E-Learning sei in Österreich nicht das Thema Nummer eins, konstatierte Hans Harrer, Vorstand des Senats der Wirtschaft Österreich, in seiner Eröffnungsansprache. Der Schirmherr der Austrian eLearning Conference forderte, dass E-Learning ein wesentlicher Bestandteil der Anstrengungen werden müsse, um die Bildungsentwicklung in Österreich anzuschieben. Länder, die die Themen Lernen und Wissenstransfer ganz groß schrieben, schafften langfristig zwischen drei und sechs Prozent mehr Wirtschaftsleistung, gab Harrer zu bedenken. Deshalb sei es nicht nur für jede Einzelperson, die mit Wissen ihre persönliche und berufliche Entwicklung heben kann, sondern für die gesamte Volkswirtschaft wichtig, dieses Thema anzugehen. 

Im Zusammenhang mit mobilen Geräten drängten neue Unternehmen und Businessmodelle auf den Markt; die Arbeitswelt und die Art und Weise, sich auszutauschen und zu vernetzen verändere sich. Da könne und dürfe es auch bei der Bildung nicht anders sein, dass Technologie eine wichtige Rolle spiele, sonst gehe es bergab, stieß Boris Nemsic in seinem Keynote-Vortrag ins gleiche Horn. Weil der wirtschaftliche Erfolg eines Landes von seiner Bildung abhänge, sei „Breitband für alle“ ein Muss, so der ehemalige Telekomchef. Leider seien in Österreich – anders als etwa in Russland – die Rahmenbedingungen dafür nicht vorhanden. In Österreich sei oft der Denkmalschutz oder der eigene Garten wichtiger als die Versorgung mit Glasfaserkabeln. Den Zuhörern riet er: „Treiben Sie die Innovation in Ihren Unternehmen nach vorne“. In der Telekommunikationsbranche würden heute rund 80 Prozent des Umsatzes mit Produkten gemacht, die es vor 20 Jahren noch nicht gegeben hätte, so der Top-Manager.

Lernen in Häppchen steigert Wissensfortschritte und Motivation

Mit der Lernform des Microlearning, das mit mobilen Geräten besonders gut zu bewerkstelligen sei, befassten sich die Keynote-Vorträge von Prof. Dr. Peter Baumgartner und Prof. DDr. Peter A. Bruck. Baumgartner, Leiter des Departments für Interaktive Medien und Bildungstechnologien und Professor für Technologieunterstütztes Lernen und Multimedia, ordnete das Microlearning in die Vielfalt didaktischer Methoden ein. Das „Micro“ beziehe sich dabei nicht auf die immer kleineren Endgeräte, mit denen Menschenheute arbeiten und lernen, sondern auf die kurzen Zeiteinheiten, in denen Lernprozesse stattfänden. Dabei eigneten sich Lernende Wissen in leicht zu verdauenden „Learning Nuggets“ an. Demgegenüber werde immer noch 80 Prozent des Unterrichts im Frontalstil durchgeführt. Um effektives Lernen zu forcieren, müsse die didaktische Vielfalt gefördert werden, so der Experte.

Man sollte mobiles Lernen für die Dinge benutzen, die damit gut funktionierten, und mit anderen Lernmöglichkeiten kombinieren, forderte auch Prof. DDr. Peter Bruck. Microlearning eigne sich besonders für das Wiederholungslernen, als Erinnerungsstütze, so der Leiter der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft mbH, denn wenn Menschen Inhalte nicht regelmäßig wiederholten, vergäßen sie sie nach kurzer Zeit wieder: „Sie sollten das Vergessen als betriebswirtschaftlichen Faktor ernst nehmen, der Return on Educational Investment ist sonst gleich Null.“ Bruck stellte zudem verschiedene Einsatzszenarien vor, mit denen Unternehmen mit Microlearning zur Verfestigung des Wissens ihrer MitarbeiterInnen beitragen. Große Mengen an Wissen würden in kleine Lerneinheiten etwa im Lernkartenformat heruntergebrochen. Der einzelne Lernende erhalte auf diese Weise das Gefühl, Wissensfortschritte zu machen, sei stärker motiviert, sich mit den Inhalten auseinander zu setzen und sei aufgrund der Abnahme von Präsenzseminaren weniger Tage abwesend von seinem Arbeitsplatz. 

Technische Entwicklungen und Trends im Mobile Learning

„Das Gehirn mag Wissenshappen“, bestätigte auch Jörn Oelze in seinem Vortrag, in dem er unter anderem Videos als Lerntechnologie vorstellte. Lernvideos könnten mittlerweile genauso verschlagwortet und durchsuchbar gemacht werden wie Texte, sodass ein Lerner sich genau die Information anzeigen lassen könne, die er gerade benötige, so der Geschäftsführende Gesellschafter der SONIC Performance Support GmbH. Videos profitierten seiner Erfahrung nach auch vom Mobile Boom, denn sie ließen sich genauso gut auf einem mobilen Gerät abspielen wie am Desktop Computer.

Wie sehr mobile Geräte bei SchülerInnen und StudentInnen verbreitet sind und wie sie für die Lehre zum Beispiel an Hochschulen eingesetzt werden, zeigte Dr. Martin Ebner, Abteilungsleiter und Senior Researcher an der TU Graz, in seinem Beitrag zum Thema „Learning in a Mobile Age“. Erich Herber, Leiter des Fachbereichs Bildungstechnologische Forschung am Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien der Donau-Universität Krems, zeigte, wie es mithilfe der in mobilen Geräten eingebauten Technik wie etwa Kameras oder GPS leicht möglich wird, der realen Darstellung der Welt virtuelle Bestandteile hinzuzufügen. Bestimmte Smartphone-Apps zeigten etwa, wenn man die Kamera auf ein Denkmal richte, historische Bilder und Informationen. Diese „Augmented Reality“ genannte Technik lasse sich auch für das Lernen nutzen, die Beispiele reichten von 3D-Elementen in Schulbüchern (zum Beispiel in der Biologie oder Physik) bis hin zur Anzeige der richtigen Handgriffe bei der Montage eines Motors auf mobilen Geräten. Auch wenn diese technischen Möglichkeiten neue Anforderungen an die Konzeption von Bildung stellten und einen relativ hohen Implementierungsaufwand erforderten, unterstrich Herber das hohe Potenzial davon, Wissen auf diese Weise realitätsnah und authentisch durch Interaktion und Einbettung in den Kontext zu vermitteln.

Dennoch sei Mobile Learning noch nicht so recht in Unternehmen angekommen, konstatierte Learning Consultant Volker Kunze. Auch wenn ihre Mitarbeiter privat und beruflich mit ihren Smartphones auf soziale Netzwerke zugriffen, Online-Games spielten und sich selbstverantwortlich Wissen aneigneten, gebe es dazu von den Weiterbildungsabteilungen noch zu wenig Angebote. Als Barrieren würden häufig die Problemfelder IT-Integration und IT-Sicherheit genannt, so Kunze. 

Wann ist Mobile Learning wirtschaftlich sinnvoll?

Nur weil es schick sei, werde kein Unternehmen in Mobile Learning investieren, brachte Hans-Peter Maas in einer Expertenrunde, die Thea Payome moderierte, einen weiteren Faktor in die Diskussion ein. „Wenn eine gewisse Qualität einen Mehrwert bietet, mit mobilen Lerneinheiten strukturiertes Wissen ubiquitär zur Verfügung zu stellen, dann kann man daraus eine Wirtschaftlichkeit definieren“, erklärte der Manager Training und E-Learning bei der Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG. Der Mehrwert mobilen Lernens werde von Lernenden nach Aussagen von Studien darin ausgemacht, dass sowohl Hardware und Software leistungsfähig und zuverlässig funktionierten, und die neuen Systeme in den klassischen Unterricht so integriert wurden, dass eine nahtlose Nutzung der verschiedenen Lernsysteme möglich war, erklärte Prof. Andreas König, Leiter des Zentrums für Neues Lernen an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Über diese Aspekte müssten sich PersonalentwicklerInnen und TrainerInnen Gedanken machen, um Lernprozesse und Lernarchitekturen neu zu gestalten.

Erfahrungsaustausch über die Konferenz hinaus

Konkrete Anwendungsberichte und wichtige Aspekte bei der Einführung mobilen Lernens vermittelten moderierte World Cafés mit Anwendern und E-Learning-Anbietern, die von den TeilnehmerInnen sehr gut angenommen wurden. Viele erklärten, auch nach der Konferenz miteinander im Gespräch bleiben und den Austausch fortsetzen zu wollen. Ein Wiedersehen gibt es dann am 6. und 7. November 2013 zur nächsten AeLC in Wien. Weitere Möglichkeiten, sich über Trends im Lernen auszutauschen bieten zudem am 9. und 10. April 2013 die Swiss eLearning Conference (SeLC) in Zürich und vom 17. bis 19. September 2013 die Professional Learning Europe (PLE) in Köln. Weitere Informationen sind unter www.aelc.at zu finden.

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Foto von Mimi Thian