photo of three person sitting and talking
Foto von Helena Lopes

Die Studie wurde im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz erstellt. Sie sollte erheben, welche betriebliche Unterstützung Beschäftigte mit pflegebedürftigen Angehörigen benötigen. Die Autoren sind Prof. Dr. Norbert F. Schneider / Dipl.-Soz. Julia C. Häuser / Dipl.-Soz. Silvia M. Ruppenthal / Dipl.-Päd. Stephan Stengel.  

Eine der wichtigsten Ausgangspunkte für die Erhebung ist die Beobachtung der Wissenschaftler, dass Pflege häufig mit geringem Aufwand beginne, der sich aber bis zur extremen Abhängigkeit steigern könne. Die durchschnittliche Pflegedauer betrage 8,2 Jahre.

Freizeit? Puffer zur Aufarbeitung
von Performanceausfällen

Die Forscher fragten danach, wie Mitarbeiter sich durch Pflege in der eigenen Familie in Anspruch genommen fühlen und wie sich dies auf ihre Performance im Job auswirke. Diese berichten von einer verminderten Belastungsfähigkeit, Unpünktlichkeit und Arbeitszeitunterbrechungen. Freizeit nutzten Arbeitnehmer nur noch selten für Sport oder Hobbys, also nicht zur Regeneration. Vielmehr werden diese Zeiten als Puffer genutzt, um unerledigten Aufgaben des Tages nachzugehen und Arbeitsausfälle im Beruf zu kompensieren. Die Pflegeanforderungen führten laut Angabe der Studienteilnehmer oft zu psychischen und physischen Beeinträchtigungen. Viele Mitarbeiter würden unter ständiger Sorge und Anspannung leben. Sie klagen über Rückenproblemen oder anderen Erkrankungen.

Wesentlich ins Gewicht falle der große organisatorische Aufwand, der es im Alltag unmöglich mache, spontan zu entscheiden oder zu handeln; das wirke sich laut Studie insbesondere dort sehr negativ aus, wo im Job eine hohe Flexibilität vorausgesetzt werde und wenig Struktur im Tagesgeschäft gegeben sei. Oft folgen soziale Isolation – Kollegen können oder wollen nicht auf den Betroffenen eingehen – und Einschränkung sozialer Kontakte im Umfeld überhaupt. Ergeben sich im Beruf auch Schwierigkeiten, ist es für viele Mitarbeiter schwer, sich Lebens- und Schaffensfreude zu bewahren, der Mensch wird zum Funktionserfüller.

Kein Klartext – Pflege ist ja
eh ein privates Thema

Auch gegenüber dem Arbeitgeber und dessen Vertretern innerhalb des Betriebes scheuen sich viele Mitarbeiter Klartext zu sprechen, aus Sorge um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes. Lieber – so die Autoren – erhielten sie den Schein aufrecht und versuchten so gut als möglich zu organisieren. Tatsächlich sind pflegende Beschäftigte in weniger gut geführten Unternehmen nicht mehr so flexibel und voll einsetzbar. High Performance-Kulturen harmonieren oft nicht mit der Situation der Betroffenen daheim.

Die Studie der Mainzer kommt zu dem Ergebnis, dass Arbeitnehmer offizielle Anfragen ihres Arbeitgebers sogar oft ablehnen. Das rekuriere aber auch aus der gesellschaftspolitischen Norm, dass Pflege immer noch als rein private Angelegenheit wahrgenommen werde. Betroffene sind demnach dafür verantwortlich, selbst Lösungen bei Vereinbarkeitsproblemen zu finden. Unternehmen, die ihren Beschäftigten informelle Wege zum Austausch über Probleme eröffnen, geraten an die Schwierigkeit, dass die Mitarbeiter sich im Fall der Fälle nicht auf solche Regelungen berufen können.

Ein möglicher Ausweg besteht im Angebot von Gesprächskreisen,
die diese Fragen in den Raum stellen könnten:

– Warum nehmen Sie an dieser Runde teil?
– Welche Themen möchten Sie hier einbringen
  oder besprochen wissen?
– Worüber möchten Sie mehr erfahren?
– Was würden Sie als Pflegender Kollegen empfehlen,
  die in dieselbe Situation wie Sie kommen?
– Welche Unterstützung wünschen Sie sich vom Betrieb?
– Was hilft Ihnen, um Pflege und Beruf zu vereinbaren?
Könnte Ihnen diese Gesprächsrunde emotionale Unterstützung geben?


Link zu Studie


 Fotocredit: S. hofschlaeger / www.pixelio.de