Startups verändern auch die Spielregeln des Arbeitsmarktes und sind somit auch für HR eine Herausforderung. Junge Talente wollen nach dem Abschluss oft lieber für Startups arbeiten, auch wenn das Gehalt oft nicht so attraktiv und die Jobsicherheit nicht so groß ist.

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Foto von Antonio Janeski

 

Sind Startups wirklich eine Bedrohung?

Wenn Startups sowohl die Kunden als auch den Nachwuchs von etablierten Unternehmen abgewinnen, ist es kein Wunder, dass sich viele etablierte Unternehmen von ihnen bedroht fühlen.

Sie müssen Startups aber nicht unbedingt als eine Bedrohung sehen, gegen die Sie und Ihre Führungskräfte nun kämpfen sollen. Vielmehr zeigen sie Ihnen, wie die Arbeit in einem neuen Zeitalter effektiver organisiert und gestaltet werden kann. Insbesondere machen sie ganz deutlich, was Erfolg im digitalen Zeitalter heißt.

In diesem Artikel möchte ich insbesondere drei Erkenntnisse betonen, wie sich die Startup-Welt von der etablierten Business-Welt unterscheidet, so wie ich die beiden Welten erlebt habe.

 

1. Gute Ideen sind nicht genug

Sehr oft denkt man, dass der Startup-Erfolg nur daran liegt, dass sie bessere Ideen haben. Aus diesem Grund betreiben viele Unternehmen das sogenannte Startup-Scouting, investieren in Innovation Labs und lassen ihre Mitarbeiter nach Silicon Valley reisen.

Sie erhoffen sich bahnbrechende Ideen … Doch die Praxis zeigt, dass solche Ideen in Großunternehmen kaum Überlebenschancen haben! Das zeigt zum Beispiel die Geschichte des ersten Personal Computers in den 1970er Jahren. Damals waren Computer noch nicht für Privatgebrauch bestimmt. Der spätere Co-Gründer von Apple, Steve Wozniak, hatte einen ersten Personal Computer entwickelt, was zu damaliger Zeit eine bahnbrechende Idee war. Diesen hat er bei seinem damaligen Arbeitgeber Hewlett-Packard vorgestellt – und zwar fünf Mal. Und jedes Mal wurde die Idee verworfen.

Warum ist das so? Oft sind bei etablierten Unternehmen die Prozesse bereits festgefahren, die Mitarbeiter sind darin geschult und gewohnt, wie alles abläuft und können es nicht so leicht ändern. Die Mitarbeiter sind nicht offen, etwas Neues auszuprobieren und können das Potenzial der Idee gar nicht erkennen.

Ganz anders sieht es aber aus, wenn das ihre Idee ist, wenn sie diese mitentwickelt haben – wenn sie quasi wie die Startup-Gründer wirken. Dann haben sie auch ein großes Interesse, die Ideen auch umzusetzen. Mit der richtigen Methode können auch etablierte Unternehmen ihre Mitarbeiter auf diese Art involvieren und neue Ideen von interdisziplinären Teams entwickeln lassen – bleiben Sie dran um Näheres zu erfahren.

 

2. Risiken lassen sich minimieren

Ein anderer Grund innovative Ideen nicht umsetzen zu wollen ist die niedrige Risikobereitschaft der Mitarbeiter und Führungskräfte. Statistiken wie z.B. „9 von 10 neuen Geschäftsideen scheitern“ helfen nicht dabei, in Ideen zu investieren bei denen ein sicherer Erfolg nicht schnell absehbar ist.

Startup-Gründer sind aber auch nicht so risikobereit, wie man meinen könnte. Sie haben ja oft ihre Lebensersparnisse in ihre Geschäftsideen investiert – diese wollen sie ja auch nicht riskieren. Deswegen nutzen sie eine Methodik, um ihre Risiken zu minimieren, das Ersparte zu verlieren. Wie schaffen sie das?

Auch wenn sie große Visionen und Träume haben, starten sie zuerst einmal ganz klein: mit einem kleinen Kundensegment oder in einem kleinen Markt. Sie testen dann ihre Geschäftsideen ganz gezielt mit diesen wenigen Kunden und eliminieren die Risiken nach und nach. Um das zu tun gilt es zuerst das Wichtigste herauszufiltern, woran es scheitern könnte.

Ganz gut zeigt es der Fall des ersten Online-Schuhgeschäftes Zappos, dem Vorläufer von Zalando. Damals war die E-Commerce Idee noch ganz neu und die große Unbekannte hieß: Werden die Leute Schuhe online kaufen? Um seine Geschäftsidee zu testen hat der Gründer die Schuhe in einem lokalen Schuhgeschäft fotografiert und die Fotos online gestellt (natürlich mit einer Erlaubnis des Geschäftsinhabers, falls Sie sich das gerade fragen). So konnte er ohne große Investitionen seine Geschäftsidee validieren und sein Startup zum Erfolg führen.

 

3. Der Kunde ist die „Daseinsberechtigung“ im digitalen Zeitalter

So war es auch bei vielen anderen Startups und auch etablierten Unternehmen, die ihre unternehmerischen Risiken nach und nach reduziert haben. Das was sie alle gemeinsam haben ist eine extreme Kundenorientierung.

Es fängt damit an, dass viele Startup-Geschäftsideen aus einer Erfahrung der Gründer entstanden sind. So wurde z.B. Airbnb gegründet, nachdem die Gründer aus Geldnot Schlafplätze auf Luftmatratzen in ihrer WG vermietet haben (Luftmatratze heißt auf Englisch „air bed“, daher der ursprünglicher Name: Air Bed & Breakfast). Weil sie selber Teil der Zielgruppe waren, konnten sie die Kunden viel besser verstehen und dadurch auch viel gezielter ansprechen. Die extreme Kundenorientierung hat aber vor allem einen wirtschaftlichen Hintergrund: Startups wissen, dass sie ohne Kunden ihre Daseinsberechtigung verlieren.

Klar, der Kunde war schon immer die Daseinsberechtigung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Und fast jedes Unternehmen sagt, dass bei ihnen „Kunde König“ ist. Doch im digitalen Zeitalter sollte diese Regel wiederbelebt werden. Und das aus zwei Gründen. Erstens, die Wirtschaft und damit die Führungsaufgabe sind viel komplexer geworden. Die Jobrollen wurden immer spezifischer und die Aufgabenteilung und Spezialisierung führen dazu, dass die heutigen Manager oft das große Ganze aus den Augen verlieren. Zweitens, die Kunden sind viel anspruchsvoller geworden und wollen viel individueller bedient werden. In der globalisierten Welt können sie jedes mögliche Angebot im Handumdrehen haben und Anbieter nach Belieben wechseln.

 

Ein konkreter Lösungsansatz

Wenn Sie auch in Ihrem Unternehmen das Kundenverständnis erfrischen und gleichzeitig das Führungsteam stärken wollen, ist ein Strategieworkshop nach der Design-Thinking-Methode sehr empfehlenswert.

Obwohl Design Thinking ursprünglich eine Methode für innovative Produktentwicklung war, wird es heute auch für Strategieentwicklung und systemische Veränderungen in Unternehmen erfolgreich eingesetzt. In einem Design-Thinking-Strategieworkshop richtet sich das Führungsteam auf das digitale Zeitalter neu aus, indem sie Schritt für Schritt die veränderten Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse erforschen und als Antwort darauf kreative Lösungen entwickeln.

 

Einen einfachen Einstieg in die Design-Thinking-Methodik erlauben diese vier Schritte (entwickelt von Design Council):

● Discover: das Verständnis für die neuen Marktentwicklungen, die Kundensegmente und deren Bedürfnisse, Wünsche und Herausforderungen generieren;

● Define: einen konkreten Standpunkt für die „Daseinsberechtigung“ definieren, d.h. wo sollte sich das Unternehmen konzentrieren, welches konkrete Problem soll durch Ihre Produkte/Dienstleistungen gelöst werden;

● Develop: Als interdisziplinäres Team gemeinsam Ideen generieren, kreative Lösungsvorschläge entwickeln, testen und iterieren;

● Deliver: einen Prototypen bzw. eine Pilot-Lösung an die Kunden bringen und zwar so, dass Risiken minimiert werden.

 

Dadurch, dass das Team gemeinsam an einer Lösung für die Zukunft arbeitet, stärkt so ein Workshop auch die Zusammenarbeit und legt den Grundstein für eine Kultur des Unternehmertums, die eine kundenzentrierte Innovation tatsächlich lebt – so wie es die Startups tun – um langfristig erfolgreich zu bleiben.