Der Kampf um qualifizierte Mitarbeiter wird immer härter. Dies ist in aller Munde. Doch welche Recruitment-Instrumente helfen heute wirklich? Welche Strategien sind geeignet, um bei Top-Kräften zu punkten?

Das Image vieler Unternehmen ist angeschlagen. Es vergeht kaum ein Tag ohne schlechte Presse - egal, ob es sich um Stellenabbau und Werksschließungen handelt oder um Skandale, die zum Beispiel das Management der Unternehmen betreffen.

Hinzu kommen gesellschaftspolitische Entwicklungen, die einigen Unternehmen Probleme bereiten. Hierzu gehören zum Beispiel das zunehmende Gesundheitsbewußtsein in unserer Gesellschaft und die damit einhergehende Tabuisierung des Rauchens und des Alkoholkonsums. Diese Entwicklungen haben nicht nur allgemein negative Auswirkungen auf das Image der Tabak- und Alkoholindustrie, sondern auch auf deren Rolle als Arbeitgeber.

Steigende Energie- und Benzinpreise und zunehmendes ökologisches Bewusstsein, werden sicher auch an der Energie- und Automobilbranche und ihrer Beliebtheit als Arbeitgeber nicht spurlos vorüber gehen.

„Die Führungskräfte von morgen wollen überwiegend bei angesehenen Unternehmen arbeiten. Für Firmen mit schlechtem Ruf wird es schwieriger und kostspieliger, die besten Köpfe anzuwerben und zu halten“, so das Resume der Studie „Corporate Reputation Watch“ im Januar 2008 (Hrsg. v. Hill & Knowlton Deutschland).

Hinzu kommen gestiegene Ansprüche an den Arbeitsplatz. Eine Trendwende stellte in dieser Sicht sicher auch die Zeit der „New Economy“ dar. Dies zeigt sich heute, knapp zehn Jahre später, sehr deutlich auf dem Arbeitsmarkt. Statt Sicherheit und einer großzügigen Vergütung, zählen bei der Jobauswahl für viele Top-Talente zunehmend auch Individualität und die persönliche Selbstverwirklichung sowie die Flexibilität und Innovationskraft eines Unternehmens. Selbstbewusst schauen qualifizierte Mitarbeiter inzwischen auch auf die Vereinbarkeit von Berufs- und Privat-/Familienleben - zusammengefasst unter dem Schlagwort "Work-Life-Balance".

Doch gerade viele große Unternehmen wurden im Hinblick auf diese Werte in der Hochphase der „New Economy“ als Dinosaurier denunziert. Sie galten häufig als unflexibel und wenig innovativ im Vergleich zu vielen Start-ups. Diese jungen, innovativen Unternehmen lockten nicht nur mit interessanten Inhalten, sondern auch mit einer ganz eigenen, innovativen Mitarbeiterkultur. Kicker und Couch wurden bürofähig und im Gegenzug für diese hinzugewonnene Freiheit wurden Gehalt und Anzahl der Arbeitsstunden für manch einen zur Nebensache.

Gerade die „Dinosaurier“ unter den Unternehmen mussten sich etwas einfallen lassen, um ihr Image als Arbeitgeber aufzupolieren. Doch inzwischen betrifft diese Krise nicht nur Konzerne und Traditionsunternehmen, sondern Firmen aller Größen und aller Branchen. Selbst, die einst als „hip“ geltenden Internetunternehmen, wie z.B. Yahoo! und eBay, zählen in der heutigen schnelllebigen Unternehmenswelt nicht mehr automatisch zu den Wunscharbeitgebern. Diese negativen Auswirkungen erkennt man beispielsweise an der Website http://yahoorezinr.com/, auf der „frustierte“ Yahoo!-Mitarbeiter vorgefertigte Kündigungsschreiben ausfüllen können. Schuld daran, sind auch hier Übernahmeschlachten und Managementfehler oder zunehmende Bürokratie.

In Zeiten von zunehmendem wirtschaftlichem Wettbewerb und damit steigenden Anforderungen an den einzelnen Mitarbeiter und seine Qualifikation kann solch ein Imageschaden schnell zum Stolperstein werden. Ziel ist es somit, sich vom Markt abzuheben und sich einen Wettbewerbsvorteil durch hochqualifizierte Mitarbeiter zu verschaffen.

Es geht darum, eine attraktive Arbeitgebermarke aufzubauen - das Image und die faktische Arbeitgeberqualität entsprechend den gewünschten Werten der Führungskräfte zu formen. Zunehmend steht nicht die Stellenbeschreibung mit den reinen Jobinhalten im Vordergrund, sondern Zusatzangebote und Arbeitsklima im Unternehmen.

Wie können Firmen ihr Ansehen steigern, damit sie für MBA Studenten attraktiver werden? Förderliche Faktoren, die als sehr oder extrem wichtig bewertet werden:

- Qualität des Managements 89%
- Qualität des Produkts / der Dienstleistungen 88%
- Talent der Arbeitnehmer 83%
- Finanzielle Leistungfähigkeit und Investionswert 71%
- Innovation 68%
- Weltläufigkeit 58%
- Soziales Engagement / Soziale Verantwortung 58%
- Gebrauch des Firmenvermögens 40%

Quelle: Corporate Reputation Watch, hrsg. v. Hill & Knowlton, Deutschland, Januar 2008.

Das Schlagwort heißt „Employer Branding“. Grundlage dafür ist eine „Employer Branding-Strategie“, die aus Unternehmensstrategie und Unternehmensmarke als eine Disziplin des Marketings erwächst.

Die Gewinnung von solchen Topkräften wird dadurch immer mehr zu einem betrieblich-relevanten Thema. Damit müssen sowohl die Marketing- als auch die HR-Abteilungen zunehmend Abschied vom Ressortdenken nehmen.

Zudem werden HR-Manager und Personalberater in Zukunft ihr eigenes Aufgabenfeld immer stärker um einen Marketingaspekt erweitern müssen. Es geht mehr und mehr darum die offenen Stellen zu „verkaufen“. Die nackte Stellenanzeige wird ausgeklügelten crossmedialen Recruitment-Strategien Platz machen müssen (mehr zum Thema: Crossmedia). Das Besondere an dieser crossmedialen Kommunikation mit potentiellen Mitarbeitern ist, dass die Botschaft nicht nur isoliert über einen Kanal gesendet wird, sondern vernetzt, über verschiedene, aufeinander abgestimmte Kanäle (häufig offline und online). „Employer Branding“ wird somit ein wichtiges Ziel in der integrativen Kommunikation von Unternehmen (mehr zum Thema: Integrative Kommunikation).

Vom Eventmanagement (vgl. z.B. Speed-Recruiting-Events), über interaktive Onlinespiele / Businesssimulationen (z.B. Deutsche Post World Net/DHL mit der Recruitment-Initiative „Discover Logistics“) oder auch der Selbstdarstellung der Unternehmen über ihre Mitarbeiter in Unternehmensvideos (vgl. www.youtube.de, www.sevenload.de, www.jobtv24.de, etc.) oder in Businessnetzwerken (vgl. www.xing.de, www.cap-up.de, www.businesslive.de, etc.) - die Möglichkeiten der Marketing-Recruitment-Instrumente sind vielfältig und erfordern zunehmend mehr Kreativität von allen Beteiligten.

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Foto von Damian Patkowski