Elvira Hauska: Die Vöslauer Mineralwasser AG ist ein sehr erfolgreiches Unternehmen. Sie sind selbst – gemeinsam mit ihrem Vorstandskollegen Dr. Hudler – seit über 10 Jahren im Vorstand. Unter ihrer Führung erlebte ihre Firma ein enormes Wachstum. Welche Konfliktsituationen hatten und haben dabei aus Ihrer Sicht eine besondere Bedeutung?  

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Foto von Lauren Mancke

Herbert Schlossnikl: Konfliktpotential zur Weiterentwicklung bei Markenartiklern liegt oft an der   Schnittstelle zwischen Marketing / Vertrieb und Technik / Produktion. Das auftretende Spannungsfeld ergibt sich dabei aus der Notwendigkeit der laufenden Differenzierung am Markt einerseits und der Vereinheitlichung zur Effizienzsteigerung andererseits. In diesem Zusammenhang  nehme ich Konflikte zumeist wellenartig wahr. Zuerst gehen die Wogen auf beiden Seiten  hoch,  am Ende sind die Wogen geglättet und die Lösung steht im Vordergrund.

Elvira Hauska: Wie äußern sich diese Höhen und Tiefen, von denen Sie gesprochen haben?

Herbert Schlossnikl: Üblicherweise beginnen die Spitzen mit Forderungen, die in der ursprünglichen Form zur vorgegebenen Zeit nicht erfüllt werden können.  Die eine Seite glaubt, dass ihre Forderung unbedingt erfüllt werden muss. Die andere Seite ist davon überzeugt, dass sie die Vorgabe so nicht realisieren kann. Dann beginnt ein kreativer Anpassungsprozess – sowohl zeitlich als auch in der Art und Weise, wie etwas umgesetzt wird. Aus diesem Konflikt entstehen dann neue Ideen, die sich meist von den ursprünglichen Vorstellungen der jeweiligen Seiten unterscheiden. Am Ende folgt ein gemeinsamer Weg, den beide gehen können.

Elvira Hauska: Sie sprechen von der Bedeutung der wechselseitigen Anpassung. Diese beginnt in einer Phase, in der bereits deutliche Differenzen zwischen den Parteien bestehen. Was passiert genau in diesem Prozess?

Herbert Schlossnikl: Natürlich sind hier die handelnden Personen sehr wichtig. In erster Linie geht es darum, Fakten auf den Tisch zu legen – aber auch Emotionen. Meiner Beobachtung zu folge löst sich der Druck, wenn man sich die Zeit für ein persönliches Meeting oder Vier-Augengespräch nimmt. Derart lösen sich Missverständnisse leichter auf und ein ‚aufeinander Zugehen‘ wird möglich. In der direkten Kommunikation können wir anhand der Körpersprache der anderen erkennen, wo noch Lücken im Verständnis sind. Auch nehmen wir so unser Gegenüber als Menschen besser wahr – unabhängig von sachlichen und fachlichen Botschaften. Wir können dann von Befindlichkeiten abgehen und Hintergründe und Argumente in den Vordergrund stellen.

Elvira Hauska: Ihr Vorstandskollege vertritt die Meinung, dass es auch innerhalb eines Konzerns vorteilhaft ist, schlank aufgestellt zu sein. Nur dadurch können relevante Veränderungen zeitgerecht erkannt werden, die Handlungen erfordern. Wie sehen Sie das?

Herbert Schlossnikl: Ich teile seine Auffassung, dass es leichter ist, in einer kleinen, aber schlagkräftigen Truppe auftretende Probleme zu bewältigen. Je größer ein Entscheidungsgremium ist und je mehr Hierarchien eingebunden werden müssen, umso länger dauert die Abstimmung. Wir haben deshalb im Personalbereich Schlüsselpositionen definiert. Diese Mitarbeiter sind jedenfalls in relevanten Entscheidungsprozessen dabei und haben die Kompetenz aber auch die Akzeptanz, diese dann in ihrem Bereich umzusetzen. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für eine flexible, aber doch verbindliche Vorgehensweise. Auch bei Neubesetzungen nehmen wir darauf Rücksicht. Wir erweitern unser Team nur dann, wenn wir deutliche Lücken wahrnehmen.

Elvira Hauska: Wir haben das Motto unseres Gesprächs unter dem Titel ‚Bedeutung der Konflikte für erfolgreiche Unternehmen‘ gestellt. Was sind die Eckpfeiler dazu aus Ihrer Sicht?

Herbert Schlossnikl: Konflikte sind wichtig. Sie setzen die notwendigen Impulse für Veränderungen, die sonst in der Form nicht stattfinden würden. Dadurch entstehen Lösungsmöglichkeiten, die nicht entstehen könnten, wenn jeder für sich isoliert arbeitet. So betrachtet, haben sie ein hohes Potenzial für positive Entwicklungen – für jeden einzelnen, für einzelne Teams, aber auch für unser Unternehmen. Entscheidend ist es, wie wir mit ihnen umgehen. Die Voraussetzung dafür ist eine positive Grundeinstellung gegenüber Konflikten. Auch wenn die Wogen dabei manchmal hoch schlagen, so ist das auch in Ordnung. Diese kreative Phase kann gut für sinnvolle Anpassungen genützt werden. Wir brauchen dann aber auch die Mittel, die Situation wieder zu beruhigen und Entscheidungen und Maßnahmen zu konsolidieren. Konflikte sind also nichts Negatives, wie der erste Reflex auf das Wort vermuten ließe.  Wir müssen dabei nur lernen, dahinterliegende Chancen zu erkennen.