A stack of thick folders on a white surface
Foto von Beatriz Pérez Moya

Die Ministerin wirkt in Interviews nach Verlautbarung ihres Rücktrittes erleichtert. Offenbar fiel es ihr schwer, Positionen zu vertreten, die sie selbst ihrer Überzeugung nach nicht teilte. Dass Politiker für sie unangenehme Missionen durchziehen müssen, ist kein Enigma, sondern Handwerk. Doch im Falle Schröders mag das besonders ins Gewicht fallen. Anfang Oktober sagte Kristina Schröder dem Spiegel beispielsweise, dass sie eine Politik für falsch halte, die jungen Eltern einrede, spätestens nach einem Jahr nach der Geburt eines Kindes „beruflich konstant Vollgas geben zu müssen“. Es könne auch nicht angehen, dass eine durchgehende Vollzeit-Erwerbstätigkeit das Maß aller Dinge sei. Solche Worte sprechen sich nun nach dem angekündigten Rücktritt leichter als noch zu Zeiten des ministerialen Betriebs, wo Schröder an der Seite der Bertelsmann-Stiftung beispielsweise genau für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie eingetreten war – die letztlich oft auf eine effiziente Einbindung von Arbeitnehmern in das laufende Unternehmensgeschäft als zu verwertende Resource abzielt.

Die Nachfolge – bislang ungeklärt, doch es gibt eine Anwärterin

Als Nachfolgerin von Kristina Schröder wird seit letzten September die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend und stellvertretender Generalsekretärin der CSU Dorothee Bär in den Medien gehandelt. Sie ist wie Schröder seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie geriet in Sachen Familie zuletzt in die Schlagzeilen, als sie in 2007 laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gegen das umstrittene Betreuungsgeld wetterte und dann in 2012 dasselbe lobend vertrat, als das Gesetz zum Betreuungsgeld in den Bundestag eingebracht wurde.

Im Nachgang dazu legte sie sich mit der Süddeutschen sogar an, und dementierte, jemals Kritik am Betreuungsgeld geäußert zu haben. Doch die schneidigen Sätze – “Bewusstes falsch verstehen wollen = dämlich! Wurde schon mehrfach erklärt!” – gingen ins Leere. Die Zeitung wusste darüber hinweg zu recherchieren. Man verwies unter anderem auf einen Bericht aus der Abendzeitung vom 16. Februar 2007. Da stand zu Lesen: Für den CSU-Bundestagsabgeordneten Norbert Geis hat die Kinderkrippe “nur Ersatzfunktion”. “Am besten entwickeln sich Kinder in einer Familie, in dem ein Elternteil zuhause beim Kind bleibt”, so Geis zur AZ. Seine Fraktionskollegin Dorothee Bär, selbst Mutter einer kleinen Tochter, sieht das ganz anders: “Kindern tut es gut, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein, das sehe ich an meiner Tochter.” Sie sei der Ministerin (Anmerkung der Redaktion: Kristina Schröder) dankbar für ihren Vorstoß, sagt Bär zur AZ. “Dieses Familienbild, das jetzt von den Traditionalisten beschworen wird, hat es doch noch nie gegeben. Jede Bauersfrau hat früher auf dem Feld mitgeholfen. Auch heute kann eine Mutter nicht 24 Stunden am Stück ihr Kind bespaßen.”

So weit Bärs Position zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die sich nun freilich etwas gewandelt haben dürfte; politisch, versteht sich. Dass Bauersfrauen historisch gesehen aus der Not heraus durch den enormen Machtdruck seitens einer Gesellschaftselite zum Arbeiten – also nicht helfen als unverständige Aushilfe – genötigt waren (Kind “werfen”, raus aus dem Bett, möglichweise Tod am Feld, Vater mit vier Kindern allein), lässt der schwungvoll, launige Kommentar der Abgeordneten außen vor.

Und wie steht Bär zur Not von Frauen in Gesellschaft und Beruf? Das mag dieser Vorfall exemplarisch zeigen: Einem User, welcher sich auf Bärs Homepage darüber beschwerte, dass die Familienpolitik der Bundesregierung Väter vor alleinerziehenden Müttern benachteilige, schrieb die Politikerin, dass Alleinerziehende statistisch gesehen hauptsächlich weiblich seien. Neun von zehn Alleinerziehende seien Frauen. Bär ließ weitere Zahlen folgen und stellte fest, dass diese Zielgruppe zusätzliche Unterstützung benötige. Und schrieb weiterhin: „Daher unterstützten CDU und CSU Alleinerziehende mit einem umfangreichen Mix aus finanzieller Förderung und der Bereitstellung von Infrastruktur.“

Künftig dürfte auch das Thema „Machtvolle Frauen“ ein Bär-Thema werden. Aktuell ruft die Abgeordnete politisch engagierte Frauen in einer Kampagne zur Bewerbung für ein Mentoring-Programm auf. Ziel: Kommunalpolitisch interessierten Frauen Unterstützung auf dem Weg in die Politik zu bieten, sie zu fördern. Dorothee Bär begründet diese Kampagne so: „Wir brauchen mehr Frauen in der Politik, deshalb ist diese Förderinitiative von Frauen für Frauen richtungsweisend. Der beste Einstieg ist, auf der lokalen Ebene das kommunale Zusammenleben mitzugestalten und politische Verantwortung zu übernehmen“. Das Programm soll im Januar 2014 starten. Dann coachen erfahrene Politikerinnen aller Parteien in Tandembeziehungen die ihnen zugeteilten Frauen. (www.frauen-macht-politik.de)

Für engagierte Personalerinnen dürfte es spannend sein, diese Kampagne zu verfolgen, um Impulse aus dem Programm für sich zu ziehen. Und es dürfte interessant sein, den Weg von Dorothee Bär zu verfolgen, die im Gegensatz zu Schröder sich schon für Faux pas – personelle Unstimmigkeiten in ihrem Ressort / Gehaltsaffiere – öffentlich verantworten musste und immer noch am Ruder ist. Vorerst heißt´s abwarten, bis die neue Bundesregierung gebildet ist. Und das wird laut Medienberichten nicht vorm Heiligen Nikolaus der Fall sein.


Fotocredit:  Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM)  / www.pixelio.de