Die Idee: Werte ohne Verschwendung schaffen

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Lean Management dient dem Ziel, alle Aktivitäten, die für die Wertschöpfung notwendig sind, optimal aufeinander abzustimmen und überflüssige Tätigkeiten (Verschwendung, japanisch „muda“) zu vermeiden. Dazu wird das bestehende System aus zwei Perspektiven überprüft und verbessert: aus der Sicht des Kunden, dessen Wünsche nach Verfügbarkeit, Individualität, Qualität und Preisgestaltung (Business on Demand) es möglichst optimal zu erfüllen gilt, und aus der Sicht des Unternehmens selbst, das profitabel funktionieren und seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern muss. Ergebnis dieser Methode sind im Optimalfall schlanke Prozesse mit einer hohen Kundenorientierung. Genaue Prozessdefinitionen und Schnittstellenbeschreibungen, klare Verantwortlichkeiten, frühes Reagieren auf Fehler und einfache Organisationsmethoden sollen zu stabilen Prozessen führen, aus denen qualitativ hochwertige Produkte entstehen.

Lean Management in der Praxis

Eine Anfang 2009 veröffentliche Studie von Abegglen und Allied Consultants Europe ist auf europäischer Ebene die bisher größte Untersuchung zu dem Thema. Die Studienmacher befragten rund 800 europäische Unternehmen und Organisationen aus der Industrie, dem Dienstleistungssektor und der öffentlichen Verwaltung detailliert zu Zweck, Nutzen und Anwendungsbereichen von Lean Management. Das Ergebnis: 93 Prozent derjenigen, die anhand von quantitativen, qualitativen und kulturellen Kriterien als Top Performer identifiert wurden, waren Anwender von Lean-Methoden. Die Gruppe der Worst Performer setzte sich hingegen überwiegend (zu 70 Prozent) aus Unternehmen zusammen, die kein Lean Management einsetzten.

Der Erhebung zufolge wenden heute 57 Prozent der Unternehmen regelmäßig Lean-Methoden an. Ein Fünftel plant ganz konkret den Einsatz. Ebenso viele Firmen verfügen über mehr als fünf Jahre Erfahrung mit der Methodik, ein Viertel hat erst vor ein bis zwei Jahren mit dem Lean Management begonnen. Lean Management kommt den Abegglen Management Consultants zufolge nicht nur in technischen Branchen, sondern auch in der Energiewirtschaft, in Dienstleistungsunternehmen, in der öffentlichen Verwaltung oder im Spitalwesen zum Einsatz.

Geschichte

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts setzt der japanische Automobilhersteller Toyota Methoden des Lean Managements ein. Noch heute ist Toyota Production System weltweiter Benchmark für schlanke Produktion. Eine erste systematische Beschreibung von Lean Management lieferte das Buch „Die zweite Revolution in der Automobilindustrie“, das Anfang der 1990er Jahre erschien. Die Autoren James P. Womack., Daniel T. Jones und Daniel Roos hatten fünf Jahre lang für das International Motor Vehicle Program (IMVP) die Unterschiede in den Entwicklungs- und Produktionsbedingungen der Automobilindustrie untersucht. Sie arbeiteten die Prinzipien eines in Hinblick auf Effizienz und Qualität überlegenen Entwicklungs- und Produktionssystems heraus und bezeichneten es als schlanke Produktion (Lean Production). Im Kern ist Lean Production ein Ansatz, der weniger auf technische Ablaufautomation abhebt als vielmehr die Prinzipien schlanker Organisation betont.

Das Buch und die in ihm vermittelten Produktionsprinzipien erzeugten weltweit eine starke Resonanz – insbesondere in der Automobilindustrie und bei ihren Zulieferern. Im Verlauf der weiteren Adaption und Verallgemeinerung der Prinzipien der schlanken Produktion über die Grenzen der Automobilindustrie hinweg entstand der Begriff Lean Management. Mit dieser Begriffstransformation ging auch eine Bedeutungsverschiebung einher: Stand ursprünglich die Produktion im Fokus des Interesses, war mit der Adaption durch Manager und Unternehmensberater eine neue Führungsphilosophie entstanden. Gleichzeitig musste das Attribut „Lean“ vielfach für Ideen herhalten, die mit den ursprünglichen Prinzipien nicht mehr viel zu tun hatten.

Zehn Prinzipien für schlanke Unternehmensführung

Welche Prinzipien in welchem Maße zu Lean Management führen, bewerten Experten unterschiedlich. Eine Liste der Grundprinzipien liefern zum Beispiel Graf-Götz und Glatz:

  1. Ausrichtung aller Tätigkeiten auf den Kunden (Kundenorientierung)
  2. Konzentration auf die eigenen Stärken
  3. Optimierung von Geschäftsprozessen
  4. Ständige Verbesserung der Qualität (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, KVP)
  5. Interne Kundenorientierung als Leitprinzip
  6. Eigenverantwortung, Empowerment und Teamarbeit
  7. Dezentrale, kundenorientierte Strukturen
  8. Führen ist Service am Mitarbeiter
  9. Offene Informations- und Feedback-Prozesse
  10. Einstellungs- und Kulturwandel im Unternehmen.

Barrieren bei der Einführung von Lean Management

Damit Lean Management funktioniert, müssen die angestrebten Veränderungsprozesse im ganzen Unternehmen fest verankert sein. Das Organisationsprinzip erfordert eine grundsätzlich neue Denkweise von Führungskräften und Mitarbeitern. Folgende Hindernisse können nach von Eckardstein der Einführung von Lean Management entgegenwirken:

  • Traditionelle Denk- und Arbeitsstrukturen
  • Mangelhafte Kenntnisse und eingeschränktes Verständnis von Lean Management
  • Mangelnde Unterstützung durch das Top-Management
  • Schablonenhafte Konzeptgestaltung
  • Zu hohe Geschwindigkeit bei der Einführung
  • Starke Opposition im mittleren Management
  • Mangelnde Teamfähigkeit
  • Rollenprobleme der Führungskräfte
  • Beschränktes Verständnis für Prozessdenken, Kundennähe und ein falsches Qualitätsverständnis

Literatur

  • James P. Womack, Daniel T. Jones: Lean Solutions: Wie Unternehmen und Kunden gemeinsam Probleme lösen. Campus, 2006
  • Jeffrey K. Liker: Der Toyota Weg – 14 Managementprinzipien des weltweit erfolgreichsten Automobilkonzerns, 2006
  • James P. Womack, Daniel T. Jones: Lean Thinking: Ballast abwerfen, Unternehmensgewinne steigern, Campus 2004
  • Friedrich Graf-Götz, Hans Glatz: Organisation gestalten. Neue Wege und Konzepte für Organisationsentwicklung und Selbstmanagement, Beltz-Verlag, 2001
  • Dudo von Eckardstein u.a. (Hsg.) Management; Schäffer Poeschel, 1999