Das Thema Mitarbeiterbindung ist weit verbreitet. Aber während viele Firmen auf Employer Branding, Benefits und Work-Life-Balance setzen, bleibt ein wesentlicher Aspekt oft unberücksichtigt: die Gesundheit der Mitarbeitenden. Sie ist der unsichtbare Motor für Leistung, Zufriedenheit und Loyalität. Im HRM Hacks Podcast bringt es Dr. Daniel Schwarzenberger, Sportökonom, Berater und Speaker, treffend auf den Punkt: „Gesundheit ist kein Projekt – sie ist ein fortlaufender Prozess.“ In diesem Beitrag des Blogs erläutern wir, weshalb Gesundheit eine echte Mitarbeiterbindung fördert – und wie Firmen endlich strategisch darauf reagieren sollten.
Gesundheit ist kein „Nice-to-have“, sondern eine strategische Notwendigkeit
In Zeiten des Erfolgs stecken zahlreiche Firmen Geld in die Gesundheit ihrer Beschäftigten; in Krisensituationen nehmen sie an dieser Stelle hingegen Einsparungen vor. Die Evidenz ist klar: Besonders in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung erhöhen sich Druck, psychische Belastung und Krankheitsfallzahlen. Wer dann spart, erleidet einen doppelten Verlust: Die Ausfälle nehmen zu, die Produktivität sinkt und die Fluktuation steigt. Dr. Schwarzenberger warnt vor einer riskanten Fehleinschätzung: „Gesundheit wird gestrichen, wenn man sie am meisten bräuchte.“ Hier ist es notwendig, mit einer nachhaltigen Personalstrategie gegenzusteuern.
Die Rolle der Führungskraft: Anwalt oder Risikofaktor?
Die Gesundheit der Mitarbeiter hängt maßgeblich von Führungskräften ab. Sie fungieren als Vorbilder, Türöffner und Multiplikatoren. In der Realität mangelt es jedoch oft an Zeit, Sensibilität oder einfach am notwendigen Wissen. Das Resultat: Mitarbeitende empfinden eine Isolation, sind krankgeschrieben oder geben ihre Kündigung. Gesundheitsförderung fängt im Alltag an, nicht erst mit der Fitnessstudio-Mitgliedschaft: durch regelmäßige Feedbackgespräche, Verständnis für private Belastungen und das Ermöglichen von Pausen und Bewegung. Gute Führung bewirkt den Unterschied.
Bewegung: Der unterschätzte Produktivitätsfaktor
So sieht ein typischer Arbeitstag aus: acht Stunden am Schreibtisch, nur wenige Minuten Bewegung. Oder, im anderen Extremfall: stundenlange dieselbe körperliche Tätigkeit am Fließband. In beiden Fällen leidet der Körper, und auch die Motivation wird langfristig beeinträchtigt. Oft ist die Lösung jedoch einfach: Arbeitsplatzanalysen, ergonomische Schulungen und Rotationsprinzipien tragen dazu bei, Fehlbelastungen zu vermeiden. Kleine Pausen mit aktiven Übungen, die idealerweise über den Tag verteilt regelmäßig stattfinden, steigern die Konzentration und reduzieren messbar krankheitsbedingte Ausfälle.
Ernährung und Hydration – die Basics zuerst
Zahlreiche Menschen erkundigen sich zuerst nach Nahrungsergänzungsmitteln, Diäten oder Superfoods. Die entscheidende Frage kommt jedoch schon früher: „Wie viel Wasser trinkst du eigentlich am Tag?“ Die Antwort: häufig zu wenig. Schwarzenberger zufolge ist es empfehlenswert, etwa einen Liter pro 20 Kilogramm Körpergewicht zu konsumieren – bei einem Gewicht von 80 Kilogramm sind das demnach vier Liter am Tag. Der Grund: Unsere Bandscheiben bestehen aus Knorpelgewebe, das durch Bewegung und Flüssigkeitszufuhr versorgt wird. Wer nicht genug Flüssigkeit zu sich nimmt, setzt sich der Gefahr aus, Verspannungen und Leistungseinbrüche zu erleiden. Auf lange Sicht können hieraus auch gravierende gesundheitliche Probleme resultieren – bis hin zu einem Bandscheibenvorfall.
Gesundheitsmaßnahmen brauchen Struktur – nicht Aktionismus
Eine Gesundheitspost, ein Obstkorb und ein Yoga-Workshop sind nicht ausreichend. Wer ernsthaft Gesundheit fördern möchte, benötigt eine umfassende Strategie. Folgendes gehört dazu:
• Regelmäßige Angebote, die fest im Arbeitsalltag verankert sind
• Individuelle Maßnahmen, abgestimmt auf Arbeitsplatz, Alter und Belastung
• Eine interne Kontaktperson, die für die Gesundheitsförderung zuständig ist und diese praktiziert
• Eine auch in Krisenzeiten verlässliche Finanzierungsgrundlage
• Eine Wirkungsevaluation mit Rückmeldungen berücksichtigt Der maßgebliche Erfolgsfaktor: Verlässlichkeit. Nur wenn Gesundheitsangebote verlässlich und dauerhaft sind, werden sie angenommen und entfalten ihre Wirkung.
Motivation durch Morgenroutinen und Eigenverantwortung
Das Zuhause ist der Ausgangspunkt für Gesundheit. Wer den Tag mit einer kurzen Bewegungseinheit, einem Glas Wasser oder gezielter Atmung beginnt, ist körperlich und geistig wacher. Routinen, die unkompliziert, von kurzer Dauer und regelmäßig sind – wie etwa fünf Minuten Planking oder eine kurze Mobilisationsübung – werden von Schwarzenberger empfohlen. Die Wiederholung ist entscheidend, nicht der Aufwand. Die Formel ist simpel: Das, was wir regelmäßig machen, wird zur Gewohnheit – genau wie das Zähneputzen. Um Mitarbeitende zur Eigenverantwortung zu motivieren, ist es wichtig, ihnen zu demonstrieren, wie leicht der Einstieg für sie ist.
Die größten Fehler im BGM – und wie man sie vermeidet
Zahlreiche Firmen machen immer wieder dieselben Fehler:
• Die Maßnahmen sind zu allgemein gehalten und passen nicht zur Zielgruppe
• Gesundheitsangebote sind nicht nachhaltig etabliert
• Führungspersonen sind nicht eingebunden oder wirken sogar schädlich
• Es mangelt an Kommunikation und Transparenz
• Erfolge werden weder gemessen noch gefeiert
Die Antwort: Lauschen, untersuchen, besser machen. Ein gutes BGM basiert auf Anpassung – an Personen, an Strukturen und an Veränderungen.
Gesundheit ist Bindung – oder eben der Anfang vom Ende
Mitarbeitende bleiben an Orten, an denen sie wahrgenommen, verstanden und gefördert werden. Arbeitgeber, die Gesundheit in ihrer Arbeitgebermarke ernsthaft berücksichtigen, werden belohnt: mit reduzierter Fluktuation, gesteigerter Produktivität und wahrer Loyalität. Die Rechnung ist einfach: Ein gesunder Mensch ist leistungsfähig – und motiviert. Firmen, die das nicht beachten, müssen doppelt zahlen. Und sie verlieren genau das, was sie eigentlich bewahren wollen: ihre besten Talente.
Kommunikation: Gesundheitsangebote müssen sichtbar und verständlich sein
An der Kommunikation scheitern viele gute Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Es gibt die Angebote, aber niemand kennt sie. Oder sie erscheinen derart komplex, dass sie keiner verwendet. Es braucht eine klare, regelmäßige und einfache Kommunikation. Optimal sind persönliche Ansprache, kurze Botschaften und eine sichtbare Vorbildfunktion des Führenden.
Ein Beispiel: Wenn die Führungskraft persönlich am Rückentraining teilnimmt, wird das Signal stärker sein als jede E-Mail. Gelebte Kommunikation ist Teil der Gesundheitskultur. Die Faustregel lautet: Jeder Monat sollte einen Gesundheitsimpuls enthalten. Ob durch Poster, Newsletter, kurze Clips oder persönliche Ansprache – sichtbar sein heißt, präsent zu bleiben.
Gesundheitsförderung als Teil der Arbeitgebermarke
Zahlreiche Firmen versuchen, sich extern als ansprechenden Arbeitgeber zu präsentieren. Aber entscheidend ist die Innenwirkung. Wer sich auf authentische Weise um die Gesundheit seiner Mitarbeitenden kümmert, hat nicht nur seltener mit Fluktuation zu kämpfen, sondern wird auch häufiger empfohlen. Heutzutage ist die Mitarbeitergesundheit in jeder EVP (Employer Value Proposition) zu berücksichtigen. Sie deutet an: „Wir nehmen uns der Sache an.“
Langfristige Auswirkungen sind quantifizierbar: reduzierte Abwesenheitszeiten, gesteigerte Produktivität und verbesserte Mitarbeiterbindung. Damit ist Gesundheitsmanagement kein Zusatz, sondern ein Element der Markenstrategie – sowohl intern als auch extern.
Schlusswort: Gesundheitsmanagement ist Führungssache – und Haltung
Im Podcast macht Dr. Daniel Schwarzenberger deutlich, dass Gesundheit nicht delegiert werden kann. Um Gesundheit im Unternehmen zu verankern, sind nicht nur Tools, Programme oder Workshops notwendig. Er benötigt Überzeugungskraft. Und Menschen, die täglich Gesundheit vorleben.
Denn am Ende ist festzuhalten: Gesundheitsförderung setzt nicht beim Mitarbeitenden an – sie hat ihren Ursprung im Unternehmen. Für diejenigen, die sie ernst nehmen, stellt Mitarbeiterbindung keinen herausfordernden Aspekt mehr dar. Sie ist vielmehr eine natürliche Folge gelebter Verantwortung.