Erläuterung 4

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Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Taggelder nach § 3 Absatz 1 Ziffer 16b EStG unbefristet abgabenfrei bleiben. In diesem Fall haben die Fristen in den Erläuterungen 1 bis 3 keine Bedeutung. Abbildung 2 beschreibt die Voraussetzungen für eine dauerhaft abgabenfreie Taggeldabrechnung (auch bezeichnet als §3-Dienstreise).

A) Tätigkeit

Der Außendienst umfasst Tätigkeiten außerhalb des ständigen Arbeitsortes beziehungsweise außerhalb des Betriebsgeländes, auf dem ein Arbeitnehmer üblicherweise tätig ist. Darunter fallen alle Arten von Kundenbesuchen, Vertretertätigkeiten, Serviceleistungen beim Kunden, Tätigkeiten von Amtsorganen (wie zum Beispiel Betriebsprüfer oder Exekutoren).

Fahrtätigkeiten sind insbesondere alle Transportfahrten sowie Tätigkeiten im Linienverkehr wie Buschauffeur, Lokführer oder Zugbegleiter.

Eine vorübergehende Tätigkeit liegt beispielsweise

vor, wenn …

Zu den lohngestaltenden Vorschriften gehören

Kollektivverträge und jene Betriebs-

  • Arbeitnehmer zu Ausbildungszwecken vorübergehend an einen Schulungsort entsendet werden oder
  • sie aushilfsweise in anderen Filialen tätig werden, weil Angestellte dieser Filialen krank oder im Urlaub oder in Mutterschaftskarenz sind.

Erforderlich ist, dass der vorübergehende Einsatzort in einer anderen Gemeinde als der ständige Arbeitsort ist. Die Finanzbehörde legt in den Lohnsteuerrichtlinien starr einen maximalen Sechsmonatszeitraum für die abgabenfreie Abrechnung von Taggeldern bei vorübergehenden Tätigkeiten fest. Das bereits zuvor zitierte UFS-Urteil hat auch diesen Sechsmonatszeitraum als gesetzlich nicht gedeckt beurteilt und im konkreten Streitfall abgabenfreie Taggelder für eine 18 Monate dauernde Tätigkeit an einem vorübergehenden Einsatzort zugelassen.

Das Finanzamt akzeptierte auch diese UFSAuffassungen ohne Änderung der Lohnsteuerrichtlinien, die die Arbeitsgrundlage für Lohnabgabenprüfer sind. Das mag zwar für den Steuerpflichtigen gut sein, der diese Entscheidung erwirkte, für die Rechtssicherheit bei Reisekostenabrechnungen ist das eine weitere kleinere Katastrophe.

B) verpflichtender Anspruch aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift

Zu den lohngestaltenden Vorschriften gehören Kollektivverträge und jene Betriebsvereinbarungen, die Unternehmen aufgrund einer besonderen kollektivvertraglichen Ermächtigung abschließen.

Beispiel aus dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte (KV Handel):

„Dienstreisen außerhalb von Österreich bedürfen einer ausdrücklichen Bewilligung des Arbeitgebers. Die Entschädigung der Reise-kosten und des Reiseaufwandes ist jeweils vor Antritt der Dienstreise besonders zu vereinbaren. Diese Regelung kann auch durch Betriebsvereinbarung getroffen werden. Es wird empfohlen, sich bei einer derartigen Vereinbarung an den Sätzen für Auslandsreisen des Einkommensteuergesetzes zu orientieren.“

Was bedeuten diese Sätze für die Praxis?

Der KV Handel regelt für Auslandsdienstreisen keinen verpflichtenden Anspruch. Folglich ist die Voraussetzung 2 nicht erfüllt und Unternehmen können Taggelder nicht zeitlich unbefristet steuerfrei abrechnen.

ABER der KV Handel ermächtigt die Betriebe, eine Betriebsvereinbarung für Spesenvergü-tungen bei Auslandsdienstreisen abzuschließen.

Wird eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, dann liegt eine §3-Dienstreise vor und damit können Unternehmen die Taggelder für die Auslandsdienstreise zeitlich unbefris-tet steuerfrei ausbezahlen.

Schließen sie hingegen (nur) eine Individualvereinbarung mit dem reisenden Angestellten ab, dann liegt keine §3-Dienstreise vor und damit können Arbeitgeber die Taggelder für die Auslandsdienstreise nur nach den Regeln des § 26 Ziffer 4 EStG (zeitlich beschränkte Steuerfreiheit) abrechnen.

C) keine Anspruchsumwandlung

Die entsprechende Gesetzesstelle lautet: „Reiseaufwandsentschädigungen sind nicht steuerfrei, soweit sie anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder üblicher Lohnerhöhungen geleistet werden.“

Eine abgabenschädliche Gehaltsumwandlung liegt beispielsweise vor, wenn Unternehmen bisher pauschalierte, daher abgabepflichtig abgerechnete Taggelder oder All-in-Bezüge auf eine abgabenfreie Speseneinzelabrechnung umstellen, nachdem die bisherigen Bezüge entsprechend gekürzt wurden.

Keine abgabenschädliche Gehaltsumwandlung liegt vor, wenn Taggelder zusätzlich ausbezahlt werden und gleichzeitig die bestehenden Lohnansprüche (inklusive der üblichen Lohnerhöhungen) unverändert bleiben.

Das folgende umfassende Beispiel soll Sie dabei unterstützen, sicherer zu beurteilen, ob das ausbezahlte Taggeld zeitlich befristet (§ 26 Ziffer 4 EStG) oder dauerhaft abgabenfrei (§ 3 Absatz 1 Ziffer 16b EStG) ausbezahlt werden kann.

Beispiel:

Peter Wichtigmann ist Vertriebsvorstand der Handels AG, die ihre Zentrale in Wien hat und deren Arbeitnehmer dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte unterliegen. Vom 11. bis 15. März 2013 und vom 18. bis 22. März 2013 fährt er täglich nach Linz (und abends wieder zurück). Peter Wichtigmann leitet in dieser Zeit die österreichweite Produktschulung für alle Außendienstmitarbeiter der Handels AG in einer angemieteten Vortragshalle. Für alle zehn Reisetage erhält Peter Wichtigmann Taggelder. Sind diese Taggelder für alle zehn Tage abgabenfrei?

Tina Powerfrau, die Assistentin von Peter Wichtigmann, hat die Produktschulung organisiert und vorbereitet (einschließlich der Gestaltung der Präsentationsunterlagen). Die Unterstützung durch seine Assistentin ist für Peter Wichtigmann unverzichtbar. Daher begleitet sie ihn. Tina Powerfrau und Peter Wichtigmann besprechen Details der Präsentation und Schulungsfeedbacks der einzelnen Tage während der jeweils gemeinsamen Zugfahrt (nach und von Linz). Auch Tina Powerfrau erhält für die zehn Schulungstage Taggelder. Sind diese Taggelder für alle zehn Tage abgabenfrei?

Lösung

Zunächst wird unterstellt, dass keine Anspruchsumwandlung vorgenommen wurde. Sowohl die Tätigkeit von Tina Powerfrau als auch jene von Peter Wichtigmann gelten als „vorübergehende Tätigkeit“, somit sind die erste und die dritte Voraussetzung der §3-Dienstreise bezüglich einer dauerhaften abgabenfreien Abrechnung der Taggelder erfüllt.

Auch sieht der KV Handel für Dienstreisen im Inland einen arbeitsrechtlich zwingenden Reisekosten-Vergütungsanspruch vor, sofern Mitarbeiter – wie im Beispielfall zutreffend – den Dienstort verlassen.

Da allerdings nur Tina Powerfrau als Arbeitnehmerin dem KV Handel unterliegt, nicht jedoch der Vorstand Peter Wichtigmann, gilt abgabenrechtlich folgendes Ergebnis:

Tina Powerfrau erfüllt alle drei Voraussetzungen der §3-Dienstreise, daher ist ihr Taggeld für alle zehn Schulungstage abgabenfrei (bis maximal 26,40 Euro pro Tag, da mehr als elf Stunden Reisezeit pro Tag) auszahlbar.

Vorstand Peter Wichtigmann erfüllt nicht alle drei Voraussetzungen der §3-Dienstreise, daher ist sein Taggeld gemäß § 26 Ziffer 4 EStG nur für die ersten fünf Schulungstage (= 11. bis 15. März 2013) abgabenfrei (maximal 26,40 Euro pro Tag, da mehr als elf Stunden Reisezeit pro Tag). Für den Zeitraum 18. bis 22. März 2013 sind die an ihn ausbezahlten Taggelder abgabenpflichtig abzurechnen.

Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 2 März / April 2013

Wie lange können Unternehmen Taggelder abgabenfrei abrechnen, die sie für die Verpfle-gung anlässlich von Dienstreisen auszahlen? Diese Frage gehörte zu den Themen, mit de-nen sich die Teilnehmer des Online-Seminars aus der Reihe „Payroll-Check“ befassten. Ab-bildung 1 zeigt eine Checkliste für das Abrechnen von Taggeldern. Die richtige Praxis lässt sich aus dem Einkommensteuergesetz (EStG, § 26 Ziffer 4 bzw. § 3 Absatz 1 Ziffer 16b) und den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) ableiten.

Erläuterung 1

Im Nahbereich, wenn keine „reisekostenrelevante“ Nächtigung vorliegt (Erläuterung 3), können Arbeitgeber die Taggelder für fünf Tage abgabenfrei abrechnen und auszahlen, wenn der betreffende Mitarbeiter an diesen Tagen durchgehend beziehungsweise regelmäßig wiederkehrend (zumindest wöchentlich)

  • einer Fahrtätigkeit (z. B. Wachdienst, Lok-führer) oder
  • einer Reisetätigkeit in einem Gebiet (das einen politischen Bezirk und die an diesen angrenzenden Bezirke umfasst) oder
  • einer Reisetätigkeit an einen Ort (politische Gemeinde)

nachging.

Erst wenn eine Unterbrechung obiger Reisebewegung von zumindest vollen sechs Kalen-dermonaten vorliegt, können Unternehmen erneut abgabenfreies Taggeld für dieselbe Reisebewegung auszahlen beziehungsweise abrechnen.

Beispiel:

Wenn ein Mitarbeiter einmal wöchentlich von Wien nach Graz und zurück fährt, ohne zu übernachten, sind die ersten fünf Fahrten steuerfrei. Anschließend werden die Fahrten dauerhaft steuerpflichtig – es sei denn, es kommt zu einer sechsmonatigen Unterbrechung.

Erläuterung 2

Im Nahbereich können Unternehmen die Taggelder 15 Tage abgabenfrei abrechnen, wenn sich die Fahrt an einen Ort unregelmäßig wiederkehrend (seltener als wöchentlich) wiederholt.

Die Einschränkung von 15 Tagen gilt pro Kalenderjahr. Jedem Mitarbeiter stehen somit pro Jahr 15 abgabenfreie Taggeld-Reisetage bei unregelmäßig wiederkehrenden Fahrten an einen Ort zu.

Erläuterung 3

Wird genächtigt, weil entweder

a) der Reiseort mehr als 120 Kilometer vom Wohnort entfernt ist oder

b) weil aus anderen Gründen eine Heimreise unzumutbar ist (beispielsweise aus Witterungsgründen oder weil kein öffentliches Verkehrsmittel mehr verkehrt),

spricht man von einer „reisekostenrelevanten“ Nächtigung. Dann gilt gemäß der Randzahl 721 der LStR, dass Arbeitgeber die Taggelder sechs Monate lang (= 183 Tage Aufenthalt am Reiseort innerhalb der letzten zwei Jahre) abgabenfrei abrechnen können. Anschließend werden die Taggelder abgabenpflichtig. Erst wenn eine Unterbrechung der Reisen an diesen Reiseort von zumindest vollen sechs Kalendermonaten vorliegt, können Unternehmen erneut abgabenfreies Taggeld ausbezahlen beziehungsweise abrechnen.

Zur Rechtsverunsicherung trägt der Unabhängige Finanzsenat (UFS) Salzburg bei, der in seinem Urteil vom 7. Mai 2012, RV/0481- S/11 feststellte, dass die zuvor angesprochene Sechsmonatsfrist gesetzlich nicht gedeckt ist und nur die in den Erläuterungen 1 und 2 angeführten Fristen (fünf beziehungsweise 15 Tage) gelten.

Das Finanzamt akzeptierte die UFS-Auffassung, denn es legte keine Amtsbeschwerde gegen diese Entscheidung ein, hat aber im Dezember 2012, als ein Wartungserlass die Lohnsteuerrichtlinien in einigen Punkten änderte beziehungsweise ergänzte, die in der Randzahl 721 angesprochene Sechsmonatsfrist trotz des UFS-Urteils unverändert belassen. Für die Rechtssicherheit bei Reisekostenabrechnungen ist das eine kleinere Katastrophe.