Katalysator fur zukunftsweisende Personalarbeit
 
Wer als Personaler auf der Höhe der Zeit bleiben will, ist stets auf der Suche nach innovativen Ansätzen, Produkten und Methoden für die aktuellen Herausforderungen. Dabei ist leider festzustellen, dass die Innovationsgeschwindigkeit im Personalwesen hinter vielen Entwicklungen herhinkt. Eine überschaubare Anzahl an Fachpublikationen und Konferenzen, auf denen immer wieder die gleichen Protagonisten auftreten, lassen Innovationssprünge kaum vermuten. Oder sind die Innovationen im HR-Umfeld einfach nur nicht bekannt?
Ein Grund fiir die Behäbigkeit des Personalwesens ist das Fehlen geeigneter Inspirationen und Austauschmöglichkeiten, bei denen innovative Ansätze bekannt gemacht und diskutiert werden können. Neue Impulse schaffen es nicht, bis zur Mehrheit der Personaler vorzudringen.

selective focus photography of people sitting on chairs while writing on notebooks
Foto von The Climate Reality Project

Eine der wenigen Ausnahmen ist der HR Innovation Slam, der innovativen Personalern im deutschsprachigen Raum ein Sprachrohr und eine Bühne gibt. Für die Zuschauer ist der Slam eine komfortable Möglichkeit, sich mit neuen qualitativen Impulsen ohne viel Aufwand auseinanderzusetzen: Als Wettbewerb für innovative HR-Ansatze konzipiert, präsentieren je vier Innovatoren in drei einstündigen Online-Vorentscheiden in je zehn Minuten ihre Konzepte und Produkte. Dabei ist thematisch alles erlaubt: Von Rekrutierung iiber Personalenlwicklung bis hin zu administrativen Lösungen oder dem Gesundheitsmanagement – eine zukunftsfahige und leisungsorientierte Herangehensweise ist ausschlaggebend, um anhand einer kurzen Bewerbung durch das HIS-Komitee als Präsentator ausgewählt zu werden.

Innovation ist die Hauptsache

Dabei ist auch die Herkunft der bisher rund 90 eingereichten Innovation zweitrangig: Produkte von Startups, Dienstleistungen von Beratungen, Best Practices aus Unternehmen oder auch relevante wissenschaftliche Erkenntnisse – Hauptsache, es wird ein HR-Ansatz gezeigt, der innovativ ist und einen Mehrwert fiir Personaler und Unternehmen bieten kann. Denn nach den Präsentationen folgt prompt das Feedback: Das Fachpublikum stimmt über die vorgestellten Innovationen ab und kürt den Sieger des jeweiligen Vorentscheids, der damit automatisch fiir das Finale um den HR Innovator des Jahres qualifiziert ist.

Neben den Inhalten hat sich auch der HR Innovation Slam seit seiner Gründung 2010 weiterentwickelt. So werden inzwischen viele Slams als Hybrid-Event ausgetragen: Publikum und Kandidaten können sich aussuchen, ob sie beim HIS live auf den wichtigsten HR-Messen vorbeischauen oder ob sie sich online dazuschalten. Das Voting wird dann über SMS und Online-Ted in Real-Time zusammengefügt, um den Gewinner direkt bekannt geben zu können. Durch diese technischen Möglichkeiten hat sich der HR Innovation Slam bereits iiber die Landergrenzen verbreitet. Bewerbungen kommen aus Österreich, Schweiz und den Niederlanden, und die Zuschauer schalten sich aus Schweden, Litauen, England et cetera zu – obwohl der Slam zurzeit noch komplett deutschsprachig durchgeführt wird.

 
Nutzen für Innovatoren und Zuschauer

Der Nutzen dieses Non-Profit-Projekts liegt für beide Seiten klar auf der Hand: Die Innovatoren haben die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren und sofort ein direktes Feedback zu bekommen, ob ihre Innovation sich mittelfristig in der HR-Szene etablieren kann. Insbesondere Startups profitieren als Anbieter von Lösungen vom Zugang zu vielen Personalern – solch eine Bekanntheitssteigerung können sie anders kaum erreichen.

Auch die Personaler aus Unternehmen möchten gerne demonstrieren, wie gut sie im Unternehmen und im Vergleich zum Wettbewerb aufgestellt sind. Der Gewinn eines Slams zeigt deutlich, dass die unternehmensinterne HR- Abteilung gute und zukunftsfähige Personalarbeit leistet. Diese Art der Anerkennung ist für HR eher selten und kann für internes Marketing und zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität verwendet werden. Unternehmen wie Telekom, Swarovski, E-Plus, Deutsche Bahn haben die Chance bereits genutzt.

Zudem können sich Dienstleister im HR Innovation Slam der Personalergemeinde präsentieren. So meint Lasse Seidel, Geschäftsführer von persofaktum (HR Innovator 2011): „Vor allem Startups haben die Chance, auch im Vergleich mit renommierten Unternehmen (zum Beispiel Deutsche Bahn, E-Plus) die Zuschauer zu überzeugen und damit im direkten Wettbewerb zu schlagen. Es zählen Idee und Umsetzung, weniger Budget oder Namen. Die Zustimmung des großen Fachpublikums hat uns bei der Akquise sehr geholfen. Das Format bietet eine tolle und innovative Bühne!“

Auf der anderen Seite profitieren vor allem die Zuschauer mehrfach: Zum einen können sie sich ohne Reiseaufwand und Kosten bequem am PC über Trends im HR Bereich informieren und sich dadurch inspirieren lassen. Zum anderen bieten die anschließenden Diskussionen per Chat und in Foren die Möglichkeit, direkt ins Gespräch zu kommen und die vorgestellten Ansätze zu diskutieren.
So berichtete ein Personalleiter eines mittelständischen Unternehmens, dass er mit einem der Innovatoren Kontakt aufgenommen hat und die vorgestellte Rekrutierungslösung in Kürze implementiert wird: „Ohne den HR Innovation Slam hätte ich wohl erst viel später erfahren, dass diese Lösung überhaupt existiert. Jetzt haben wir im Wettbewerb um junge Talente die Nase vorn.“
 
Größtes Online-Event der HR-Szene

Nach inzwischen drei Jahren und elf Slams konnte sich der HR Innovation Slam als das größte Online-Event der HR- Szene im deutschsprachigen Raum einen Namen machen. So schauen im Schnitt 150 Zuschauer (bis zu 270 beim Finale 2012) den Slam an.

Dass Personalarbeit einfallslos oder innovationsfeindlich sei, kann die hochkarätig besetzte Fachjury nicht erkennen. Im Durchschnitt bewerben sich zehn Innovatoren für die vier Plätze im jeweiligen Vorentscheid. Dabei stammt der Großteil der Bewerbungen aus dem Dienstleistungssektor. „Wir freuen uns über die positive Entwicklung der Zuschauer- und Bewerberzahlen. Mit vielen Innovatoren aus den letzten Jahren halten wir noch immer Kontakt – es entwickelt sich eine Community, die den HIS weiterträgt. Einziger Schwachpunkt ist die Resonanz aus der Wissenschaft. Die ist mehr als verhalten. Das ist aus unserer Sicht eigentlich unbegreiflich, da gerade Fachhochschulen häufig anwendungsorientiert forschen und den Kontakt zur Wirtschaft suchen“, kommentiert Hartmut Scholl, Vorstand der reflact AG und Jurymitglied, die Bewerbungssituation.

Der Mix der Finalisten im großen Abschluss-Slam eines Jahres ist sehr bunt. So traten Im Finale 2012 vier ganz unterschiedliche Kandidaten gegeneinander an:
  • Rekrutierung: Peer Bieber von der talentfrogs GmbH zeigte das Jobportal „Talentfrogs“ – das die Suche nach Kompetenzen statt nach Lebensläufen fokussiert.
  • Kollaboratives Ideenmanagement: Deutsche Telekom AG (Herr Robert Kunz) demonstrierte mit dem Tool „Ideengarten“ eine Plattform zum Einbringen und Weiterentwickeln von Ideen für das Unternehmen.
  • Personalentwicklung: DDI Deutschland GmbH (Wolfgang Doerfler) brachte mit Manager Ready ein virtuelles Assessment/Development Center für Führungskompetenzen mit.
  • Bonussysteme: Resourceful Humans Consulting (Heiko Fischer) mit StaR(H)s zeigte, wie ein Social Bonus System für Teams die Wertschätzung und Wertschöpfung steigern kann
Auch in 2013 war das Finale wieder spannend. Am 17. September traten von der „Zukunft Personal“ in Köln vier Innovatoren aus vier Ländern live gegeneinander an:
– Berufswahl: Whatchado aus Österreich zeigt das Wiki der Lebensläufe: Inspiration für Berufs- und Arbeitgeberwahl durch sieben Fragen-Videos mit Arbeitnehmern vom Straßenbahnfahrer bis zum Vorstandsvorsitzenden einer AG.
  • Recruiting: Younect aus Deutschland hat ein Recruitingtool für Netzwerke entwickelt, um erstklassige B-Kandidaten durch Weiterempfehlung an andere Unternehmen in der Region zu halten. Und zeigt die gemeinsame Power für Branchen und Regionalverbünde.
  • Selfassessment: Swarovski aus der Schweiz zeigt eine Best Practice aus ihrem Unternehmen: Für die Optimierung des Recruitingprozesses für Verkaufspersonal wird ein Online-Game als Pre-Assessment-Center eingesetzt, um die Qualität der Bewerbungen zu steigern und die Bewerber besser über die Erwartungen des möglichen Arbeitgebers zu informieren.
  • Personalauswahl: Textkernel aus den Niederlanden möchte mit Semantic match! automatisch Kandidaten in eigenem Talentpool und externen Bewerbungen identifizieren – eine komfortable Suche nach geeigneten Mitarbeitern
Whatchado konnte die über 200 Zuschauer am 17. September überzeugen und ist HR-Innovator 2013. Weitere Infos unter www.hrslam.de. Auf der Website besteht umgekehrt auch die Möglichkeit, Wunschthemen zu äußern, zu denen Lösungen und Innovationen gesucht werden. Ebenso sind alle eingereichten Bewerbungen seit 2013 zu sehen. Wer als Innovator am Slam teilnehmen möchte, wird auch 2014 wieder die Gelegenheit dazu bekommen. Die Finanzierung des Non-Profit-Formats ist auch für das kommende Jahr gesichert und die Personalergemeinde darf sich auf neue Innovationen freuen (Bewerbungsfrist startet am 1. November 2013).
 
Personaler als Trendsetter

Das Potenzial des HR Innovation Slam ist noch lange nicht ausgeschöpft. Man benötigt nicht viel Phantasie, um sich weitere Anwendungsfelder und -formate vorzustellen, die Möglichkeiten des virtuellen Netzes zu nutzen. Dies tun auch die Veranstalter des HR Innovation Slam, die gerade zusätzliche Angebote für den unternehmensinternen Einsatz des Formats und seiner Varianten vorbereiten. Diese sollen es Unternehmen ermöglichen, die Vorteile von Online- oder hybriden Veranstaltungen zu nutzen. So können die interne Kommunikation, die Umsetzung von Innovationsprozessen oder die Begleitung größerer Change-Projekte durch das vorgestellte Konzept effizient gefördert werden. Vielleicht sind es diesmal ja die Personaler, die ein Instrument ins Unternehmen einbringen und sich als Trendsetter erweisen.
 
Autorin |
Prof. Dr. Nele Graf,
Geschäftsführerin der Mentus GmbH, einer Beratung für Mentoring und Führungskräfteentwicklung; Professur für Personal und Organisation an der Hochschule für angewandtes Management in Berlin. Forschungsschwerpunkte: Zukunft der Personalentwicklung und neue Führungskonzepte,
gründete 2010 den HR Innovation Slam (www.hrslam.de), den sie bis heute moderiert und fachlich begleitet.
ng@hrinnovationslam.de