsrats ein nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied wegen Versäumens der Arbeitszeit abzumahnen, wenn es Betriebsratstätigkeiten wahrgenommen hat, die es nicht für erforderlich i. S. d. § 37 Abs. 2 BetrVG halten konnte (BAG, Urt. v. 6. 8.1981 – 6 AZR 505/78). Eine individualrechtliche Abmahnung kann auch erfolgen, falls das Mitglied gegen die Pflicht verstößt sich zur Betriebsratsarbeit abzumelden.

8 Fazit

Der Umfang der Betriebsratstätigkeit, die die einzelnen Mitglieder zu erbringen haben, wird einerseits begrenzt durch den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Andererseits gilt, dass primär die freigestellten Mitglieder bzw. der Betriebsratsvorsitzende oder dessen Stellvertreter die Betriebsratsarbeit vorzunehmen haben. Eine Tätigkeit von nicht freigestellten Mitgliedern ist damit – abgesehen von Betriebsratssitzungen – der Ausnahmefall. Dabei dürfen die insgesamt erbrachten Betriebsratstätigkeiten nur ausnahmsweise die Grenze der Freistellungen nach § 38BetrVG dauerhaft überschreiten.

Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, die Arbeitnehmervertretung zu festenSprechstunden zu überreden, um die Betriebsratsarbeit der nicht freige-stellten Mitglieder einzuschränken und möglichst planbar zu gestalten.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht – 01/11