Abbildung 1: Kompetenzen, die laut der analysierten Stellenanzeigen im SSC gefragt sind

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Foto von Nastuh Abootalebi

Abbildung 2: Anforderungsprofile für Frontoffice und Backoffice

„Shared Service Center in Osteuropa: Ende oder Fortführung der bisherigen Outsourcing-Aktivitäten?”.
Studie von Horváth und Partners, Ergebnisbericht 2012.

HR-Servicemanagement.
Von Wolfgang Appel und Werner Felisiak. Oldenbourg 2012.

Prozessoptimierung im Personalbereich.
Von Friedrich Geiselmann. Management & Karriere 2011.

Erfolgreiches Call-Center.
Von Markus Grutzeck. 2010 als e-book erschienen.

HR-Shared Services, -Outsourcing, -Service-Level-Agreements.
Von Bernd Hentschel. DATAKONTEXT 2008.

Demografischer Wandel in Deutschland.
Auswirkungen auf die Zahl der Erwerbspersonen. In: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Heft 4, Stuttgart 2009.

Quelle: personal manager 4/2012

1. Analyse der Bewerbungsunterlagen

Im ersten Schritt untersucht die HR-Abteilung die Fachkompetenzen der Kandidaten anhand von Lebensläufen und (falls vorhanden) Referenzen. Hierfür eignet sich der Einsatz einer standardisierten Checkliste, bei der maximal 100 Punkte vergeben werden (Webtipp). Mindestens 50 Punkte muss der Bewerber erreichen, um zum nächsten Auswahlschritt zugelassen zu werden.

2. Potenzialanalyse

Um zu messen, wie stark die Dimensionen der Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz bei dem jeweiligen Bewerber ausgeprägt sind, können Unternehmen eine standardisierte Potenzialanalyse heranziehen. Welches Verfahren sich eignet, hängt von den jeweiligen Zielsetzungen und Gegebenheiten in den Unternehmen ab.

3. Persönliches Interview

Das persönliche Interview soll anschließend Aufschluss darüber geben, inwieweit der Bewerber zu Team und Unternehmenskultur passt. Auch die individuellen Beweggründe für die Bewerbung sollten Gegenstand des persönlichen Gesprächs sein, das der Fachvorgesetzte und ein Vertreter der Personalabteilung mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens führen (Webtipp). Erneut kann der Bewerber eine Punktzahl zwischen eins und 100 erreichen.

Am Ende entscheidet der Punktestand der Bewerber. Es empfiehlt sich, Kandidaten erst ab einer Gesamtpunktzahl von 240 Punkten (= 80 Prozent) einzustellen.

Das Recruitingverfahren für HR-SharedService-Center gibt Unternehmen ein Instrument an die Hand, mit dessen Hilfe sie die Passgenauigkeit von Anforderungsprofil und Bewerbereigenschaften deutlich steigern können. Eine wichtige Voraussetzung dafür  ist, dass Arbeitgeber dieses Verfahren gründ lich einführen, um fehlerhafte Anwendungen  zu vermeiden. In diesen Prozess sollten Sie auch Ihre Personalvertretung mit einbeziehen. Ist der Recruitingprozess einmal implementiert, sollte er nicht blind weitergeführt werden. Denn im Lauf der Zeit ändern sich die Aufgabenbereiche einzelner Stellen sowie die damit verbundenen Anforderungen.

Daher lohnt es sich, die Auswahlverfahren in regelmäßigen Abständen auf ihre Gültigkeit zu überprüfen und anzupassen.

Die erhöhte Fluktuation in HR-Shared-Service-Centern konzentriert sich häufig auf die Second-Level-Mitarbeiter. Denn Bewerber für diesen Bereich haben häufig falsche Vorstellungen von dem Job, der sie erwartet. Sie erwarten eine verantwortungsvolle Tätigkeit in einem internen Steuerungsbereich. Doch nach der Einarbeitung merken sie, dass die Effizienzanforderungen sehr hoch sind. Sie sollen in derselben Zeit immer mehr Anfragen beantworten, um mit externen Dienstleistern konkurrieren zu können. Telefongespräche werden zu Qualitätszwecken vermehrt aufgezeichnet und ausgewertet. Die Bearbeitungszeit der Anfragen wird laufend gemessen – mit dem Ziel, diese zu optimieren. Viele Mitarbeiter geraten dadurch in emotionalen Stress. Um enttäuschten Erwartungen vorzubeugen, sollten HR-Manager bereits bei der Rekrutierung darauf achten, dass die Jobanforderungen mit dem Profil und den Erwartungen der Bewerber übereinstimmen.

Die im Rahmen der wissenschaftlichen Untersuchung erhobenen Daten dienten als Grundlage für die Erarbeitung von Anforderungsprofilen für HR-Shared-Service-Center-Mitarbeiter. Die Tätigkeiten und Aufgaben von Front- und Backoffice unterscheiden sich jedoch stark. Die Mitarbeiter des Frontoffice nehmen eingehende Anfragen und Wünsche der Mitarbeiter via Mail oder Telefon an. Sofern diese sofort zu beantworten sind (zum Beispiel bei Fragen zur Gehaltsabrechnung, Steuerklasse, Zeiterfassung) erfolgt dies sofort durch das Frontoffice. Die Erstellung eines Arbeitszeugnisses, Ausbildungsbescheinigungen oder Kindergeldbestätigungen beispielsweise gibt das Frontoffice zur weiteren Bearbeitung an das Backoffice weiter. Folglich haben die Backoffice-Mitarbeiter in der Regel keinen Kundenkontakt, während die Mitarbeiter im Frontoffice ausschließlich Wünsche direkt vom Kunden aufnehmen. Der nächste wichtige Schritt bei der Optimierung des Recrutingprozesses war daher, für Frontund Backoffice-Mitarbeiter je eigene Anforderungsprofile zu entwickeln (Abbildung 2, S. 32).

Um die Profile für das Auswahlverfahren handhabbar zu machen, wählte die Autorin 15 Anforderungsdimensionen aus und ordnete sie den vier klassischen Kompetenzen (Fach-, Sozial-, Methoden- und Persönlichkeitskompetenz) zu. Zwar sind die Dimensionen für die Mitarbeiter in Front- und im Backoffice gleich, allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen. Aufgrund der Kontaktintensität mit Kunden sind beispielsweise die sozialen Kompetenzen im Frontoffice wichtiger als im Backoffice. Die Anforderungen im Bereich Methodenkompetenz sind in beiden Bereichen wichtig, jedoch unterscheiden sich die Ausprägungen je Dimension erheblich (Abbildung 2). Bei der Persönlichkeitskompetenz fällt auf, dass beide Anforderungsprofile ine hohe Belastbarkeit beziehungsweise Stressresistenz ausweisen. Dies ist auf die bereits erwähnten hohen Leistungsziele aufgrund des Effizienzdrucks zurückzuführen.

Die erarbeiteten Anforderungsprofile definieren exakt die Erwartungen der Unternehmen an Mitarbeiter im HR-Shared-Service-Center. Das anschließende Marketing unterscheidet sich für HR-SSC nicht von Stellenausschreibungen für andere Bereiche. Es ist empfehlenswert, potenzielle Kandidaten über unterschiedliche Kanäle – zum Beispiel interne Ausschreibung, Online-Anzeigen und Social Media – anzusprechen. Im anschließenden Auswahlverfahren ist zu analysieren, inwieweit die Bewerber dieses Profil erfüllen. Da die Passgenauigkeit von Anforderungsprofil und Bewerbereigenschaften eine sehr wichtige Rolle für Leistung und Bindung der Mitarbeiter spielt, sind die Ansprüche an die eignungsdiagnostischen Verfahren zur Bewerberauswahl hoch. Es empfiehlt sich ein mehrstufiges Verfahren anzuwenden, in dem verschiedene Diagnoseinstrumente zum Einsatz kommen. Der im Folgenden dargestellte Prozess eignet sich für Front- und Backoffice-Mitarbeiter gleichermaßen, da die Recruiter in beiden Fällen identische Dimensionen messen.

Eine Checkliste für die Analyse von Bewerbungsunterlagen sowie einen Interviewbogen für das Vorstellungsgespräch finden Abonnenten unter www.personal-manager.at/hr-arbeitshilfen (Checklisten & Übersichten).

Hohe Effizienz- und Qualitätsanforderungen prägen die Arbeit in einem HR-SharedService-Center. Es gibt laufend Anpassungsbedarf – zum Beispiel aufgrund von technischen Neuerungen und gesetzlichen Änderungen – und die Arbeitszeiten sind nicht immer attraktiv. Die Jobs in den zentralen HR-Stellen, die teilweise für ganze Unternehmensgruppen Personaldienstleistungen anbieten, gehören bekanntermaßen nicht zu den beliebtesten. Das zeigen die hohen Fluktuationsquoten von teilweise 20 Prozent pro Jahr und die Schwierigkeiten vieler Personalabteilungen, offene Stellen wieder zu besetzen. So kommt eine aktuelle Studie der Managementberatung Horváth & Partners zu dem Schluss, dass die Fluktuation in SharedService-Centern in Osteuropa sich deutlich negativ auf die Performance auswirkt (Literaturtipp). Im Zuge des demografischen Wandels und der damit einhergehenden Verringerung der Erwerbstätigen in den nächsten 25 Jahren steht zu erwarten, dass sich diese Situation in der Zukunft noch verschärfen wird.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Mitarbeiterfluktuation in den HR-SSC bedenklich. Denn die Wiederbesetzungskosten sind hoch. Sie belaufen sich im Durchschnitt auf das Eineinhalbfache des Jahresgehalts, das ein Mitarbeiter in der zu besetzenden Position erzielt. Eine hohe Fluktuationsquote ist zudem ein Indiz für die Unzufriedenheit der Mitarbeiter, die sich auf Betriebsklima und Arbeitsleistungen auswirkt.

Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, geeignete Instrumente zu finden, die dazu beitragen, Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern in HR-Shared-Service-Centern zu verbessern.

HR-Shared-Service-Center konzentrieren ehemals dezentral durchgeführte, interne Personaldienstleistungen in einem organisatorischen Verantwortungsbereich.

Die Struktur ist üblicherweise dreiteilig:

  • First Level: Kleine administrative Aufgaben (zum Beispiel Änderung der Wohnanschrift) erledigen die Mitarbeiter via Self-Service selbstständig.
  • Second Level: Weitergehende Fragen und Wünsche (zum Beispiel Fragen zur Gehaltsabrechnung und die Erstellung einer Arbeitsbescheinigung oder eines Zeugnisses) nehmen Frontoffice-Mitarbeiter an und leiten sie gegebenenfalls an die Mitarbeiter im Backoffice weiter.
  • Third Level: Bei sehr speziellen Fragestellungen (zum Beispiel grenzüberschreitende Besteuerung) werden Spezialisten des Third Levels hinzugezogen.

Um den Recruitingprozess für Mitarbeiter sowohl im Front- als auch im Backoffice zu optimieren, ist es daher notwendig, aussagekräftige Anforderungsprofile zu erarbeiten. Dazu hat die Autorin in einem wissenschaftlichen Assignment im Rahmen des MBA Human Resource Management an der Hochschule Ludwigshafen acht Stellenausschreibungen für HR-SSC-Mitarbeiter unterschiedlicher Branchen stichprobenartig ausgewählt und analysiert. Zusätzlich interviewte sie drei HRExperten aus Service-Centern unterschiedlicher Größe. Eines betreut beispielsweise mit zwölf Mitarbeitern ein Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche, das rund 500 Mitarbeiter beschäftigt, ein anderes ist für rund 400.000 Beschäftigte in einem Konzern der Technologiebranche zuständig. In diesem Center arbeiten circa 500 Mitarbeiter.

Die Auswertung der Stellenanzeigen und der Interviews ergab bezogen auf die gesuchten Fachkompetenzen, dass die Unternehmen besonders häufig nach Mitarbeitern mit einer kaufmännischen Berufsausbildung suchen. Ebenfalls gefragt sind Fremdsprachenkenntnisse und personalwirtschaftliches Wissen. Im Bereich der Methodenkompetenz punkten Bewerber für HR-Shared-Services vor allem mit EDV-Kenntnissen, gefolgt von speziellen IT-Kenntnissen im SAP-Umfeld. Wichtig für die Arbeit im Shared-Service-Center ist aus Sicht der Unternehmen generell, Spaß am Umgang mit IT zu haben. Bei den Persönlichkeitskompetenzen sind vor allem Eigeninitiative und Engagement sowie Sorgfalt, Genauigkeit und Belastbarkeit gewünscht. Lösungsorientierte Kommunikationsfähigkeiten, Teamfähigkeit und Kundenorientierung sind die drei am häufigsten genannten Anforderungen im Bereich der Sozialkompetenz (Abbildung 1).