Der Markt, in dem sich die Biesterfeld AG bewegt, ist international und fachlich breit aufgestellt. Der Konzern sieht sich als Informations- und Entwicklungskatalysator in zweierlei Hinsicht: er konzipiert auf der Kundenseite Lösungen und agiert für seine Prinzipale als Marketingpartner. Um die Beschäftigten bei ihrer Arbeit mit vielfältigen Beziehungen, Operationen sowie rechtlichen Entscheidungen zu unterstützen, gibt die Geschäftsleitung ihnen konzernweite, verpflichtende Maßstäbe und Richtlinien an die Hand. Gleichzeitig räumt sie ihnen einen kreativen Spielraum ein, der durch die Losung „Unsere Mitarbeiter handeln als Unternehmer“ gekennzeichnet ist.

man in black jacket sitting on chair
Foto von Zaiqiao Ye

Warum Online-Assessment nur für Berufsstarter?

Bewerber benötigen vor diesem Hintergrund ein breites Portfolio an Erfahrungen, Fachexpertise sowie Sozialkompetenzen, das jedoch ein Online-Assessment nicht sinnvoll abbilden kann. Es müsste beispielsweise Karrierestationen relational mit den Stellenanforderungen abgleichen oder implizite Informationen auswerten, die ein Bewerber beispielsweise durch das Anschreiben gibt. Es müsste Verweilzeiten evaluieren und den beruflichen Aufstieg bewerten. Dieser zeigt sich meist durch eine Zunahme an Verantwortung, die sich je nach Branche und Anforderungen im letzten Job sehr unterschiedlich gestaltet. Diese Aufgaben können selbst mit fortschrittlicher Technik nicht bewältigt werden. Bei den Berufsstartern jedoch sind Grundpassungen und -qualifikationen sehr wohl strukturiert erfassbar, da hier wenig Berufskennzahlen zu berücksichtigen sind.

Das duale Online-Assessment-System

Das Biesterfeld Online-Assessment präsentiert sich Usern auf der Konzern-Website als „Online-Berufsorientierung“ mit der Einladung: „Hier können Sie überprüfen, ob Sie zu Biesterfeld passen und Biesterfeld zu Ihnen“. Eingeleitet wird es von zwei Videos, wovon das erste den Personalleiter, den Geschäftsführer einer Biesterfeld-Gesellschaft sowie eine Ausbildende mit ihren Erfahrungen vorstellt. Der Interessent erhält Informationen zu Unternehmenswerten und zum Recruitingablauf. Weiters setzt die interviewte Auszubildende mit einem Erfahrungsbericht zu ihrer Bewerbung positive Impulse: „Ich konnte beim Einstellungstest mit Azubis sprechen, hier fühlte ich mich wohl, weil ich betreut wurde“. Abgerundet wird dies durch ein zweites Video, in welchem zwei weitere Auszubildende von ihrem Studien- und Arbeitsalltag erzählen.

Nach dieser Präsentation wird der User gebeten, sich mit seinem Namen und seiner Email-Adresse zu registrieren, was verhindern soll, dass er aus reiner Neugierde teilnimmt. Er wird weiterhin darüber informiert, dass zunächst nur er seine Ergebnisse aus sechs Orientierungsfragen und 12 Problemlösungsfragen einsehen kann. Im Falle einer weniger guten Passung empfiehlt ihm das System, nach einer Weiterentwicklung erneut am Test teilzunehmen. Bei unzureichender Passung rät es ihm, sich anderweitig zu orientieren. Im Falle eines sehr guten Ergebnisses lädt es ihn zur Bewerbung ein. Erst dann liefert das System Biesterfeld seine Testergebnisse, welche in Excel ausgegeben und weiterverarbeitet werden. In der Folge werden die 20 attraktivsten Bewerber zum Präsenz-Assessment gebeten, von denen zum Schluss fünf eine Anstellung erhalten.

Die sechs Orientierungsfragen ergeben einen biografischen Fragebogen, der beispielsweise eruiert, wie viel interkulturelle Erfahrung ein Interessent besitzt, weil Sprach- und Kulturkenntnisse zu den Erfolgskriterien im Konzern gehören. Mögliche positive Antworten können ein längerer Auslandsaufenthalt oder eine mehrsprachige Erziehung sein. Außerdem erfasst das System die Englisch-Schulnote. Falsche Angaben würden spätestens beim Präsenztermin offenbar werden. Weiters werden Informationen zur Freizeitgestaltung und zu privaten Engagements erhoben, die auf die Teamfähigkeit und Selbstständigkeit der Kandidaten hinweisen. Beispielsweise zeigt eine Beteiligung am Mannschaftssport, dass sich hier ein Bewerber meldet, der leistungsorientierten Herausforderungen im Team annehmen kann.

Die Ergebnisse vom biografischen Fragebogen und IQ-Test werden getrennt ausgegeben, was es ermöglicht, Dissonanzen bei den Angaben festzustellen. Um die Effizienz des Online-Assessments zu testen, bearbeitet die Personalabteilung von Zeit zu Zeit Bewerbungen parallel zum System manuell. Die Personaler setzen dazu selbst ein Ranking der Kandidaten auf und vergleichen es mit dem automatisierten, mit dem Ergebnis, dass sie sich gleichen. Das Online-Assessment hat sich in den letzten drei Jahren bewährt und verschafft dem HR-Team Spielraum für die Abwicklung weiterer Aufgaben.