Der Beschluss des BVerfG

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Im Personenstandsgesetz (PStG) war in § 22 Abs. 3 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 normiert, dass bei einer Person, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht angehört, im Geburtenregister kein Geschlecht eingetragen wird. Diese Regelung hat das BVerfG in seinem Beschluss für verfassungswidrig erklärt, mit der Begründung, dass die „bloße Löschung eines binären Geschlechtseintrags den Eindruck fehlender Geschlechtlichkeit erweckt“. Nach den Ausführungen im Beschluss wird klargestellt, dass Geschlecht i. S. d. GG „auch ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich sein kann“.

Grundlage des Beschlusses war eine Klage einer intersexuellen Person auf Eintragung der Geschlechterangabe „inter/divers“, hilfsweise „divers“, in das Geburtenregister. Als intersexuell werden Menschen bezeichnet, die aus biologischer Sicht weder eindeutig männlich noch weiblich sind. Nicht erfasst von dem Beschluss sind sog. Transsexuelle. Bei diesen lässt sich das Geschlecht biologisch eindeutig bestimmen, allerdings ordnen sie sich aus subjektivem Empfinden einem bestimmten Geschlecht zu.

Die Einführung eines dritten Geschlechts in das PStG wirkt sich unterschiedlich auf die diversen Felder des Arbeitsrechts aus.

Stellenausschreibungen

Es gilt der Grundsatz, dass Unternehmen gem. § 1 AGG Personen nicht aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität benachteiligen dürfen. Ein Bewerber kann dann wegen eines Verstoßes gegen das AGG klagen, wenn er Vermutungstatsachen vortragen kann, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber das Geschlecht zum Entscheidungskriterium erhoben haben könnte. Es ist dann Pflicht des Letzteren, zu beweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Dies ergibt sich aus der Beweislastumkehr des § 22 AGG.

Der Geschlechterbegriff des § 1 AGG meint die biologische Zuordnung zu einer Geschlechtergruppe. Dies bedeutet, dass das AGG bereits jetzt das dritte Geschlecht mit umfasst, da es nicht lediglich zwischen Männern und Frauen differenziert, sondern allgemein nach Geschlechtergruppen. Nicht vom Begriff „Geschlecht“ erfasst ist die sexuelle Ausrichtung des Betroffenen. Diese wird explizit vom Tatbestandsmerkmal „sexuelle Identität“ des § 1 AGG eigenständig geschützt. Somit gewährt das AGG für Transsexuelle einen Diskriminierungsschutz, auch wenn die Möglichkeit der Eintragung der Geschlechtsangabe „divers“ im PStG lediglich Intersexuellen vorbehalten ist.

Praxistipp

Arbeitgeber müssen beachten, wie sie eine Stelle ausschreiben, um nicht Vermutungstatsachen für eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Identität zu schaffen.

Die bisherige Einschätzung der Literatur, dass eine Stellenausschreibung dann geschlechtsneutral sei, wenn sowohl männliche als auch weibliche Tätigkeitsbezeichnungen verwendet wurden, ist mit dem Beschluss des BVerfG nicht mehr vereinbar, da nun ein Vermutungstatbestand für eine Benachteiligung des dritten Geschlechts vorliegen kann.

Eine mögliche Alternative dürfte sein, Symbole wie den sog. Gender* (Genderstern) oder die Gender_ (Gendergap) zu verwenden, z. B. bei „Sachbearbeiter*In“ bzw. „Sachberarbeiter_In“. Die Verwendung dieser Symbolik soll verdeutlichen, dass die Stellenausschreibung sowohl männliche und weibliche, aber eben auch intersexuelle Menschen erfassen soll. Allerdings wird hier auch die Ansicht vertreten, dass hierdurch bereits Anzeichen für eine Diskriminierung gegeben sind, da Angehörige des dritten Geschlechts zu reinen Symbolen „herabgesetzt“ werden.

Möglich und in jedem Fall im Einklang mit dem Gesetz ist das Vorgehen über Zusätze zu Stellenausschreibungen. Der bisherige Zusatz (m/w) ist nicht mehr möglich, da dadurch der Eindruck erweckt wird, dass das dritte Geschlecht nicht existiert. Somit muss der Zusatz erweitert werden. Ein einheitlicher Standard hat sich hierbei bisher nicht etabliert. Gängig und in der aktuellen Praxis zu finden sind Zusätze wie (m/w/d) oder (m/w/x). Weiterhin ist es dem Unternehmen im diesem Zusammenhang auch möglich, explizit transsexuelle Menschen anzusprechen, die sich zwar einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, aber nicht die Möglichkeit haben, sich als „divers“ im PStG eintragen zu lassen. Hierbei wäre zu dem üblichen Zusatz (m/w/d) noch ein (/t) für „transsexuell“ hinzuzufügen.

Unterschiedliche Tätigkeiten

Weiterhin zulässig sind gem. § 8 Abs. 1 AGG unterschiedliche Behandlungen wegen des Geschlechts, wenn diese 

  • wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit
  • oder der Bedingungen ihrer Ausübung
  • eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt,
  • sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Beispiel

Ein Versandhändler, der in seinem Versandkatalog Unterwäsche für Männer bzw. Frauen anbietet, darf natürlich in Stellenanzeigen auch nur männliche bzw. weibliche Fotomodells suchen und einstellen. In einer rein auf Männer bzw. Frauen ausgerichteten Stellenanzeige läge dann keine Benachteiligung der jeweils anderen Geschlechter.

Das BAG (Urt. v. 28.5.2009 – 8 AZR 536/08) hatte zu dieser Thematik einen Fall zu entscheiden, in dem ein männlicher Bewerber wegen Diskriminierung geklagt hatte, weil er sich auf eine Stelle beworben hatte, die ausschließlich eine Frau als Betreuerin für ein Mädcheninternat suchte. Nach den Ausführungen des 8. Senats durfte das beklagte Land zur Besetzung einer Betreuerstelle für ein Mädcheninternat die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, da die Tätigkeit auch Nachtdienste im Internat beinhalten sollte. Das BAG führte aus, dass der Einsatz einer männlichen Person hierfür die Rechte der Schülerinnen auf die Würde des Menschen und die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die sich aus Art. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ergeben und zu denen auch der Schutz der Intimsphäre gehöre, gefährden und ggf. auch beeinträchtigen kann. Weiterhin spiele das Schamgefühl der Schülerinnen eine Rolle, da ein unbekleidetes bzw. nicht vollständig bekleidetes Auftreten gegenüber dem anderen Geschlecht im Regelfall das Schamgefühl berühre und dadurch ein unbefangenes und freies Verhalten der Schülerinnen beeinträchtigt sei. Die Erfurter Richter entschieden folglich, dass das weibliche Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Erbringung der Tätigkeit ist.

In einem weiteren Fall (BAG, Urt. v. 18.3.2010 – 8 AZR 77/09, AuA 2/11, S. 117) hatte eine niedersächsische Stadt in einer Stellenanzeige ausschließlich eine Frau als Gleichstellungsbeauftragte gesucht. Eine der wesentlichen Aufgaben lag dabei in der Integrationsarbeit mit zugewanderten Frauen, in der Beratung bei Fällen von Frauendiskriminierungen sowie in der Zusammenarbeit mit frauenrelevanten Organisationen. Auch in diesem Fall hat der 8. Senat die Klage eines männlichen Bewerbers abgewiesen. Nach den Ausführungen des Gerichts ist das weibliche Geschlecht für die von der Stadt vorgegebene berufliche Anforderung prägend und dem Schwerpunkt der Tätigkeit komme jedenfalls keine nur untergeordnete Bedeutung zu. Das weibliche Geschlecht sei – so die Erfurter Richter – in dem konkreten Fall eine unverzichtbare Voraussetzung für die Erbringung der Tätigkeit. Nach der Begründung der Entscheidung ist es nicht per se diskriminierend, die Beratung und Integration ausländischer Frauen, frauenspezifischer Organisationen und der Opfer von Frauendiskriminierungen durch eine Frau durchführen zu lassen. Dies deswegen, weil es Betroffenen leichter falle, mit einer Frau zu sprechen, da hier ein besseres Verständnis für geschlechtsspezifische Probleme erwartet werden kann. Laut BAG wäre in diesem Zusammenhang eine Zusammenarbeit mit einem männlichen Gleichstellungsbeauftragten nur sehr schwer bis unmöglich.

Dies verdeutlicht, dass sich eine Stellenbeschreibung sehr wohl auch auf ein bestimmtes Geschlecht beschränken kann, sofern dieses Merkmal für die berufliche Anforderung eine wesentliche und unverzichtbare Voraussetzung ist.

Online-Bewerbungen und Vertrauensschutz

Bei Online-Bewerbungen ergibt sich die gleiche Problematik wie oben beschrieben. Da es sich meist um standardisierte Eingabemasken handelt, bei denen man oft nur zwischen „männlich“ und „weiblich“ bzw. „Herr“ und „Frau“ wählen kann, wird dort eine Vermutungstatsache für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geschaffen. Hier muss man eine dritte Option „divers“ einrichten.

Praxistipp

Eine Möglichkeit liegt darin, den Bewerber die Eingabefelder selbst ausfüllen zu lassen, also keine starren Möglichkeiten vorzugeben, oder man streicht diese Elemente aus den Bewerbungsformularen bzw. Eingabemasken vollständig.

Da das BVerfG in seiner Entscheidung festgestellt hat, dass die Verfassung ein sog. drittes Geschlecht bereits kennt, sind Stellen ohne eine irgendwie geartete Umsetzungsfrist mit Berücksichtigung des dritten Geschlechts auszuschreiben. Genau genommen hätten Stellenausschreibungen schon immer wie oben beschrieben vorgenommen werden müssen. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass es bis zur Entscheidung des BVerfG allgemeine Meinung war, dass Ausschreibungen, die den Zusatz (m/w) enthielten, keinen Anlass für die Vermutung einer Diskriminierung geben. Arbeitgeber müssen sich darauf verlassen können, dass alle Stellenausschreibungen vor der Bekanntmachung der Entscheidung des BVerfG geltendem Recht entsprachen und somit keinen Raum für den Anlass einer Diskriminierung gegeben haben.

Anrede von intersexuellen Personen

Es stellt sich auch die Frage, wie man intersexuelle Personen im Betrieb korrekt anspricht. Die deutsche Sprache bereitet hier – im Gegensatz zur englischen („he/she/they“) oder schwedischen („han/hon/hen“) – auch bei der korrekten Ansprache oder der Verwendung von Pronomen größere Probleme, da sie keine neutralen Pronomen enthält.

Probleme dürften sich ergeben, wenn man Anreden wie „Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr“ oder die Pronomen „sie/er“ verwendet. Der Arbeitgeber könnte generell gültig im Unternehmen klarstellen, dass er nur noch eine Anredeform benutzt und diese für alle Geschlechter gilt, also „Liebe Mitarbeiter“. Auf einer Betriebsversammlung könnten die Anwesenden mit „Verehrte Anwesende“ angesprochen werden.

Die Stadt Hannover setzt seit Kurzem für den dienstlichen Gebrauch nur neutrale Formulierungen ein, also z. B. „Liebe Arbeitende“. Auch dies kann eine Möglichkeit für Arbeitgeber darstellen. Es wird sich durch den zukünftigen Sprachgebrauch zeigen, welche Formulierungen als genderneutral und diskriminierungsfrei gelten.

Sanitäre Anlagen und Umkleiden

Punkt 4.1 des Anhangs Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Absatz 1 ArbStättV schreibt vor, dass sanitäre Räume für „Männer und Frauen“ getrennt eingerichtet werden müssen oder eine getrennte Nutzung der Räume möglich ist. In diesem Zusammenhang muss man entweder auch Möglichkeiten für intersexuelle Menschen schaffen oder Unisex-Toiletten und -Umkleiden mit z. B. Einzelkabinen einrichten. Der Gesetzgeber könnte auch klarstellen, dass intersexuelle Menschen die Wahl haben, sich für eine der beiden Räumlichkeiten zu entscheiden. In der Praxis werden solche Wahlmöglichkeiten und die Einrichtung von Unisex-Toiletten in den Betrieben und anderen Einrichtungen derzeit schon umgesetzt.

Beispiele

Als deutsche Beispiele können die Universitäten in Köln und Düsseldorf genannt werden, die schon seit einiger Zeit Unisex-Toiletten etabliert haben, um für alle Geschlechter ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Diese sind für alle Geschlechter gleichermaßen zugänglich.

Erstmals wurde das Finale des DFB-Pokals der Männer am 25.5.2019 genderneutral gestaltet. Stadionbesucher konnten beim Einlass entscheiden, ob sie von einer Frau oder einem Mann kontrolliert werden möchten. Außerdem wurden Unisex-Toiletten bereitgestellt, die alle Besucher des Pokalfinales – unabhängig von ihrem Geschlecht – benutzen konnten. Presseberichten nach handelte es sich um das erste große Sportevent, bei dem auf geschlechtsneutrale Regeln gesetzt wurde. Künftig will man auch alle Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft genderneutral gestalten.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass es für den Arbeitgeber aus Gründen der Zumutbarkeit nicht zwingend erforderlich ist, auch in kleinen Unternehmen oder Büroeinheiten einen zusätzlichen Waschraum für das dritte Geschlecht einzurichten. Vielmehr bieten sich hier sanitäre Unisex-Einrichtungen und Unisex-Waschräume als adäquate Lösungen an. Insbesondere in größeren Betrieben sollte man für jeden Mitarbeiter eine gut zugängliche Möglichkeit für eine solche Unisex-Toilette (bspw. auf jeder Etage) vorhalten und ansonsten die bisherige Struktur beibehalten.

Da es in vielen Branchen nach Geschlechtern getrennte spezifische Kleiderordnungen gibt, werden auch hier Anpassungen notwendig sein. Sinnvoll erscheint es, ggf. eine geschlechtsneutrale Kleiderordnung einzuführen, um komplizierte Einzelregelungen zu vermeiden oder intersexuellen Menschen die Wahlmöglichkeit zwischen den für Männer und den für Frauen ausgesuchten Kleidervorgaben zu lassen.

Förderung der Gleichstellung und Beweis des Geschlechts

Weitere Auswirkungen dürfte die Einführung des dritten Geschlechts auf die Förderung der beruflichen Gleichstellung haben. Die Besetzung von Aufsichtsrats-, Vorstands- und oberen Führungspositionen wurde durch die „Frauenquote“ gesetzlich gefördert. Auch diese berechtige Förderung ist um die Förderung des dritten Geschlechts zu ergänzen. Dasselbe gilt für Vorschriften wie § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG, wo die „Gleichstellung von Frauen und Männern“ als Aufgabe des Betriebsrats geregelt ist.

Will sich ein intersexueller Mensch darauf berufen, dass er wegen seines Geschlechts diskriminiert worden ist, muss er als Anspruchssteller alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale beweisen, da die Beweislastumkehr des § 22 AGG die Merkmalsträgereigenschaft nicht erfasst. Hierfür muss der intersexuelle Mensch, genauso wie für die Möglichkeit der Umschreibung im Personenstandsregister, ggf. ein ärztliches Attest vorlegen, aus dem sich ergibt, dass dieser Mensch nicht eindeutig dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden kann.

Bei einem transsexuellen Menschen ist es im Vergleich zur Intersexualität problematisch, da das Gericht hier eine innere Tatsache feststellen muss, weil eine eindeutige biologische Zuordnung zu einem Geschlecht möglich ist, der Betroffene sich jedoch einem anderen Geschlecht zugehörig fühlt.

Notwendige rechtliche Anpassungen

Es kann durchaus sein, dass Gesetze, in denen ausdrücklich zwischen Männern und Frauen (z. B. bei einem Gesetzeswortlaut wie „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“) unterschieden wird oder die von einer prozentualen Verteilung hinsichtlich der Geschlechter bzw. einer Berücksichtigung „des“ Minderheitengeschlechts ausgehen, zu ändern oder zu ergänzen sind, soweit sich darunter nicht ein dreigeschlechtliches System subsumieren lässt.

Eine Anpassung bzw. Änderung muss z. B. in folgenden Gesetzen erfolgen (nachfolgend lediglich einige ausgewählte Beispiele):

  • § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, Satz 2: „Bewerberinnen und Bewerber“, Abs. 2 Satz 1: „Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen“, Abs. 3: „Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen“
  • § 15 Abs. 2 BetrVG: „Geschlecht, das in der Minderheit ist“
  • § 3 Abs. 2 Nr. 3 WO: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, §§ 5, 15 Abs. 5: „Geschlecht in der Minderheit“
  • § 1 EntgTranspG: „Frauen und Männer“, § 3 Abs. 2 Satz 1: „des jeweils anderen Geschlechts“ (dualistischer Geschlechterbegriff), § 4: „weibliche und männliche“, § 5 Abs. 2 Nr. 1: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, § 7: „einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts“, § 11: „des jeweils anderen Geschlechts“ (dualistischer Geschlechterbegriff), § 13 Abs. 1 Satz 1: „Frauen und Männer“, § 21: „Frauen und Männer“
  • § 7 Abs. 3 MitbestG: „Frauen und Männer“, § 5a Montan-MitbestG: „Frauen und Männer“, § 5a MitbestErgG: „Frauen und Männer“
  • § 96 Abs. 3 AktG: „Frauen und Männer“
  • § 15 BEEG: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“
  • § 1 MiLoG: „Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer“

Wenn bspw. von „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“ gesprochen wird, geht das Gesetz noch vom bisherigen nur dualistischen Geschlechterverständnis aus, so dass hier eine sprachliche Anpassung angezeigt ist. Hier ließe sich – wie in AuA – z. B. nur der Begriff „Arbeitnehmer“ verwenden und bei der Begriffsdefinition klarstellen, dass hierunter alle Geschlechter fallen sollen (generisches Maskulinum).

§ 12 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG macht das Problem, dass viele Gesetze von dem dualistischen Geschlechterbegriff ausgehen, besonders deutlich. Danach ist „insbesondere (…) das Vergleichsentgelt nicht anzugeben, wenn die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird.“ Daraus kann man schließen, dass es für Männer und Frauen in den meisten Betrieben wohl nicht möglich sein wird, ein Vergleichsentgelt einer intersexuellen Person zu erfahren, da in den allermeisten Fällen wohl keine sechs intersexuellen Beschäftigten in der Vergleichsgruppe vorhanden sein werden, die eine Vergleichstätigkeit ausüben.

Bei den Betriebsratswahlen 2022 wird es Listen mit drei Geschlechtern geben müssen und die entsprechende prozentuale Minderheitengeschlechterquote hat sich im Betriebsrat widerzuspiegeln. Fraglich ist noch, wie die konkreten Quoten zu bilden sind, da es dann zwei Minderheitengeschlechter geben wird und die Berechnung bisher nur von einem Minderheitengeschlecht ausging. Auch hier wird vermutlich eine Drei-Geschlechter-Quote normiert werden, um einen Querschnitt des Betriebs im Betriebsratsgremium widerzuspiegeln.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Entscheidung des BVerfG und die Umsetzung durch den Gesetzgeber in der Praxis konkret auswirken. In jedem Fall sind Stellenausschreibungen anzupassen, was vielfach schon in der Praxis geschehen ist, und Arbeitgeber müssen sich für den Umgang mit dem Thema in ihren jeweiligen Unternehmen auseinandersetzen, um ein diskriminierungsfreies Umfeld zu schaffen.

Allerdings ist die Zahl intersexueller Menschen in Deutschland wohl relativ gering; jedenfalls haben bisher nur wenige Menschen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Eintragung als „divers“ im Personenstandsregister vornehmen zu lassen.

Vor allem ist jedoch der Gesetzgeber aufgefordert, die entsprechenden Gesetze genderneutral zu formulieren und bei einigen Regelungen inhaltlich für Klarheit zu sorgen, da doch eine Vielzahl verschiedener Gesetze vom binären Geschlechtergedanken ausgeht und darauf auch in vielen unterschiedlichen Regelungen Bezug nimmt bzw. sich dies dort widerspiegelt.

 

Mit freundlicher Genehmigung der HUSS-MEDIEN GMBH aus AuA 7/19, S. 404ff.