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Recruiting Games – Chancen und Fallstricke

Neben der vordergründigen Suche nach passenden Kandidaten, sollen Recruiting Games auch nebenbei das Image des Unternehmens als Arbeitgeber bei der jungen Zielgruppe stärken. Im Rahmen des Employer Brandings können sich so die Unternehmen als modern und am Puls der Zeit präsentieren. Häufig werden die Spiele in einem Social Media Umfeld eingebettet. So sind virale Effekte garantiert.

Doch bei einer nicht gut durchdachten Kampagne kann das Tool auch schnell zum Flop werden – Shitstorm inklusive. Einer der möglichen Fallstricke dafür, dass ein Game beim Publikum nicht gut ankommt, sind technische Schwächen: Lange Ladezeiten, ärgerliche Abbrüche oder der Verweis auf einen anderen Browser zum Öffnen des Spiels rauben den Bewerbern die Lust auf das Unternehmen. Zudem sollte die Spieldauer berücksichtigt werden, da sonst eine erhöhte Abbruchgefahr besteht. Zur erfolgreichen Entwicklung sollten die HR-Abteilung und die interne IT zusammen arbeiten. Denn schnell können divergente Vorstellungen der Spiele-Konzeptionierer, was die Zielgruppe als cool und hip empfindet, aus dem trendigen Tool einen belächelten Flop machen. Und das zieht einen Imageschaden nach sich, der nur schwer wieder zu reparieren ist. Wer also versucht, krampfhaft cool zu sein, das Spiel als reine Verkaufsveranstaltung einsetzt, seine Zielgruppe nicht kennt und ein Quiz als Spiel verkauft, wird sehr wahrscheinlich nicht erfolgreich sein.

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In der Regel sind es Jugendliche und junge Erwachsene, welche Arbeitgeber und Spielentwickler bei ihren Recruiting Games in den Fokus nehmen. Sie sollen als Auszubildende oder Young Professionals gewonnen werden. Dass die Games sich wachsender Beliebtheit bei Recruitern erfreuen, verwundert nicht. So zwingt doch die demographische Entwicklung in den Industrieländern viele Unternehmen dazu, ihre bisherigen  Rekrutierungsprozesse zu überdenken; und zwar unter dem Motto: „Gehe dahin, wo deine Zielgruppe ist: Ins Internet“.

Recruiting Games haben hauptsächlich zwei Ziele: Einerseits sollen sie potenziellen Bewerbern einen tieferen Einblick in das Berufsbild des jeweiligen Unternehmens und Details zur erforderlichen persönlichen Eignung dafür geben (Self-Assessment). Andererseits dienen sie als eine Art Online-Assessment-Center, indem sie Unternehmen dabei helfen, die talentiertesten Bewerber gezielt anzusprechen und eine Vorauswahl unter potenziellen Bewerbern zu treffen.

Ein Beispiel für Self-Assessment Spiele ist das Onlinespiel der Commerzbank „Probier dich aus“ (http://www.probier-dich-aus.de/), bei dem mögliche Auszubildende typische Situationen aus dem Berufsalltag durchspielen und auf diesem Weg herausfinden, was hinter den Berufsbildern Bankkaufmann/Bankkauffrau steckt.

Auch die Lufthansa bietet auf ihrer Recruitingplattform im Internet ein Spiel an, mit dem sie jungen Menschen bei der Beurteilung ihrer beruflichen Stärken und der Suche nach den dazu passenden Ausbildungsmöglichkeiten unterstützen möchte. Den Titel „Spiel zur Berufsorientierung“  (https://www.be-lufthansa.com/jobs-und-ausbildung/ausbildung/spiel-zur-berufsorientierung/) trägt die Seite bei näherer Betrachtung jedoch zu Unrecht. Denn es steckt dahinter weniger ein Spiel im klassischen Sinne, als vielmehr ein Multiple-Choice-Fragebogen samt Online-Auswertung. Das Ergebnis ist daher eine Stärken-/Schwächen-Analyse des Spielers, basierend auf dessen Antworten auf beschriebene Situationen am Flughafen – angefangen vom dickköpfigen Gast am Check-in bis hin zum verschütteten Wasserglas im Flugzeug.

Einen Schritt weiter gehen Spiele zur Identifikation der fähigsten Kandidaten. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Wissen verändert alles“ (http://www.wissen-veraendert-alles.de/) der Deutschen Telekom. Bei dem virtuellen Erkundungsgang durch die digitalisierte Konzernzentrale in Bonn müssen die Nutzer Aufgaben unterschiedlichster Natur bewältigen. Schnelles und richtiges Lösen wird mit Punkten belohnt. Nach dem Spielende können Bewerber um einen Ausbildungsplatz einen echten Online-Bewerbungstest durchlaufen. Nur die Besten von ihnen werden schließlich zu einem Recruiting-Event in der realen Welt eingeladen.

Die Belohnung: Eine Einladung zu einem
Bewerberworkshop in die Deutschlandzentrale
des Konzerns.


Der weltweit größte Kosmetikhersteller L’Oréal bietet Young Professionals in Deutschland mit dem Online-Spiel „REVEAL“ (http://www.reveal-thegame.com/) tiefe Einblicke in fünf Funktionsbereiche des Konsumgüterkonzerns. Die Nutzer nehmen die Rolle eines Management-Trainees ein und durchlaufen so die verschiedenen Stationen eines kompletten Produktlaunch-Prozesses im Zeitraffer. Als Belohnung bekommen auch hier die besten Spieler eine Einladung zu einem Bewerberworkshop in die Deutschlandzentrale des Konzerns.