Fünf Trends to Watch für den Talent-Acquisition-Bereich

Talent-AcquisitionTrend 1: Die Entkopplung von Mitarbeitenden und Unternehmen nimmt zu

Seit 2023 verändert sich der Arbeitsmarkt grundlegend: Mitarbeitende lösen sich zunehmend von klassischen Unternehmensstrukturen. Flexibilität, individuelle Karriereentwicklung und Selbstverwirklichung rücken stärker in den Fokus. Während frühere Generationen oft langfristige Bindungen zu Unternehmen eingingen, zeigt sich heute ein anderes Bild. Laut aktuellen Studien von Trendence sind etwa 80 % der Angestellten offen für neue Jobangebote – ein klares Zeichen dafür, dass Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber schwindet. Dennoch bedeutet dies nicht, dass Arbeitnehmende weniger engagiert sind. Im Gegenteil: Die Bindung zur eigentlichen Tätigkeit bleibt stark, nur das Unternehmen selbst verliert an Bedeutung.

Quelle: Trendence HR Monitor

Ein entscheidender Faktor ist das gestärkte Selbstbewusstsein der Mitarbeitenden. Immer mehr Fachkräfte richten ihren Fokus auf persönliche Werte, Weiterentwicklung und Sinnhaftigkeit im eigenen Schaffen – unabhängig von den Zielen oder der Kultur des Arbeitgebers. Statt sich mit der übergeordneten Vision eines Unternehmens zu identifizieren, stellen sie sich zunehmend die Frage: „What’s in for ME?“Was bringt mir diese Tätigkeit persönlich?. Dieser Wandel erfordert von Unternehmen ein Umdenken in der Talentgewinnung, Mitarbeiterbindung und Führungskultur.

Diese Veränderung lässt sich mit Entwicklungen in anderen Branchen vergleichen: So wie Blockchain-Technologien klassische Mittlerrollen wie Notare oder Banken überflüssig machen, könnte sich der Arbeitsmarkt ähnlich entwickeln. Unternehmen werden immer mehr zu reinen Vermittlern zwischen Talenten und Projekten. Der klassische Arbeitgeber-Ansatz könnte zunehmend durch flexible Arbeitsmodelle, Projektarbeit und digitale Plattformen ersetzt werden, die Arbeitnehmenden eine direkte Auswahl und Steuerung ihrer Karriere ermöglichen. Unternehmen müssen sich anpassen, um weiterhin attraktiv für Talente zu bleiben – durch personalisierte Karrieremöglichkeiten, sinnstiftende Aufgaben und neue Formen der Zusammenarbeit.

Quelle: Trendence HR Monitor

Trend 2: Gaming wird zum festen Bestandteil des Alltags – und bietet neue Chancen für Unternehmen

Gaming ist längst nicht mehr nur ein Hobby von Jugendlichen – auch Berufstätige verbringen durchschnittlich 60 bis 70 Minuten täglich mit Videospielen. Diese Entwicklung verändert nicht nur das Freizeitverhalten, sondern stellt Unternehmen vor die Herausforderung, neue Wege zu finden, um ihre Zielgruppen effektiv anzusprechen. Besonders im Recruiting-Prozess könnte Gaming eine entscheidende Rolle spielen, denn es bietet innovative Möglichkeiten, mit potenziellen Bewerber:innen in Kontakt zu treten. Die Realität ist: Gaming nimmt einen erheblichen Teil des Tages ein – daran vorbeizugehen, ist keine Option mehr.

Quelle: Trendence HR Monitor

Wann können Unternehmen potenzielle Bewerber:innen erreichen?

Die verfügbare Zeit im Alltag ist begrenzt. Acht Stunden Schlaf fallen weg, ebenso wie die acht Stunden Arbeitszeit – beides ungeeignete Zeiträume für Recruiting-Maßnahmen. Zusätzlich entfallen durchschnittlich sechs Stunden auf Sport, soziale Kontakte und Mahlzeiten, sodass für andere Aktivitäten lediglich zwei Stunden täglich bleiben. Davon beansprucht Gaming bereits über eine Stunde.

Die logische Konsequenz für Unternehmen: Sie müssen jede verfügbare Minute nutzen und sich gezielt im Gaming-Bereich positionieren. Gamification-Ansätze, interaktive Werbeformate und Recruiting-Events innerhalb von Gaming-Plattformen könnten zu einem entscheidenden Faktor für die Talentgewinnung der Zukunft werden. Unternehmen, die diesen Trend frühzeitig erkennen, profitieren von einer authentischen, digitalen Präsenz in einem Markt, der weiterhin wächst.

Trend 3: Künstliche Intelligenz revolutioniert die Personalgewinnung – mit klaren Grenzen

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Zukunftsthema mehr – sie spielt eine immer größere Rolle in der Personalgewinnung und im Recruiting-Prozess. Besonders in den frühen Phasen des Bewerbungsprozesses wünschen sich viele Kandidat:innen den Einsatz von KI, um schnellere Stellenempfehlungen, automatisierte Bewerbungsanalysen und effizientere Erstkontakte zu erhalten. Diese Technologie hilft, den Überblick über passende Jobs zu behalten und den Bewerbungsprozess zu beschleunigen.

KI als Beschleuniger – aber nicht als Ersatz für den menschlichen Kontakt

Trotz der steigenden Akzeptanz von KI bleibt eines klar: Bei der finalen Jobentscheidung bevorzugen Bewerber:innen den persönlichen Kontakt mit echten Menschen. Unternehmen müssen daher einen hybriden Ansatz wählen – KI kann die Effizienz steigern, sollte aber die persönliche Kommunikation nicht ersetzen.

Dieser Trend lässt sich unter dem Aspekt Zeitersparnis und Ressourcenoptimierung betrachten: Technologie sollte genau dort eingesetzt werden, wo sie echte Entlastung bietet. Mit einem schrumpfenden Bewerbermarkt steigt die Erwartungshaltung an schnelle und präzise Job-Matchings. Je größer die Auswahl an potenziellen Stellen ist, desto wichtiger wird es für Kandidat:innen, schnell eine sichere Passung zu erkennen, bevor sie Zeit in einen Bewerbungsprozess investieren.

Quelle: Trendence HR Monitor

Wie Unternehmen KI sinnvoll im Recruiting nutzen können

  • Automatisierte Bewerbungsprozesse: KI-gestützte Systeme können Lebensläufe analysieren, passende Stellen empfehlen und Bewerbungen effizient vorsortieren.
  • Chatbots für Erstkontakt und FAQs: KI kann erste Fragen beantworten, Termine koordinieren und Bewerber:innen durch den Prozess führen.
  • Personalisierte Stellenangebote: Algorithmen verbessern das Matching zwischen Talenten und Unternehmen, indem sie auf Basis von Fähigkeiten, Interessen und Erfahrungen passende Jobs vorschlagen.
  • KI-gestützte Videoanalysen: Durch smarte Analyse-Tools können Soft Skills und Kommunikationsfähigkeiten erfasst werden, um noch präzisere Empfehlungen zu geben.

Trend 4: Der Aufstieg der interessenbasierten Netzwerke – Social Media verändert sich

Soziale Medien erleben eine grundlegende Veränderung: Sie bewegen sich weg vom klassischen Social Graph (Inhalte basierend auf Freundesaktivitäten) hin zum Interest Graph (Inhalte basierend auf individuellen Interessen). Plattformen wie TikTok haben diesen Wandel vorgemacht – der Algorithmus spielt Inhalte nicht mehr nur von direkten Kontakten aus, sondern gezielt nach persönlichen Interessen und Vorlieben der Nutzer:innen. Dadurch entdecken User schneller und effizienter relevanten Content sowie neue Netzwerke.

Was bedeutet das für Unternehmen und Recruiting?

Diese Entwicklung hat tiefgreifende Auswirkungen auf Employer Branding, Social Recruiting und Content-Strategien. Unternehmen müssen sich bewusst machen, dass ihre Inhalte nicht mehr nur im eigenen Follower-Netzwerk verbreitet werden, sondern sich über interessenbasierte Algorithmen viral entwickeln können. Wer Talente über soziale Netzwerke erreichen will, muss daher verstärkt auf relevanten, ansprechenden und plattformgerechten Content setzen.

Quelle: Trendence HR Monitor

Plattformen setzen verstärkt auf interessenbasierten Content

  • TikTok & Instagram Reels: Beide Plattformen setzen auf algorithmusgesteuerte Inhalte, die User:innen anhand ihrer Interessen vorschlagen – ein enormes Potenzial für Recruiting und Employer Branding.
  • YouTube & LinkedIn: Während YouTube schon lange auf Content-Discovery über Interessen basiert, zeigt sich bei LinkedIn eine ähnliche Entwicklung. Artikel und Beiträge werden zunehmend netzwerkübergreifend ausgespielt, was Fachkräften ermöglicht, relevante Inhalte über ihre eigenen Kontakte hinaus zu entdecken.
  • Andere Netzwerke ziehen nach: Auch Facebook, Twitter/X und Pinterest integrieren vermehrt interessenspezifische Inhalte, um Nutzende länger zu binden.

Wie Unternehmen den Trend für sich nutzen können

  • Zielgruppenorientierter Content: Unternehmen müssen Inhalte entwickeln, die Mehrwert bieten und für die Zielgruppe relevant sind, statt sich nur auf das eigene Netzwerk zu verlassen.
  • SEO für Social Media: Relevante Hashtags, Keywords und Content-Optimierung spielen eine entscheidende Rolle, um von den Algorithmen priorisiert zu werden.
  • Bewegtbild und Short-Form-Content nutzen: Reels, Shorts und TikToks performen besonders gut in interessenbasierten Feeds und können Employer Branding sowie Recruiting erheblich stärken.
  • Plattformgerechte Recruiting-Strategien: Statt standardisierter Job-Postings sind Storytelling, Insights in den Arbeitsalltag und interaktive Inhalte gefragt, um Talente gezielt anzusprechen.

Trend 5: Sprache wird zur Schlüsseltechnologie – Voice revolutioniert das Recruiting

Die rasanten Fortschritte in der Sprache-zu-Text-Technologie verändern die Art und Weise, wie Menschen mit digitalen Systemen interagieren. Immer mehr Geräte, Plattformen und Anwendungen ermöglichen eine sprachbasierte Kommunikation – ein Trend, der besonders im Recruiting und Bewerbungsprozess große Auswirkungen hat. Bewerber:innen können ihre Bewerbungen künftig durch Spracheingabe statt schriftlicher Texte einreichen, was insbesondere für nicht-schreib-affine Berufsgruppen eine Erleichterung darstellt.

Voice-Technologie verändert das Recruiting und senkt Barrieren

  • Einfache Bewerbung per Spracheingabe: Kandidat:innen können ihre Bewerbungsdaten per Sprachbefehl erfassen lassen – eine große Erleichterung für Non-Desk-Worker, handwerkliche Berufe oder international arbeitende Fachkräfte.
  • Automatische Übersetzungen: Transkribierte Sprachbewerbungen lassen sich mühelos in verschiedene Sprachen übersetzen, wodurch sprachliche Barrieren im Recruiting-Prozess abgebaut werden.
  • Boom von Audio-Formaten: Podcasts, Sprachnachrichten und Audio-Content gewinnen immer mehr an Beliebtheit – besonders bei mobilen und vielbeschäftigten Zielgruppen. Unternehmen können diesen Trend nutzen, um ihre Employer-Branding-Strategien anzupassen und neue Talente zu erreichen.
Quelle: Trendence HR Monitor

Edge-Technologien setzen verstärkt auf Voice Control

Der Fortschritt im Bereich KI-gestützter Sprachsteuerung zeigt sich besonders bei neuen Geräten, die auf Tastatur- und mausfreie Interaktionen setzen.

  • Rabbit R1: Dieses Gerät übernimmt digitale Aufgaben über Sprachbefehle mittels künstlicher Intelligenz – ein Meilenstein für sprachgesteuerte Automatisierung.
  • AI PIN: Eine innovative Anstecknadel mit Smartphone-Funktionalität, die komplett per Sprache gesteuert wird und keinen Bildschirm benötigt.
  • Open Interpreter Project O1: Diese Technologie kombiniert code-interpretierende Sprachmodelle („Interpreter“) mit Spracherkennung und Sprachsynthese, um interaktive KI-Systeme zu ermöglichen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Recruiting- und HR-Teams sollten sich frühzeitig mit Voice-Technologien und Spracheingabe-gestützten Prozessen auseinandersetzen. Die zunehmende Nutzung von Sprachassistenten, KI-gesteuerten Bewerbungsprozessen und automatisierten Übersetzungen macht es essenziell, Strategien anzupassen und barrierefreie Bewerbungswege anzubieten.

Über den Autor Robindro Ullah:

Diese Trends zeigen, wie dynamisch sich die Landschaft des Personalmanagements entwickelt. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie flexible und innovative Ansätze verfolgen müssen, um in einer sich schnell verändernden Welt erfolgreich zu sein. Die Integration von Technologie in den Recruiting-Prozess, das Verständnis für die Bedürfnisse der neuen Generationen und die Anpassung an eine global vernetzte Welt sind entscheidend, um die besten Talente zu gewinnen und zu halten. Es ist nicht wichtig, jeden Trend mitzumachen. Aber man sollte sich mit den Trends dieser Welt beschäftigen und versuchen sie zu verstehen.

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