BAG, Urteil vom 23. April 2009, 6 AZR 189/08

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Foto von Damian Patkowski

Ein Zeitarbeitsunternehmen kündigte einer Arbeitnehmerin innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz. Zum Zeitpunkt der Kündigung war die Arbeitnehmerin arbeitsunfähig. Die Arbeitnehmerin hielt die Kündigung für sittenwidrig und machte im anschließenden Kündigungsschutzverfahren geltend, sie sei unmittelbar vor der Kündigung von der Personaldisponentin des Unternehmens angerufen worden. Diese habe ihr gesagt, sie solle trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit kommen, andernfalls müsse sie mit einer Kündigung rechnen. Das beklagte Unternehmen bestritt die behauptete Äußerung der Personaldisponentin. Die Arbeitnehmerin berief sich für die Richtigkeit ihrer Behauptung auf das Zeugnis einer bei dem Telefonat anwesenden Freundin, welche das Gespräch zufällig und ohne ihr Wissen mitgehört habe.

Das Arbeitsgericht vernahm die Personaldisponentin als Zeugin und wies die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin schließlich ab. Eine Vernehmung der Freundin der Arbeitnehmerin lehnte es mit der Begründung ab, es bestehe ein Beweisverwertungsverbot, da das Persönlichkeitsrecht der Personaldisponentin zu schützen sei. Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz.

Dagegen hatte die Revision der Arbeitnehmerin vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg. Die Sache wurde an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Dabei stellt das BAG fest, dass die Kündigung eine nach § 612a BGB unzulässige Maßregelung darstellen würde, wenn die Behauptung der Arbeitnehmerin sich als wahr erwiese. Das Landesarbeitsgericht hätte von der Vernehmung der Freundin der Arbeitnehmerin nur absehen dürfen, wenn die Arbeitnehmerin dieser zielgerichtet ermöglicht hätte, das Telefongespräch heimlich mitzuhören. Hierzu hatte das Landesarbeitsgericht allerdings bislang keine Feststellungen getroffen.

Fazit:

Die Entscheidung des BAG ist konsequent. So gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass das heimliche Mithören eines Telefongesprächs, etwa über einen Raumlautsprecher oder mittels Weghalten des Hörers vom Ohr, das – grundrechtlich geschützte – Persönlichkeitsrecht des Anrufers verletzt, wenn dieses heimliche Mithören von dem Angerufenen zielgerichtet ermöglicht wurde. Deshalb darf ein heimlich Mithörender dann später nicht als Zeuge zum Gesprächsinhalt des Telefonats zugunsten des Angerufenen vernommen werden. Wenn dagegen der Angerufene nichts dazu beigetragen hat, dass der Dritte das Telefongespräch mithören konnte, besteht kein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Vernehmung des Mithörenden als Zeugen. Das Interesse des Angerufenen an der Durchsetzung seiner – im Einzelfall auch grundrechtlich – geschützten Rechte in einem gerichtlichen Verfahren sowie das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege und materiell richtigen Entscheidung überwiegen dann gegenüber dem Interesse des Anrufers auf Schutz seines Persönlichkeitsrechts.

Praxistipp:

Auch bei Telefongesprächen sollte man stets darauf achten, was man sagt, da man sich nicht darauf verlassen kann, dass der Inhalt der Gespräche in jedem Fall vertraulich bleibt und nicht doch später in einem Gerichtsverfahren über einen Zeugen Gegenstand der Urteilsfindung wird.

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