Ist die erste Hürde genommen und ein deutsches Unternehmen stellt die lange gesuchte ausländische Fachkraft in Deutschland ein, sehen sich Personaler und Firmeninhaber vor rechtliche Herausforderungen gestellt, die ihresgleichen suchen. Dieser Fachbeitrag widmet  sich insbesondere den steuerrechtlichen Aspekten beim Arbeitsverhältnis von ausländischen Angestellten.Nebenbei erfahren Sie auch noch, welchen Einfluss das Wetter auf die Besteuerung haben kann.

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Foto von Saulo Mohana

Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland erfordert nicht zwangsläufig, dass diese Personen bei einem inländischen Arbeitgeber angestellt werden. Eine steuerlich relevante Beschäftigung ist auch dann gegeben, wenn ein ausländischer Arbeitgeber, sei es ein verbundenes Unternehmen, sei es ein Lieferant, Arbeitnehmer in das Inland entsendet und diese hierzulande tätig wird. Das aufnehmende Unternehmen beziehungsweise der Empfänger von Leistungen kann dann als fiktiver Arbeitgeber in die Rolle des Steuereintreibers gedrängt werden. Arbeitgeberpflichten entstehen somit auch ohne direktes Vertragsverhältnis zum „Arbeitnehmer“. Dieser wiederum wird steuerlich je nach der steuerlichen Behandlung seines zivilrechtlichen Arbeitgebers entweder als in Deutschland steuerpflichtig oder auch nicht steuerpflichtig behandelt – wobei er darauf nicht den geringsten Einfluss hat.

Wenn schließlich sogar das Wetter noch eine Rolle dabei spielt, ob ein Projekt früher oder später fertig wird, und davon die Besteuerung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland abhängig ist, dann sollte eines klar sein: Die Personalabteilung muss bei Tätigkeiten ausländischer Personen im Unternehmen in weit breiterem Rahmen in das Geschehen eingebunden sein als bei „herkömmlichen“ Personalprojekten.

Um etwas Übersicht in die Fragen zu bringen, beschreiben wir in drei Fachbeiträgen zunächst zwei Fallgruppen:

Fall A: Ein Arbeitsverhältnis mit einem inländischen Arbeitgeber existiert nicht und in der Folge gehen die Arbeitgeberpflichten auf den Ort der Tätigkeit über.

Fall B: Es liegt ein inländisches Arbeitsverhältnis vor. Damit stellen sich Fragen zur Steuerklasse, Ansässigkeit, Besonderheiten im deutschen Einkommenssteuergesetz (EStG) für beschränkt Steuerpflichtige, Regelungen innerhalb eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA).

Schließlich gehen wir noch auf Steuerfragen außerhalb der Einkommensbesteuerung ein. Denn jeder, der in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, unterliegt der deutschen Erbschafts- und Schenkungsteuer. Diese Steuer ist wiederum abhängig vom Zivilstand und vom Güterstand, der bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften eine hohe Bedeutung bei der Entstehung und Vermeidung von Steuern hat.

Fall A: Es liegt gar kein zivilrechtliches Arbeitsverhältnis vor

Weshalb wird diese Frage überhaupt behandelt, wenn es doch hier um Impatriates gehen soll, also die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland? Sie stellt sich deshalb, weil das deutsche Steuerrecht den Übergang von Arbeitgeberpflichten vorsieht, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit einem ausländischen Arbeitgeber besteht, der Arbeitnehmer jedoch zumindest partiell in Deutschland eingesetzt wird. Dies wäre der typische Fall einer Entsendung. Doch wer ist in diesem Fall Arbeitgeber und wer Arbeitnehmer?

Man sollte denken, dass sich diese Frage einfach beantwortet. Was zivilrechtlich als Arbeitsvertrag (§ 611 ff. BGB) gilt, muss im Sinne des Sozialversicherungsrechts allerdings lange nicht als abhängiges Beschäftigungsverhältnis gelten. So wird beispielsweise ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH hinsichtlich der Sozialversicherung wie Unternehmer behandelt, obwohl zivil- als auch steuerrechtlich zweifelsfrei ein Arbeitnehmerverhältnis vorliegt.

Steuerrecht, Zivilrecht und Sozialversicherungsrecht beachten

Das Steuerrecht wiederum definiert den Arbeitnehmerbegriff in anderen Konstellationen völlig unabhängig vom Zivilrecht. Der Arbeitnehmerbegriff wird im Steuerrecht über die Zuordnung zur Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit“ im Sinne des Paragrafen 19 EStG definiert. Allerdings kennt das Steuerrecht sieben Einkunftsarten, die zueinander in Über- und Unterordnungs-verhältnissen stehen (so genannte Subsidiarität). So kommt es, dass ein auch nur gering beteiligter Kommanditist, der bei der KG angestellt ist, steuerrechtlich kein Arbeitnehmer, sondern Mitunternehmer ist. Zivil- und sozialversicherungsrechtlich handelt es sich jedoch um einen Arbeitnehmer Dennoch ist keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Der Grund: Die Lohnbezüge unterliegen einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung der Einkommens- und Gewerbesteuer.

Seminar_Einsatz_AuslandsmitarbeiterSeminar am 18. September 2014

Einsatz ausländischer Mitarbeiter in Deutschland

Schwerpunkte des Praxistages:

- Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungsrecht
- Sozialversicherungsrecht
- Steuerrecht
- Integration

Während in den genannten Fällen immerhin ein mündlicher oder schriftlicher Vertrag zwischen den Beteiligten besteht, dehnt das Steuerrecht zur Sicherung der Fiskalansprüche die Arbeitgeberpflichten auch auf die Empfänger von Nutzungen aus, die mit dem Beschäftigten gar kein Vertragsverhältnis haben, wohl aber mit dessen Dienstherrn. Eine solche Fiktion der Arbeitgeberstellung enthält § 38 Abs. 1 S. 2 EStG.

Kurzerhand wird zum Arbeitgeber erklärt, wer in Fällen von Arbeitnehmer-Entsendung eines ausländischen Arbeitgebers an ein inländisches Unternehmen den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit „wirtschaftlich trägt“. Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt. Der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn – und zwar grundsätzlich dann, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen erbracht werden; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Dritte verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes (AktG) sind. Dass in diesen Fällen neben der Frage der Lohnsteuer eine unerkannte Lohnsteuer-Betriebsstätte und außerdem je nach Sachlage auch eine ertragsteuerliche Betriebsstätte des ausländischen Unternehmens entsteht, macht die Sache noch spannender. Dazu später mehr.

Lohnsteuerpflicht ohne Arbeitsvertrag und ohne inländischen Wohnsitz?

Es ist somit nicht erforderlich, überhaupt ein Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten zu haben, trotzdem entstehen rein steuerrechtlich Arbeitgeberpflichten, wenn Arbeitnehmer aus dem Ausland in Deutschland eingesetzt werden. Solange der „Arbeitnehmer“ in Deutschland einen Wohnsitz (§8 AO), oder gewöhnlichen Aufenthalt (§9 der Abgabenordnung (AO)) hat, ist er über § 1 EStG ohnehin unbeschränkt steuerpflichtig.

Wer dagegen in Deutschland keine Bleibe hat, hier aber Arbeitseinkommen bezieht, wird mit diesem Teil des Einkommens in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Paragraf 49 (1) Nr. 4 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) in die Steuerpflicht ein, wenn die Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Also auch hier wird wieder der wirtschaftliche Zusammenhang gesucht und Einkommen als inländischer, dem Lohnsteuerabzug unterliegender Bezug besteuert, wenn eine Verwertung der Arbeitsleistung in Deutschland erfolgt (§34 d EStG). Der Ort der Arbeitsausübung ist gegenüber dem Ort der Verwertung vorranging. Wird die Arbeit im Inland ausgeübt, aber im Ausland verwertet, so liegen keine ausländischen, sondern inländische Einkünfte vor.

Der beschränkten Steuerpflicht unterliegen alle Einkünfte, die durch § 19 EStG erfasst werden. Von einem Dritten gezahlte Vergütungen sind einzubeziehen, wenn sie für die Beschäftigung gewährt werden und daher als Frucht der Dienstleistung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber betrachtet werden können. Dazu gehören auch Vergütungen für Arbeitnehmer-Erfindungen. Durch die Vergütung wird zwar nicht die geleistete Arbeit des Arbeitnehmers honoriert, sondern das Recht des Arbeitgebers abgegolten, die Erfindung für sich in Anspruch zu nehmen.

Nun könnte man sich fragen, was das inhaltlich zu bedeuten hat, wenn der „Arbeitnehmer“ in Deutschland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hat und er seinen Arbeitslohn im Ausland von seinem dortigen Arbeitgeber auf ein Konto im Heimatland erhält. Wenn überdies mit dem Land ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht, wonach der Ansässigkeitsstaat das volle Besteuerungsrecht behält und wenn sich der Arbeitnehmer in Deutschland nicht an mehr als 183 Tagen aufhält, dann sollte doch alles klar sein, oder doch nicht?

Ein Beispiel zur Veranschaulichung:

Ein Ingenieur aus Taiwan wird von seinem lokalen Arbeitgeber zu einem deutschen Automobilbauer entsandt, um im Rahmen der Entwicklung eines Nachfolgemodells das von ihm erfundene neue Bremssystem einzubringen. Diese Entwicklung wurde vom Taiwanesischen Unternehmen an sein Mutterhaus in Japan übertragen. Von dort erhält der Ingenieur regelmäßig eine Arbeitnehmererfinder-Vergütung. Für den Einsatz des Ingenieurs schreibt das Unternehmen in Taiwan eine Rechnung an das deutsche Unternehmen.

Die Lösung: Der Ort der Arbeitsausübung ist in Deutschland. Der Ingenieur hat weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und ist somit hier beschränkt steuerpflichtig mit seinen anteiligen Bezügen aus Taiwan und der Erfindervergütung aus Japan. Er hat keinen inländischen Arbeitgeber. Da das deutsche Unternehmen den Arbeitslohn wirtschaftlich trägt, wird es im Sinne des Steuerrechts zum Arbeitgeber des Ingenieurs erklärt und hat entsprechende Arbeitgeberpflichten zu erfüllen.

Weitere steuerrechtliche Stolpersteine

Wer rechnet schon damit, dass allein aus der Art der Tätigkeit, die der ausländische Mitarbeiter in Deutschland ausübt oder aus den ihm erteilten Vollmachten beziehungsweise aufgrund der Dauer von Projekten, in denen er eingesetzt ist, steuerliche Pflichten des deutschen aufnehmenden Unternehmens entstehen. Die Rede ist von ungewollten steuerlichen Betriebsstätten im Sinne des Art. 5 OECD-Musterabkommen beziehungsweise aus den bilateralen Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (DBA). Ganz vorne auf der Liste stehen die

  • ungewollte Vertreter-Betriebsstätte
  • ungewollte Bau- und Montage-Betriebsstätte

Ein Beispiel:

Ein deutsches Unternehmen bestellt in Italien eine Presse, es handelt sich um eine Spezialanfertigung. Der Lieferant plant die Maschine, baut und installiert sie am Ende in Deutschland. Vom Beginn der Planung bis zur Abnahme vergehen mehr als 12 Monate. Dieses Projekt qualifiziert als Bau – und Montagebetriebsstätte mit der Folge, dass derer Lieferant sein Projektergebnis in Deutschland versteuern muss.

In anderen DBA sind auch weit kürzere Fristen als die besagten 12 Monate vereinbart. Jeder Arbeitnehmer des italienischen Lieferanten wird nun, da er im Rahmen einer Bau- und Montagebetriebsstätte seines Arbeitgebers tätig ist, mit den in Deutschland geleisteten Arbeitstagen steuerpflichtig – und sei es nur für einen Tag. Das inländische Unternehmen hat insoweit jedoch keine Arbeitgeberpflichten zu erfüllen und muss damit keine Lohnsteuer berechnen und abführen. Die Steuer ist vom Arbeitnehmer selbst zu deklarieren.

Lohnsteuer bei beschränkt steuerpflichtigen Personen

Der reguläre Lohnsteuer-Abzug nach § 38 EStG setzt voraus, dass ein inländischer Arbeitgeber oder ein ausländischer Verleiher von Arbeitnehmern an einen Arbeitnehmer Arbeitslohn zahlt. Richtig „heiß“ sind damit Leiharbeiter, die man von einem ausländischen Verleiher bezieht. Ebenfalls vom Lohnsteuer-Abzug erfasst, sind die Fälle von Arbeitnehmer-Entsendung vom Ausland in das Inland. Alle anderen Fälle beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer unterliegen nicht dem Lohnsteuer-Abzug, sondern werden im Wege der Steuerveranlagung/Erklärung besteuert.

Für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer werden keine ELStAM-Daten bereitgestellt (ELStAM bedeutet elektronische Lohnsteuerabzugs-Merkmale). Damit der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug durchführen kann, erteilt das Betriebsstätten-Finanzamt eine besondere Bescheinigung über die Steuerklasse und die ggf. beim Abzug des Solidaritätszuschlags zu berücksichtigenden Freibeträge für Kinder sowie über Freibeträge oder Hinzurechnungsbeträge. Solange eine Bescheinigung nicht vorliegt, ist § 39d EStG nach Steuerklasse I abzurechnen (§ 39d EStG). Soweit eine Arbeitgeberstellung nach § 38 EStG angenommen wird (auch fiktiv), hat dieser auch die Aufzeichnungspflichten nach § 41 EStG zu erfüllen.

Beschränkt Steuerpflichtige stellen sich unter Umständen schlechter als unbeschränkt Steuerpflichtige. Das liegt daran, dass keine Zusammenveranlagung erfolgen kann, Werbungskosten nur eingeschränkt abziehbar sind und auch andere Freibeträge nicht im gleichen Maße zur Verfügung stehen. EU-Angehörige und Bürger aus EWR-Staaten werden über § 1a EStG zwar noch etwas besser behandelt als Angehörige von Drittstaaten, Sie können Zusammenveranlagung wählen und dürfen einige Ausgaben steuerlich geltend machen.

Wer aber den wesentlichen Teil seiner Einkünfte, gefordert sind 90 Prozent, in Deutschland verdient oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nicht übersteigen, der kann auf Antrag so behandelt werden, als sei er unbeschränkt steuerpflichtig. § 1 (3) EStG).

Ein weiterer wichtiger Unterfall beschränkter Arbeitnehmer-Besteuerung nach § 49 EStG sind die Vergütungen der Vorstände, Geschäftsführer und Prokuristen von ausländischen Gesellschaften. Deren anteiliges Gehalt wird in Deutschland steuerpflichtig, wenn und soweit sie im Inland tätig sind. Denn ein Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied übt seine Tätigkeit regelmäßig dort aus, wo er sich tatsächlich aufhält. Das gilt auch für die Tätigkeit auf einer Geschäftsreise. In einigen DBA steht das Besteuerungsrecht für diese Fälle trotz Ausübung im Ausland dem Land zu, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Es bleibt dann trotzdem bei der grundsätzlichen Steuerpflicht in Deutschland, allerdings darf Deutschland die Steuer nicht erheben. Dies ist im Einzelfall anhand der DBA zu prüfen.

Soweit Deutschland aufgrund eines DBA auf die ggf. anteilige Besteuerung verzichten muss, verlangt der Fiskus einen Nachweis darüber, dass das entsprechende Einkommen im Ausland auch besteuert wurde. § 50d Abs. 8 und 9 EStG. Wird der Nachweis nicht geführt, dann besteuert Deutschland trotz DBA. Diese lange umstrittene Handhabung ist zwischenzeitlich durch den Europäischen Gerichtshof (EUGH) abgesegnet.

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Der Autor:

Jürgen Bächle ist Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht bei der Steuerberatungsgesellschaft artax.

Kontakt:  +49 07741 9290-0, E-Mail: juergen.baechle@artax.com

Quelle: www.expat-news.com

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