Dies ist sicherlich kein Wunder, wenn man bedenkt, dass eine Personalproblematik und damit einhergehende Personalentscheidungen vielfältige ökonomische, juristische, organisationale, sozialpsychologische, andragogische und arbeitswissenschaftliche Aspekte umfassen können. Entsprechend vielfältig sind die Studiengänge, die an Akademien, Fachhochschulen und Universitäten angeboten werden und sich mit Fragen rund um das betriebliche Personalmanagement beschäftigen. Bei der Berufsausbildung, den Berufsakademien und zum Teil auch bei den Fachhochschulen überwiegt sicherlich die kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Ausrichtung, während an den Universitäten neben der Erwachsenenbildung und der Wirtschaftspädagogik auch die Organisationspsychologie und das Arbeitsrecht Themen mit Personalmanagementbezug anbieten. Ansonsten ist das Fachgebiet Personalwesen oder Organisation und Personalwesen an vielen Universitäten als eine typische spezielle Betriebswirtschaftslehre oder als ein Wahlpflichtfach im Rahmen der universitären Ausbildung unterschiedlichster Studiengänge von der BWL bis zur Sportwissenschaft anzutreffen.

person standing near the stairs
Foto von Hunters Race

Geht man zunächst einmal davon aus, dass im Rahmen einer universitären Ausbildung die Befähigung zur wissenschaftlichen Reflexion im Vordergrund steht, um auf Basis bestimmter Theorien und mit Hilfe bestimmter Methoden Ursache-Wirkungs-Beziehungen beschreiben und erklären zu können, geht es in der Praxis wiederum darum, Probleme lösen und Sachverhalte gestalten zu können. Bezogen auf das Fach Personal geht es letztlich darum, neben dem theoretisch-konzeptionellen und methodischen Rüstzeug auch ein Instrumentenwissen zu erwerben, um im Bereich der Personalführung allgemeine Managementfunktionen ausüben zu können oder im Bereich des speziellen Funktionsbereiches Personal-und Sozialwesen für die Übernahme von Spezialaufgaben gut vorbereitet zu sein. Dafür sind eine reflektierte, theoretisch fundierte Diagnosefähigkeit und ein „forschungsartiger Blick“ für die Probleme der Personalpraxis wichtige Voraussetzungen. Vertreter der Unternehmenspraxis oder Studierende, wählen eine Hochschule zunehmend dahingehend aus, ob neben einem modernen systematischen Wissenserwerb auch ein hinreichendes Verständnis für den Transfer auf wissenschaftliche und auf praktische Probleme gefördert wird.

Unseres Erachtens ist beides notwendig, um sowohl ein guter Wissenschaftler zu werden als auch die später in der Praxis benötigte Fähigkeit für Probleme der strategischen Unternehmensführung möglichst frühzeitig zu trainieren. Allerdings ist eine gute Ausbildung im Fach Personalmanagement eine Sache. Sie ist aber keineswegs eine sichere Voraussetzung, dass man einmal Personalchef oder Personalchefin wird.

Wie wird man Personalchef?

Einschlägige Untersuchungen, aber auch Kontakte mit der Praxis zeigen, dass viele Personalleiter auf der Hochschule überhaupt nicht im Bereich Personal ausgebildet worden sind. Trotzdem machten sie dort meistens keinen erfolglosen oder gar einen unglücklichen Eindruck – im Gegenteil. Viele der bedeutenden Personalmanager deutscher Unternehmen haben einen anderen Studienhintergrund: Häufig handelt es sich um gelernte Ingenieure und Naturwissenschaftler, aber auch um Theologen, Lehrer und Sozialpädagogen. Manche Führungskräfte hatten sich erst in anderen Bereichen bewährt oder waren dort lange Zeit aktiv gewesen, bevor sie aus eigenem Antrieb oder mit sanftem Druck der Unternehmensleitung das Ressort gewechselt haben. Als vorteilhaft ist für diesen Umstand die Bodenhaftung anzusehen, die häufig mit dem Einsatz in der Produktion und im Vertrieb verbunden sein kann. Wo einschlägige Fachkenntnisse fehlen, können diese jedoch im Rahmen der Weiterbildung vermittelt werden.

Wir sind der Meinung, dass gegen eine frühzeitige, generalistische Ausbildung nichts einzuwenden ist. Umgekehrt ist es fraglich, ob man mit dem Schwerpunkt Personal sofort in der Personalabteilung anfangen sollte, wenn man noch andere Schwerpunkte im Studium hatte. Entscheidend dürfte die spätere Weiterbildung sein. Dies bedeutet wiederum, dass im Bachelor-Master-System die Master- oder masterähnlichen Lehr- und Studiengänge eine nicht zu übersehende, zunehmende Bedeutung bekommen. Insofern birgt das neue System sowohl Risiken als auch Chancen für die Aus- und Weiterbildung von professionalisiertem Personal für das Personal-und Sozialwesen.

Personalmanager im Bachelor-Master-System

Nachstehende Aussagen gehen primär von der sich heute abzeichnenden Bachelor- und Masterausbildung in der Betriebswirtschaftslehre aus. Die zweite Bedingung betrifft die Existenz einer BWL-Professur für Organisation und Personalwesen oder für Personalmanagement. Die zweite Bedingung ist an vielen Universitäten und Fachhochschulen grundsätzlich gegeben. Trotzdem gibt es vereinzelte Tendenzen zur Zusammenlegung von Funktionsbereichen oder zur Nicht-Wiederbesetzung von Lehrstühlen. Ohne jetzt in den Ruf der Wehklagerei verfallen zu wollen, ist das eigentlich unverständlich, weil in der Managementlehre allenthalben die Bedeutung der kompetenzorientierten Unternehmensführung und des Wissensmanagements propagiert wird.

Konsequenzen bei den Lehrinhalten

Treffen die oben genannten Bedingungen zu, lässt sich das Lehrgebiet Personalmanagement ebenso wie Organisationsmanagement in einem BWL-Bachelor durchaus im Gesamtzusammenhang zum General Management sowie zur markt-und auch der finanzorientierten Unternehmensführung einbringen. So bildet beim BSc. Betriebswirtschaftslehre der Universität Potsdam in der Orientierungsphase die Vorlesung „Einführung in Organisation, Führung und Personal“ ein gemeinsames Modul mit der „Einführung in das Marketing“. An anderen Universitäten gibt es die Verknüpfung zwischen Produktion und Personal.

Auf der Orientierungsphase aufbauend sind verschiedene Vertiefungsmöglichkeiten denkbar, darunter eben Organisation und Personal. Man muss allerdings konstatieren, dass damit eine weitergehende Entscheidung einhergeht, ob man sich mehr auf das eine oder mehr auf das andere Teilgebiet einlassen will. Aus den Tabellen kann man erkennen, in welchem Umfang das Fach Personal in den gestuften BWL-Studiengängen ausgewählter Universitäten (n= 79) vertreten ist. (Eine weitere Übersicht mit Blick auf die Fachhochschulen und eine qualitative Auswertung der Studienziele und -inhalte folgt in einem späteren Heft.)

Andererseits werden zu starke Spezialisierungen vermieden, die eventuell später zu Lasten einer größeren Flexibilität im beruflichen Einsatzbereich gehen würden. Grundsätzlich handelt es sich um eine Kombination aus vermitteltem Orientierungswissen und exemplarischem Lernen, was beispielsweise im Rahmen von Projektseminaren möglich ist. Insofern ist es durchaus möglich, einem Bachelor-Absolventen die Grundlagen des Personalmanagements und der Organisation, etwa im Rahmen einer verhaltenswissenschaftlichen Betriebswirtschaftslehre zu vermitteln. Je nach vertiefender Wahlmöglichkeit können darüber hinaus im Lernbereich Personalmanagement die wichtigsten Prozess- und Querschnittsfunktionen des Personalmanagements behandelt werden. Auch eine Bachelor-Arbeit im Bereich Personal ist möglich, jedoch nicht Bedingung.

Man muss jedoch einräumen, dass die Einschränkung des Lehrstoffes vom Diplom- zum Bachelor-System nur mit großen Mühen machbar ist. Die gleichzeitige Vermittlung eines Studienfaches Personal als wissenschaftlicher Disziplin und die Einbettung des Personalmanagements in das Gesamtsystem des Unternehmens sollten im Vordergrund stehen. Sie werden ergänzt durch die exemplarische Vermittlung führungskraftrelevanter Einzelaufgaben des Personalmanagements.

Letzteres lässt sich vertieft eher in einem konsekutiven oder in einem Weiterbildungs-Master anbieten. An der Universität Potsdam bietet der Bereich Personal ebenso wie Organisation einen von zwei Teilgebieten des MSc. Management, wobei zurzeit beide Gebiete zugleich nicht gewählt werden können. Hier ist das Ende der Diskussion auch noch nicht erreicht.

Interessant ist sicherlich das Konzept der Universität Halle, wo auf Initiative des Kollegen Manfred Becker neben den Kombinations-Mastern seit kurzem ein konsekutiver Master für Personalmanagement angeboten wird, zu dem die Fachkollegen verschiedener Disziplinen (Arbeitsrecht, BWL, VWL, Pädagogik, Psychologie) ihren Beitrag leisten.

Bestrebungen für Weiterbildungs-Master gibt es offensichtlich auch. Hier überwiegt bei verschiedenen Kollegen und Managern die Überzeugung, dass man vor allem einen Executive Master nur hochschulübergreifend anbieten kann. Unabhängig davon bieten inzwischen mehrere Veranstalter, darunter auch die DGFP e.V., mehrwöchige Ausbildungsgänge zum Personalreferenten und zum Personalleiter an.

Forschungsbasierte und transferorientierte Lehre

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass der BWL-Bachelor einer Universität nicht automatisch besser ausgebildeten Nachwuchs für das Personalressort anbietet. Sofern man hier Sachbearbeitertätigkeiten nachfragt, dürften Auszubildende dualer Modelle und die Absolventen von Berufsakademien und Fachhochschulen eher in Betracht kommen. Der Universitäts-Bachelor-Absolvent kann durchaus über fundiertes, eher generalistisch orientiertes Personal-Management-Wissen verfügen – er muss aber nicht. Im Regelfall würden wir einem Unternehmen dazu raten, hier mit einer Trainee-Ausbildung zu beginnen, um den Horizont unternehmensorientiert zu erweitern.

Für den angehenden Personal-Leiter-Nachwuchs dürfte der Masterbereich entscheidender sein. Dabei sollten beim konsekutiven Master die forschungsbasierte und gleich danach die transferorientierte Lehre im Vordergrund stehen. Bei Weiterbildungsmastern müsste es wohl eher umgekehrt sein. Jedoch sollte eine Universität niemals auf die Forschungsbasierung verzichten. Sonst gäbe sie sich nicht nur selbst auf, sondern der oft beklagte Widerspruch zwischen Theorie und Praxis würde wohl noch weiter vertieft werden.

Ergebnisse einer kriteriengeleiteten Analyse von Personalmanagement-Studiengängen Die folgende Auswertung bezieht sich auf universitäre BWL-Bachelor- und Master-Studiengänge. Dabei wurden alle Studiengänge mit primär wirtschaftswissenschaftlicher Grundausrichtung betrachtet. Die qualitative Analyse der Studiengänge ist auf der Basis öffentlich zugänglicher Internet-Informationen der einzelnen Universitäten erstellt worden. Insbesondere sind das Studienordnungen und Informationsmaterialien zu den Studiengängen. Zugriffsdatum: 11.03.2008.

Eine Kategorisierung erfolgt nach folgenden Fragen:

Wird im Bachelor- oder Master-Studiengang BWL mindestens eine Lehrveranstaltung zum Thema „Personalmanagement“ angeboten? Darunter werden alle Lehrveranstaltungen sub-sumiert, in deren Titel der Begriff Personalmanagement oder ein sachverwandter Begriff wie Personalwirtschaft, Personalwesen, Personal, Human Resources verwendet wird.

Wenn es keine eigenständige Lehrveranstaltung zum Thema Personalmanagement gibt – werden entsprechende Inhalte explizit in anderen Veranstaltungen des Bachelor- oder Master-Studiengangs BWL vermittelt?

Ergebnisse einer kriteriengeleiteten Analyse von Personalmanagement-Studiengängen

Autoren:

Prof. Dr. Dieter Wagner, Lehrstuhl für Organisation und Personalwesen, Universität Potsdam/Redaktion PERSONAL

Dr. Sascha Armutat, Gastdozent, Lehrstuhl für Organisation und Persoanlwesen, Universität Potsdam/Leiter Referat Arbeitskreise, DGFP e.V., Düsseldorf

Quelle: PERSONAL - Heft 04/2008