BAG, Urteil vom 16. September 2008, 9 AZR 781/07

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Foto von Marvin Meyer

Die klagende Arbeitnehmerin dieses Falles arbeitete seit 1986 in den Drogeriemärkten ihres Arbeitgebers überwiegend als Verkaufsstellenverwalterin in Vollzeit mit 37,5 Wochenstunden. In dieser Funktion war sie Vorgesetzte der dort beschäftigten Verkäuferinnen. Der Arbeitgeber setzt Verkaufsstellenverwalterinnen nur in Vollzeit oder in Teilzeit von mindestens 30 Wochenstunden ein, während er Verkäuferinnen ausschließlich in Teilzeit beschäftigt.

Im Herbst 2004 verlangte die klagende Arbeitnehmerin, ihre Arbeitszeit wegen eines Pflegefalls auf 20 Wochenstunden zu verringern. Um die gewünschte Arbeitszeitverringerung zu erlangen, erklärte sie sich gegenüber ihrem Arbeitgeber bereit, als Verkäuferin zu arbeiten. Seit Herbst 2005 forderte sie eine Verlängerung ihrer Arbeitszeit und bewarb sich unter anderem um die Stelle einer Verkaufsstellenverwalterin mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden. Der Arbeitgeber besetzte diese Stelle allerdings ab Januar 2006 mit einer anderen Arbeitnehmerin. Die Klägerin wird seit Dezember 2006 wieder als Verkaufsstellenverwalterin in Vollzeit beschäftigt. Mit ihrer Klage verlangte sie Schadensersatz für den in der Zeit von Januar bis November 2006 erlittenen Verdienstausfall, der entstanden sei, da der Arbeitgeber sie bei der Besetzung der damals freien Stelle einer Verkaufsstellenverwalterin nicht berücksichtigt habe.

Ebenso wie die Vorinstanzen gab auch das Bundesarbeitsgericht der Schadensersatzklage statt. Zur Begründung wies das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass die Klägerin Anspruch auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit in der höherwertigen Funktion einer Verkaufsstellenverwalterin habe. Zwar bestimme die hier maßgebliche Regelung des § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz, dass ein Arbeitnehmer die Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit grundsätzlich nur auf einem „entsprechenden“ freien Arbeitsplatz beanspruchen könne. Der Arbeitgeber habe jedoch im vorliegenden Fall den Begriff des „entsprechenden Arbeitsplatzes“ dadurch erweitert, dass dessen Personalorganisation eine Teilzeitarbeit von unter 30 Wochenstunden für Verkaufsstellenverwalterinnen nur bei einem Wechsel in die Position einer Verkäuferin vorsieht. An diese Vorgabe sei der Arbeitgeber gebunden gewesen, so dass die beiden Hierarchieebenen für die klagende Arbeitnehmerin letztlich durchlässig wurden.

Praxishinweis

Soweit ein Arbeitgeber aus personalorganisatorischen Gründen den Umfang von Teilzeitarbeit an bestimmte Positionen im Unternehmen bindet und von Arbeitnehmern bei Beantragung eine bestimmte Arbeitszeitreduzierung verlangt, dass diese gegebenenfalls eine hierarchisch niedrigere Position einnehmen, erweitert er hiermit den Begriff des „entsprechenden“ Arbeitsplatzes in § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Er muss bei einem entsprechenden Arbeitszeitverlängerungswunsch eines Arbeitnehmers dann auch höherwertige freie Arbeitsplätze gegebenenfalls zunächst mit solchen Arbeitnehmern besetzen.

Weitere Informationen sind unter www.edk.de erhältlich.