Einige Unternehmen reagieren schon jetzt auf den Wandel in der Altersstruktur. Das zeigt eine Umfrage aus dem Jahr 2003 unter 470 deutschen und österreichischen Firmen. Etwa 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre Personalentwicklungsaktivitäten für ältere Arbeitnehmer stark ausbauen möchten, etwa die Hälfte will diese auf gleichem Niveau weiterführen.

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Foto von Luis Villasmil

Zum Vergleich: Eine deutsche Studie aus dem Jahr 2001 zeichnete noch ein anderes Bild. Der Personalwirtschaftsprofessor Manfred Becker (Universität Halle) befragte 237 Unternehmen nach ihren Plänen im Bereich Personalentwicklung. 88 Prozent gaben an, dass sie keine Aktivitäten für ältere Arbeitnehmer planen.

Die demographische Entwicklung trifft nicht alle Unternehmen gleich stark. Zudem werden viele ihre Auswirkungen erst zeitverzögert wahrnehmen. Dennoch sollten sie frühzeitig analysieren, inwieweit sie sich auf ihren Betrieb auswirkt. Wie sieht das Durchschnittsalter der Belegschaften in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren aus? Droht ein Nachwuchsmangel in  bestimmten Sparten?

Altersstruktur analysieren

Aufbauend auf einer Analyse der betrieblichen Altersstruktur können die Unternehmen mögliche Folgen für die Personalplanung und -entwicklung ableiten. Muss das Personalmanagement verstärkt Nachwuchs rekrutieren? Müssen die Arbeitszeiten flexibler gestaltet oder Programme zur betrieblichen Gesundheitsförderung gestartet werden?

Ganzheitliche Konzepte entwickeln

Gefragt sind umfassende Personalentwicklungskonzepte, die den gesamten Laufbahnzyklus der Mitarbeiter berücksichtigen. Dabei kann es nicht darum gehen, Einzelmaßnahmen für Ältere zu entwickeln, die eher zu einer Stigmatisierung der Betroffenen beitragen. Das Personalmanagement steht vielmehr vor der Aufgabe, alternsgerechte Arbeitsbedingungen und Laufbahnoptionen für alle Generationen zu schaffen. Eine Strategie zur Bewältigung des Altersstrukturwandels sollte folgende drei Aspekte berücksichtigen:

  1. Betriebliche Gesundheitsförderung

    Das Personalmanagement sollte dafür sorgen, dass belastende Arbeitsbedingungen möglichst reduziert werden. Es sollte beispielsweise überprüfen, ob die Arbeitsplätze nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet sind. Gesundheitsangebote wie Sportkurse oder Ernährungsprogramme fördern zusätzlich die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und beugen chronischen Erkrankungen vor.

  2. Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten

    Eine an das Alter angepasste Laufbahngestaltung steigert die Entwicklungsmotivation der Mitarbeiter und verhindert Burnout im Vorfeld. Dabei muss die Karriere nicht zwangsläufig hierarchisch, also aufwärtsgerichtet, verlaufen. Personalentwickler sollten bei der individuellen Karriereplanung auch alternative Laufbahnen, zum Beispiel als Ausbilder, sowie zeitlich begrenzte Job-Rotation-Phasen in ihre Überlegungen miteinbeziehen.

  3. Lebenszyklusbegleitende Kompetenzentwicklung

     

    Wer im Job stetig hinzulernt, bleibt beruflich flexibel, kann sich rasch auf neue Aufgaben einstellen und seine Fähigkeiten besser entfalten. Umso wichtiger sind Angebote der arbeitsplatznahen Weiterbildung. Bildungsstatistiken zeigen jedoch, dass Beschäftigte schon im Alter ab 40 Jahren seltener an (betrieblichen) Weiterbildungen teilnehmen als jüngere. Wollen die Unternehmen ihre älteren Arbeitnehmer gezielt fördern, so müssen sie inhaltlich und methodisch zielgruppenspezifische Angebote entwickeln.

Entwicklungsbedarf erkennen

Die Voraussetzung: Personalentwickler müssen sowohl den individuellen Bildungsbedarf diagnostizieren als auch Weiterbildungsformen wählen, die den Lernbedürfnissen und -voraussetzungen der Beschäftigten entsprechen.

Zielgruppengerechte Weiterbildung

Die Fortbildungen sollten auf das Erfahrungswissen und auf die Lernbiografien der Beschäftigten Rücksicht nehmen. Lernentwöhnte Mitarbeiter profitieren sehr stark von begleitenden Beratungen oder Workshops, die entsprechende Lerntechniken vermitteln. Angebote wie diese entscheiden oft über den Erfolg einer Weiterbildung. Das gilt insbesondere für E-Learning- oder Blended-Learning-Seminare, die auch den Umgang mit elektronischen Lerntools vermitteln sollten.

Kompetenzen nutzen

Firmen können ältere Arbeitnehmer gezielt in Bereichen einsetzen, in denen Erfahrungswissen wichtig ist zum Beispiel in der Beratung, im Kundendienst oder in der strategischen Planung. Sie können die Bedürfnisse ihrer gleichaltrigen Kunden oft besser einschätzen als der Nachwuchs. Ein großer Vorteil, denn auch das Durchschnittsalter der Kundschaft steigt im Zuge der demographischen Veränderungen.

Wissen weitergeben

Das steigende Durchschnittsalter der Belegschaften kann in Verbindung mit zunehmendem Nachwuchsmangel zu einem „Brain-Drain“, also einem Wissensverlust, in den Unternehmen führen. Vor diesem Hintergrund wird Knowledge-Management, also das gezielte Weitergeben von Wissen, immer wichtiger. Eine rein technische Lösung, zum Beispiel der Aufbau einer Wissensdatenbank, reicht allein nicht aus. Parallel dazu muss das Management die Bereitschaft fördern, Expertenwissen weiterzugeben.

Offene Kommunikationskultur

Erfahrene Mitarbeiter können ihre Kenntnisse und Fähigkeiten beispielsweise als Trainer, Ausbilder, Mentoren oder als firmeninterne Berater weitergeben. In altersgemischten Teams oder Kompetenztandems können Beschäftigte verschiedener Generationen arbeitsplatznah voneinander lernen. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn die Beschäftigten nicht befürchten müssen, ihren eigenen Arbeitsplatz zu gefährden, indem sie Wissen an ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Unternehmensleitung, Personalmanagement und Führungskräfte sind deshalb gefragt, eine offene Kommunikationskultur im Betrieb zu fördern, damit die Generationen voneinander lernen.

Literaturtipps

Ältere ArbeitnehmerInnen: Last oder Ressource? Leitfaden zur Entwicklung und Nutzung der Kompetenzen älterer ArbeitnehmerInnen.

Von Gregor Fasel und Norbert Kailer.

Schriftenreihe Unternehmensführung des Wirtschaftsförderungsinstitutes Nr. 323,

Wien 2001. 185 Seiten.

Betriebliche Kompetenzentwicklung – Praxiskonzepte und empirische Analysen.

Von Norbert Kailer (Hrsg.). Linde Verlag, Wien 2001.

473 Seiten.

Quelle: personal manager 4/2004