Welche Faktoren führen dazu, dass Mitarbeiter motiviert zur Arbeit gehen, dass sie sich engagieren und für ihr Unternehmen einsetzen? Das amerikanische Gallup-Institut kommt in seinen weltweiten Studien zu folgendem Ergebnis: Engagiert sind Mitarbeiter vor allem dann, wenn sie eine Arbeit haben, die ihren Stärken entspricht, wenn sie wissen, was das Unternehmen von ihnen erwartet und der Vorgesetzte sie bei ihren Aufgaben unterstützt. Procter & Gamble will diese Erkenntnisse leben und in der täglichen Personalarbeit umsetzen. Vier Aufgaben stehen dabei im Vordergrund:

group of people using laptop computer
Foto von Annie Spratt
  • Wir geben den Beschäftigten eine Perspektive.
  • Wir verstehen die Bedürfnisse der (potenziellen) Mitarbeiter und gehen darauf ein.
  • Wir fördern eine positive Einstellung („Can-do-Attitude“).
  • Wir gewinnen das Managementteam für das Thema Motivation.

Perspektive geben

Mitarbeiter können nur dann engagiert arbeiten, wenn sie wissen, welche Leistungen sie erbringen sollen. Jeder Beschäftigte sollte wissen, welche Ziele das Unternehmen verfolgt und was er dazu beitragen kann. Diesen Fokus geben die Führungskräfte in den Zielvereinbarungsgesprächen, indem sie Ziele vereinbaren, die sich an den Plänen des Geschäfts und der Organisation orientieren und die Beschäftigten fordern. Führungskräfte sollten nicht nur die Stärken der Mitarbeiter nutzen, sondern auch Entwicklungsprozesse anstoßen. Eine gute Führungskraft gibt den Beschäftigten immer wieder Aufgaben, an denen sie wachsen – und unterstützt sie bei der Umsetzung, ohne ihr Engagement und ihre Kreativität auszubremsen. Dass Vorgesetzte diesen Führungsaufgaben nachkommen, überlässt Procter & Gamble nicht dem Zufall: Leitende Mitarbeiter werden daran gemessen, wie sie ihre Mitarbeiter fördern. Die Entwicklung der Mitarbeiter und die Fluktuation in ihrer Abteilung fließen in ihre Beurteilung mit ein.

Bedürfnisse erkennen

Procter & Gamble unterscheidet zwei „Momente der Wahrheit“, in denen sich entscheidet, ob das Unternehmen für potenzielle Mitarbeiter attraktiv ist oder nicht. Der erste Moment der Wahrheit ist die erste Begegnung mit P&G, zum Beispiel beim Besuch einer Karrieremesse. Der zweite Moment der Wahrheit ist der Einstieg in das Unternehmen – vom ersten Arbeitstag bis zum Ende der Einarbeitung. In dieser Zeit entscheidet sich, ob der neue Kollege im Unternehmen wirklich findet, was er sucht und was ihm im Rekrutierungsprozess versprochen wurde. Neue Mitarbeiter verlieren ihr Vertrauen in das Unternehmen, wenn sie mit falschen Versprechungen gelockt wurden. Nicht selten sinkt ihre Einsatzbereitschaft schon in den ersten Monaten nach Arbeitsbeginn, weil sie nicht einsehen, warum sie ihren Teil der Vereinbarungen einhalten sollen, wenn der Arbeitgeber seine Versprechen bricht. Procter & Gamble setzt daher auf ein glaubwürdiges Personalmarketing, das sich an den Wünschen der Bewerber orientiert, ohne falsche Vorstellungen zu wecken. Beispiel Einarbeitung: Marktforschungen zeigen, dass die meisten Hochschulabsolventen früh Verantwortung übernehmen wollen. Bei Procter & Gamble erhalten sie sofort eine konkrete Aufgabe. Die Einarbeitung ist Training-on-the-job. So bekommen die Mitarbeiter früh eine realistische Vorstellung von der Arbeit im Unternehmen. Ideen für die Entwicklung der Organisation zieht das Management aus den jährlichen Mitarbeiterbefragungen. Ein zentrales Ergebnis der Befragungen aus den vergangenen Jahren: Viele Mitarbeiter klagen über eine hohe Arbeitsbelastung und wünschen sich flexiblere Arbeitszeiten. Vor diesem Hintergrund entwickelte P&G vor drei Jahren das Programm Employee-Well-Being, das die Arbeitsbedingungen untersuchen und Verbesserungsvorschläge entwickeln sollte. Eine Projektgruppe analysierte die Arbeitsprozesse, um Zeitfresser zu identifizieren und Abläufe zu verbessern. Außerdem investierte der Konzern in die Work-Life-Balance der Beschäftigten. Wenn Mitarbeiter mit Kindern kurzfristig einen Babysitter benötigen, unterstützt das Unternehmen sie bei der Suche. Wer eine Auszeit braucht, kann nach Absprache mit seiner Führungskraft ein bis zu dreimonatiges, unbezahltes Sabbatical in Anspruch nehmen. Zudem können die Mitarbeiter je nach Position unter verschiedenen Arbeitszeitmodellen wählen, die von Teilzeitarbeit über Jobsharing bis hin zu Telearbeit reichen. Hinzu kommen Gesundheitsangebote wie Ernährungsberatung oder Seminare zur Stressbewältigung. Das Unternehmen unterhält einen eigenen medizinischen Dienst und arbeitet mit einem externen Gesundheitszentrum zusammen. Alle Mitarbeiter können regelmäßig zur Risikoanalyse gehen, es gibt einen Impfservice im Büro, Gesundheitstipps im Intranet sowie vergünstigte Karten für Fitnessstudio und Tennisclub. Zweimal pro Woche kommt eine Masseurin ins Unternehmen, die Mitarbeiter gegen Bezahlung massiert. Die Kosten für eine Bildschirmbrille übernimmt das Unternehmen komplett.

Positive Einstellung fördern

Angenehme Arbeitsbedingungen reichen jedoch nicht aus, um Leistungsbereitschaft zu steigern. Ganz entscheidend ist die innere Einstellung: Wenn Mitarbeiter nicht an sich glauben, bleiben sie hinter ihren Möglichkeiten zurück. Daher fördert Procter & Gamble eine positive Einstellung zur eigenen Leistungsfähigkeit. Das Unternehmen lässt Mitarbeiter, die ein scheinbar unlösbares Problem gelöst haben, im Intranet erzählen, wie sie bei der Problemlösung vorgegangen sind. Vorgesetzte vermitteln ihrem Team, dass sie ihr Ziel im Auge behalten und die Probleme auf dem Weg dorthin erst dann angehen sollten, wenn sie sich konkret stellen. Die Führungskräfte sollen eine positive „Can-doattitude“ verbreiten, das notwendige Handwerkszeug dafür lernen sie in den Führungskräfteentwicklungsseminaren. Anreize für besondere Leistungen schafft das Programm „Power for You“, das Procter & Gamble 2006 ins Leben rief. Führungskräfte können Mitarbeiter, die sich in besonderer Weise für das Unternehmen engagiert haben, für einen silbernen, goldenen oder platinen Award vorschlagen. Dabei handelt es sich um Geschenkgutscheine im Wert von 25, 100 und 200 Euro. Procter & Gamble kooperiert mit verschiedenen Unternehmen, wie zum Beispiel Parfümerie- oder Baumarktketten, in denen die Mitarbeiter die Gutscheine einlösen können. Welche Mitarbeiter einen Award bekommen, entscheidet das Managementteam gemeinsam. Beschäftigte, die besonders herausragende Leistungen erbracht haben, bekommen ein Aktienoptionspaket geschenkt. Im Durchschnitt erhalten vier Mitarbeiter jährlich eine solche Auszeichnung.

Das Management ins Boot holen

Programme zur Leistungs- und Motivationsförderung wie „Power for You“ und „Employee- Well-Being“ lassen sich nur dann umsetzen, wenn das Managementteam von ihrem Nutzen überzeugt ist und ein Interesse an der Umsetzung hat. Konkrete Zahlen erleichtern die Überzeugungsarbeit: Laut Gallup-Institut gehen der amerikanischen Wirtschaft durch mangelndes Engagement über 200 Milliarden Dollar im Jahr verloren. Viele Ideen gelangen nicht zur Produktreife und kommen nie auf den Markt, viele Fehler und Unfälle lassen sich auf fehlendes Engagement zurückführen. Procter & Gamble hat im Jahr 2000 für den Bereich Health Care berechnet, dass der Konzern durch gezielte Aktivitäten zur Steigerung der Leistungsbereitschaft weltweit Kosten in Höhe von 200 Millionen Dollar einsparen könnte, die unter anderem durch Fehlzeiten entstehen.

Motivieren in schwierigen Zeiten

Wie gut die Motivationskonzepte eines Unternehmens greifen, zeigt sich meist erst in schwierigen Zeiten – zum Beispiel bei Restrukturierungen. Anfang 2005 übernahm Procter & Gamble die Gillette Gruppe, die in Österreich zur Zeit der Übernahme rund 50 Mitarbeiter beschäftigte. Um die Motivation der Belegschaft und die Produktivität des Unternehmens aufrecht zu erhalten, bemühte sich P&G um einen möglichst transparenten und raschen Übernahmeprozess: Paritätisch besetzte Projektteams beschäftigten sich mit den Details der Übernahme – angefangen von der Logistik bis hin zu Personalfragen. Innerhalb von sechs Monaten entschied das Personalmanagement der beiden Organisationen gemeinsam, welche Mitarbeiter künftig welche Funktionen übernehmen sollten. Anschließend folgte die Phase des Kennlernens. Procter & Gamble lud die neuen Mitarbeiter in das Wiener Büro ein und führte sie durch die Räume, verschiedene Veranstaltungen informierten sie über die Unternehmenskultur von P&G, die Sozialleistungen sowie Personal- und Gehaltssysteme. Jedem ehemaligen Gillette-Mitarbeiter wurde ein „Peer Buddy“ von P&G zur Seite gestellt, der ihm als Ansprechpartner für alle Fragen des Arbeitsalltags zur Verfügung stand. Auch im Prozess der Übernahme hielt sich P&G an die Grundlagen seines Motivationskonzepts: Perspektiven geben, Bedürfnisse erkennen, positive Einstellung fördern und das Management ins Boot holen.

Procter & Gamble

Das Unternehmen Procter & Gamble wurde 1837 von dem Engländer William Procter und dem Iren James Gamble in den USA gegründet. Der ursprüngliche Seifen- und Kerzenhersteller ist heute der größte Konsumgüterkonzern der Welt und beschäftigt 140.000 Mitarbeiter in 80 Ländern weltweit. In Österreich beschäftigt P&G rund 140 Mitarbeiter. Anfang 2005 übernahm P&G den Hersteller von Rasierapparaten Gillette, ein Jahr zuvor übernahm es den deutschen Kosmetikkonzern Wella.