00:00:19
Alexander Petsch: Glückauf! Und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks, präsentiert von der RETENTIONpro, der ersten Expo für die Themen Mitarbeiterbindung und Employee Benefits, die am 10. April 2025 in den RheinMain Hallen in Wiesbaden stattfindet. Mehr zum Thema und im Blog der RETENTIONpro unter www.retentionpro.de.
Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Instituts, euer Gastgeber. In unserer heutigen HRM Hacks Folge spreche ich mit Nina Kuhlmann, und zwar über Hacks zum Thema Sabbatical als Employment Benefits für Unternehmen. Nina Kuhlmann war über zwölf Jahre bei IKEA Deutschland und ist seit drei Jahren selbstständig als Berater, Coach und Speakerin zum Thema Sabbatical. Ich habe Nina in Köln mal in der HR-Bar der temporären, nämlich bei der Verabschiedung von Cliff Lehnen als Chefredakteur der Personalwirtschaft kennengelernt, und wir haben uns ja spannend ausgetauscht über das Thema Sabbatical und dann beschlossen wir machen heute mal einen Podcast zusammen. Und ja, Nina ist natürlich Sabbatical-erfahren, aber auch Burnout-erfahren, und hat mir erlaubt, das auch in der Ankündigung so mitzuteilen. Und ich freue mich umso mehr, dass wir heute zusammen sprechen. Herzlich willkommen, Nina Kuhlmann!
00:01:46
Nina Kuhlmann: Ja, herzlichen Dank und danke dir für die Einladung.
00:01:49
Alexander Petsch: Ja, Nina, Mensch, wie kam es denn bei dir zum Thema Sabbatical?
00:01:52
Nina Kuhlmann: Ja, das war damals. Ich habe erst vier, fünf Jahre lang in der Finanzbranche gearbeitet, ganz bodenständig im Sauerland, wo ich gebürtig herkomme, und habe dann anschließend aber gemerkt, dass ich viel lieber Menschen beraten möchte bei etwas, was mir auch noch mehr am Herzen liegt als das Thema Finanzen. Und habe dann noch studiert in Köln und während des Studiums sind ganz viele meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen in ein Auslandssemester gegangen. Ich habe das aber nicht gemacht und somit hatte ich die Angst, etwas zu verpassen, das sogenannte FOMO, “Fear Of Missing Out”, und dann habe ich halt an mein Studium hintendran ein Auslandsjahr gesetzt, also mein erstes Sabbatical direkt nach dem Studium.
00:02:37
Alexander Petsch: Hab‘ ich direkt auch FOMO.
00:02:39
Nina Kuhlmann: Ja, das kann ich mir vorstellen! [lacht]
00:02:44
Alexander Petsch: Ja, wir haben uns überlegt gehabt, dass wir den Podcast heute mal ein bisschen anders machen als sonst, dass wir nicht gleich mit den Hacks starten, sondern erst mal mit ein paar, ja Erkenntnissen sozusagen, die du mit uns teilen möchtest zum Thema Sabbatical. Und wieso Sabbatical vielleicht auch überhaupt ein Thema für Unternehmen sein kann unter dem Employee Benefits Aspekt.
00:03:09
Nina Kuhlmann: Ja, also, ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass ein Sabbatical, also eine berufliche Auszeit, ein absolut gutes Mitarbeiter Bindungstool ist. Dass die Mitarbeiter, also besser gesagt noch, an das Unternehmen nicht gebunden werden, sondern die MitarbeiterVERbindung wird dadurch unglaublich gestärkt. Also das Vertrauen, das sich dadurch aufbaut, die Dankbarkeit und auch die Loyalität, die Mitarbeitenden dem Unternehmen, dem Arbeitgeber, aber auch dem Chef und der Chefin gegenüber bringen, ist einfach absolutes Gold wert. Gerade dann, wenn man sich die aktuellen Zahlen, des Gallup Engagement Index anschaut, wo ja 7,3 Millionen Menschen in Deutschland innerlich gekündigt haben. Und ja, ich denke, dass das Thema Sabbatical dazu beitragen kann, dass, wenn man die Mitarbeitenden für eine bestimmte Zeit lang das Unternehmen verlassen lässt, dass sie dann ganz automatisch im Bumerang auch wieder zurückkommen, weil sie dann merken, ach Mensch, erstens habe ich meine Akkus aufgefüllt und zweitens, wie gut es ihnen doch geht in dem Unternehmen, wo sie gerade sind.
00:04:19
Alexander Petsch: Hm, vielleicht nochmal zurück. Was ist denn ein Sabbatical für dich? Ab wann sprichst du denn oder wann spricht man denn von einem Sabbatical? Was ist denn so eine Mindestlaufzeit, habe ich mich gefragt, oder Absenzzeit, ab der du sagen würdest, das ist ein echtes Sabbatical und kein Urlaub?
00:04:37
Nina Kuhlmann: Ich sage, grundsätzlich gibt es da keine feste Definition. Das kann jeder so definieren, wie er es möchte. Ich kann ganz klar nur sagen, dass man nicht von einem Sabbatjahr sprechen sollte, weil das schreckt natürlich jeden erstmal zurück, insbesondere die Führungskraft oder auch den HRler, HRlerin, die dann sagen: „Gotteswillen, ein ganzes Jahr kannst du nicht weg sein“, also ein Sabbatical beginnt bei mir bei zwei Monaten aufwärts.
00:05:05
Alexander Petsch: Mhm!
00:05:06
Nina Kuhlmann: Genau.
00:05:06
Alexander Petsch: Okay, gibt es da Statistiken drüber, was so das Durchschnittssabbatical ist?
00:05:12
Nina Kuhlmann: Ja, die liegen zwischen drei bis sechs Monate, also das heißt, die meisten wollen auch gar nicht ein ganzes Jahr raus, sondern da reichen manchmal drei bis sechs Monate dann auch vollkommen aus.
00:05:22
Alexander Petsch: Mhm, jetzt hast du gesagt, die kommen dann selbstverständlich zurück. Ich hätte jetzt natürlich gesagt, na ja, aber je nachdem, wo ich dann im Sabbatical bin, kommen ja vielleicht so viel neue kreative Ideen, was ich in meinem ganzen Leben doch schon lieber machen wollte, dass ich dann vielleicht gerade nicht zurückkomme. Wie siehst du das, oder gibt es da eigentlich auch eine Statistik, wie viel Mitarbeitende nach einem Sabbatical wieder zurückkommt zu demselben Arbeitgeber?
00:05:50
Nina Kuhlmann: Also meine Erfahrungen sind, dass 12 Prozent nicht mehr zurückkommen. Das liegt dann aber meistens daran, dass sie sowieso vorher schon innerlich gekündigt hatten und sowieso der Plan war, als sie einfach nur noch nicht sich getraut haben, vorher zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag anzusprechen. Und dann aber während ihres Sabbaticals merken, dass das nicht mehr das richtige Unternehmen ist. Ansonsten gibt es natürlich auch diejenigen, die ja einfach etwas Neues gefunden haben, andere Leidenschaft gefunden haben, sich dann vielleicht auch noch mal ganz neu aufstellen mit einem Job, den sie vorher noch gar nicht ausgeübt haben. Also einfach da sich neuen Leidenschaften zugetan haben, und ja, das dann ausprobieren, und das auch meistens sehr gut funktioniert, weil eine intrinsische Motivation dahinter steckt.
00:06:39
Alexander Petsch: Also sagst, 12 Prozent kommt nicht wieder, und der Rest kommt dann wieder.
00:06:43
Nina Kuhlmann: Ja.
00:06:43
Alexander Petsch: Finde ich eine wahnsinnig hohe Zahl, hätte ich jetzt anders vermutet. Mhm, wir hatten, ich habe dich ja schon bei der Anmoderation, fiel ja schon das Wort Burnout. Wie sind denn da so die Erfahrungen zum Thema Sabbatical und Burnout?
00:07:00
Nina Kuhlmann: Ja, ist es so, dass, wenn wir, wenn mehr Unternehmen das, also eine berufliche Auszeit anbieten würde, aktiv, insbesondere auch bei Fach- und Führungskräften, wäre es so, dass da grundsätzlich weniger Burnout oder psychische Erkrankungen allgemein auch stattfinden würden, somit, dass man vielleicht auch aktiv auf Mitarbeiter zugehen könnte und zu sagen, so, hey, ich sehe, gerade, da ist gerade was nicht im Lot. Wenn es eine aufmerksame Führungskraft ist, passiert das auch meistens, und dann zu sagen, wir haben wir die Möglichkeit, beim Unternehmen Sabbatical anzubieten, und das können wir dann auch aktiv tun, wenn gerade in so einem Fall dann jemand nicht mehr, ja, nicht mehr so viel leisten kann, wie das vielleicht mal der Fall war, um dann so eine absolute Win-Win Situation auch zu erzeugen, um den Mitarbeiter oder die Führungskraft halt rauszunehmen, zu sagen, okay, guck mal, was dir gut tut, bevor sie dann tatsächlich im Burnout landet und dann für mehrere Monate oder vielleicht sogar länger als ein Jahr krankgeschrieben ist.
00:08:04
Alexander Petsch: Haben wir in unserer Historie auch schon gemacht, dass wir Kollegen, Kolleginnen, die einen sehr, auch belasteten Eindruck gemacht haben und da sozusagen ne Auszeit angeboten haben.
00:08:18
Nina Kuhlmann: Ja, das ehrt euch sehr. Also ich würde mir wünschen, dass das mehr Führungskräfte, mehr Abteilungen oder Personalabteilung da auch wirklich darauf achten und dann auch wirklich ins Tun kommen. Weil die Kosten, die dann da entstehen durch die psychischen Erkrankungen sind natürlich wesentlich höher, als wenn man Mitarbeiter dann mal begleitet und sagt, okay, wir nehmen dich mal hier raus, du kriegst in irgendeiner Weise noch eine Unterstützung von uns, oder du kannst Überstunden abfeiern. Natürlich sollte man ein Sabbatical nicht gleichsetzen mit einer Krankschreibung, es sollte kein Ersatz sein. Also wenn da psychische Unterstützung auch benötigt wird, dann sollte man das natürlich auch ganz klar über den Krankheitsweg dann auch lösen.
00:09:01
Alexander Petsch: Ja, also, das war jetzt in unserem Fall, war das bei weitem noch nicht so weit, dass wir von Burnout gesprochen haben, sondern einfach, ich hatte damals den Eindruck, wir könnten mit dem Angebot sozusagen unseren Employee Life Cycle verlängern und das war dann im Endeffekt auch so.
00:09:19
Nina Kuhlmann: Sehr gut!
00:09:19
Alexander Petsch: Wie ist das eigentlich so mit Sabbatical, wie ist denn da so die durchschnittlichen Regelungen oder wie läuft denn das ab? Ist das eine Freistellung? Ist das sozusagen unbezahlt, also unbezahlter Urlaub oder wie? Wie lösen das die Firmen in der Regel?
00:09:38
Nina Kuhlmann: Ja, es gibt unterschiedliche Modelle. Also einmal gibt es natürlich die Freistellung. Auch ich hab da damals bei IKEA von profitiert, weil es halt auch einfach kein Sabbatical-Modell in dem Sinne gab. Somit hatte ich natürlich den Nachteil, dass ich für meine Sozialversicherung selber aufkommen musste. Das ist mal so ein bisschen ja mit so einem, so ein weinendes Auge dabei. Aber trotzdem war ich natürlich froh, dass ich damals die Chance hatte, ein Jahr das Unternehmen zu verlassen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, Langzeitarbeitskonten einzurichten, um da dann Zeit anzusparen. Das heißt beispielsweise, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin 80 Prozent des Gehalts ausgezahlt bekommt und 20 Prozent des Gehalts quasi in Zeit zurücklegt, dann kann man ja nach und nach, sich die Auszeit dann halt auch ansparen, und der Vorteil ist dann halt auch, dass das dann auch Insolvenz gesichert ist, wenn man dann dieses Langzeitarbeitskonto auch anlegt.
00:10:36
Alexander Petsch: Mhm, aber ich sag mal jetzt gerade in dem Fall, von dem wir gesprochen haben, okay, wir sind an einem Punkt, wo wir denken, okay, es wäre eine Auszeit sinnvoll. Meistens ist das ja dann nicht so, dass man dann noch so einen Horizont hat von ja, jetzt lass uns mal ein Jahr lang Zeit ansparen, und dann, also…
00:10:55
Nina Kuhlmann: Nee, das stimmt, in dem Fall ist es nicht so. In dem Fall müsste man dann halt schauen, ja, inwiefern ist es dann auch möglich, vom Unternehmen da finanziell zu unterstützen, weil man sich dann halt darauf einigt. Ich meine, es ist ja kein Urlaub, es ist keine Krankschreibung, es ist irgendetwas dazwischen, also grundsätzlich in Stein gemeißelt ist da erst mal gar nichts. Und ja, also, wenn man natürlich langfristig, also früh genug, schon so ein Langzeitarbeitskonto einführt, dann ja, es ist natürlich für alle von Vorteil, wenn man dann davon die Zeit wegnehmen kann oder ansonsten halt eine andere Lösung zu finden, ganz individuell. Also da noch einfach lösungsorientiert rangehen, von allen Seiten.
00:11:35
Alexander Petsch: Wie siehst du denn die Rolle von HR in dem Kontext?
00:11:41
Nina Kuhlmann: Ich finde, dass es eine ganz dankbare Rolle ist, wenn man selber als HR-Verantwortlicher einmal ein Sabbatical oder Benefits im Allgemeinen mitgestalten kann, und dann auch zu sagen, “Okay, auch ein Sabbatical würden wir ganz gerne in unseren Benefit Portfolio sehen”, und dann gleichzeitig sind die Personalverantwortlichen ja nicht nur in der Rolle in der Personalabteilung, sondern sie sind ja auch Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen im Unternehmen selbst und haben somit dann auch die Chance ein Sabbatical nehmen zu können. Das heißt, ich glaube, dass man da, wenn man an dieser Quelle sitzt, dann auch mitgestalten kann und dann zu schauen: Okay, wie sieht, wie kann so ein Sabbatical, wie kann so eine Vereinbarung dann noch aussehen? Wie sieht so ein Leitfaden zum Beispiel aus? Da ja aktiv zu gucken, worauf hätte man selber vielleicht auch mal Lust, was könnte, also man, man steckt ja in beiden Rollen drin, und manchmal switcht man dann halt so in die eine oder aber auch in die andere Position rein. Man ist ja nicht einfach nur Geschäftsführer oder Geschäftsführerin und hat dann vielleicht noch mal andere, ja Vorteile, möchte ich es mal nennen. [lacht]
00:12:57
Alexander Petsch: Also, du denkst Sabbatical ist auch was was für die Kategorie “Eat your own Food”? [lacht]
00:13:01
Nina Kuhlmann: Absolut, absolut, ganz klar! Also, ich habe schon einige erlebt, die dann gesagt haben, so, das wollten wir eigentlich auch schon immer mal mit der Familie eine Auszeit nehmen, aber das war bisher gar nicht möglich, weil wir es nicht angeboten haben, und jetzt können wir es halt selber mitgestalten, und das ist natürlich dann auch von Vorteil.
00:13:20
Alexander Petsch: Ja, dann lass uns noch mal zu deinen Hacks einsteigen, die du uns mitgebracht hast. Was glaubst du? Was sind absolute Dinge, an die man denken sollte, wenn man jetzt beschließt: „Okay, ich kann mir das vorstellen als Employee Benefit oder auch für mich als Unternehmen als strategische Maßnahme, wenn ich es mal, Sabbatical Lösungen einzuführen. Was sind Dinge, die das Ganze besser machen, wenn ich daran denke?”
00:13:48
Nina Kuhlmann: Ja, also zu allererst würde ich sagen, dass dieses Thema Sabbatical ganz wichtig ist da, dass die Bedürfnisse des Mitarbeitenden da mal angehört werden sollten. Das heißt, das Ganze auch ernst nehmen und nicht von vornherein direkt zu sagen, nee, hatten wir noch nicht, und da haben wir auch nicht vor irgendwas daran zu verändern. Also, oftmals ist es nicht so, dass gleich 20, 30 Prozent der Mitarbeitenden auf die Personalabteilung oder aber auch auf die Führungskräfte zugehen und sagen, wir hätten jetzt gerne hier ein Sabbatical, sondern das sind so ja 2 bis 6 Prozent in der Regel. Und somit ist es oft so, dass das halt kein Thema ist, wo ein großer Pain ist und dementsprechend ist es umso wichtiger, dann diejenigen, die vereinzelt ankommen, und das ganze Ansprechen, dann auch wirklich ernst zu nehmen und dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Denn das sind in der Regel diejenigen, die entweder wirklich eine Auszeit brauchen, sonst würden sie es nicht ansprechen, oder aber sie haben schon innerlich gekündigt, trauen sich aber noch nicht wirklich, auch die Kündigung laut auszusprechen, und ich finde, wenn man da keine gemeinsame Lösung findet, dann wird aus der inneren Kündigung oder aus dem Traum, eine berufliche Auszeit zu nehmen, dann auch ja, nicht schnell, aber auf kurz oder lang dann auch eine laute, ausgesprochene Kündigung.
00:15:12
Alexander Petsch: Kann man ja eine steile These daraus ableiten? Sozusagen das Angebot eines Sabbatical als Honey Pot für innerlich gekündigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? [lacht]
00:15:24
Nina Kuhlmann: Ja, ich weiß nicht, also ich meistens ist es ist ja dann so, dass diejenigen, die sowieso schon innerlich gekündigt haben, dann auch mit zu den 12 Prozent zählen, die dann hinterher nicht wieder zurückkommen zum Unternehmen, aber sich halt einfach nur nicht trauen, das Ganze dann auch vorher klar zu regeln und sich dann das Sabbatical so zu holen, indem sie ganz sauber kündigen im alten Unternehmen oder aber auch ja, den Aufhebungsvertrag halt ansprechen, wenn es denn gewollt wird, von beiden Seiten, dann eine natürliche Pause drin haben im Lebenslauf und dann bei dem neuen Unternehmen wieder anfangen nach einer bestimmten Zeit. Aber da trauen sich die wenigsten, denn eine aktive Kündigung ist natürlich noch mal ein anderer Schritt, als wenn man erst mal eine berufliche Auszeit nimmt und dann noch die Sicherheit hat, das Unternehmen im Hintergrund zu haben, obwohl man eigentlich schon ganz klar weiß, dass man nicht mehr zurück möchte.
00:16:17
Alexander Petsch: Also dein erster Hack ist im Prinzip nicht “One size fits all”, sondern jeder Fall ist anders, und jede, jeder hat ein anderes Bedürfnis, und dass man das sehr individuell lösen sollte.
00:16:35
Nina Kuhlmann: Ja, ganz genau richtig, also wirklich da hinzuhören. Die eine braucht vielleicht zwei Monate, die andere Person sagt, ach Mensch, ich brauch sechs Monate, denn ich habe da irgendwie einen riesengroßen Traum, und das kann ich nur in sechs Monaten angehen und umsetzen. Und von daher ja einfach die Möglichkeiten, sich anhören oder die Wünsche, sich anhören und dann zu schauen, okay, wie findet man gemeinsam eine Lösung. Aber dann auch für beide Seiten, und das sage ich auch ganz bewusst, ob man den Privatkunden, die dann sagen, na ja, ich würde dann aber gerne über einen Winter für drei Monate weg, und dann sage ich, naja, aber… Versucht euch auch ganz bewusst in die Position der Führungskraft zu setzen, so wechselt die Stühle, und es geht dann auch im Coaching ziemlich gut, dann sich wirklich in die andere Person, in die Führungskraft oder in die HR-Verantwortlichen hineinzuversetzen und schon mit Argumenten anzukommen und mit Vorteilen fürs Unternehmen und somit das ganze dann auch noch zu untermauern, zu sagen, das ist nicht nur eine positive, ein positiver Benefit für mich, sondern halt auch fürs Unternehmen, wenn ich engagiert und Akku aufgeladen wiederkommt.
00:17:40
Alexander Petsch: Jetzt haben aber die Seiten gewechselt. Kommen wir nochmal zurück zu den Hacks. Personalentscheiderinnen und Personalentscheider oder Unternehmen? Ja, was, was wäre so dein nächste Tipp? Was sollte man, wie sollte man damit umgehen, oder was macht man besser richtig?
00:17:55
Nina Kuhlmann: Was ich auch super wichtig finde, ist, wenn man Sabbatical anbieten möchte als Benefit, das dann auch wirklich aktiv zu tun und nicht als Sabbatical mit irgendwo auf die Liste von, weiß nicht, 20 Benefits zu setzen, dann aber ganz, ganz unten und am besten auch nicht auf die Webseite, weil es könnte ja tatsächlich jemand lesen und dann doch wirklich jemand danach fragen, und dann haben wir da keinen Leitfaden oder keine Vorgehensweise, geschweige denn, dass es irgendwie eine Betriebsvereinbarung mit drin verankert ist. Also ich finde, man sollte Sabbaticals aktiv anbieten und dann aber auch so durchziehen und nicht eine sogenannte Sabbatical Fata Morgana aufbauen, denn das ist ein absolutes no go, wenn man Benefits anbietet und dann doch nicht anbieten, also nicht nicht wirklich umsetzen kann aufgrund von den unterschiedlichsten Gründen oder ja, die manchmal auch an den Haaren herbeigezogen sind. Und das macht ein Unternehmen natürlich dann sehr unglaubwürdig und die Werte, da wird vielleicht noch mal genauer geschaut, wie glaubwürdig ist das Unternehmen jetzt noch hier, und möchte ich jetzt weiterhin hier bleiben, ja oder nein?
00:19:06
Alexander Petsch: Mhm.
00:19:07
Nina Kuhlmann: Genau!
00:19:07
Alexander Petsch: Also sozusagen, wenn ich es anbiete, dann auch wirklich richtig anpacken.
00:19:12
Nina Kuhlmann: Genau, und das auch nicht so eng machen. Also, ich hatte vor kurzem Kontakt zu den Unternehmen. Das sagt so, ja, wir bieten Sabbaticals an, haben das auch ganz stolz präsentiert. Gesagt, dafür muss man dann sieben Jahre im Unternehmen sein, und dann kann man zwei Monate nehmen, und das dann aber auch nur bestimmte Abteilungen und da auch nur bestimmte Ebene, und hab ich gedacht, okay, das war ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.
00:19:35
Alexander Petsch: Wenn die Sonne, Mond Konstellationen günstig steht, ja. Wenn wir gerade ein Auftragsloch alle sieben Jahre haben, dann können es passen. Ja, großartig! [lacht]
00:19:53
Nina Kuhlmann: Genau!
00:19:53
Alexander Petsch: Vorhin haben wir kurz über das Thema Langzeitarbeitskonten gesprochen. Ist da was, wo du sagen würdest, da sollte man dran denken? Bei der Ausgestaltung oder wie ist das?
00:19:59
Nina Kuhlmann: Ja, also, ich denke erst mal, dass viele Unternehmen bisher noch gar kein Langzeitarbeitskonto haben. Gerade mittelständische Unternehmen und kleine Unternehmen, aufgrund dessen, sich da schlau zu machen. Was gibt es da für Möglichkeiten. Auch, wie gesagt, mit der Insolvenzabsicherung, aber auch zu gucken wofür kann man Langzeitarbeitskonten denn noch nutzen? Neben dem Sabbatical kann man natürlich… Also diese typischen Reise. Wenn ich mal sage, 80 Prozent der Menschen möchten gerne reisen, während ihres Sabbaticals, andere wiederum möchten, weiß nicht, ein Buch schreiben oder ein Haus bauen oder einfach mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Aber man kann natürlich so eine Zeit dann auch noch für andere Dinge nutzen, wie zum Beispiel, dass man Weiterbildungen tätigt oder aber auch später/früher in Rente zu gehen, wenn man denn möchte.
00:20:47
Alexander Petsch: Ne ne, wir haben gerade eben schon mal das Stichwort Langzeitarbeitskonto gehabt. Gibt’s dazu was, wo du sagen würdest, da sollte man dran denken oder überhaupt? Wie funktioniert denn das? Ich bin da kein Experte. Wie geht man da vor?
00:21:01
Nina Kuhlmann: Es ist so, dass die Mitarbeitenden da die Möglichkeit haben ihr Geld, also das sie normalerweise ausgezahlt bekommen würden, das heißt, von 100 Prozent Gehalt legen sie, 80 Prozent des Gehalts wird auch wirklich ausgezahlt und 20 Prozent wird vom Gehalt in Zeit angespart. Das heißt, sie haben so die Möglichkeit, ihre Sabbatical-Zeit anzusparen, oder aber auch in Form von Überstunden, die angespart werden können, oder in Form von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, was auch in dieses Langzeitarbeitskonto fließen kann, um dann mehrere Monate dann ins Sabbatical zu gehen.
00:21:38
Alexander Petsch: Hmh, also zum Beispiel, wenn ich jetzt ein 13. das Gehalt bekomme, wäre das in Anführungszeichen einfach. Dann könnte ich sozusagen umrechnen, das ist sozusagen ein Monat bezahltes Sabbatical.
00:21:51
Nina Kuhlmann: Genau.
00:21:51
Alexander Petsch: Und gibt es dann auch die Möglichkeit zu sagen, okay, im Sabbatical switche ich auf Teilzeit, ist das dann auch irgendwie so eine Spielart, dass ich sozusagen aus meinem einen Monat dann sozusagen zwei mache, aber halt nur noch mit 50 Prozent Gehalt, irgendwie so?
00:22:08
Nina Kuhlmann: Ja, auch das ist möglich. Ganz genau. Das ist dann halt die Flexibilität der Langzeitarbeitskonten, und zwar arbeite ich da mit einem Experten zusammen, der sich dann noch viel besser auskennt im Bereich der Langzeitarbeitskonten, und zwar ist das die Firma PensExpert mit dem Dr. Thomas Haßlöcher, der ja da einfach noch viel genauer Bescheid weiß über das Thema.
00:22:32
Alexander Petsch: Also, wenn ihr mehr dazu wissen wollt, dann pingt mich an, dann machen wir da noch mal eine Folge zu. Nur zum Thema Langzeitarbeitskonten. Ja. Jetzt, sagen wir mal so drei Themen als Hacks schon. Gibt es weitere Sachen, wo du sagen würdest, das ist, daran solltest du denken, das sollten wir besser machen, das ja.
00:22:53
Nina Kuhlmann: Ja, also, ich finde, oftmals ist es ja gerade auch im Konzern, in großen Unternehmen so, dass bestimmte Strategien entwickelt werden, vorgestellt werden und Führungskräfte ja so ein bisschen informiert werden und nicht wirklich eingebunden werden. Und ich finde, bei so einer Sabbatical-Kultur, die eingeführt wird, es ist super wichtig, da auch die Führungskräfte ganz intensiv mit einzubinden. Denn ja, wie man sich vorstellen kann, wenn Abteilungsleiter Dinge mitentscheiden und Mitarbeitende das wahrscheinlich ganz cool finden würden, die Teamleiter dazwischen in dem mittleren Management dann auch mitzunehmen, zu sagen, “Hey, was habt ihr euch dabei gedacht ein Sabbatical einzuführen?” Wir haben gerade einen Arbeitnehmer Markt, und wie kann es sein, dass wir gerade Sabbaticals einführen? Denn schließlich brauchen wir mehr Mitarbeitende, wir wollen unsere aktuellen ja nicht loswerden, und wenn die Führungskräfte da entsprechend eingebunden werden und sehen, wie viel es bringt, wenn Mitarbeitende gehen dürfen für eine Zeit lang, dann wiederkommen und dann aber auch, ja wieder voll dabei sind und Energie haben und Ideen mitbringen und kreativ sind, mehr als zuvor, dann wird man langfristig auch sehen, dass das absolut die richtige Maßnahme ist.
00:24:13
Alexander Petsch: Du meinst, gerade im Mittelmanagement können sonst anders die Frage kommen. Ihr erwartet von uns, dass wir Ergebnisse liefern, und auf der anderen Seite nehmt ihr uns dann noch die, in Anführungszeichen, vielleicht besten Leute raus, auf Zeit oder ganz. Wie stellt ihr euch das vor?
00:24:28
Nina Kuhlmann: Richtig, genau. Also, kann natürlich auch sein, dass sie sagen, so, ja im Bereich, also, wenn jemand krank wird, dann ist das halt so, dann findet man eine Lösung, und auch wenn, wenn Frauen schwanger werden, findet man auch irgendwie eine Lösung. Aber da können wir dann auch nicht anders. Aber Sabbaticals ist ja so ein selbst kreiertes Problem. Dann einfach. ( ) Ja, genau, wenn man so will, ja, für alle. [lacht]
00:24:50
Alexander Petsch: Ich glaube alle Schwangerschaften sind selbst kreiert. [lacht]
00:24:53
Nina Kuhlmann: Das auch, aber das kann man da noch mal aktiv anders unterstützen, indem man dann halt Sabbaticals einführt, und das müsste man ja nicht. Also, und die Schwangerschaften, die sind halt einfach da, ob man will oder nicht, und das ist gut so.
00:25:05
Alexander Petsch: Ja, spannendes Thema. Gibt es noch zum Schluss, was wo du sagen würdest, das würde ich euch noch mit auf den Weg geben als Tipp.
00:25:12
Nina Kuhlmann: Also ja, ich möchte einfach nur nochmal sagen, dass ich zu diesem Thema jetzt einfach nochmal ganz klar ermutigen möchte. Ich hab’s selber am eigenen Leibe erfahren, wie es ist, wenn eine Führungskraft sagt, du kannst einen Sabbatical nicht nehmen. Diese drei Monate, die ich mir damals gewünscht habe, habe ich zuerst nicht bekommen. Es hieß, ja, wenn du das möchtest, dann musst du dich aber für drei Jahre beim Unternehmen verpflichten, und das hat bei mir genau das Gegenteil ausgelöst. Ich habe mich unverstanden gefühlt, und ich habe mich zu Hause an meinem Schreibtisch gesetzt und habe Bewerbungen geschrieben, weil ich dann zu einem anderen Unternehmen wechseln wollte. Und ich glaube, dass, wenn man Mitarbeitende loslässt, dann kommen sie ganz automatisch wieder und zwar so, dass sie dann energiegeladen sind und eben wissen, was sie wollen, und möglicherweise dann auch in eine andere Abteilung wechseln. Auch das ist eine Möglichkeit, um dann das Wissen, was sie aus der Abteilung haben, mit in eine neue Abteilung geben und auch da zu gucken, okay, wie kriegt man das gemeinsam hin. Ich glaube, dass da ganz viel Synergieeffekte geschaffen werden können durch ein Sabbatical. Wichtig ist, dass der Mitarbeitende auf jeden Fall zurückkommt, was man auch möchte. Dass die Mitarbeitenden auch wiederkommen um eine gemeinsame gute Zeit weiterhin zu haben.
00:26:32
Alexander Petsch: Mhm, ja, also, das finde ich auch bei Weiterbildungen übrigens genauso ein Thema. Also, ich bin auch kein Freund, wenn ich sage mal Mitarbeitende Weiterbildungen machen wollen und das dann zu Knüpfen an eine gewisse weitere Unternehmenszugehörigkeit, denk ich mal so. Wir machens hier nicht, ich fand das immer schon irgendwie komisch. Ja, weil ich gesagt hab, wenn das die Motivation des Bleibens ist, dann arbeiten wir, glaub ich, hoffentlich motiviert auf einem anderen Niveau.
00:27:02
Nina Kuhlmann: Ja, ganz genau, sehe ich auch so.
00:27:04
Alexander Petsch: Also, wenn ich wirklich Sabbatical als Employee Benefits Tool einsetze, dass ich mich da auch strategisch länger, also ich sag mal, Schlüsselwort, Personalschlüssel drauf einstellen muss, oder sagst du, nee, das ist eigentlich 2, 3 Prozent für die das in Frage kommt, das kriege ich auch, ich sag mal, mit meinem normalen Recruiting wegen gewuppt und überbrückt, oder wie wäre da noch dein letzter Tipp zu?
00:27:38
Nina Kuhlmann: Also, ich bin der Meinung, dass wenn wir nachhaltig mit diesem Tool arbeiten wollen, den Personalschlüssel da anheben sollten, damit auch alle Mitarbeitenden die Möglichkeit haben ein Sabbatical zu nehmen. Auch wenn das dann nur ein paar Prozent sind, aber diejenigen die das dann gemacht haben, die dann anschließend wiederkommen und andere Mitarbeitende sehen, “Ach Mensch, die Person hat es gemacht und auf einmal jetzt fast eine neue Person daraus geworden. Ich möchte auch so viel Energie haben und ja vor Tatendrang nur so sprühen.” Dann steckt das natürlich an, und dementsprechend wird es dann vielleicht irgendwann nicht mehr aufgefangen werden durch normale Recruiting Tätigkeiten oder aber auch durch Mitarbeitende, die schon da sind, zumal die ja meistens sowieso schon genügend Arbeit haben und nicht noch Arbeit on Top bekommen sollten. Und aufgrund dessen bin ich der Meinung, dass der Personalschlüssel da prozentual angehoben werden sollte, damit das aufgefangen werden kann und kein Neid entsteht bei anderen Mitarbeitenden und auch vor allen Dingen keine Angst, dass sie die Arbeit jetzt von anderen auch noch übernehmen müssen.
00:28:45
Alexander Petsch: Na also, das ist eine größere Box der Pandora. Wenn man sie geöffnet hat, dann können sich spannende Dinge daraus entwickeln, aber es ist auch mit Mühsal und Arbeit verbunden, als Unternehmen da hinzukommen, oder?
00:29:01
Nina Kuhlmann: Ja, das ist richtig. Wenn es so einfach wäre, dann würde es ja schon jeder machen, und ich glaube einfach, dass es aber ein absoluter Wettbewerbsvorteil ist, gerade in einem Arbeitnehmermarkt. Da diejenigen erstens zu bekommen, die potenziellen Mitarbeiter, die man sucht, und zweitens aber auch diejenigen zu halten, die man halten möchte. Und das über eine lange Zeit, denn beispielsweise wenn jeder Mitarbeitende alle drei Jahre die Möglichkeit hätte, für drei Monate eine Auszeit zu nehmen. Also, ich fände das ganz schön genial, wenn man es einmal gemacht hat, dann möchte man es auch immer wieder machen, und somit entwickelt sich ja dann eine Mitarbeiterbindung oder eine Mitarbeiterverbindungen, die ganz natürlich sich entwickelt und das einfach total schön ist, dass man auch so ja weiter zu geben und zu sehen, dass sich die Arbeit, die man erstens da reinsteckt, aber dann nach und nach auch so das Wichtigste rauskristallisiert. Und das ist halt, dass die Mitarbeitenden halt bleiben oder zum Unternehmen finden, aufgrund des coolen Benefits.
00:30:04
Alexander Petsch: Liebe Nina, herzlichen Dank, dass du das Bild auch zum Schluss nochmal gemalt hast, wie es aus deiner Sicht super passen würde. Spannender Brain Food für mich heute!
00:30:14
Nina Kuhlmann: Ja, danke für die Einladung hervor, also bis bald.
00:30:20
Alexander Petsch: Und wenn ihr das Thema Sabbatical noch mal nachlesen wollt oder auch die Tipps und Tricks unserer heutigen Podcast Episode nachlesen wollt, dann findet ihr das natürlich unter hrm.de. Also, Glück auf und bleibt gesund und denkt dran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.