Abwerbungsmaßnahmen erfolgen derzeit (noch) überwiegend telefonisch. Auch die drei Entscheidungen des BGH zur Direktansprache am Arbeitsplatz sind jeweils zur telefonischen Abwerbung ergangen. Dabei kann der Headhunter grundsätzlich die dienstlichen Telefone nutzen, unabhängig davon, ob es sich um Festnetz- oder Mobiltelefone handelt. Sie bieten ihm als anonymes Kommunikationsmittel mehrere Vorteile: Die dienstliche Telefonnummer der Fachkraft lässt sich einfach herausfinden. Der Erstkontakt läuft unspektakulär ab – im Gegensatz zu einem persönlichen Treffen mit der Gefahr, entdeckt zu werden. Der Arbeitgeber und die Kollegen erfahren zunächst nichts von einer möglichen Wechselabsicht, die das Vertrauen in den Arbeitnehmer zerstören könnte.
 
Eine telefonische Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz muss sich jedoch auf das Notwendige beschränken und darf nur wenige Minuten dauern. Ziel kann lediglich sein, ein weiteres Gespräch im privaten Umfeld außerhalb der Arbeitszeit und ohne Nutzung dienstlicher Kommunikationsmittel zu vereinbaren.
 
Wichtig
 
Telefonisches Headhunting ist nur zulässig, wenn der Personalberater auch bei etwaigen Vermittlungsgesprächen mit der Telefonzentrale oder einem Sekretariat gewisse Verhaltensregeln einhält: Soweit er bzw. das abwerbende Unternehmen nicht die Durchwahl des potenziellen neuen Mitarbeiters kennt, erfolgt der Erstkontakt über die Betriebsmittel und die Betriebsorganisation (Zentrale, Sekretariat) des fremden Arbeitgebers. Dies ist Teil der Abwerbungsmaßnahme und zulässig, wenn die Mitarbeiter der telefonischen Vermittlungsstelle nicht über den Zweck des Gesprächs getäuscht werden. Umgekehrt kann sowohl das Vermittlungs- als auch das Abwerbungsgespräch jeweils einzeln oder in Kombination miteinander die gesamte Abwerbung wettbewerbs- bzw. sittenwidrig machen.

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Foto von Bram Naus

Das Angebot an Fachkräften sinkt bzw. wächst weniger stark als die Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern. Unternehmen sind von diesem Fachkräftemangel zweifach betroffen:

  • Einerseits beschäftigen sie Arbeitnehmer mit bestimmten Fähigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Sie müssen diese daher in eigenem Interesse vor unzulässiger Abwerbung anderer Unternehmen schützen.
  • Andererseits ist es für den wirtschaftlichen Erfolg unverzichtbar, freie Stellen durch qualifizierte und erfahrene Fachkräfte – die ggf. bei anderen Arbeitgebern beschäftigt sind – zu besetzen.

Wichtig

Es gilt also, sowohl die eigenen Beschäftigten zu schützen, als auch erfolgreich fremde Mitarbeiter abzuwerben. Dafür ist es wichtig, die Möglichkeiten und die Grenzen des Headhuntings, die Folgen von unzulässigen Abwerbungsmaßnahmen sowie die Reaktionsmöglichkeiten hierauf zu kennen.

Die Rechtsfolgen von wettbewerbs- oder sittenwidrigen Abwerbungsmaßnahmen sind für Unternehmen in jeder Situation bedeutend:

  • Arbeitgeber, deren Fachkräfte abgeworben werden sollen, müssen wissen, wie sie ihre Mitarbeiter ausreichend schützen und Abwerbungsmaßnahmen anderer Unternehmen erfolgreich begegnen können.
  • Für Firmen, die selbst oder durch einen Headhunter fremde Fachkräfte abwerben, ist es wichtig, sich mit den möglichen Reaktionen vertraut zu machen, wenn sie die Grenzen des Zulässigen überschreiten.

Folgende Ansprüche des betroffenen Unternehmens kommen in Betracht:

  • Unterlassungsanspruch,
  • Auskunftsanspruch,
  • Schadensersatzanspruch,
  • Beschäftigungsverbot.

Bei wettbewerbs- oder sittenwidrigen Abwerbungsmaßnahmen steht den betroffenen Unternehmen bei Wiederholungsgefahr ein Unterlassungsanspruch gegen den Abwerbenden, also den Headhunter und den Arbeitgeber, zu. Dieser ist ein schnelles und effektives Instrument, da er sich auch im Rahmen einer einstweiligen Verfügung durchsetzen lässt. Für die Geltendmachung reicht bereits der begründete Verdacht, dass ein Mitarbeiter des Unternehmens in wettbewerbs- oder sittenwidriger Weise abgeworben werden soll. Der Unterlassungsanspruch kann damit sowohl derzeitige als auch zukünftige Abwerbungsversuche an weiteren qualifizierten Arbeitnehmern verhindern.
 
Daneben hat der von der wettbewerbs- oder sittenwidrigen Abwerbung betroffene Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gegenüber dem abwerbenden Headhunter oder Arbeitgeber geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist.
 
Zusätzlich kann er im Rahmen eines Beschäftigungsverbots verlangen, dass der abwerbende Arbeitgeber den abgeworbenen Mitarbeiter so lange nicht beschäftigt, bis ein Wettbewerbsvorteil, der aus der Abwerbung resultiert, beseitigt ist. Der Umfang des Beschäftigungsverbots beschränkt sich räumlich und sachlich auf den Geschäftsbetrieb des bisherigen Arbeitgebers. Die Dauer muss verhältnismäßig sein. Als Indiz lässt sich die ordentliche Kündigungsfrist des Mitarbeiters heranziehen. Um diese Ansprüche erfolgreich durchzusetzen, besteht auch ein Auskunftsanspruch über Art, Zeitpunkt sowie Umfang der Abwerbungsversuche.
 
Praxistipp
 
Vorteil eines externen Personalberaters ist, dass er den Auftraggeber – also die abwerbende Firma – i. d. R. nicht nennt und das Unternehmen, dessen Mitarbeiter abgeworben werden soll, Ansprüche gegenüber dem Abwerbenden daher rein tatsächlich nicht geltend machen kann.

Eine der Hauptaufgaben eines Headhunters ist der Research. Damit ist die Suche nach geeigneten Kandidaten für die freie Stelle des Auftraggebers gemeint. Soweit der Personalberater keine oder nicht ausreichend geeignete Fachkräfte in seinen Karteien und Datenbanken hat, muss er Namen und Kontaktdaten (weiterer) Kandidaten, die dem erstellten Anforderungsprofil entsprechen, ermitteln. Oftmals vereinbart er mit dem Auftraggeber eine Liste über Zielfirmen oder Zielkandidaten:

  • Die Zielfirmenliste legt fest, in welchen Unternehmen der Personalberater vorrangig nach Kandidaten suchen soll, z. B. wegen hoher Qualität in bestimmten Bereichen oder ähnlichen Tätigkeiten. Sie verzeichnet auch, welche Unternehmen bei der Suche zu meiden sind, etwa Geschäftspartner des Auftraggebers.
  • Die Zielkandidatenliste benennt bestimmte, bereits bekannte Kandidaten, die vorrangig zu kontaktieren sind, bspw. aufgrund ihres guten Rufes. Ebenso führt sie auf, wer keinesfalls kontaktiert werden soll, etwa frühere Mitarbeiter, mit denen man schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Die Schwierigkeit des Researches ist, dass – je nach Branche – nur ein Bruchteil der Beschäftigten nach außen auftritt, z. B. Vertriebsmitarbeiter, um das Produkt oder die Dienstleistung des Unternehmens zu verkaufen. Ihre Kontaktdaten sowie weitere Informationen, wie ein Kurzlebenslauf, sind i. d. R auf der Homepage des Unternehmens einfach zugänglich. Die Kontaktdaten von Fachkräften, die nicht oder nicht überwiegend nach außen auftreten, bspw. Controller, Personal- oder Logistikleiter, Entwicklungsingenieure sowie IT-Spezialisten, lassen sich hingegen regelmäßig nicht der Website entnehmen.
 
Um an die Informationen eines noch unbekannten Abwerbungskandidaten zu gelangen, „missbrauchen“ Headhunter unter einem Vorwand (Cover-Story) die Betriebsorganisation des Arbeitsgebers (Sourcing). Dadurch gelingt es ihnen, einen Erstkontakt mit einer zunächst unbekannten Fachkraft herzustellen und sie erfolgreich abzuwerben.
 
Beispiel
 
Ein Headhunter sucht einen Logistikleiter. Er gibt sich wahrheitswidrig gegenüber der Telefonzentrale eines Großhandelsunternehmens als Mitarbeiter einer Spedition aus. Unter einem Vorwand (Unfall mit LKW, Probleme beim Zoll) benutzt er die Beschäftigte der Telefonzentrale als Quelle, um sie nach einem geeigneten, ihm unbekannten Logistikmitarbeiter auszuhorchen und sich mit diesem verbinden zu lassen. Gegenüber diesem stellt er sich dann als Headhunter vor und informiert ihn über einen lukrativen Arbeitsplatz bei seinem Auftraggeber.
 
Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 25.7.2001 (6 U 145/00) ist es wettbewerbswidrig und damit unzulässig, Personen an ihrem Arbeitsplatz auszuforschen. Dazu gehört insbesondere die Frage, welche Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden oder dafür geeignet sein könnten. Die Betriebsmittel und die Betriebsorganisation des Unternehmens sind schützenswert. Sie stehen offensichtlich nicht Personen zur Verfügung, die im Wettbewerb um Fachkräfte mit anderen Arbeitgebern Tatsachen vortäuschen.

Für das Headhunting gewinnen Internet-Business-Plattformen, wie Xing, LinkedIn oder Plaxo, sowie sonstige Netzwerke, z. B. Facebook, immer mehr an Bedeutung. Das Internet ist mittlerweile regelmäßig ein unverzichtbares Medium, um zielgerichtet potenzielle neue Mitarbeiter zu kontaktieren. In den Online-Plattformen haben Mitglieder die Möglichkeit, berufliche Daten in ein Profil einzutragen und eine umfassende Bewerbungsmappe mit Lebenslauf, Zeugnissen und Bewerbungsbild hochzuladen. Nutzer können Stellen ausschreiben, aber auch Mitglieder direkt kontaktieren. Der potenzielle Kandidat muss den Kontaktwunsch bestätigen. Er entscheidet demnach selbst, wer welche Informationen (Lebenslauf, Rufnummer, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum) aus seinem Profil zu sehen bekommt.
 
Wichtig
 
Die Kontaktaufnahme über eine Online-Plattform hat – zumindest aus Sicht des Headhunters – privaten Charakter. Der Mitarbeiter liest die Nachricht auf seinem Profil im Business-Netzwerk außerhalb der Arbeitszeit mit seinem privaten Computer – soweit der Arbeitgeber nicht die private Internetnutzung erlaubt.
 
Mitarbeiter über eine Internet-Business-Plattform anzuschreiben bzw. abzuwerben ist grundsätzlich erlaubt. Unzulässig wird es erst, wenn wettbewerbsrechtlich unlautere Begleitumstände hinzukommen. Solche sind insbesondere herabsetzende Äußerungen, Schmähkritik oder pauschale und unsachliche abfällige Äußerungen ohne jeglichen Informationsgehalt über den bisherigen Arbeitgeber (vgl. LG Heidelberg, Urt. vom 23.5.2012 – 1 S 58/11, vgl. AuA 7/12, S. 434).

Für den Inhalt und Umfang der Schadensersatzansprüche gelten grundsätzlich die §§ 249 ff. BGB. Danach kann der von wettbewerbs- oder sittenwidrigen Abwerbungsmaßnahmen betroffene Arbeitgeber vom abwerbenden Unternehmen bzw. Headhunter verlangen, dass sie den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn die unzulässigen Abwerbungsmaßnahmen nicht erfolgt wären. Der geschädigte Arbeitgeber hat den Schaden vorzutragen und ggf. auch nachzuweisen. Dies geschieht durch einen Vergleich des tatsächlichen Vermögens mit dem hypothetischen Vermögensstand, der ohne das schädigende Ereignis vorgelegen hätte (Vorher-Nachher-Vergleich). Es sind deshalb bei der Schadensberechnung auch Vorteile bzw. ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen, insbesondere ersparte Vergütungskosten des abgeworbenen Mitarbeiters. Voraussetzung für einen Schaden ist, dass

  • es keine kostengünstigere Möglichkeit gibt, den Ausfall des abgeworbenen Arbeitnehmers zu kompensieren,
  • der Schaden ohne unzulässige Abwerbungsmaßnahmen nicht eingetreten wäre und
  • der Geschädigte den Schaden darlegen und beweisen kann.

Als mögliche erstattungsfähige Schäden kommen insbesondere in Betracht:

  • Gewinnausfall als Mehrwert der Leistung des vertragsbrüchigen Mitarbeiters (Umsatz) abzüglich der ersparten Aufwendungen (Vergütung),
  • Kosten einer Ersatzkraft,
  • vorgezogene Lohnerhöhung für treue Arbeitnehmer als Abwehrmaßnahme gegen Abwerbungshandlungen,
  • zusätzliche Kosten für verbleibende Beschäftigte, die durch Mehrarbeit oder überobligatorische Anstrengungen (Überstundenzuschläge) entstehen,
  • nutzlos aufgewendete Kosten für den abgeworbenen Mitarbeiter (z.B. Leasingrate für Dienstfahrzeug),
  • Verzugsschäden und Vertragsstrafen für nicht rechtzeitig erbrachte Leistungen,
  • Kosten für die Beschaffung und Einarbeitung einer neuen Arbeitskraft als Nachfolger des abgeworbenen Arbeitnehmers (Zeitungsinserate, Headhunter).

Headhunting entwickelt sich immer mehr zu einem wichtigen Instrument der Personalbeschaffung, insbesondere im Bereich der Fachkräfte. Arbeitgeber müssen aufgrund des freien Wettbewerbs Abwerbungsmaßnahmen eines Headhunters oder einer fremden Firma auch während der Arbeitszeit mit unternehmenseigenen Betriebs- und Kommunikationsmitteln dulden. Gegen diese gibt es – soweit es sich nicht um eine rechtswidrige oder sittenwidrige Abwerbung handelt – keinen gesetzlichen Schutz.

Bei unzulässigen Abwerbungsmaßnahmen bestehen Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche sowie der Anspruch auf ein Beschäftigungsverbot. Der Nachteil, dass Abwerbungsmaßnahmen in engen Grenzen grundsätzlich zulässig sind, ist auf der anderen Seite ein Vorteil für Arbeitgeber, die Fachkräfte suchen, die bei anderen Unternehmen beschäftigt sind.
 
 
Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht · 9/12

Headhunting oder Executive Search ist die „Jagd nach qualifizierten Arbeitskräften“ durch Abwerbung. Eine gesetzliche Definition existiert nicht. Die Rechtsprechung versteht unter Abwerbung, dass jemand ernstlich, mittelbar oder unmittelbar, achhaltig auf einen arbeitsvertraglich gebundenen Arbeitnehmer einwirkt mit dem Ziel, ihn zu veranlassen, ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Abwerbenden oder einem Dritten einzugehen. Im Rahmen des Headhuntings bringen Personalberater, die sich im Markt bzw. in der Branche auskennen, Angebot und Nachfrage zusammen. Sie suchen für Unternehmen geeignete neue Mitarbeiter oder im Auftrag von Fachkräften potenzielle Arbeitgeber. Das Headhunting schaffte seinen Durchbruch in Deutschland mit der Aufhebung des Vermittlungsmonopols der damaligen Agentur für Arbeit im Jahr 1994. Die Definition jedoch sagt nichts darüber aus, ob die Abwerbung zulässig ist.
 
Praxistipp
 
Nicht unter Headhunting fallen die ursprünglichen Mittel des Arbeitsmarktes, die nicht nachhaltig auf Arbeitnehmer fremder Unternehmen einwirken. Hierzu zählen bspw. Stellenanzeigen in Zeitungen, Fachmagazinen und auf der Internetseite des Unternehmens, Personalmessen oder die Meldung freier Stellen bei der Agentur für Arbeit.
 
Diese Maßnahmen sind jeweils unverbindlich an eine Vielzahl potenzieller Bewerber gerichtet, die aufgefordert werden, sich zu bewerben („Aufforderung zur Abgabe von Angeboten“). Der erste konkrete Schritt der Kontaktaufnahme geht damit von der Fachkraft aus. Beim Headhunting hingegen macht das Unternehmen bzw. der von ihm beauftragte Headhunter den ersten Schritt, indem er einzelne potenzielle, qualifizierte Mitarbeiter direkt auf eine bestimmte freie Stelle aufmerksam macht.

Das Headhunting hat gegenüber einer Stellenanzeige mehrere Vorteile: Die persönliche direkte Ansprache schmeichelt dem Kandidaten. Sie ist zielsicher, da der Headhunter bei gründlicher Vorauswahl nur wenige potenziell geeignete Arbeitnehmer kontaktieren muss. Das Headhunting ist anonym und zugleich vertrauenswürdiger. Das Unternehmen legt nicht offen, dass es eine bestimmte (derzeit möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter besetzte) Stelle neu vergeben möchte. Die Praxis zeigt zudem, dass Fachkräfte in höheren Positionen selten auf allgemeine Stellenanzeigen reagieren; vgl. zum Thema allgemein auch AuA-Sonderausgabe „Branchenführer Personalberater“, 2007.

In den vom BGH vorgegebenen engen Grenzen ist es grundsätzlich zulässig, fremde Mitarbeiter abzuwerben. Unlauter und damit wettbewerbswidrig (§§ 3, 4 UWG) werden Abwerbungsmaßnahmen erst bei besonderen Begleitumständen, etwa wenn die Abwägung der berücksichtigungsfähigen Interessen der beteiligten Personen einen verwerflichen Zweck ergibt. Das ist nicht der Fall, wenn das abwerbende Unternehmen die eigene Leistungsfähigkeit verbessern will. Die Grenzen sind i. d. R. jedoch überschritten, wenn die Abwerbung der Fachkraft überwiegend bezweckt,

  • die Leistungsfähigkeit des Mitbewerbers zu schwächen,
  • von seinen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen Kenntnis zu erlangen oder
  • ihm Kunden abzuwerben.

Das Abwerben von Fachkräften kann auch unzulässig sein, wenn die eingesetzten Mittel und Methoden sitten- oder wettbewerbswidrig sind, bspw. bei

  • verwerflicher Willensbeeinflussung, etwa durch täuschende oder irreführende Angaben über den neuen Arbeitgeber oder die neue Stelle,
  • herabsetzenden Äußerungen über den bisherigen Arbeitgeber,
  • Verleitung des Arbeitnehmers zum Vertragsbruch, z. B. durch Nichteinhaltung der Kündigungsfrist oder Schlechtleistung,
  • Verleitung zu einer Doppelbeschäftigung beim alten und neuen Arbeitgeber oder
  • übertriebenem Anlocken mit Prämien oder Rabatten.

In drei Entscheidungen zur Direktansprache am Arbeitsplatz hat der BGH das Abwerben von Arbeitnehmern fremder Unternehmen als Teil des freien Wettbewerbs in engen Grenzen als zulässig angesehen (Urt. v. 4.3.2004 – I ZR 221/01, AuA 9/04, S. 54; v. 9.2.2006 – I ZR 73/02; v. 22.11.2007 – I ZR 183/04). Danach sind die Interessen

  • des Personalberaters (Vermittlung einer Fachkraft),
  • seines Auftraggebers (Abwerbung einer Fachkraft),
  • des betroffenen Mitarbeiters (Recht, Beruf und Arbeitsplatz frei zu wählen) und
  • dessen Arbeitgebers (Weiterbeschäftigung der Fachkraft, kein unlauterer Wettbewerb) gegeneinander abzuwägen.

Aus den BGH-Entscheidungen wird ersichtlich, dass ein erster (telefonischer) Kontakt – selbst mit betrieblichen Kommunikationsmitteln – nicht wettbewerbswidrig und damit zulässig ist, wenn der Personalberater

  • die Fachkraft lediglich nach ihrem Interesse an einer neuen Stelle befragt,
  • die Stelle kurz beschreibt und
  • bei Bedarf eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Unternehmens bespricht.

Wichtig
 
Für die Frage der Zulässigkeit macht es keinen Unterschied, ob das Unternehmen selbst unmittelbar oder ein von ihm beauftragter Personalberater mittelbar abwirbt. Das Handeln des Headhunters als beauftragtem Dritten ist dem abwerbenden Arbeitgeber über die Regeln der Stellvertretung zuzurechnen (§§ 164 ff. BGB).

Um qualifizierte Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, sind vertragliche Mittel erforderlich. Dies lässt sich insbesondere durch folgende Instrumente erreichen:

  • Längere als im Gesetz vorgesehene Kündigungsfristen für beide Seiten (z. B. sechs Monate zum Quartal) machen einen Arbeitgeberwechsel unattraktiv.
  • Der Arbeitgeber übernimmt die Kosten für Fortbildungen qualifizierter Mitarbeiter nur, wenn beide Seiten das Arbeitsverhältnis für eine bestimmte Dauer nicht aus verhaltensbedingten Gründen beenden. Andernfalls hat der Beschäftigte die Fortbildungskosten (anteilig) zurückzuzahlen.
  • Variable Vergütungsbestandteile, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, gelangen nur zur Auszahlung, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.
  • Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (vgl. §§ 74 ff. HGB), das das Unternehmen jedoch durch eine Karenzentschädigung i. H. v. mindestens der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen erkaufen muss.