Erweiterung des Massen“-Entlassungsbegriffs“ um Benachteiligungen auszuschließen

Eine Entlassung im Sinne des § 17 Abs. 1 KSchG, welche innerhalb eines 30-Tages-Zeitraums erfolgen muss, ist grundsätzlich mit der Kündigungserklärung des Arbeitgebers gleichzusetzen. Müssen jedoch für von der Massenentlassung betroffene Arbeitnehmer, für die Sonderkündigungsschutz gilt, noch behördliche Zustimmungsverfahren durchgeführt werden, gilt in diesen Fällen der 30-Tages-Zeitraum auch dann als gewahrt, wenn (nur) die Antragstellung auf Zustimmung zu der Kündigung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt. Ansonsten könnten sich die besonders geschützten Mitarbeiter (weil sie nicht zum Kreis der innerhalb von 30 Kalendertagen entlassenen Arbeitnehmer gehören würden) beispielsweise nicht darauf berufen, dass die Kündigungen nach § 17 KSchG wegen nicht ordnungsgemäßer Konsultation des Betriebsrates unwirksam sind.
BAG 26.01.2017 – 6 AZR 442/16

Betriebsübergang lässt dynamische Wirkung von Tarifverträgen entfallen

Nach einem Betriebsübergang hat die dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag keinen dynamischen Charakter mehr. Es gelten stattdessen die in Art. 3 Abs. 3 der Betriebsübergangsrichtlinie festgelegten zeitlichen Grenzen. Nicht relevant ist, ob der Betriebsveräußerer normativ an den Tarifvertrag gebunden war oder allein wegen einer entsprechenden Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag.
EuGH Schlussanträge 19.01.2017 – C-680/15 und C-681/15 „Asklepios“

Auch Korrektur eines zu positiven Zeugnisses kann verlangt werden

Soweit dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt wurde, für einen Zeugnistext einen Vorschlag zu unterbreiten, von dem der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf, besteht für den Arbeitnehmer ein Berichtigungsanspruch, wenn der Arbeitgeber Steigerungen dieses Zeugnistextes „nach oben“ vornimmt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gesamteindruck des Zeugnisses ironisch wirkt.
LAG Hamm 14.11.2016 – 12 Ta 475/16

Kündigung aus wichtigem Grund bei beharrlichem Überschreiten der zulässigen Minusstunden

Überschreitet ein ordentlich nicht mehr kündbarer Arbeitnehmer wiederholt die zulässige Zahl von Minusstunden, kann der Ausspruch einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere Vertragsverstöße des Mitarbeiters vorliegen und Abmahnungen existieren, mit denen die Verstöße gegen die Arbeitszeitbestimmungen gerügt wurden.
LAG Hamburg 02.11.2016 – 5 Sa 19/16

Anforderungen an Heilung des unvollständigen Unterrichtungsschreibens durch Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a BGB

Entspricht das Unterrichtungsschreiben über einen Betriebsübergang nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB wird die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierte Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt. Ist der Arbeitnehmer jedoch bereits fast 9 Jahre für den Betriebsübernehmer tätig, kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts in Betracht. Das Zeitmoment ist insoweit in so schwerwiegender Weise verwirklicht, dass an das Umstandsmoment weniger hohe Anforderungen gestellt werden können. Insoweit ist es ausreichend, wenn der Arbeitnehmer einer Versetzung durch den Übernehmer nachkommt und deswegen sogar einen Umzug in Kauf nimmt.
LAG Hamburg 07.10.2016 – 6 Sa 21/16

Form der Unterrichtung nach § 17 Abs. 2 KSchG bei Massenentlassungsanzeigen

Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat über die Absicht anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, auch in Textform (§ 126b BGB) unterrichten.
BAG 22.09.2016 – 2 AZR 276/16

selective focus photography of people sitting on chairs while writing on notebooks
Foto von The Climate Reality Project