92 Prozent der 76 Teilnehmer am diesjährigen MMB Learning Delphi (Vorjahr 91 Prozent) messen dem „Blended Learning“ die zentralste Bedeutung bei, wenn es um die Zukunft des E-Learnings geht. Auf Anhieb auf Platz 2 kam die 2011 neu aufgenommene Kategorie „Mobile Learning / Apps“. Mobile Lernapplikationen gelten bei drei Vierteln der befragten Experten (76 Prozent) als eine Erfolg versprechende Lerntechnologie. Eine Überraschung stellt die rückläufige Bedeutung von »Lerner-Communities“ einschließlich der „sozialen Netzwerke“ dar. Mit 72 Prozent der Nennungen (Vorjahr 84 Prozent) belegen sie nur noch den dritten Platz. Ein möglicher Grund hierfür sei eine Verwässerung des Begriffs „Lerner-Community“ durch Social Networks wie Facebook, die nach Ansicht einiger Experten als Lernszenario eher ungeeignet erschienen, analysiert Dr. Lutz P. Michel, Chef des 1996 gegründeten MMB-Instituts für Medien- und Kompetenzforschung in Essen (www.mmb-institut.de).

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Foto von Brooke Cagle

In der Liste der wichtigsten Lernanwendungen folgen dann noch das Web Based Training (71 Prozent), das im Vergleich zu 2010 elf Prozentpunkte einbüßte. Gegenüber 2009 sind es sogar 20 Prozent! „Virtuellen Klassenräumen“ werden von 59 Prozent der Befragten eine zentrale Bedeutung beigemessen. Nur jeder zweite Experte sieht eine große Zukunft für den E-Learning-Einsatz von „Wikis“ (53 Prozent) und „Simulationen“ (51 Prozent), die ebenfalls an Potenzial verloren haben. Im Falle der „Simulationen“ wäre es sicherlich sinnvoll, den Begriff zwischen „Serious Games“ und „Augmented Reality“ neu zu definieren. Im letzten Drittel der Liste der E-Learning-Tools rangieren „Serious Garnes“ (33 Prozent), „Podcasts“ (32 Prozent) sowie Blogs (27 Prozent); gefolgt vorn MicroBlogging-TooI „Twitter“, dem als Lernanwendung nach wie vor nur von einer kleinen Minderheit (14 Prozent) eine große Zukunft prognostiziert wird.

Ernüchterung gegenüber Blogs und Wikis

Da das MMB Learning Delphi bereits seit sechs Jahren durchgeführt wird, erlaubt dies auch einen Mehrjahresvergleich: Lernformen und Lerntechnologien, die noch vor einigen Jahren als sehr zukunftsträchtig eingeschätzt wurden, haben inzwischen deutlich weniger Fürsprecher. Dies gilt unter anderem für „Web Based Trainings“, „Podcasts“ und „Blogs“. Im Falle des „Web Based Trainings“ dürfte dies mit der nach wie vor hohen Bedeutung des Präsenzlernens zusammenhängen. „Kein E-Learning ohne Präsenzlernen“, diese Einstellung drängt die Form des reinen Selbstlernens via Internet zurück, wenn auch immer noch auf hohem Niveau (71 Prozent). „Blended Learning“ behauptet sich und baut im Verhältnis zu den anderen Anwendungen seine Führung noch aus. Allgemein haben Web-2.0-Lernformen Federn lassen müssen. So waren im Jahr 2008 noch deutlich mehr Experten von „Wikis“ als zukunftsträchtigern Lerninstrument überzeugt. Ähnliches gilt für „Podcasts“ und „Blogs“, auch wenn letztere in diesem Jahr wieder einen höheren Wert erreicht haben. Am stabilsten ist der Trend in den letzten drei Jahren bei den „Lerner-Communities“, den „Virtuellen Klassenräumen“ und den „Simulationen“, obwohl auch hier seit dem letzten Jahr ein leichter Abwärtstrend zu verzeichnen ist.

Es zeigt sich laut Dr. Lutz P. Michel, MMB-Institut, dass auch E-Learning-Formen kurzfristigen Modewellen unterworfen sind. Nur wenige Formen bleiben beständig auf hohem Niveau. Dies könnte für die Zukunft auf eine Kombination von „Blended Learning“-Anwendungen und „Lerner Communities“ hinauslaufen, die je nach didaktischem Ansatz durch andere Formen ergänzt werden. Hinzu kommt: Das Gros der Befragten sieht eine deutlich höhere Relevanz für geschlossene E-Learning-Systeme wie firmeninterne Wikis und Communities, die nur für die eigenen Mitarbeiter eines Anwenderunternehmens zugänglich sind. Nur jeder achte Experte betrachtet offene Technologien wie öffentliche Wikis, Weblogs und Foren, die für jeden zugänglich sind, als zukünftig relevant für das betriebliche Lernen. Die sich hier abzeichnende Abkehr vom „Open-Trend“, der Unternehmen zwar ermöglicht, Wissen und Lerninhalte von außen zu erhalten, aber auch voraussetzt, dass dafür eigene Informationen preisgegeben werden, hat sich gegenüber dem Vorjahr noch einmal deutlich verstärkt (,‚offene Systeme“ 2010: 25 Prozent, 2011: nur noch 16 Prozent).