Der Volksmund sagt: Wer nicht viel hat ist arm, wer nicht viel braucht, ist reich!

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Foto von Gabrielle Henderson

Der Gehirnforscher Manfred Spitzer sagt: Geld macht nur soweit glücklich, als dadurch das Nötige erworben werden kann. Mehr Geld macht nicht glücklicher, was Ländervergleichende Studien zeigen. Und um was kann es mehr gehen als um Glück?

Sicher haben wir verschiedene Vorstellungen davon, was nötig ist, doch was sind wirklich originäre menschliche Bedürfnisse? Gemeinschaft gehört dazu und muss z.B. nicht viel kosten, sucht man nicht Solidarität durch Exklusivität zu ersetzen. Oder haben wir uns in eine unheilvolle Konsumsucht drängen lassen?

Hat man uns mit Erfolg weis machen, dass es für die gesellschaftliche Stellung wichtiger ist, Edelmarken oder Schnäppchenmöglichkeiten zu kennen als Bücher, Bilder oder schöne Radwege? Dafür hetzen sich dann die einen Tag für Tag und müssen die Leere wieder mit Konsum und Kicks füllen, während sich andere überflüssig und nutzlos fühlen?1

Dabei könnten wir mit manchem Verzicht ein erfülltes Leben führen und solcher Wohlstand könnte für alle reichen, die Ressourcen des Planeten müssten nicht geplündert werden. Aber wir brauchten dafür ein anderes Wirtschaftssystem, das nicht von Blase zu Blase taumeln muss, um den Kollaps zu verhindern. Wir brauchten ein Verständnis von Wirtschaften, das mit Herstellen von Wohlfahrt und verantwortlichem Umgang mit Ressourcen mehr zu tun hat als mit Bereicherung und Spekulantenmentalität. Arbeitet denn Geld wirklich? Dass man am Ende Geld nicht essen kann, müsste sich herumgesprochen haben. Geld ist wichtig als Gestaltungsmittel, nicht als Wert an sich. Und wieviel vernünftiges Wirtschaften wäre möglich, wenn alle heute aktive Intelligenz darauf konzentriert werden könnten.

Ist die derzeitige Finanzkrise eine Chance? Gibt es die großen Spielräume? Ich weiß es nicht. Doch die kleinen Spielräume gibt es sicher für jeden von uns.
Ein Geschäftsführer berichtete im Coaching von den Zwängen, die seine humanen Einstellungen aushebeln. Nach Spielräumen für sein Handeln gefragt, sagte er: „Spielräume gibt es schon, aber das System ist nun mal wie es ist!“ Spontan entschlüpfte mir: „ Wenn alle ihre Spielräume nutzen würden, wären das System nicht so wie es ist!“ Paul Watzlawick nennt das die „Kettenreaktion des Guten“.
Hannah Arendt sprach von der „Banalität des Bösen!“ Heute sind meist die nicht im Blick, denen es nicht mehr reicht, wenn sich andere bevorzugt bedienen. Da werden Verschmutzungszertifikate von Chinesischen Wasserkraftwerken gekauft, auch wenn durch diese riesige Schäden verursacht werden. Da hätten wir alle gerne Renditen, die aber nicht vernünftig erwirtschaftet werden können.

„Banalität des Guten“ bedeutet, Horizonte erweitern, Zusammenhänge erkennen, Gewohnheiten prüfen, Spielräume ausschöpfen, Trägheiten überwinden und Mut fassen, Gestaltungsräume gemeinsam ausloten und positiv nutzen.

Stimmt schon: Irgendwie bin ich ein Moralist. Aber wir scheinen mehr zu werden. Vielleicht haben wir eine Chance.

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1 034 Dilemmata, Ökonomie und Ökologie im Umfeld unserer Profession – B. Schmid 1993 , Geleitwort zur Fachtagung „Lernen in Organisationen“ in Wiesloch