In unserer Serie “Recruiting 2.0″ haben wir bereits über sogenannte Arbeitgeber-Bewertungsplattformen im Internet berichtet, wie zum Beispiel www.kununu.de. Dabei zeigte sich, dass sie für Unternehmen eine Chance darstellen, um eine Arbeitgebermarke aufzubauen und diese zu festigen. Die Voraussetzung hierfür bildet eine funktionierende Mitarbeiterkommunikation, die Probleme der Mitarbeiter frühzeitig erkennt und Lösungen anbietet.

black flat screen computer monitor and gray wireless mouse
Foto von cetteup

Eine solche funktionierende Kommunikation ist nicht nur im Umgang mit Mitarbeitern essentiell, sondern auch bereits vor der Einstellung im Unternehmen. So sagt der Ablauf des Bewerbungsprozesses bereits viel über das Unternehmen, die Wertschätzung seiner Mitarbeiter und interne Arbeitsprozesse aus.

Der Mensch im Mittelpunkt des Bewerbungsprozesses

Der Bewerber will sich als Mensch ernst genommen fühlen. Für ihn ist die Bewerbung schließlich eine sehr wichtige Angelegenheit. Er hat sich Mühe gemacht und er wünscht sich Feedback, denn es handelt sich um einen bedeutenden Schritt, der sein Leben verändern könnte.

In der Praxis sieht dies jedoch häufig anders aus. Recruiting-Prozesse verlaufen unstrukturiert, unpersönlich und dauern oft zu lange. Durchschnittlich 10 Tage wartet ein Bewerber auf eine Nachricht und dann handelt es sich meist “nur” um eine erste Eingangsbestätigung im Standardformat. Auch unpersönliche Musterabsagen sind üblich.

Und obwohl inzwischen viele Unternehmen die Möglichkeit anbieten, sich auch online zu bewerben, dauern Bewerbungsprozesse auch hier häufig immer noch zu lang oder bleiben sogar ganz unbeantwortet.

„Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass ich für 30 Bewerbungen nur von 23 Unternehmen eine Eingangsbestätigung erhalten habe. Von 17 dieser Unternehmen habe ich danach gar nichts mehr gehört“, so Anika Rabe, Diplomandin bei humancaps consulting Ltd.

Hinzu kommt, dass Online-Stellenanzeigen oft nicht up-to-date sind, die Vakanz bei Nachfragen schlimmstenfalls bereits besetzt ist.

Auch der Recruiting-Bereich auf der Unternehmenswebsite wird häufig vernachlässigt. So zeigt die Erfahrung, dass gerade die Bewerbungsmasken bei großen Unternehmen häufig sehr zeitraubend sind. Bis zu 45 Minuten kann so eine Online-Bewerbung dauern. Wer durchhält stellt am Ende dann manchmal fest, dass nicht genügend Anhänge gespeichert werden können, um sich vollständig zu präsentieren. Und wer will sich schon ohne Zeugnisse präsentieren?

Genervt wendet sich da so manche Führungskraft vom Unternehmen ab. Noch schlimmer: Manche Top-Kräfte bewerben sich inzwischen gar nicht mehr direkt bei Unternehmen. Gut für die Personalberatungen! Schlecht für die Arbeitgeber!

Erfolgreiche Rekrutierungsprozesse sind schnell und persönlich

Top-Kräfte lassen sich so nicht beeindrucken. Laut einer Studie der FH Dortmund geben 25 Prozent von rund 1000 befragten Hochschulabsolventen an, sie hätten schon einmal ein Angebot eines Arbeitgebers abgelehnt, weil sie sich unzureichend informiert fühlten (Quelle. Bewerbungsmanagement – eine empirische Studie zur Qualität und Effizienz”. Florian Graue. Fachbereich Wirtschaft der FH Dortmund 2006).

Vor allem High Potentials wollen “umworben” werden. Dazu gehört nicht nur eine Wertschätzung ihrer Fähigkeiten, sondern auch zu vermitteln, was das Unternehmen bieten kann, wenn der Bewerber sich für diesen Arbeitgeber entscheidet.

Die berühmte Frage, warum ein Bewerber ausgerechnet bei diesem und keinem anderen Unternehmen arbeiten möchte, müssen sich zunehmend mehr Unternehmen als Gegenfrage gefallen lassen. Warum soll sich die Top-Kraft ausgerechnet für dieses Unternehmen und nicht für ein anderes entscheiden? Und warum will das Unternehmen ausgerechnet diesen Bewerber einstellen? Was kann das Unternehmen dem Bewerber bieten?

Durch schlechtes Bewerbermanagement droht die Gefahr, dass sich ausgerechnet die rar gesäten High Potentials vom Unternehmen abwenden. Zudem spricht sich ein schlechter Umgangsstil und unprofessionelle Arbeitsprozesse unter Bewerbern schnell herum. Das Ergebnis ist ein Imageschaden, der vielleicht sogar in Zukunft den Zugang zum Netzwerk des Kandidaten versperrt und damit auch zu potentiellen Kunden. Eine funktionierende Bewerberkommunikation ist daher das A und O in Sachen “Employer Branding”.

Verbesserung des Recruiting-Prozesses

Durch ein gut funktionierendes Recruiting können Unternehmen sich einen strategischen Vorteil im “War for Talent” verschaffen.

Ein eigener Talent-Pool, in der Bewerbungen besonders fähiger Kandidaten gesammelt werden, dient nicht nur für zukünftige Einstellungen, sondern bringt Top-Kräften die gewünschte Wertschätzung entgegen.

Darüber hinaus liegen Filtersysteme im Trend, die eingehende Bewerbungen computergestützt filtern (“Recruitment Solutions”). So arbeitet beispielsweise die „Deutsche Post World Net“ inzwischen mit systeminternen „Scorecards“, um die Qualifikation von Managern nachzuhalten (vgl. “motiv8 web”). Und eine funktionierende Email-Kommunikation spart nicht nur Recruitingkosten, sondern vor allem Zeit. Die durchschnittliche Dauer bis zur Anstellung (“Time-to-hire”) sinkt damit deutlich und der Imagegewinn ist enorm.

Das E-Recruitment kann den Kontakt zu den Bewerbern nicht ersetzen, sondern es verschafft den HR-Abteilungen die Zeit, um sich intensiver mit den Kandidaten zu befassen. E-Recruitment spart damit wertvolle Zeit, die in den persönlichen Kontakt mit den Bewerbern investiert werden kann.

So wird in Zukunft eine Aufgabenverschiebung statt finden. HR-Manager werden immer mehr zu Relationship Managern werden, um das Außenbild des Unternehmens zu stärken. Damit werden effiziente Recruiting-Prozesse immer mehr auch zum Wettbewerbsfaktor. Denn im Kontakt mit Top-Kräften hat derjenige die Nase voraus, der nicht nur als Erstes antwortet, sondern sich vor allem auch angemessen um den Kandidaten kümmert.

Das Ziel: Ein erfolgreiches Bewerber-Feedback

Ergänzend zu Mitarbeiter-Bewertungsplattformen können Bewerber inzwischen auch online ihre Erfahrungen bewerten, die sie im Bewerbungsprozess gemacht haben. Auf dem Jobbörsen-Portal “Crosswater” zum Beispiel finden Bewerber nicht nur eine umfassende Liste aller Online-Job-Börsen, sondern auch eine Datenbank in der Bewerbungsprozesse bei Unternehmen bewertet werden.

All diese Bewertungen sollten als Chance für ein funktionierendes „Employer Branding“ begriffen werden. Denn hier erhalten Unternehmen ein strukturiertes Feedback und damit die Möglichkeit zur Verbesserung des Recruiting-Prozesses, zum Imageaufbau und Imagestärkung im “War for Talents”.

Ein positives Arbeitgeber-Image: Leitfaden für einen erfolgreichen Recruiting-Prozess

– Bestätigen Sie möglichst noch am gleichen Tag den Eingang der Bewerbung per Email
– Seien Sie erreichbar für eventuelle Zwischenfragen
– Antworten Sie freundlich und zeitnah
– Geben sie dem Bewerber einen Zwischenstand, falls der Bewerbungsprozess sich hinzieht
– Geben sie dem Bewerber so schnell wie möglich eine positive oder negative Antwort

Bei einer Absage…
– Rücken Sie die Pluspunkte Ihres Unternehmens in den Vordergrund, um das Interesse des Bewerbers wach zu halten
– Geben sie dem Bewerber qualifiziertes Feedback, warum er ein passender Mitarbeiter sein könnte und in welcher Position
– Stellen sie die individuellen Einstellungschancen transparent dar
– Nennen Sie einen Ansprechpartner
– Bieten Sie an, Kontakt aufzunehmen bei Fragen
– Unterzeichnen Sie persönlich