Problempunkt
Die Beklagte, ein Unternehmen der Werbebranche mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern, schrieb auf einer Internetplattform eine Stelle als „Junior Personalreferent Recruiting (m/w)“ unter Hinweis darauf aus, dass zu den Aufgaben dieser Stelle insbesondere die internationale Rekrutierung von Fach- und Führungskräften gehört. Das Anforderungsprofi l verlangte den erfolgreichen Abschluss eines wirtschafts- oder rechtswissenschaftlichen Studiums mit Schwerpunkt Personal, erste einschlägige Berufserfahrungen im Personalwesen, insbesondere im Bereich Recruiting, sehr gute MS-Office-Kenntnisse sowie verhandlungssicheres Englisch in Wort und Schrift.
Der Kläger bewarb sich bei der Beklagten, indem er auf sein Alter von 41 Jahren, seinen Abschluss als Diplom-Betriebswirt mit Studienschwerpunkt Personalmanagement, seine Berufserfahrung und seine Gehaltsvorstellung von 3.300 Euro brutto hinwies. Aus dem beigefügten Lebenslauf ergaben sich sein Fachhochschulabschluss, ein nachfolgendes Wirtschaftspädagogikstudium, abgeschlossen mit dem Vordiplom für Diplom-Handelslehrer, sehr gute EDV-Kenntnisse und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift.
Die Beklagte stellte einen etwa zehn Jahre jüngeren Bewerber ein, der bereits erste Berufserfahrung im Personalwesen, insbesondere im internationalen Recruitment, gesammelt hatte und Englisch in Wort und Schrift fließend beherrschte. Der Kläger macht einen Entschädigungsanspruch i. H. v. 9.900 Euro geltend. Er meint, die Ausschreibung mit der Stellenbezeichnung „Junior“ lasse eine unmittelbare Altersdiskriminierung vermuten. Aber selbst wenn diese Bezeichnung ausschließlich die Hierarchieebene betreffe, sei nicht ausgeschlossen, dass sein Alter mittelbar eine Rolle gespielt habe. Bewerber auf Stellen niedrigerer Hierarchieebenen seien i. d. R. jünger, so dass eine mittelbare Altersdiskriminierung vorliege. Auch seien Bewerber mit geringerer Berufserfahrung typischerweise jünger. Aufgrund seines abgeschlossenen BWL-Studiums mit Schwerpunkt Personalmanagement sei er der bestqualifizierte Bewerber gewesen.
Die Beklagte behauptet, das Alter der Stellenbewerber sei irrelevant für die Besetzung gewesen. Die Differenzierung zwischen Junior- und Senior-Personalreferent erfolge nicht nach dem Alter, sondern nach der Berufserfahrung. Ältere Bewerber seien häufig in Junior-Positionen anzutreffen, wenn sie eine zweite Ausbildung oder ein Zweitstudium absolviert haben. Die Ausschreibung für eine Junior-Position bezeichne i. S. v. „nachgeordnet, untergeordnet oder nachrangig“ ausschließlich die Hierarchie – ebene. Mit im Wesentlichen derselben Begründung wies das Arbeitsgericht Berlin (Urt. v. 24.2.2011 – 33 Ca 14979/10) die Klage ab.
Entscheidung
Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt nicht vor. Das Wort „junior“ bedeutet im Englischen zwar auch „jung“. Wird es indes in Zusammenhang mit einer betrieblichen Stellung verwendet, meint es „von geringerem Dienstalter“ bzw. „von niedrigerem Rang“ (vgl. Ponds, Standardwörterbuch Englisch-Deutsch), ohne Bezug zum Alter des betreffenden Mitarbeiters. Allein in dieser Bedeutung wird es inzwischen allgemein auch im Deutschen verwendet, wenn es um die Bezeichnung einer betrieblichen Rangstellung geht. Das Alter der Arbeitnehmer spielt hierfür keine Rolle. Inhaber von „Junior“-Positionen sind vielmehr in der betrieblichen Hierarchie regelmäßig Mitarbeiter, die in einem Team höherrangigen Beschäftigten unterstellt sind und einen geringeren Verantwortungsbereich als diese haben. Häufig ist ihnen ein „Senior“ als Vorgesetzter übergeordnet, ohne dass dieser zwangsläufig ein höheres Lebensalter haben muss.
Soweit die Ausschreibung „erste einschlägige Berufserfahrungen im Personalwesen, insbesondere im Bereich Recruiting“, forderte, beinhaltete dies ebenfalls keinen für die Vermutung der verpönten Benachteiligung ausreichenden Hinweis auf ein junges Lebensalter. Erste einschlägige Berufserfahrungen können Mitarbeiter auch erst in einem höheren Lebensalter sammeln.
Eine denkbare mittelbare Diskriminierung wäre jedenfalls durch ein rechtmäßiges und in verhältnismäßiger Weise von der Beklagten durchgesetztes Ziel gerechtfertigt. Es lag nämlich erkennbar in deren Interesse, in der betrieblichen Organisation im Bereich des Personalwesens durch Schaffung von „Senior“- und „Junior“- Positionen zwischen erfahreneren und weniger erfahrenen Mitarbeitern zu differenzieren.
Konsequenzen
Umgangssprachlich ist die in dem Urteil herausgestellte Bedeutung der Begriffe „Junior“ und „Senior“ nicht verbreitet (s. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Auflage 2010, Stichwörter „Junior“ und „Senior“). Dort wird regelmäßig auf das Alter abgestellt („Senior“ = Vater, „Junior“ = Sohn). Das kann aber in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht entscheidend sein. Die Kammer hat die Nichtzulassung der Revision gegen ihr sehr sorgfältig begründetes Urteil wie folgt gestützt: Die Frage, „ob die Verwendung des Zusatzes „Junior“ in einer Stellenausschreibung für einen Personalreferenten Recruiting die Vermutung einer Altersdiskriminierung zu begründen vermag, ist angesichts der Eindeutigkeit der Verwendung eines solchen Zusatzes in Arbeitswelt und Wirtschaftsleben als Hinweis auf eine unternehmensinterne Hierarchieebene, nicht aber auf das gewünschte Alter des Einzustellenden, nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Gleiches gilt für die Frage, ob die Anknüpfung an eine unterschiedliche Hierarchieebene eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters darstellen kann.“ Ausreichend muss es insofern sein, wenn ein bestimmtes Verständnis von Begriffen zwar nicht wirtschafts-, aber branchenüblich ist. Wo das der Fall ist, darf es auch bei Stellenausschreibungen zum Ausdruck gebracht werden.
Praxistipp
Wer trotzdem auf „Nummer sicher“ gehen will, sollte überlegen, ob es möglich ist und Sinn macht, verschiedene Abstufungen hinsichtlich Erfahrung und Hierarchie nicht durch „Junior- Senior“, sondern z. B. durch „Personalreferent A – Personalreferent B“ oder Ziffern zu bezeichnen – ähnlich den Entgeltgruppen in Tarifverträgen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Stelle für den erfahreneren Mitarbeiter als „Senior Consultant“ zu bezeichnen, die Stelle für den weniger erfahrenen mit „Consultant“. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Autor:
Dr. Wolf Hunold, Unternehmensberater, Neuss
Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht ∙ 3/12