5.) Der geniale Unerweckte
Er hat die Schule kaum beendet, da tüftelt er schon mit einem Freund an einer App. Aber eigentlich nicht für die Kohle, sondern einfach so, weil er Bock hat. Und weil er es kann. Außerdem weiß er eh noch nicht, ob das „sein Ding“ ist oder ob er nicht doch lieber etwas ganz anderes will. In der Firma ist er das „Nachwuchstalent“ par Excellence. Er polarisiert. Weckt zuweilen Neid, Augenverdrehen oder nachsichtiges Lächeln. Eigentlich mögen ihn trotzdem alle. Er ist cool. Er erscheint zum Praktikum – oder eben nicht.
Wenn er da ist, erledigt er das Meiste relativ schnell, mühelos und gut. Flüchtigkeitsfehler und Lücken kommen vor, und von sich aus guckt er auf bestimmte Dinge, besonders, wenn sie ihn unterfordern und langweilen eh nicht – doch zeitweise ist seine Arbeit schlichtweg genial und sehr vielversprechend. Er lernt schnell, ist vielseitig begabt, doch die Leistungen schwanken unberechenbar zwischen super und unterirdisch. Hier steigen manche Unternehmen aus, denn so ein Typ ist auch anstrengend – und landet aufgrund der Schwankungen gerne auch mal im Kessel der „Underachiver“.
Er kann sich noch nicht so recht entscheiden, wie er berufsmäßig seine Schwerpunkte setzen will und wo es hingeht.
Hier können Sie ansetzen. Mit ein bisschen Fingerspitzengefühl, klaren Regeln, Anweisungen und Kontrolle der Arbeit – und einer langen Leine, die Kreativität erlaubt – sowie viel Geduld und Humor halten Sie diesen Überflieger. Ihn, der uneingestanden gerne eine gewisse Sicherheit und klare Ansagen durchaus zu schätzen weiß – überzeugen Sie damit, dass Ihr Unternehmen genau das Richtige für Ihn ist – indem Sie „dran bleiben“ und an ihn glauben. Denn eigentlich ist er treu – Wenn Sie jetzt noch mit dem Gehalt erfolgsorientiert immer mal wieder nachbessern – und zwar konsequent kombiniert mit einer klaren „Lernstufe“, damit Ihnen niemand diesen schillernden Vogel doch noch abwirbt. Dann können Sie sich zu einem guten Fang – und gutem „Return-on-Investment“ gratulieren.
6.) Der sorgfältig(e) Unentdeckte
Er ist das absolute Gegenteil von unserem Überflieger. Er fällt selten auf. „Herr…äh wie? Ist ganz nett, aber was macht er noch einmal?“ Eigentlich der perfekte Spion…Irgendwie schlüpft er durch alle Maschen des Controlling-Netzes, und so erkennt man höchstens, wenn er einen Fehler gemacht hat. Seine gleichbleibend guten Leistungen werden kaum wahrgenommen. Er kann sich schlecht verkaufen und zuckt bei lauten Worten zusammen und blockt – oder er zieht sich zum Schutz innerlich zurück.
Ihn kann man mit herrischen überkontrollierten Methoden in schlechte Leistung „treiben“, denn dieser Mitarbeiter ist einer der wertvollen „selbstmotivierten“, jedoch eher zurückhaltenden – und u.U. dadurch empfindlichen „angreifbaren“ Typen. So kann er in Mobbingnetzen gefangen werden – oder einfach, weil er nicht mit Leistungen punktet – als Underachiever auf der Abschussliste landen. Ihn verliert man jedoch am besten nicht. Denn meistens merkt man bei diesem Typ erst, was er wert war, wenn er gekündigt hat – oder gekündigt wurde.
7.) Der echte unsoziale Underachiever
Ja, es gibt ihn. Er ist wirklich relativ unproduktiv, ja fast träge oder faul. Nicht wirklich absichtlich, aber auch nicht wirklich an einer Leistungs-Besserung interessiert. Im schlimmsten Falle jedoch kombiniert mit einer hohen Meinung von sich selbst und seinen Fähigkeiten. Im besten Falle ist er auch „nur“ ein bisschen verschusselt und verplant. Doch irgendwie auch beratungsresistent. Manchmal auch ein guter „Selbstverkäufer“- bis zum Punkt der Bewährung. Ist um Ausreden nicht verlegen. Er nutzt gerne jede Gelegenheit, vom Arbeitsplatz zu verschwinden, reizt Pausen aus. Überstunden gibt es nicht, oder nur nach großer Ankündigung. Lässt gerne andere seine Arbeit erledigen oder gibt deren Arbeit als seine aus. Wenn er arbeitet. Arbeitet strichweise unter Kontrolle und Anweisung gut. Aber manchmal auch nicht.
Wie unterscheidet man echte Underachiever von anderen Fällen, die u.U. einmal ähnliches Verhalten an den Tag legen – oder unterstellt bekommen?
Wohlgemerkt durch Mobbing, Angst überkontrollierendes, ungerechtes, hartes und verurteilendes Führungsverhalten können Sie „Underachiever-Verhalten“ bei sensiblen, abhängigen und sehr fähigen, talentierten und zuverlässigen Mitarbeitern auslösen. Oder es wird diesen Mitarbeitern einfach, wenn es strategisch günstig ist und sie sich nicht wehren können, unterstellt.
Der Unterdrückte/unechte Underachiever blüht auf und arbeitet fehlerfreier, zuverlässiger und selbstbewusster, je weiter der Vorgesetzte (oder Mobbing-Verantwortliche) entfernt ist. Der echte Underachiever lässt sich auch durch die Anwesenheit des Vorgesetzten nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Auch Gespräche, Rückmeldungen, Fristsetzungen, Androhungen oder die Durchführung von Sanktionen und Konsequenzen bewirken keine echte Verhaltensänderung.
Das Gegenteil ist beim falschen Underachiever der Fall. Er will Veränderung, sucht nach Erklärungen, will Dinge ändern, sucht nach Lösungen, sucht die Schuld auch gerne erst einmal bei sich. Er bittet sogar um Gespräche. Er leidet sichtbar und merklich unter Drohungen.
Der echte Underachiever arbeitet recht „konsequent und zuverlässig“ an seiner Unproduktivität. Der unechte Underachiever kann sehr gute Leistungen erzielen – zeigt jedoch Schwankungen.
Der echte Underachiever wird seine „Tour“ auch in anderen Abteilungen oder Firmen weiter durchführen. Der unechte Underachiever wird jedoch, sobald man ihn in „fruchtbare Unternehmenserde“ setzt, fördert und ermutigt – in dieser förderlicheren Umgebung dankbar und neu beseelt (sofern er nicht erst einer Therapie bedarf, um sich vom Mobbing zu erholen) wieder zu sich finden und angemessene bis sehr gute Leistung erbringen.
Um echte von unechten Underachievern zu unterscheiden, wenden Sie am besten immer eine 360°-Beurteilung an, also eine Beurteilung mehrerer unabhängig von einander befragter und voneinander nicht abhängiger Verantwortlicher. Solange hohe Abhängigkeiten bestehen, werden Sie kaum objektive Beurteilungen erhalten, die sich von der maßgeblichen Meinung unterscheiden. Versetzen Sie den angeblichen Underachiever. Geben Sie ihm die Chance, sich zu bewähren – außerhalb des u.U. belasteten und belastenden Umfeldes. Ermutigung, vertrauliche Gespräche, Jobrotation und neue Projektteam-Zusammensetzungen können auch beim Austesten helfen.
Und was tun mit dem echten Underachiever? Sobald Sie ihn zuverlässig identifiziert haben – tun Sie Ihrem Unternehmen – und den anderen Mitarbeitern etwas Gutes – wenn er so schnell wie möglich geht. Hier ist wahrhaft kein „Retention-Management“ nötig.
Wieviel kostet der uns noch?
Kennen Sie das Zitat: „Es gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen: Entweder leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß.” (Danny Kaye).
Es gibt mittlerweile recht erbarmungslose Tipps, wie man sogenannte „Underachiever“ identifiziert und kostengünstig loswerden könnte. Niemand arbeitet jedoch absichtlich fehlerhaft oder „unter Soll“. In der Regel kommt immer ein ganzer Cocktail an Gründen und ungünstigen Wendungen zusammen, wenn ein Mitarbeiter ausscheidet oder ausscheiden muss. Dazu kommen Fragen wie: Ist allen Mitarbeitern bewusst, was Ihr “Soll” ist? Woran wird es bemessen? Und wer ist dafür zuständig? Mit der folgenden – auch leicht augenzwinkernden – Typologie wollen wir kurz das Thema beleuchten – und für die Wortwahl „Underachiever“ sensibilisieren. Denn dieser Begriff sagt u.U. auch viel über den in einer Firma/Gesellschaft üblichen Leistungs- und Menschen-Wert aus. Er könnte auch ein Signal für eine bestimmte Form der Firmenkultur sein, in der Menschen für austauschbare Objekte gehalten werden, die man entsorgen sollte, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr funktionieren.
Natürlich man sollte auch nicht die Fälle unterschätzen, bei denen nahezu „unkündbare“ Mitarbeiter ganze Projekte blockieren und ganze Abteilungen zur Verzweiflung treiben. Doch das ist ein anderes Kapitel.
1.) Der Ungeübte
Er verfügt über die notwendigen Fähigkeiten, kann sie jedoch (noch) nicht optimal einsetzen. Hier müssen Sie u.U. erst einmal investieren: in Schulungen, Weiterbildungen oder ein Coaching. Oder Sie spannen ihn in ein produktives Lern-Tandem mit einem erfahrenen Mitarbeiter ein. Das kann sich lohnen. Erweist sich der Mitarbeiter als lernfähig, kooperativ – und als dankbar, weil er wahrgenommen und einbezogen wird, weil er gefördert wird – und fühlt er im besten Falle seine neuen Erfolge (Feedback) – Dann hat sich Ihre Investition gelohnt. Dann können Sie hier noch lange auf einen treuen und leistungsbereiten und leistungsfähigen Mitarbeiter zählen.
2.) Der Überflieger
Er ist tatsächlich ein “Overachiever”: Er leistet immer “über Soll”, hat noch ein As im Ärmel. Er kann nach kürzester Einarbeitung über ein Thema referieren und bietet noch Bonusmaterial. Auf ihn können Sie wirklich zählen. Er macht Überstunden, die er tatsächlich nutzt. Ihn könnte man fast schon wieder etwas “bremsen” – nicht blockieren, sondern eher: den Druck herausnehmen. Denn es ist auch nicht immer effektiv, wenn jemand alles “an sich reißt”, 150% leistet – jedoch auch verlangt.
Diesen Drive hält kaum jemand neben ihm aus. Und was bringt es, wenn er mit Herzinfarkt oder Burn-Out irgendwann Fehlzeiten anhäuft? Die Dosis machts. Ein echtes Talent, bei dem Sie mit Maßnahmen zum “Betrieblichen Gesundheitsmanagement” sicher einiges ausrichten könnten.
2.) Der Unterdrückte oder „Pseudo-Underachiever“
Es gibt ihn tatsächlich. Den normalerweise fähigen Mitarbeiter, der jedoch neben einem narzisstischen Chef/Vorgesetzten/Kollegen mit Weisungsbefugnis nichts zu lachen – und nichts zu gewinnen hat. Egal, wie er sich anstrengt, egal wie gut er arbeitet – er wird schlecht und/oder unter seinen Möglichkeiten beurteilt werden. Hier ist die Grenze zum „Bossing“, dem Mobbing durch den Chef, fließend. Unter Umständen verschlechtern sich seine Leistungen unter dem Feuerwerk der Kritik und Herablassung tatsächlich. Hier kann niemand gewinnen, der Mitarbeiter nicht und auch nicht das HR.
Hier gibt es nur ein Talent: der pathologische Narzisst, der Angst hat, jemanden „neben sich“ zu dulden und zu sehen, wie jemand anderem Anerkennung zu Teil wird. Hier heißt es für alle (inklusive HR, wenn vorhanden und nicht “in Personalunion” im Chef vereint), die sich einen Funken Gesundheit bewahren wollen: „Flucht nach vorne – in ein anderes Unternehmen“. Nur schlimm, dass dieser Mitarbeiter – und jeder, der dem Boss die „Gefolgschaft kündigt“, höchstwahrscheinlich ein schlechtes Zeugnis erhalten wird – denn in „dessen Welt stimmt seine Leistungsbeurteilung absolut“– und so kann der ehemalige Vorgesetzte bis über die Stelle hinaus die weitere Karriere dieses „angeblichen „Underachievers“ empfindlich behindern.
3.) Der charmante Spieler
Seit seiner Kindheit hat er gelernt, wie er mit einem Mindestmaß an Charme und Anstrengung genau diese Leute für sich gewinnen kann, die dann die eigentliche Arbeit für ihn erledigen. Er mag viele gute – so auch jene für die Arbeitsstelle erforderlichen – Fähigkeiten aufweisen. Aber so richtig bewiesen hat er es noch nicht. Was kann er also wirklich?
Am Schopf packen können Sie ihn erst, wenn Sie seinen Ehrgeiz, seinen Stolz und seine Leidenschaft ansprechen und seine Achillesferse: “ein gewisses Geltungsbedürfnis“. Hier können Sie tatsächlich noch das Ruder herumreißen. Ansonsten wird es schwer, ihn mithilfe eines Coaches oder Therapeuten von seiner bewährten Lebens- und Lebensstrategie abzubringen. Damit wäre es auch absolut verständlich, wenn Sie sagen: „Wir haben dieses Spiel schon lange genug mit angesehen, die anderen Mitarbeiter sind auch schon am Rande ihrer Toleranz angelangt…mehr Investitionen ist er mir nicht wert.“
4.) Das empfindliche Talent
Er ist kreativ, hochsensibel – mit u.U. schon fast leicht autistischen Zügen – doch sein Potenzial ist enorm. Setzten Sie diesen Leistungsträger nach seinen Fähigkeiten ein – und nicht der Reizüberflutung eines Großraumbüros aus – oder den anspruchs- und verantwortungsvollen Anforderungen eines Kundenkontaktes. In falscher Umgebung kann er nur schlechte und immer schlechtere Arbeit liefern.
Analyse-, Programmier-, Back-Office-Tätigkeiten – und vieles Spezielles mehr ist in seinen Händen gut aufgehoben. Ermöglichen Sie zurückgezogenes Arbeiten mit stabilisierenden Arbeitsbedingungen wie: festen Zeiten, festen Regeln, festen Bezugspersonen. Sie merken manchmal schmerzlich: Dieser Mitarbeiter ist ein sensibles Pflänzchen, und die Kollegen bedürfen auch einigen Verständnisses, einiger Hilfe und Aufklärung – aber mit seinem Talenten ist er, wenn er sich nicht selber im Weg steht, Gold wert.