Warum Arbeitgebermarketing?

„Der Wettbewerb um gute Mitarbeiter wird schärfer werden – und als Arbeitgeber müssen wir uns stärker um eine Positionierung als attraktiver Arbeitgeber bemühen“, sagt Michael Schaffer, Personalleiter der Salzburg AG. Wie der Anbieter von Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsdienstleistungen haben in den vergangenen Jahren einige Organisationen begonnen, sich mit ihrer Arbeitgebermarke zu beschäftigen und Employer-Branding-Konzepte auf den Weg zu bringen. Bei einer Hewitt-Befragung gaben bereits im Jahr 2008 die Hälfte der befragten 118 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum an, eine klar definierte Employer-Brand zu haben. Ein Jahr später kommt die Unternehmensberatung Kienbaum zu dem Ergebnis, dass bereits mehr als 80 Prozent der untersuchten Großunternehmen und „Hidden Champions“ aus Deutschland eine entsprechende Marketingstrategie entwickelt haben.

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Foto von Thought Catalog

Armin Trost,

Professor für Human Resources an der Hochschule Furtwangen:

„Wenn Sie sich die Karrierewebseiten von Firmen anschauen, dann sehen Sie meist austauschbare Botschaften“.

Doch wie sieht die Umsetzung dieser Strategien in der Praxis aus? „Wenn Sie sich die Karrierewebseiten von Firmen anschauen, dann sehen Sie meist austauschbare Botschaften“, kritisiert Armin Trost, Professor für Human Resources an der Hochschule Furtwangen und Autor des Buches „Employer Branding“. Arbeitgeber sollten sich mehr Mühe geben, ihre Besonderheiten herauszuarbeiten. Wer sich intensiv mit der eigenen Arbeitgebermarke beschäftigt habe, sollte in der Lage sein, eine möglichst unverwechselbare Employee Value Proposition zu formulieren, also ein Arbeitgeberversprechen. SAP arbeite zum Beispiel mit dem Claim „At SAP you can shape the

way business is done“ (etwa: „Bei SAP kannst du Geschäftsprozesse aktiv mitgestalten“). „Das ist ein

attraktives Versprechen“, so Trost, „und vor allem eines, das neben SAP kaum ein anderes Unternehmen geben könnte.“

Die Marke entwickeln

Auf dem Weg zur unverwechselbaren Arbeitgebermarke müssten Unternehmen aber zunächst Analysearbeit leisten, unterstreicht Christoph Harringer, Geschäftsführer des auf Employer-Branding spezialisierten Beratungsunternehmens Symbiosis. „Im ersten Schritt sollten Sie sich ihre Unternehmensmarke und ihre Corporate Values anschauen und dann überlegen, welche Implikationen diese für das Employer-Branding haben.“ Es mache keinen Sinn, die Arbeitgebermarke im „luftleeren Raum“ zu entwickeln. Ebenfalls sinnvoll sei eine Zielgruppenanalyse, aus der hervorgehe, wen die Arbeitgebermarke ansprechen soll. „Idealerweise sollten die Markenverantwortlichen die Motive dieser Zielgruppen ermitteln, denn es macht einen Unterschied, ob ich Softwareentwickler oder Vertriebler ansprechen möchte“. Hinzu komme eine Wettbewerbsanalyse, die sich mit den Markenauftritten der Mitbewerber auseinandersetzt. Erst dann gehe es an die Entwicklung der Arbeitgebermarke.

 

Christoph Harringer,

Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Symbiosis:

„Im ersten Schritt sollten Sie sich Unternehmensmarke und Corporate Value anschauen.”

Auf einen Alleingang sollten Management und HR-Abteilung in der Phase der Markenentwicklung möglichst verzichten, rät Karin Krobath, Partnerin der Agentur Identitäter. Sie empfiehlt Unternehmen, die Arbeitgebermarke in einer kleinen, heterogen besetzten Gruppe zu entwickeln: „Mit am Tisch sitzen sollten neben der Geschäftsführung nicht nur die Führungskräfte aus der Personal-, Marketing- und Kommunikationsabteilung, sondern auch Meinungsführer aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Ich würde mindestens zwei Mitarbeiter integrieren, die zur Zielgruppe der Arbeitgebermarke gehören.“ In heterogen besetzten Workshops entstünden meist die besten Ideen, so Krobath. „Außerdem zeigt man so gleich zu Beginn, dass die Arbeitgebermarke nicht einer Abteilung, sondern allen

Mitarbeitern gehört. Ein sehr wichtiger Punkt für die Akzeptanz aller folgenden Branding- Maßnahmen.“

Beispiel Plansee

„Bei der Entwicklung der Arbeitgebermarke müssen Sie viel Überzeugungsarbeit leisten“, bestätigt Petra Spreitzhofer, Leiterin der Personalentwicklung bei der Plansee-Gruppe mit Hauptsitz in Reutte, 33 Produktionsstandorten auf drei Kontinenten und Vertriebsgesellschaften und -repräsentanzen in 49 Ländern. Als sie vor fünf Jahren zum Unternehmen kam, bestand ihr erster Auftrag darin, eine Arbeitgebermarke zu etablieren.

Keine leichte Aufgabe. Denn zur Firmengruppe gehören vier Unternehmensbereiche, die am Markt als jeweils eigene Marken auftreten: Plansee Hochleistungswerkstoffe, GTP Wolfram & Spezialpulver, Ceratizit Hartstoffe & Werkzeuge sowie PMG Sinterformteile. „Wenn ich zu Beginn meiner Tätigkeit auf einer Recruitingmesse ausgestellt habe, musste ich mit vier verschiedenen Logos arbeiten – die Bewerber haben überhaupt nicht mehr verstanden, wofür wir eigentlich stehen“, beschreibt die Personalentwicklerin das Problem.

Eine einheitliches Employer-Branding sollte das Problem lösen und dazu beitragen, den steigenden Personalbedarf durch die weltweite Expansion zu decken. Doch dabei galt es, alle Tochterunternehmen ins Boot zu holen. Mit Unterstützung der internen Kommunikationsabteilung organisierte die Personalverantwortliche Workshops mit Vertretern aller Unternehmensbereiche – und legte dabei Wert auf eine möglichst große Vielfalt der Teilnehmer. „Darunter waren ältere und jüngere Techniker, Marketing- und HR-Verantwortliche, aber auch Leute aus Forschung, Entwicklung und Vertrieb.“

Ziel war es, die verbindenden Elemente des Arbeitgebers Plansee zu beschreiben. Das gelang jedoch erst im zweiten Anlauf. „Anfangs gab es große Diskussionen darüber, was uns trennt. Denn jede Division bestand auf ihrer Eigenständigkeit“, erinnert sich Spreitzhofer. Am Ende des Tages standen dann doch die wichtigsten Merkmale fest: Alle waren sich einig, dass Plansee zur Topliga der Produzenten in der Pulvermetallurgie gehört und die gesamte Wertschöpfungskette der Produktion vom Rohstoff bis zum Endprodukt abdeckt.

Marketingauftritt planen

Petra Spreitzhofer,

Leiterin Personalentwicklung

Plansee-Gruppe:

„Das Hauptwort unseres Markenauftritts ist Machen, aber die verschienen Divisionen können auch andere Verben verwenden“.

Diese Aussagen gab das Unternehmen der Agentur mit auf den Weg, die den heutigen Arbeitgeber-Marketingauftritt entwickelte: Plansee arbeitet darin mit aktiven Verben wie „Machen“, „Wollen“ und „Können“, die für den Typus von Mitarbeitern stehen, die das Unternehmen benötigt: Menschen, die etwas bewegen wollen und „Macherqualitäten“ besitzen. Die Worte selbst sind grafisch so dargestellt, dass sie die Wertschöpfungskette des Unternehmens visualisieren: Denn die Buchstaben scheinen aus Erz, Pulver und dem Endprodukt (Metall) zu bestehen.

„Das Hauptwort unseres Markenauftritts ist Machen, aber die verschiedenen Divisionen und Abteilungen können auch andere Verben verwenden“, erläutert Spreitzhofer. So

nutze die Unternehmenstochter PMG, ein Automobilzulieferer, heute das Wort „Drive“, die IT-Abteilung verwende „Do_it“ und die Personalentwicklung das Verb „Lernen“. Der Markenauftritt erlaube somit in der Wortwahl Individualität, gebe durch Art der Gestaltung aber auch eine einheitliche Linie vor.

„Dann kam die Krise“, erzählt Spreitzhofer, „und das Konzept landete erst einmal in der Schublade.“ Irgendwann sei dem Management jedoch bewusst geworden, wie sehr die Arbeitgebermarke gerade in der Krise dazu beitragen könnte, die Mitarbeiter zu motivieren. „Daher haben wir im vergangenen Jahr angefangen, die Marke zunächst intern über Broschüren, T-Shirts und Plakate bekannt zu machen“, so die Personalentwicklerin. Heute sind auch die Karriereseite und der Messestand des Unternehmens markengerecht gestaltet. Der Auftritt nach außen wird somit in Zukunft einheitlich sein.

Die Marke leben und verbreiten

Karin Krobath,

Partnerin der Agentur Identitäter:

„Arbeitgebermarken lassen sich nur über die Führungskräfte dauerhaft im Unternehmen verankern“.

„Arbeitgebermarken lassen sich nur über die Führungskräfte dauerhaft im Unternehmen verankern“, unterstreicht Karin Krobath. Damit ein Unternehmen seine Arbeitgebermarke wirklich lebe, sollte es seine Führungsleitlinien mit der Employer-Brand abgleichen und alle Prozesse der Personalarbeit auf die Marke abstimmen. Denn ansonsten sei die Gefahr zu groß, dass ein aufwendig erstelltes Employer-Branding-Konzept im Alltag untergehe. „Internal Branding ist enorm wichtig“, betont Krobath.

Wer Gutes tut, sollte außerdem darüber reden, lautet eine bekannte Marketingmaxime. Doch welche Kommunikationsmittel eignen sich, um potenzielle Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen? „Fragen Sie

Ihre Zielgruppe, die sagt es Ihnen dann“, meint Armin Trost. Er empfiehlt Unternehmen beispielsweise, Studierende jener Fachrichtungen, die für das Unternehmen interessant sind, in Kreativworkshops zum Thema Arbeitgebermarke einzubinden. „In diesen Workshops denken Sie gemeinsam darüber nach, was potenziellen Mitarbeitern wichtig ist und was sie mit Ihrem Unternehmen verbinden. Am Ende haben Sie dann ein relativ gutes Verständnis davon, was Ihre Organisation als Arbeitgeber ausmacht und wie die Zielgruppe tickt.“

Das Employer-Branding der Zukunft werde einen sehr engen Kontakt zur Zielgruppe notwendig machen, prognostiziert Trost: „Es geht darum, in einen aktiven Austausch zu treten und zusammenarbeiten.“ Kollaboration statt reiner Kommunikation sei künftig gefragt. „Absolventen bewerben sich dann nicht mehr mit ihrem Lebenslauf, sondern mit einer Lösung, Unternehmen bieten Schnuppertage an. Darüber sollten Arbeitgeber stärker nachdenken.“ Es sei jedenfalls nicht sinnvoll, Employer-Branding mit der Gießkanne zu betreiben.

Quelle: personal manager 3/2010