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Wie werden Arbeitgeber attraktiv, um die passenden passiven KandidatInnen anzuziehen? Welche Rolle spielen dabei Testimonials und Employee Branding? Was hat es mit Challenges und Giveaways auf sich? Wie wichtig sind Videos und Textinhalte? Wieso sollte sich HR mehr einmischen? Über diese und weitere Themen spricht Alexander Petsch, CEO des HRM Institute, in der heutigen HRM Hacks Folge mit dem Recruiting- und Employer Branding-Experten Dominik Becker, Co-Founder von mana HR.

Menschen vertrauen Menschen: Testimonials auf der Karriereseite

Der erste Hack, den Dominik Becker für Unternehmen mitgebracht hat, die das Ziel haben, zum Magneten zu werden und BewerberInnen von sich zu begeistern, bezieht sich auf das Thema Testimonials von Mitarbeitenden. Er verwendet dabei den Vergleich zu Amazon. Auch wenn wir als KundInnen wissen, dass nicht alle Amazon-Bewertungen hundertprozentig authentisch sind und dass manche davon gekauft sind, lassen wir uns trotzdem davon beeinflussen. Dies zeigt: „Menschen vertrauen Menschen mehr als Marken“. Das gleiche Phänomen gilt auch für Karriereseiten. Doch hier werden Bewertungen und Testimonials laut Dominik Becker noch viel zu selten genutzt. Dabei ist es durchaus einfach, Bilder von Mitarbeitenden aus verschiedenen Abteilungen auf der Karriereseite zu veröffentlichen, zusammen mit den Antworten auf Fragen wie: Warum finden sie den Arbeitgeber spannend? Was begeistert sie in ihrer täglichen Arbeit? Was waren ihre Lieblingsmomente im Unternehmen im vergangenen Jahr?

Dem Format sind keine Grenzen gesetzt und RecruiterInnen dürfen in diesem Zusammenhang auch ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die Testimonials müssen nicht unbedingt aus Bild und Text bestehen, sondern sie können auch im Audio- oder Videoformat verfasst werden. Idealerweise ist bei den Testimonials jeder einzelne Fachbereich des Unternehmens vertreten, sodass die BewerberInnen diesen persönlichen ersten Kontaktpunkt zum potenziellen Arbeitgeber erhalten und das Gefühl haben, dass die vorgestellten Personen die zukünftigen KollegInnen sein könnten.

Durch Employee Branding Mitarbeitende für das eigene Recruiting einsetzen

Zusätzlich zu den Testimonials spricht sich Dominik Becker dafür aus, MitarbeiterInnen generell mehr in das Recruiting miteinzubeziehen. Im Rahmen von Employee Branding kann man die Mitarbeitenden darum bitten, Stellenausschreibungen des Unternehmens über ihre eigenen Kanäle zu teilen und KandidatInnen aus ihrem Netzwerk für die zu besetzenden Positionen vorzuschlagen. Wenn verschiedene KollegInnen die Stellen teilen, erhöht sich die Reichweite unheimlich schnell. Zudem hat man hiermit Brand Advocates, die für die Arbeitgebermarke stehen. Auch hier gilt das Prinzip „Menschen vertrauen Menschen“: Wenn jemand aus dem eigenen Netzwerk eine Stelle empfiehlt, geht man davon aus, dass die Position und das Unternehmen attraktiv sein müssen.

Um die MitarbeiterInnen dazu zu animieren, die Stellenausschreibungen auf ihren Social Media-Kanälen zu teilen, können sich Arbeitergeber kreative Challenges überlegen, wie beispielsweise die Ice Bucket Challenge, die vor einigen Jahren populär war. Dabei können weitere KollegInnen getaggt und nominiert werden. Die MiarbeiterInnen haben Spaß, die Posts wirken authentisch und die Reichweite erhöht sich automatisch.

Dominik Becker ist zwar kein Fan von übermäßiger Gamification, doch er ist der Meinung, das Challenges, Leaderboards und Giveaways im Employee Branding Wunder bewirken können. Menschen sind von Grund auf neugierig und wissbegierig und freuen sich, wenn sie kleine Aufgaben und Gedankenspiele lösen können. Mit einem solchen spannenden Hook können die passiven KandidatInnen angezogen und auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werden. Dabei dient auch der Bereich Product Marketing als Inspiration. Diejenigen, die die Challenges konzipieren, können sich außerdem überlegen, was sie persönlich auf Social Media beim Scrollen ansprechend finden, um dies in die unternehmenseigenen Aktionen zu implementieren.

Auch auf Messen und Veranstaltungen empfiehlt es sich, die MitarbeiterInnen aus den Fachbereichen einzubinden und das Unternehmen nicht nur durch die HR-Abteilung vertreten zu lassen. Zudem wirken sich laut Dominik Becker Incentives wie Extra-Urlaub positiv auf Kandidaten- und Mitarbeiter-Empfehlungen aus.

Done is better than perfect – Videoformate nutzen

Ein weiterer Hack für Arbeitgeber, die passende KandidatInnen finden möchten, ist das Videoformat, das Unternehmen noch nicht intensiv genug einsetzen. Dabei ist es statistisch bewiesen, dass Webseiten, die Video-Elemente enthalten, eine viel höhere Verweildauer haben. Doch viele Personalverantwortliche denken, dass Videos im „Hollywood-Hochglanzformat“ gedreht werden sollen und das hierfür eine externe Agentur beauftragt werden muss. Dominik Becker widerspricht aber diesem weitverbreiteten Mythos. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass man mit dem eigenen Smartphone, einem Stativ und einem Mikrofon oder Headset bereits bestens ausgerüstet ist. Wichtig sind noch die Lichtverhältnisse, denn es sollte darauf geachtet werden, dass die abgebildete Person nicht gegen die Sonne gefilmt wird und dass sie im Bild gut zu sehen ist. Das Video sollte zudem kurz und knackig sein und eine Länge von einer Minute bis maximal drei Minuten nicht überschreiten.

In diesem Zusammenhang gilt „done is better than perfect“. Das Video soll nicht zu aufgesetzt und perfekt wirken, sondern authentisch und persönlich. Denn man möchte damit keine inszenierte Fake-Welt aufbauen, die nicht der Realität entspricht und die dazu führt, dass die KandidatInnen im Bewerbungsgespräch eklatante Unterschiede zwischen dem Video und dem tatsächlichen Unternehmen bemerken.

Das Videoformat eignet sich auch bestens für Mitarbeiter-Testimonials. Dabei ist es wichtig, dass die VertreterInnen aus den Fachbereichen einfach authentisch erzählen, wer sie sind, was sie im Unternehmen machen und wieso sie ihre Stelle interessant finden. Inhaltlich sollte natürlich nicht die Stellenanzeige vorgelesen werden, sondern am besten aus dem Arbeitsalltag frei berichtet werden. Bei der Auswahl der MitarbeiterInnen für solche Recruiting-Videos muss allerdings auch darauf geachtet werden, dass diese selber Lust auf den Dreh haben und nicht gezwungen werden. Wenn sie nämlich nicht motiviert und enthusiastisch sind und sich womöglich unwohl fühlen, kommt diese Stimmung im Video entsprechend rüber und das Endprodukt wirkt nicht überzeugend.

Inhalte, Texte und Infos immer auf die Zielgruppe anpassen

Für die Inhalte und Texte der Recruiting-Maßnahmen empfiehlt Dominik Becker dringend, diese auf die gesuchte Zielgruppe anzupassen. Als Beispiel hierfür nennt er die Suche nach MitarbeiterInnen für den Controlling-Bereich. Oft sind diese KandidatInnen sehr zahlen-, daten- und faktenaffin und wollen Informationen zur Unternehmensgröße, zum Umsatzwachstum und zu den Mitarbeiterentwicklungen erhalten. Sucht ein Unternehmen hingegen MitarbeiterInnen für die Marketing-Abteilung, muss beachtet werden, dass diese BewerberInnen zwar ebenfalls zahlenaffin, aber auch sehr kreativ sind. Sie möchten Informationen haben, die ihre Neugierde wecken und zum Nachdenken anregen. Besonders bei den Text-Stellenanzeigen ist es ausgesprochen wichtig, dass sie so auf die Zielgruppe abgestimmt sind, dass sich die passenden BewerberInnen bestmöglich angesprochen und abgeholt fühlen.

One size fits all funktioniert bei den Inhalten und Texten also nicht, denn unterschiedliche Zielgruppen schätzen unterschiedliche Benefits. Während ITler beispielsweise eine Homeoffice-Option voraussetzen, würde diese für Elektroniker in der Produktion nicht funktionieren. Auch die Altersgruppen spielen eine bedeutende Rolle. KandidatInnen, die kurz vor der Rente stehen, werden sich womöglich weniger für Karrierepfade interessieren, während junge BewerberInnen den Fokus auf Entwicklungs- und Weiterbildungsmaßnahmen legen. Die Inhalte müssen also stets individuell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Zielgruppen konfiguriert werden.

HR, mische dich ein!

Einen Appell hat Dominik Becker zum Schluss noch an alle PersonalerInnen: Mischt euch mehr ein! Die HR-Abteilung sollte nämlich in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen dafür sorgen, dass in allen Recruiting-Maßnahmen Authentizität und die Unternehmenskultur ihren Platz finden. Wenn ein Unternehmen beispielsweise nicht global ausgerichtet ist, sollten in der Arbeitgebervorstellung auch keine Themen wie Diversity und internationale Arbeitsatmosphäre kommuniziert werden. Während die einzelnen Abteilungen mit den fachlichen Kompetenzen und Anforderungen vertraut sind, befinden sich in der Personalabteilung die ExpertInnen für das Thema Recruiting. Diese müssen also dafür sorgen, dass die Stellenausschreibungen und die Vorstellung der Arbeitgebermarke richtig umgesetzt werden. Dieses Spannungsfeld und das Zusammenspiel zwischen HR und den Fachbereichen wird sich in Zukunft sicherlich stark weiterentwickeln.  

Zur Person: Dominik Becker ist Co-Founder der Recruitingsoftware mana HR, die es Unternehmen ermöglicht, sich einen Wettbewerbsvorteil im hart umkämpften Bewerbermarkt zu verschaffen und die besten KandidatInnen für sich zu begeistern. Neben Bewerbermanagement, Stellenanzeigen und Talent Pool bietet mana HR auch Lösungen für das Employer Branding und Social Media Recruiting. Zudem ist Dominik Becker Co-Host des Podcasts Connecting HR and Talent. In seiner Zeit als Recruiter in der Personalberatung hat er über 6 Jahre IT-Fachkräfte und Unternehmen zusammengebracht, tiefe Kenntnisse im Recruiting erlangt und seine Passion für Human Resources entdeckt. Recruiting ist genau seine Welt und er nutzt diese langjährige Leidenschaft, um Unternehmen mit Softwarelösungen im Kampf gegen den Fachkräftemangel zu unterstützen und ein nachhaltiges Recruiting aufzubauen.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: Passive Kandidaten finden & anziehen mit Dominik Becker (hrm.de)

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast Dominik Becker: Dominik_manaHR – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by „Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband“ https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

Und wenn Ihr mal wieder auf der Suche nach Wein/Sekt für Euren nächsten HR-Event seid, dann wäre doch der: HR² Wein passend https://wein.hrm.de/

Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.

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