Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung

Je nach Arbeitsmarkt und Branche, in denen die Betriebe aktiv sind, ist es unterschiedlich schwer, die passenden Mitarbeiter zu finden (Abbildung 1). Der Anteil der Unternehmen, die von sich behaupten können, keine Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung zu haben, liegt jedoch in allen drei Ländern im unteren einstelligen Bereich.

Am härtesten scheint der Arbeitsmarkt in Österreich zu sein. Hier haben fast 50 Prozent (A: 46 Prozent zu CH: 31 Prozent) mehr Firmen als in der Schweiz deutliche Schwierigkeiten, ihre offenen Stellen mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Auch gegenüber dem Arbeitsmarkt in Deutschland scheint die Personalbeschaffung um mehr als 10 Prozent schwieriger zu sein (A: 46 Prozent zu D: 41 Prozent)

Nach Gründen für die Probleme bei der Personalbeschaffung gefragt, geben die Unternehmen in der DACH-Region sehr ähnliche Antworten. Für jeweils mehr als 80 Prozent (in Österreich sogar für über 90 Prozent) der deutschen und schweizerischen Unternehmen ist der Fachkräftemangel die größte Herausforderung vor der Vergütung (D: 39 Prozent, A: 48 Prozent, CH: 45 Prozent) und dem Arbeitgeberimage (D: 32 Prozent, A: 25 Prozent, CH: 22 Prozent).

Qualität des Recruitments

Bei der Einschätzung der eigenen Recruitmentleistungen im Vergleich zu anderen Unternehmen zeigen österreichische und Schweizer Recruiter das größte Selbstbewusstsein. Jeweils die Hälfte der Personalverantwortlichen sagt von sich, dass ihr Recruitment überdurchschnittlich sei. In Deutschland behauptet dies nur etwas mehr als ein Drittel, die Mehrheit sieht sich eher im Durchschnitt.

Im Detail ist dieses Selbstbewusstsein in den Bereichen Employer-Branding und Sourcing (proaktive Suche) nach potenziellen Kandidaten, besonders ausgeprägt. Hier liegen die Einschätzungen sowohl in Österreich als auch in der Schweiz teilweise um 50 Prozent besser als in Deutschland.

Diese Antworten lassen sich möglicherweise auf den härteren Arbeitsmarkt und die damit verbundene Notwendigkeit zur Professionalität zurückführen. Diese Professionalität zeigt sich auch darin, dass die Unternehmen in Österreich und der Schweiz großen Wert auf den Prozess legen, der nach der Vertragsunterzeichnung einsetzt und darauf abzielt, dass der Kandidat auch wirklich seine Arbeit aufnimmt.

Top-Recruitingthemen 2012

Ganz oben auf der Agenda steht in allen drei Ländern die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern mit Berufserfahrung („sehr wichtig“ in D: 59 Prozent, A: 77 Prozent, CH: 77 Prozent), gefolgt von Employer-Branding („sehr wichtig“ in D: 56 Prozent, A: 77 Prozent, CH: 69 Prozent), während die Professionalisierung des Recruitments auf Platz drei liegt („sehr wichtig“ in D: 43 Prozent, A: 50 Prozent, CH: 49 Prozent). Personalaufbau rangiert auf dem vierten Platz vor Social-Media-Recruiting. Dann folgt auf Platz 6  die Herausforderung der Erfolgsmessung, also das Unterlegen der Recruitingaktivitäten mit Controlling mithilfe von Key Performance Indikatoren.

Wie ist das Recruiting organisiert?

In allen drei Ländern ist 2012 ein genereller Trend zu mehr Professionalität und Spezialisierung im Recruiting spürbar. Das zeigt sich unter anderem daran, dass sich mit den Themen „Professionalisierung des Recruitments“ und  “Erfolgsmessung“ zwei explizite Professionalisierungsthemen unter den TOP 10 platzieren konnten. Darüber hinaus erfreuen sich zentral gesteuerte Recruitingorganisationen in der DACH-Region größter Beliebtheit. Sie können aufgrund ihrer höheren Spezialisierung einerseits qualitativ höherwertige Leistungen erbringen und anderseits durch den besseren Wissensaustausch eine steilere Lernkurve realisieren. Während deutsche Unternehmen die Organisationsform „zentrale Bewerbererfassung und Vorauswahl, dezentrale Finalauswahl nur unter Einbeziehung der Fachvorgesetzten“ präferieren, liegt in Österreich und der Schweiz die Organisationsform „alles zentral“ knapp vorne.

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Foto von Christina @ wocintechchat.com

Wie werden offene Stellen kommuniziert?

Der am meisten genutzte Kanal, über den Unternehmen Stellenangebote kommunizieren, sind in den DACH-Ländern mit über 80 Prozent die Online-Jobbörsen. Die eigene Karriereseite setzen deutsche Arbeitgeber (84Prozent) häufiger zur Kommunikation offener Stellen ein als befragte Unternehmen aus den anderen beiden Ländern (A: 70 Prozent, CH: 76 Prozent). Dies gilt ebenso für die Social-Media-Businessnetzwerke (Xing und LinkedIn) (D: 72 Prozent  A: 50 Prozent, CH: 60 Prozent). In der Schweiz liegt die Nutzung von Facebook weiter vorne. Bei der Veröffentlichung von Vakanzen  bei öffentlichen Agenturen (Bundesagentur für Arbeit und Äquivalente) liegt Deutschland mit 3:1 gegenüber der Schweiz vorne und auch gegenüber Österreich besteht noch ein deutlicher Abstand.

Erfolgsmessung im Recruitment

Die Messung des Recruitmenterfolgs hat bei Unternehmen der DACH-Region einen hohen Stellenwert. Am wichtigsten finden die Schweizer Studienteilnehmer die Erfolgsmessung in der Personalbeschaffung. 56 Prozent der Unternehmen aus der Schweiz halten sie für sehr wichtig, gefolgt von 47 Prozent aus Deutschland und 32 Prozent aus Österreich. Gefragt, ob auch Key-Performance-Indikatoren für die Erfolgsmessung im Recruitment zum Einsatz kommen, sagen in der Schweiz und in Deutschland mehr als 50 Prozent der Teilnehmer ja, in Österreich nur etwas mehr als ein Drittel.

Fazit

Die Frage, wie sich Recruitmentabteilungen zukünftig aufstellen müssen, um im Wettbewerb um Talente bestehen zu können, bleiben auch in Zukunft aktuell. Zwei eng miteinander verbundene Themen bestimmen zunehmend das personal-wirtschaftliche Handeln: der Wettbewerb um Fachkräfte und Talente sowie der demographische Wandel. Denn Unternehmen können ihre wirtschaftlichen Ziele nur erreichen, wenn sie dafür die richtigen Mitarbeiter haben. Gleichzeitig wird der Personalmarkt enger. Die zentralen Aktivitäten der Arbeitgeber müssen daher in die folgenden Richtungen führen:

1. Professionalisierung des Recruitments

Die „Professionalisierung des Recruitments“ und die „Erfolgsmessung im Recruiting“ ist nach Angaben der im „Recruiting Report DACH 2012“ befragten Unternehmen eines ihrer zentralsten Anliegen in der Personalbeschaffung. Erste Schritte in Richtung Professionalisierung gehen einige, indem sie ihre Recruitingorganisationen zentralisieren –
bezogen auf Finanzierung, Durchführung und den Einsatz von dezidierten, spezialisierten Recruitern.

2. Individuelle und proaktive Ansprache potenzieller Kandidaten

Schon heute nutzen die Unternehmen der DACH-Region (in unterschiedlich starker Ausprägung) Social Media, um aktiv potenzielle Kandidaten anzusprechen. Dies hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt und es ist davon auszugehen, dass dieser Kanal weiter an Bedeutung gewinnt

3. Vereinfachung des Engagement- und Recruitingprozesses

Viele Unternehmen müssen ihre Recruitingprozesse darauf einstellen, dass sie in Zukunft nicht mehr zu viele, sondern zu wenige Bewerber bekommen. Diese Umstellung beginnt bei der zielgruppenadäquaten Kommunikation (in Social Media) und reicht bis zur Anpassung der Bewerbermanagementsysteme. Kein gefragter Bewerber hat heutzutage Zeit, Lust und Muße viel Zeit für das Ausfüllen eines Onlinebewerbungsformulars viel Zeit aufzuwenden. Ein Arbeitgeber, der es Kandidaten ermöglicht, seine Stellenangebote mobil zu durchsuchen und sich auch mobil mit einem Social Media Profil (zum Beispiel aus Xing oder LinkedIn)  zu bewerben, hat die Nase im Wettbewerb um die besten Talente vorne.

Bei der Frage, wer tatsächlich in den Unternehmen rekrutiert, gibt es deutliche Unterschiede zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz (Abbildung 2).
 
Zwar übernehmen in allen drei Ländern meistens der Fachvorgesetzte und der interne Recruiter gemeinsam die Personalbeschaffung – eine Variante, die in Österreich am stärksten ausgeprägt ist. Dennoch gibt es Unterschiede. So sind in Österreich doppelt so viele interne Recruiter allein mit der Personalbeschaffung betraut wie in der Schweiz und fast dreimal so viele wie in Deutschland. Dass Personalreferenten als Teil ihrer normalen Tätigkeit rekrutieren, ist hauptsächlich in Deutschland verbreitet, mit einer fast 1,5-fach stärkeren Ausprägung als in Österreich. Auch das Teil-Outsourcing des Recruitings ist unter den Teilnehmern aus Österreich deutlich  beliebter als in den beiden Nachbarländern.

Dies lässt darauf schließen, dass die Professionalisierung des Mitarbeiterrecruitings unter den teilnehmenden Unternehmen aus Österreich am weitesten fortgeschritten ist, denn die  Übertragung der Personalbeschaffung an dezidierte interne Recruiter oder auch das Outsourcen einzelner Recruitingschritte setzt eine intensive Beschäftigung mit dem Recruitingprozess voraus und zeugt von einer ausgeprägten Spezialisierung.

Wie ist das Recruitment finanziert?

Bei der Finanzierung der Personalbeschaffung zeigen Deutschland, Österreich und die Schweiz wieder auffällige Gemeinsamkeiten. Die häufigste Form der Finanzierung ist in allen drei Ländern ein zentrales Budget für Personalmarketing und Recruiting, gefolgt von einem zentralen Budget für Personalmarketing kombiniert mit einer Kostenverrechnung für das Recruiting. Auf Platz drei rangiert die Variante des zentralen Budgets für Personalmarketing, Kostenverrechnung für Recruiting und zusätzlich der Übernahme einiger Kosten durch einzelne Fachbereiche. Die Schweiz weist darüber hinaus einen relativ höheren Anteil an Unternehmen auf, die auf die  vollständige Kostenverrechnung an eine oder mehrere zentrale Stellen setzen, zum Beispiel an Vorstand oder Bereichsleitung. Auch das Prinzip „fee per hire“, also Kostenverrechnung an die Fachabteilung pro Einstellung, sowie Profit-Center-Ansätze, bei denen die Recruitmentabteilung gewinnorientiert wie ein Unternehmen im Unternehmen arbeitet, sind in der Schweiz stärker vertreten.

Proaktives Recruiting

Wenn Arbeitgeber in der DACH-Region feststellen, dass sie weniger Bewerbungen bekommen, dass die Qualität der Bewerber sinkt und Anzeigen (Print oder Online) nicht mehr helfen, dann gilt es neue Wege im Recruiting zu gehen. Um die richtigen Talente zu finden, entscheiden sich viele Recruiter daher, sich nicht auf den Markt der aktiv Stellensuchenden zu verlassen, sondern potenzielle Kandidaten, die nicht auf der Suche nach einem neuen Job sind, aber einem Angebot durchaus positiv gegenüberstehen könnten, proaktiv anzusprechen. Aber wie proaktiv sind die Unternehmen in der DACH-Region bereits? Anzeigen in Print- oder Onlinemedien schalten, auf eingehende Bewerbungen warten und dann aus den Kandidaten die passenden auswählen: Für fast 80 Prozent der Unternehmen ist dies der völlig normale (passive) Weg, um ihre offenen Stellen zu besetzen.

Obwohl es den Arbeitgebern derzeit schwer fällt, qualifizierte Fachkräfte zu finden, geben weniger als 30 Prozent der Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an, dass sie zusätzlich zu dem passiven Weg auch proaktiv Bewerber suchen. Hierbei sind die teilnehmenden Schweizer allerdings fast dreimal so aktiv wie die Österreicher und auch noch etwa 20 Prozent aktiver als die Deutschen.

Social-Media-Recruiting

Für die aktive Suche nach Kandidaten nutzen Recruiter vielfach Social Media wie Xing oder Facebook. Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen hält es für wichtig, dass ihre Personalverantwortlichen die Möglichkeiten des Social-Media-Recruitings kennen und nutzen, aber nur eine Minderheit hat diesen Anspruch im eigenen Unternehmen schon umgesetzt. Der Blick auf die absolute Nutzung zeigt, dass im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller DACH-Unternehmen Plattformen wie Xing, LinkedIn, Facebook, Twitter und Blogs nicht einsetzen.

Von den Social-Media-Plattformen, die Arbeitgeber nutzen, liegt Xing deutlich vor LinkedIn und Facebook. Aber hier zeigen sich auch deutliche Unterschiede innerhalb der DACH-Region: Ist Xing bei deutschen, österreichischen und Schweizer Recruitern in etwa gleichermaßen beliebt, scheiden sich die Geister bei LinkedIn. Die in Abbildung 3 dargestellte  Durchschnittsbetrachtung zeigt insbesondere bei der Nutzung von LinkedIn Unterschiede auf
 
Ein tieferer Blick in die Ergebnisse zeigt, dass fast dreimal so viele Studienteilnehmer aus der Schweiz (18,5 Prozent) wie aus Deutschland (6,8 Prozent) angeben, für das Recruiting immer LinkedIn zu nutzen. Der Vergleich mit Österreich fällt noch deutlicher aus. Dort setzen nur 4,2 Prozent, also ein Viertel der Schweizer Kollegen, bei der Personalsuche immer auf LinkedIn.  Facebook ist unter den Teilnehmern aus Österreich deutlich verbreiteter. So setzen österreichische und Schweizer Unternehmen Facebook für Recruitingzwecke deutlich stärker als deutsche (Aussage „trifft immer zu“ D: 7,8Prozent, A: 20,0Prozent, CH:17,9Prozent)

Veranstaltungstipp

Die Verleihung der Gütesiegel an die besten Jobportale wird dieses Jahr erstmals auf der Zukunft Personal in Köln am 25. September (12:00 Uhr, Praxisforum 6, Halle 11.1) in Köln erfolgen.


Die Datenerhebung bei Bewerbern und Arbeitgebern läuft bis zum 31. August 2012.

Weitere Informationen

„Wie können wir möglichst effizient und effektiv die richtigen Menschen für unsere offenen Positionen finden?“ Die Suche nach der Antwort auf diese  Kernfrage des Recruitings treibt alle Personaler an. Die Antworten fallen in deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen oft sehr unterschiedlich aus, wie der „Recruiting Report DACH 2012“ zeigt.

Das Institute for Competitive Recruiting (ICR) hat im Frühjahr 2012 mehr als 10.000 Personalverantwortliche in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Thema Personalbeschaffung befragt. 527 Unternehmen beteiligten sich an der Studie. 80 Prozent der Teilnehmer kamen aus Deutschland und jeweils etwa zehn Prozent aus Österreich und der Schweiz. Die Untersuchung widmete sich dabei vor allem folgenden Fragen:

•    Welche Recruiting-Themen sind 2012 aktuell?
•    Wie finanzieren und organisieren die Unternehmen ihr Recruitment?
•    Wer rekrutiert in den Unternehmen?
•    Social-Media-Recruiting: Hype oder schon realer Recruitingkanal?
•    Wie messen Unternehmen den Erfolg ihres Recruitings?

Status des Recruitings im Ländervergleich

Die befragten Unternehmen aller drei Länder sind wirtschaftlich gut bis sehr gut aufgestellt. Den österreichischen Firmen geht es dabei am besten: 52 Prozent geben an, dass ihre Umsatzentwicklung in 2012 deutlich besser ist als in den vergangenen fünf Jahren (Deutschland 48 Prozent, Schweiz 34 Prozent). Der Marktanteil stieg bei 55 Prozent (Deutschland 41Prozent, Schweiz 45 Prozent), die Profitabilität wuchs bei 43 Prozent der Unternehmen spürbar (Deutschland 45 Prozent, Schweiz 37 Prozent). Mehr als die Hälfte der österreichischen Unternehmen konnte die Kundenzufriedenheit markant verbessern (Deutschland 43 Prozent, Schweiz 40 Prozent).

Die wirtschaftliche Stärke der DACH-Unternehmen schlägt sich in einem erhöhten Arbeitskräftebedarf nieder. So antworten auf die Frage „Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Anzahl der Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen ändern?“ in Österreich zwei Drittel der Unternehmen, dass diese zunehmen wird. In Deutschland und in der Schweiz kann das nur jedes zweite Unternehmen behaupten.

Der Personalbedarf scheint jedoch in kleineren und mittleren Unternehmen höher zu sein als in Großunternehmen.