Die strategische Personalplanung ist ein Vorhersageprozess, der basierend auf Kennzahlen und statistischen Daten Aussagen über den zukünftigen – strategisch relevanten – Personalbedarf zulässt. Sie beschäftigt sich nicht mit der operativen Personalplanung, die akute Stellenbesetzungen im Blick hat, sondern geht der Frage nach, welche Qualifikationen das Unternehmen benötigt, um die Unternehmensziele in drei, fünf oder zehn Jahren zu erreichen.

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Foto von You X Ventures

Diese langfristige Perspektive gewinnt für Unternehmen an Bedeutung. Denn der demografische Wandel und das damit verbundene „Altern“ der Belegschaften inklusive drohender Pensionierungswellen der Babyboomer bringen für viele Unternehmen Probleme mit sich, die teilweise erst in einigen Jahren virulent werden. Hinzu kommt der steigende Bedarf an Spezialwissen in vielen Bereichen bei einem gleichzeitigen Mangel an entsprechenden Fachkräften und Spezialisten.

Viele Unternehmen stehen noch am Anfang

Trotz dieser Szenarien hat die strategische Personalplanung in vielen Unternehmen noch keinen Platz – wenngleich die Angaben zur Verbreitung unterschiedlich ausfallen. In einer Befragung der Zeitschrift personal manager und des ÖPWZ unter 177 österreichischen HR-Verantwortlichen und Führungskräften vom Mai 2014 gaben 44 Prozent der Teilnehmer an, dass ihr Unternehmen nicht über eine strategische Personalplanung verfüge, die den quantitativen und qualitativen Personalbedarf der nächsten Jahre analysiere. Demnach würde nur etwas mehr als jedes zweite Unternehmen strategische Personalplanung betreiben. Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers und der Universität St. Gallen praktizieren 80 Prozent der 113 befragten Unternehmen aus der DACH-Region strategische Personalplanung. Allerdings räumen die Studienautoren ein, dass hauptsächlich Firmen an der Studie teilgenommen hätten, die sich mit diesem Thema – zum Teil sehr intensiv – befassten. Die meisten Unternehmen seien in diesem Feld allerdings erst seit wenigen Jahren aktiv. Nur 20 Prozent der von PwC befragten Unternehmen beschäftigen sich seit mehr als fünf Jahren mit strategischer Personalplanung. Das Thema ist offensichtlich noch jung und viele Organisationen sind aktuell damit beschäftigt, die erforderlichen Prozesse und Instrumente zu entwickeln und zu optimieren.

Dabei haben sie häufig mit typischen Schwierigkeiten zu kämpfen, die PwC in seiner Studie erhoben hat – allen voran mangelnde Datenqualität, undefinierte Methoden und Geschäftsprozesse, unzureichende Expertise und fehlende Unterstützung durch das Management. Doch auch die unklare Zuweisung von Verantwortlichkeiten und ein schwammiger Businesscase können zu Problemen führen – ebenso wie der Mangel an Tools und Technologien, die den Prognoseprozess unterstützen.

Unternehmen binden nicht alle Stakeholder ein

Schwierigkeiten können aber auch auftreten, wenn Unternehmen bei der Entwicklung eines Systems nicht alle relevanten Beteiligten einbeziehen. Auf diesen Zusammenhang weist eine deutsche Studie des Personaldienstleisters Hays und des Beratungsunternehmens PAC aus dem Jahr 2014 hin. Sie fand heraus, dass mehr als 80 Prozent der Personalleiter die Fachbereiche nicht in die Entwicklung einer strategischen Personalplanung einbinden, sondern Letztere nur im Dialog mit der Unternehmensleitung aufbauen. Umgekehrt werde jede dritte Personalstrategie fachbereichsintern ohne Abstimmung mit der zentralen HR-Einheit entwickelt, obwohl es eine offizielle Personalstrategie oder -planung gebe. Der Einkauf, der bei der Gewinnung externer Kräfte und der Zusammenarbeit mit Personaldienstleistern eine wichtige Rolle spiele, sei von der strategischen Personalplanung üblicherweise gänzlich ausgenommen.

Bezogen auf die Frage, wer die Hauptverantwortung für die Entwicklung der Personalstrategie tragen sollte, liegen die Akteure ebenfalls weit auseinander. Während HR vor allem die Geschäftsleitung (63 Prozent) oder sich selbst (37 Prozent) in der Verantwortung sieht, sollte aus Sicht der Fachabteilungen entweder HR (43 Prozent), der eigene Fachbereich (30 Prozent) oder die Geschäftsführung (26 Prozent) den Hut aufhaben. Die unterschiedlichen Einschätzungen deuteten auf Reibungsverluste bei Definition und Umsetzung von Personalbeschaffungsstrategien hin, betonen die Studienautoren. So möge es seitens HR zwar Vorgaben für die Umsetzung der Personalplanung geben. Aber offenbar fühle sich ein signifikanter Teil der Fachbereiche nicht daran gebunden. Ein wesentlicher erster Schritt in Richtung strategische Personalplanung sei es demnach, alle Akteure einzubinden und Zuständigkeiten zu klären.

Analysemethoden und -instrumente

Zwei Drittel der befragten Unternehmen bearbeiten mit ihrer strategischen Personalplanung laut PwC-Studie einen zeitlichen Horizont von drei bis fünf Jahren. Bezogen auf die inhaltliche Tiefe der Instrumente zeigt die Studie noch Luft nach oben. Besonders verbreitet sind demnach klassische Gap-Vergleiche, die Angebot und Bedarf bezogen auf die Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter betreffen (Abbildung 1). Etwas weniger geläufig sind Verfahren, welche die Daten mit dem Unternehmenserfolg verbinden oder entsprechende Kosten auswerten. Instrumente, die mit Szenarien und Benchmarks arbeiten, finden sich in den Unternehmen besonders selten, obwohl sie den Studienautoren zufolge den größten Nutzen bieten. Denn erst durch das Modellieren unterschiedlicher Szenarien könne das Unternehmen zukünftige Entwicklungen aussagekräftig abbilden und wirksame Strategien ausarbeiten.

Die meisten Unternehmen schöpfen der PwC-Studie zufolge das Potenzial der strategischen Personalplanung bei Weitem nicht aus. So arbeite die Mehrheit mit historischen Daten und schreibe diese linear in die Zukunft fort, um zukünftige Trends zu ermitteln. Rund ein Fünftel setze auf Entscheidungsbäume. Andere statistische Methoden kämen kaum zum Einsatz. So nutzten nur zehn Prozent komplexe Algorithmen und Modellrechnungen. 

Nutzen der strategischen Personalplanung

Entsprechend den eingesetzten Methoden bewerten die in der PwC-Studie Befragten auch den Nutzen der strategischen Personalplanung. Mehr als 60 Prozent geben an, damit bessere Ergebnisse bei der Prognose der Angebots- und Nachfragelücke zu erzielen. Diese Lücke lässt sich den Studienautoren zufolge mit relativ einfachen Instrumenten erheben. Aufwendigere Vorhersagen über künftige Qualifikationsbedarfe setzten komplexere Methoden voraus. Auch hier zeige sich, dass die Unternehmen sich noch in einem relativ frühen Stadium ihrer strategischen Personalplanung befänden.

Fazit

Eines steht fest: Die Sicherstellung des Personalbedarfs wird ein Top-Thema der kommenden Jahre sein – und zwar nicht nur für die HR-Abteilungen, sondern auch für die Unternehmensspitzen. Personalverantwortliche sind gut beraten, entsprechende Instrumente und Prozesse proaktiv zu entwickeln. Die Autoren der PwC-Studie raten dazu, auch dann in die Planungsprozesse einzusteigen, wenn die vorhandene Datenbasis noch nicht perfekt ist. Denn Letztere ließe sich im Lauf der Zeit sukzessive verbessern. Entscheidend sei es, sich dem Thema zu stellen. Denn wer sich heute schon auf künftige Entwicklungen vorbereitet, hat bessere Antworten, wenn sie in wenigen Jahren eintreten.

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Quelle: personal manager - Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 1 Jänner/ Februar