Programmierer sind bekanntlich gefragt. Viele Unternehmen suchen händeringend nach Web-Entwicklern. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die gerne eine Beschäftigung hätten. Zum Beispiel Geflüchtete, die in Österreich auf Arbeitssuche sind. Als dem WU-Studierenden Stefan Steinberger dieser Zusammenhang auffiel, führte er beides zusammen und gründete im Sommer 2016 refugees{code}. „Zunächst hatte ich weder Geld noch einen Raum. Außerdem konnte ich selbst nicht programmieren“, erzählt er aus den Anfangstagen. Daher suchte er sich Co-Founder, die das fachliche Know-how mitbrachten, und ging eine Kooperation mit der Informatik-Fakultät der TU Wien ein. Studierende unterrichten seitdem im Rahmen einer Lehrveranstaltung geflüchtete Menschen – zunächst in den Räumen der TU, später in den Seminarräumen von refugees{code}.

hallway between glass-panel doors
Foto von Nastuh Abootalebi

In den ersten Monaten fand der Unterricht zweimal in der Woche für je drei Stunden statt. Im Oktober 2017 lief dann ein neunmonatiger Vollzeitkurs mit einem Trainer an, der die Teilnehmer – zusätzlich zu den Studierenden der TU Wien – unterrichtet. Mit einer Mischung aus Face-to-Face-Unterricht und E-Learning lernen die Teilnehmer die Grundzüge des Programmierens und beenden den Kurs mit einer Spezialisierung in Java oder Javascript. Ende Mai werden die ersten 20 ihre Ausbildung abschließen und sind bereit für den Einstieg in die Arbeitswelt. „Unser Ziel ist es, ihnen ein drei- bis sechsmonatiges Praktikum zu vermitteln – mit Option auf eine Festanstellung als Junior Developer“, so Steinberger. Interessierte Unternehmen sollten ein Interesse daran haben, die Neueinsteiger nachhaltig zu integrieren und entsprechend zu fördern, beispielsweise, indem sie ihnen einen Mentor zur Seite stellen und ihnen einen Deutschkurs finanzieren. Interessierte Unternehmen können sich direkt an refugees{code} wenden

Deloitte unterstützt Social Startups 

Ähnlich wie das Projekt refugees{code}, mit dem Gründer Stefan Steinberger kürzlich auf die Forbes-Liste der 30 einflussreichsten jungen Pioniere unter 30 in der DACH-Region gewählt wurde, sind in Österreich in den vergangenen Jahren verschiedene Initiativen entstanden, die Ausbildung und Jobvermittlung für Geflüchtete anbieten. Das Beratungsunternehmen Deloitte unterstützt im Rahmen seiner Initiative „found!“ Startups, die sich eben diesem Thema annehmen. „Wir haben eine Jury zusammengestellt, die sechs Startups ausgewählt hat“, berichtet Gundi Wentner, Partnerin im Bereich Human Capital bei Deloitte Österreich. „Sie wurden sechs Monate lang von Kollegen aus den Fachbereichen Steuern, Corporate Finance und Consulting beraten, um von der Idee zu einem Businessplan zu kommen.“ Aus diesem Kreis zeichnete das Unternehmen im vergangenen Jahr drei Startups mit einem Preis aus, der neben einer finanziellen Unterstützung in Höhe von 25.000 Euro zusätzliche Beratungsleistungen umfasste. Zu den Preisträgern gehörte das Café Namsa in Innsbruck, das geflüchteten Menschen eine Ausbildung in der Gastronomie ermöglicht, die Firma CARamel, die mit Lastenfahrrädern und eTukTuks Reinigungsdienstleistungen für Fahrzeuge anbietet, sowie interprAID, eine Dolmetscher-Plattform, die Übersetzungen in 50 Sprachen in Programm hat.

Erfolgreiche Jobsuche: Zahlen zur Integration

Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass immer mehr Menschen mit Fluchthintergrund auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Fuß fassen. Laut AMS waren Ende März 2018 bereits 29 Prozent jener Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten in Beschäftigung, die von Anfang 2015 bis Mitte 2016 nach Österreich kamen. Bei einer Befragung von Deloitte vom Jänner und Februar 2018 gab ein Drittel der 186 befragten Führungskräfte an, dass sein Unternehmen bereits Geflüchtete beschäftige. Die überwiegende Mehrheit plante zudem Anfang 2018, (weitere) Menschen mit Fluchthintergrund zu beschäftigen. Bei einer vergleichbaren Befragung im Sommer 2016 hatte nur ein Prozent der Betriebe angegeben, geflüchtete Menschen eingestellt zu haben. Zwei Drittel gaben damals aber an, dass sie dazu grundsätzlich bereit seien.

Wie sich die Kürzungen der AMS-Mittel für die Integration von Asylberechtigten auf die Chancen geflüchteter Menschen auf dem Arbeitsmarkt, bleibt abzuwarten. Die Regierung hat das Budget für 2018 um 105 Millionen auf 50 Millionen Euro gekürzt„Es gibt ganz klar eine politische Ebene, auf der wir Mittel und Institutionen brauchen, um die Integration voranzubringen“, sagt Gundi Wentner. „Aber wir sehen in unseren Projekten: Es gibt viele Menschen unter den Geflüchteten, die sehr motiviert sind, zu lernen, die Kultur zu verstehen und einen Beitrag zu leisten – und sie finden dann auch Unternehmen, die bereit sind, sie zu nehmen.“

 

Webtipps

Unternehmen, die sich für das Projekt refugees{code}, interessieren und Programmierer suchen, finden weitere Informationen unter: http://www.refugeescode.at/for-companies/


Weitere Informationen zum Deloitte Future Fund finden Sie unter: http://www.deloittefuturefund.at/ueber-den-deloitte-future-fund/

Schulabschluss und Berufsausbildung

Neben der Initiative „found!“ finanziert Deloitte über den eigens gegründeten „Deloitte Future Fund“ ein Projekt der Diakonie, das bislang rund 200 Menschen mit Fluchthintergrund den Pflichtschulabschluss ermöglicht hat. Deloitte-Mitarbeiter engagieren sich dabei als Lernpaten. Gemeinsam mit der Raiffeisen Bank gründete das Unternehmen zudem eine Accounting School, die bisher 15 Teilnehmern einen WIFI-Buchhaltungskurs mit Abschluss ermöglichte. Drei Teilnehmer dieses Kurses arbeiten heute für Deloitte. „Einer der Absolventen war früher schon als Buchhalter in Syrien beschäftigt und arbeitet heute bei uns in der Personalbedarfsplanung, ein anderer ist im Compensation Management tätig“, erzählt Wentner. Einen weiteren Kandidaten, der bei Deloitte ein Praktikum absolvierte, konnte das Unternehmen an die Österreichische Post vermitteln. „Dort wurde das im positiven Sinne gar nicht primär als soziale Aktivität verstanden, sondern man war überzeugt, dass man damit einen sehr wertvollen, sehr engagierten Mitarbeiter gefunden hatte“, betonte die Firmengründerin. „Buchhalter gehören zu den Mangelberufen – und unter den Geflüchteten sind sehr viele, die zwar eine Starthilfe brauchen, aber anschließend genauso kompetent und engagiert sind wie andere Mitarbeiter auch“.