Piloten durch Pflicht zum Tragen einer Dienstmütze nicht benachteiligt
Die Regelung in einer Betriebsvereinbarung, wonach Piloten im Gegensatz zu ihren weiblichen Kolleginnen verpflichtet sind, in dem der Öffentlichkeit zugänglichen Bereich des Flughafens zwingend eine Dienstmütze zu tragen, stellt keine Geschlechterdiskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dar.
LAG Köln 29.10.2012 – 5 Sa 549/11

Kurzzeitige Beschäftigung in einer BQG kann Umgehung von § 613a BGB darstellen
Eine nur 30-minütige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch den Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) stellt eine unzulässige Umgehung des § 613a BGB dar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn klar ist, dass der Betriebserwerber den Arbeitnehmer kurz nach dem Wechsel in die BQG neu einstellt. Umgeht der Betriebserwerber auf diese Weise  § 613a BGB, führt dies dazu, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten der vom Veräußerer abgeschlossenen Arbeitsverträge eintritt.
BAG 25.10.2012 – 8 AZR 572/11

Leiharbeitnehmer bleiben auch bei dauerhafter Überlassung Arbeitnehmer des Verleihers
Auch wenn ein Leiharbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergegend für den Entleiher tätig ist, führt dies nicht zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer. Eine derartige Rechtsfolge sieht das Gesetz nicht vor. Zudem liegt grundsätzlich auch kein rechtsmissbräuchliches Strohmanngeschäft vor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer vor der Ende 2011 erfolgten Änderung des AÜG begründet wurde.
LAG Berlin-Brandenburg 16.10.2012 – 7 Sa 1182/12

Beleidigende Äußerung auf Facebook-Profil eines Auszubildenden als Kündigungsgrund
Beleidigungen des Arbeitgebers, die ein Auszubildender auf einem Facebook-Profil äußert, können auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
LAG Hamm 10.10.2012 – 5 Sa 451/12

Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast beim Überstundenprozess
Im Überstundenprozess genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen seiner gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern (1. Prüfungsstufe). Ist streitig, ob der Arbeitnehmer Überstunden geleistet hat, muss der Arbeitnehmer nach der neuen Rechtsprechung des BAG nicht mehr von vornherein darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er während der Mehrarbeit verrichtet hat. Die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb an seinem Arbeitsplatz begründet eine Vermutung dafür, dass die Überstunden für die Arbeit notwendig waren. Darauf hat der Arbeitgeber substantiiert für jeden einzelnen Arbeitstag zu erwidern (2. Prüfungsstufe). Der Arbeitnehmer muss im Schriftsatz darlegen, wann er wie viele Überstunden geleistet hat. Es genügt nicht, wenn er entsprechende Anlagen beifügt – jedenfalls dann, wenn die Anlagen nicht aus sich selbst heraus verständlich sind.
LAG Berlin-Brandenburg 19.09.2012 – 15 Ta 1766/12

Kündigung eines alkoholkranken Arbeitnehmers bei Rückfall nicht immer gerechtfertigt
Tritt bei einem an Alkoholsucht leidenden Arbeitnehmer während einer ambulanten Therapie wiederholt ein Rückfall ein, muss dies nicht zwangsläufig zu einer negativen Zukunftsprognose führen. Jedenfalls scheidet eine Kündigung aus, wenn der Arbeitnehmer die betrieblichen Interessen nicht erheblich beeinträchtigt hat. Kommt es nicht zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bei der Arbeit, kann der Arbeitgeber auch nicht annehmen, dass der Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der Eigen- und Fremdgefährdung ungeeignet für seine Tätigkeit ist.
LAG Berlin-Brandenburg 05.09.2012 – 15 Sa 911/12

Arbeitszeitkonto – Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub
Aus dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub gemäß § 1 BUrlG folgt, dass der Arbeitgeber die Sollarbeitsstunden, die ausgefallen sind, damit ein Arbeitnehmer seinen Urlaub nehmen kann, in ein Arbeitszeitkonto als Ist-Stunden einstellen muss. Die Vereinbarung, dem Konto eine geringere Stundenzahl als die Sollarbeitsstunden gutzuschreiben, verstößt gegen § 13 Abs. 1 BUrlG und ist unwirksam.
BAG 19.06.2012 – 9 AZR 712/10

Keine Mitbestimmung des Betriebsrates bei Verwendung von Google-Maps
Verwendet der Arbeitgeber die Internetanwendung Google-Maps, um die Fahrgeldabrechnungen eines Arbeitnehmers zu kontrollieren, fällt dies nicht unter den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und rechtfertigt somit keine Mitbestimmung des Betriebsrates. Google-Maps ist ein technisches Hilfsmittel, um Fakten zu sammeln, die völlig unabhängig vom Verhalten oder einer Leistung des betroffenen Arbeitnehmers bestehen.
LAG Hamburg 02.05.2012 – H 6 TaBV 103/11

two men facing each other while shake hands and smiling
Foto von Sebastian Herrmann