Arbeitgeber können die Matching-Technologie des Anbieters in ihre Karrierseite integrieren. Wer die eigene Arbeitgebermarke erst definieren muss, hat die Möglichkeit, den von CompanyMatch entwickelten „Ambassador Survey“ zu nutzen und an eine ausgewählte, repräsentative Gruppe von Mitarbeitern zu schicken. Die Ergebnisse sollen helfen, den CompanyMatch scan besser und ehrlicher ausfüllen zu können, um die Basis für einen guten Abgleich mit den Kandidaten zu legen.

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Foto von Zaiqiao Ye

Potenzielle Bewerber können ihre Ergebnisse via Link mit der jeweiligen Recruitingabteilung teilen. Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, die Lösung anonym zu nutzen. Der Anbieter wirbt damit, den Unternehmen Einblicke in die Eigenschaften dieser Seitenbesucher zu geben, indem er anonymisierte und aggregierte Statistiken bereitstellt.

Unternehmen, die ihre Arbeitgebermarke zusätzlich bewerben möchten, können sich ein Profil auf der Plattform von CompanyMatch einrichten. Auch dort haben Besucher die Möglichkeit, sich mit Arbeitgebern zu matchen – ihre individuellen Top 25 bekommen sie auf ihrer Startseite angezeigt.

CompanyMatch ist nach eigenen Angaben Marktführer für die Messung des Cultural Fit. Der Anbieter startete vor sechs Jahren und arbeitet mittlerweile mit rund 400 Unternehmen zusammen. Er ist in fünf Ländern aktiv, darunter die Niederlande, Belgien, Deutschland und Großbritannien. Aktuell steht der Launch in Österreich bevor, wo CompanyMatch mit dem Softwareanbieter eRecruiter und dem Personalberater Iventa kooperiert.

Dennoch könne es sinnvoll sein, sich damit auseinanderzusetzen, was man unter Unternehmenskultur versteht und was die eigene Organisation ausmacht, glaubt Kummer. Beispiel ÖAMTC: „Wir sind ein gemeinnütziger Verein und können sicher nicht mit Gehältern und Goodies punkten, aber mit unserer Kultur“, so der Leiter Personalentwicklung. „Und weil wir uns mit diesem Thema auseinandergesetzt haben, wissen wir auch genau, dass wir in dieser Hinsicht einiges bieten können, was Kandidaten wollen“.

Ende Dezember zog der ÖAMTC zudem aus verschiedenen Standorten in eine gemeinsame Zentrale. Ein großer Schritt, der die Kultur der Organisation sicher verändern werde, erwartet Kummer. Denn: „Wir übersiedeln nicht nur Kartons, sondern auch Menschen.“ Um diesen Prozess besser begleiten zu können, sei es sinnvoll, die Kultur der Standorte zu kennen. Die sei ja nicht immer gleich offensichtlich. Seine Lieblingsmetapher zum Thema Kultur laute: „Kultur ist so etwas wie der Geruch in einem Raum. Wenn man drin sitzt, nimmt man ihn nicht wahr. Wenn man rein kommt, denkt man unter Umständen: „Um Gottes willen“. Viele Unternehmenslenker und Personalentwickler könnten die Unternehmenskultur nicht beschreiben, weil sie für sie so selbstverständlich ist. „Da kann es sehr hilfreich sein, zu überlegen, was uns ausmacht – im Positiven wie im Negativen.“


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Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 1 Jänner/ Februar 2017

Ein prominentes Beispiel ist John Browett. Der ehemalige Apple-Chefverkäufer nahm nach weniger als sechs Monaten im Amt, nicht ganz freiwillig, seinen Hut. Als Grund dafür nannte er selbst die fehlende kulturelle Passung zum Arbeitgeber. Browett „tickte“ offensichtlich anders als die Mehrheit der Beschäftigten (oder der Führungskräfte) bei Apple, sein Verhalten kam scheinbar nicht gut an. Umgekehrt machen HR-Verantwortliche immer wieder die Erfahrung, dass Mitarbeiter im Unternehmen vorankommen, wenn sie sich dort wohlfühlen und gut einfügen können. Zu diesem Ergebnis kommt auch die amerikanische Forscherin Kristof-Brown in einer Metastudie aus dem Jahr 2005. Ihren Analysen zufolge stärkt eine gute Passung zwischen Mensch und Organisation Leistungsfähigkeit, Zufriedenheit und Bindung.

CompanyMatch scan

Einen etwas anderen Ansatz als metaHR verfolgt CompanyMatch mit Sitz in den Niederlanden. Das Unternehmen hat den „CompanyMatch scan” entwickelt, über den Kandidaten ihre eigenen Ausprägungen mit der jeweiligen Arbeitgebermarke abgleichen können. Dabei definiert der Anbieter Cultural Fit als Übereinstimmung mit der Arbeitgebermarke und den „zugrunde liegenden Themenfeldern“ – die da sind: „Ambitionen, Umgang miteinander, Führungsstil, Werte und Wachstumsstrategie“ (Abbildung 2). Während der Cultural Fit Evalueator Kultur rein über Werte ermittelt, konzentriert sich CompanyMatch auf die Arbeitgebermarke, in der jedoch Werte – als ein zugrunde liegendes Themenfeld – ebenfalls eine Rolle spielen.

Doch stimmt die gelebte Unternehmenskultur immer mit der Arbeitgebermarke überein? „Sie sollte es“, betont Bjorn Veenstra, Geschäftsführer von CompanyMatch. „Wenn Arbeitgeber in ihrer Employer Brand vorgeben, jemand anderes zu sein, als sie wirklich sind, kommt es natürlich zu einem Mismatch.“ Aber das sei nicht im Interesse der Unternehmen.

Supplementärer und
komplementärer Fit

Nicht ganz überzeugt vom Modell des Cultural Fit im Recruiting ist die Autorin, Karriereberaterin und Bloggerin Svenja Hofert. „Die Gefahr besteht, dass Organisationen damit in der Personalauswahl zu einer Homogenität tendieren, die ihnen gar nicht guttut“, kritisiert sie. „Wenn man ein zu werteähnliches Umfeld hat, minimiert das Konflikte und Wellen, die hilfreich für Entwicklung, Ideen und Innovation sind“, so Hofert. Für Fach- und Führungskräfte, die neu in ein Unternehmen kämen, sei ein für sie passendes, homogenes Umfeld zwar attraktiv. „Aus Unternehmersicht würde ich aber sagen: Vorsicht!“

Die Macher des Cultural Fit Evalueator halten dem entgegen, dass Unternehmen ihr Tool so einstellen könnten, dass es neben dem „supplementären Fit“ auch einen „komplementären Fit“ berücksichtigt. Sprich: Wenn Arbeitgeber feststellen, dass es ihnen im Unternehmen an Leistungsorientierung oder Innovationskraft mangelt, können Sie diese „Soll-Werte“ einstellen, um so entsprechende Kandidaten zu finden, die „frischen Wind“ in die Organisation bringen. Das setzt aber natürlich voraus, dass Unternehmensentscheider wissen, was sie wirklich brauchen.

„Den Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten, geht es nicht darum, Hanni und Nanni zu finden“, betont auch Jil Sporleder von CompanyMatch. Die Kandidaten müssten nicht zu 100 Prozent der Arbeitgebermarke entsprechen. Wichtig sei eine gewisse kulturelle Übereinstimmung. Abweichungen in einigen Bereichen könnten gute Ansatzpunkte für das Vorstellungsgespräch sein.

Unternehmenskultur erfährt Revival

Viele Unternehmensentscheider erleben das offensichtlich ähnlich. Rund 80 Prozent der 424 HR-Verantwortlichen aus der DACH-Region, die das Beratungsunternehmen meta HR in einer Studie befragt hat, finden den Cultural Fit ihrer Bewerber wichtig oder eher wichtig. Von einer solchen Passung versprechen sie sich eine höhere Mitarbeiterbindung, weniger Rekrutierungskosten und motiviertere Mitarbeiter. Fast jeder zweite Personalist ist der Ansicht, dass die Bedeutung des Cultural Fit insgesamt steigt.

Generell erlebe das Thema Unternehmenskultur ein gewisses Revival, beobachtet Chris-toph Athanas, Studienautor und Geschäftsführer von meta HR. „Denn die Kultur macht Unternehmen unterscheidbar und attraktiv. Compensation and Benefits sind austauschbar, die Unternehmenskultur aber nicht.“ Sie könne als „Klebe- und Bindemittel“ für Mitarbeiter fungieren, so der Berater. 

Doch obwohl den Befragten HRlern der Cultural Fit generell wichtig ist, nutzen nur wenige standardisierte und halbwegs objektive Verfahren, um kulturelle Passung zu messen. So geben die meisten an, den Unternehmens-Fit im Vorstellungsgespräch zu prüfen, was wenig objektiv erscheint. 80 Prozent versuchen, die kulturelle Passung aus dem CV herauszulesen. Nur 8,8 Prozent setzen standardisierte Verfahren ein, um den Cultural Fit zu erheben.

Was ist die Unternehmenskultur?

Doch wie lässt sich die kulturelle Passung in einer Organisation überhaupt erheben? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst klären, was wir unter Unternehmenskultur verstehen. Und hier gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze. Der Organisationspsychologe Edgar H. Schein definiert sie als „Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme … erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt“. Das Problem: Ein großer Teil dieser Grundprämissen ist unausgesprochen, was das Phänomen Kultur schwer fassbar macht. Schließlich wissen wir oft selber nicht ganz genau, warum wir die Dinge in unserem Unternehmen so und nicht anders tun. („This is how we do things around here”, lautet übrigens eine weitere Definition von Organisationskultur der Forscher David Bright und Bill Parkin.) 

Hinzu kommt, dass viele verschiedene Aspekte in das Konzept der „Kultur“ hineinspielen können. So beschreiben die Organisationsforscher McLean und Marshall Unternehmenskultur als „Sammlung von Traditionen, Werten, Regeln, Glaubenssätzen und Haltungen, die einen durchgehenden Kontext für alles bilden, was wir in dieser Organisation tun und denken“. Diese Aufzählung verrät, dass der Begriff sehr Unterschiedliches umfassen kann, nämlich unter anderem Normen, Werte, Annahmen und Regelungen. Daher unterscheiden sich die verschiedenen Ansätze zur Messung von Unternehmenskultur auch deutlich – je nachdem, welche Komponenten die jeweiligen Forscher und Fragebogenentwickler in den Vordergrund stellen.

Was ist Kultur?

Herwig Kummer, Leiter Personalentwicklung beim ÖAMTC, hat den Cultural Fit Evalueator und das Verfahren von CompanyMatch getestet – und die Ergebnisse in seinem Blog Personaleum festgehalten. Sein Fazit formuliert er im Interview so: „Je nachdem, was ich gerne haben möchte, gibt es unterschiedliche Ansätze, Kultur zu messen“. Das sei ja auch nur zu verständlich, denn: „Keiner weiß so genau, was Kultur überhaupt ist.“ Zu unklar sei der Begriff, zu viele verschiedene Ansätze und Definitionen seien im Umlauf.

Svenja Hofert kritisiert zudem, dass die Kultur von Unternehmen sich verändern könne. „Nehmen wir eine Firma in der Krise, die einen Großteil der Belegschaft entlässt. Das kann die ganze Kultur komplett auf den Kopf stellen!“

Dazu zwei Beispiele:

Cultural Fit Evalueator

Der „Cultural Fit Evalueator” des Berliner Beratungsunternehmens meta HR arbeitet mit Wertefamilien, die auf einem Modell des US-amerikanisch-israelischen Sozialpsychologen und Forschers Shalom Schwartz beruhen. Schwartz hat ein universelles – also auch kulturübergreifendes – Wertemodell entwickelt, das aus zehn Wertetypen besteht, die auf zwei Hauptdimensionen angeordnet sind: reformierende versus bewahrende Werte und kollektive versus individuelle Werte (Abbildung 1).

Auf Basis dieses Modells haben die Berater von meta HR in Zusammenarbeit mit den Unternehmen DEBA und Ingentis ein Testverfahren mit drei Frageblöcken entwickelt. Die Tester müssen Aussagen nach Wichtigkeit sortieren und die Bedeutung von Werten mit Schiebereglern definieren. Die Ergebnisse werden der Kultur der jeweiligen Organisation gegenübergestellt. Unternehmen können das Tool nutzen, um ihre eigene Kultur zu bestimmen, beispielsweise indem sie das Verfahren von ihren Mitarbeitern bearbeiten lassen. Sie können aber auch eine bereits definierte Kultur im Tool abbilden, um sie dann mit den Werten von Bewerbern abzugleichen, erklärt Jens Gerber, bei meta HR verantwortlicher Produktmanager für den Evalueator.

Aktuell ist der Cultural Fit Evalueator zum Beispiel bei der international aktiven Hilfsorganisation „Kindernothilfe“ mit Sitz in Deutschland im Einsatz. Die Non-Profit-Organisation erhält auf Stellenausschreibungen üblicherweise sehr viele Bewerbungen – und steht vor der Herausforderung, aus dieser Menge die passenden Mitarbeiter auszuwählen. Die „Passenden“ sind im Fall der Kindernothilfe aber nicht unbedingt die mit den besten Noten und Fremdsprachenkenntnissen. „Sie haben gemerkt, dass sie in der Vergangenheit nicht unbedingt diejenigen ausgewählt haben, die sie auch wirklich wollten“, so Gerber. Daher versuchen sie nun, die kulturelle Passung zu ermitteln.

Doch was bei einem Verein mit rund 150 angestellten Mitarbeitern noch angehen kann, erscheint bei einem Großkonzern mit verschiedenen internationalen Niederlassungen schon schwieriger. Lässt sich eine allgemein gültige Unternehmenskultur ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl überhaupt noch ermitteln? Gerade bei Großunternehmen sei das schon recht schwierig, räumt Gerber ein, weil sich verschiedene Bereiche und Niederlassungen deutlich unterscheiden könnten. „Aus diesem Grund empfehlen wir, die Mitarbeiterbefragungen in den Standorten zu verschicken, um die jeweiligen Kulturen zu ermitteln“. Meist suchten Arbeitgeber ja ohnehin Mitarbeiter für einen spezifischen Standort.