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Foto von Raphael Koh

Wissensmanagement implementieren

Das Wissensmanagement von HP soll den systematischen Informations- und Wis­sensfluss im Unternehmen unterstützen. Relevantes Wissen soll zur richtigen Zeit die richtigen Personen erreichen, damit diese ih­ren Arbeitsalltag effektiver gestalten können. HP schneidet seine Wissensmanagementpro­gramme und –ressourcen (Stufe 2 der Archi­tektur) möglichst passgenau auf Geschäfts­bereiche und -einheiten zu. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem der Dienstleistungsbe­reich stark in individuelle Wissensportale und auch Wissensmanager investiert. Der Bereich Technology Consulting – eine Geschäftslinie im Dienstleistungsgeschäft – unterscheidet zwischen Portfolio-, Projekt- und Exper­ten-Wissen. Diese drei Wissensarten entspre­chen den Bedürfnissen der unterschiedlichen Zielgruppen wie Verkäufer, Projektmanager, technische und strategische Berater.

Rollen im Wissensmanagement

Eine erfolgreiche Wissensmanagement-Initi­ative benötigt definierte Rollen und Zustän­digkeiten (Abbildung 2). Dazu gehören (Bu­siness-)Manager als Sponsoren, eine Führung des Wissensmanagements und mögliche lokale oder fachbereichsspezifische Kontakte sowie individuell Mitwirkende (alle Mitarbei­ter). Es empfiehlt sich auch dringend, Betriebsräte und die Rechtsabteilung (soweit erforderlich) von Beginn an mit einzubeziehen.

Technologie

Unternehmen benötigen Technologie, um Inhalte zugänglich zu machen. An diesem Punkt ist es wichtig, dass es einen zentralen Zugangspunkt für alle vorhandenen Werk­zeuge (Portale, Experten und Wissensma­nagement-Kontakte) gibt und die gewählte Technologie für die vorhandene IT-Landschaft geeignet ist. Technologie ist der große Weg­bereiter, aber Menschen und Prozesse sind parallele Grundvoraussetzungen. Das ist der Grund, warum die IT und alle Stakeholder zusammenarbeiten müssen, um eine erfolg­reiche Wissensmanagement-Initiative gestal­ten zu können.

Erfolgsfaktoren und Lessons Learned

Die Erfahrung mit Wissensmanagement bei HP zeigt, dass es wichtig ist, die drei Haupt­komponenten des Wissensmanagements im Blick zu haben:

  • Menschen – sie sind die Produzenten und Konsumenten des Wissens.
  • Prozesse – sie leiten das Wissensmanagement.
  • Tools (Technologien) – sie erleichtern den Zugriff auf Wissensbestände.

Werte und Kultur

Basis des Wissensmanagements ist der soge­nannte „HP Way“, die Kultur des Unterneh­mens. Hewlett-Packard legt Wert auf Vertrau­en, Respekt und Offenheit. Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der Unterneh­menskultur. Im Wiener Büro können sich die Mitarbeiter täglich zu einem gemeinsamen Frühstück in den abteilungsübergreifenden Kaffeeecken treffen. Einmal monatlich gibt es ein Gemeinschaftsfrühstück, bei dem das österreichische Managementteam ein aktu­elles Thema präsentiert. Die Führungskräfte sind angehalten, ihre Tür stets offen zu hal­ten – und das internationale Management informiert regelmäßig per Webcast oder Vi­deostream über Strategien, nächste Schritte und Innovationen. Eine durch Offenheit und Kommunikation geprägte Kultur kann – wie im Fall von HP – eine gute Grundlage für Wissensmanagement sein. Andersherum betrachtet kann aber auch das Wissensma­nagement selbst Kommunikation, Offen­heit und Teamgeist befördern. Idealerweise entsteht somit durch die Beschäftigung mit Wissen eine positive Spirale innerhalb der Or­ganisation.

Experten-Wissen

Ein weiteres Element des Wissensmanage­mentprogramms ist der Expertenaustausch über die „Knowledge Briefs“. Dabei handelt es sich um etwa fünf- bis zehnseitige Artikel, welche HP-Mitarbeiter für Kollegen schrei­ben. Knowledge Briefs können beispielsweise der Fehlerbehebung dienen, neue Technolo­gien beschreiben oder „Best Practices“ an­hand von Kundenbeispielen vorstellen. Sie basieren auf einer strukturierten Word-Vor­lage und enthalten Informationen zum Au­tor inklusive Fotos. Fachkollegen überprüfen die Artikel, um eine hohe Qualität sicherzu­stellen. Eine Bewertungsmöglichkeit sowie weitere Social-Media-Funktionalitäten (wie Feedback durch direkte Kommentare) sind in Planung. Als Social Media aufkamen, zog HP in Erwägung, die Knowledge Briefs in ein Wiki zu transferieren. Aber das Feedback der Mitarbeiter war eindeutig: Sie wollten die Struktur der Wordvorlage behalten, jedoch einen vereinfachten Prozess hinsichtlich der Durchsicht durch Fachkollegen und Editoren sowie eine raschere Veröffentlichung. Die­sen Wünschen kam HP entgegen. Es zeigte sich, dass die Knowledge Briefs den HP-Ex­perten helfen, ihr Wissen und Know-how im Unternehmen zu demonstrieren und sich mit anderen Fachkollegen weltweit zu vernetzen.

Projekt-Wissen

Als HP anfing, sich mit Wissensmanagement zu beschäftigen, konzentrierten sich die Ver­antwortlichen zunächst auf das Projekt-Wis­sen im Beratungsbereich von HP. Sie began­nen, das Kernwissen über Kundenprojekte in Projektprofilen (Projektsteckbriefen) auf einer digitalen Wissensplattform festzuhalten. Meist sind es die Projektmanager, die Schlüs­selinformationen beisteuern, damit diese später für ähnliche Projekte zur Verfügung stehen. Auf der Plattform finden sich ganze Projektdokumentationen, die zum Beispiel Informationen über Angebote, Projektpläne oder Kalkulationen für das Risikomanage­ment enthalten. 

Die Projektmanager übermitteln die Projekt­profile, basierend auf einer Auswahl der Bu­sinessmanager. Deren Aufgabe ist es, das für das Unternehmen relevante Kern-Projektwis­sen auf Basis von ausgewählten Kriterien zu definieren. Das Wissensmanagement-Team steuert diesen Prozess und erinnert beispiels­weise die Projektmanager daran, Projektpro­file für geeignete Projekte zu übermitteln. Der regionale Wissensmanager für Technology Consulting ist jeweils hauptverantwortlich und wird durch lokale „KM Champions“ (Mit­arbeiter in anderen Jobrollen, die zusätzlich als Ansprechpartner für Wissensmanage­ment agieren) durch Kommunikation und Feedback unterstützt. Wissensmanager sind im Dienstleistungsbereich direkt dem Fach­bereich zugeordnet und üblicherweise sehr nahe am Management, um optimale Kom­munikation und Strategieentscheidungen zu ermöglichen.  

Heute ist das Wissensmanagement fest in den Lebenszyklus der Projekte integriert. Die Projektmanager haben Ziele, die sich auf das Wissensmanagement beziehen. Wissen zu teilen und zu dokumentieren gehört zu ihrer Stellenbeschreibung. Seit fast einem Jahrzehnt sind die Methoden und Prozesse des Wissensmanagements in das Prozessrah­menwerk – inklusive des digitalen Projektma­nagementhandbuches – eingebunden.

Noch immer ist das Projektwissen eines der wichtigsten Elemente der Wissensmanage­ment-Initiative im Beratungsgeschäft. Sta­tistiken zeigen, dass HP bis zu einem Drittel seines Know-hows europaweit in seinen Be­ratungsprojekten wiederverwendet (Quelle: Project Profiles Statistik, HP Technology Con­sulting EMEA, 2013).

Menschen

Nach mehr als zehn Jahren Programm-Im­plementierung, Reorganisation und einigen Übernahmen (beispielsweise Compaq und EDS), gefolgt von einer Verfeinerung und Wiedereinführung des Wissensmanage­ments, lassen sich einige Erfolgsfaktoren für das Wissensmanagement bei HP nen­nen: Bezogen auf den Faktor Mensch waren insbesondere der Einsatz von kompetenten Wissensmanagern sowie ein starkes Kommu­nikations- und Trainingsprogramm zentral. Das Wissensmanagementprogramm von HP Technology Consulting umfasst beispielswei­se jobrollenspezifische Onlinetrainings für Verkäufer, Projektmanager und Technische Berater. Außerdem informieren der regionale Vice President und die Wissensmanager die Mitarbeiter regelmäßig über Ziele und Erfolge des Wissensmanagements.  Ebenfalls wichtig war es, dass HP in die Mit­arbeiterzielvereinbarungen und das damit verbundene Belohnungssystem Ziele inte­grierte, die sich auf das Wissensmanagement bezogen. Das Belohnungssystem honoriert Leistungen, die über die definierten Ziele hinausgehen. Es zeigt, welchen Mehrwert Wissensmangement für das Business bringt, zum Beispiel durch konkrete Beispiele da­für, wie HP durch das „Wiederverwenden“ von Wissen Zeit einspart, Angebote gewinnt sowie Umsatz und Kundenzufriedenheit erhöht.

Information, Wissen, Zusammenarbeit

HP unterscheidet zwischen Collaboration (Zusammenarbeit), Wissensmanagement und Informationsmanagement (Abbildung 1). In den Bereich des Informationsmanagements (Stufe 1 der Architektur) fällt der Umgang mit „statischem Wissen“ im Intranet und Mitarbeiterportal – Wissen über Organisation und Prozesse, das die Beschäftigten für ihre Arbeit benötigen. Dieses Wissen auf „oberster Ebene“ dreht langsamer und stellt eher In­formationen dar, die erst durch Anwendung zu Wissen werden. Zu diesen Informationen gehören beispielsweise das weltweite Pro­dukt- und Serviceangebot von HP auf dem Markt, diverse Abteilungsinformationen, das HP-weite elektronische Telefonbuch und allgemeine Prozessbeschreibungen (etwa bezüglich Reiseabrechnungen oder Einkauf). Informationsmanagement versteht das Un­ternehmen als „Kommunikation in eine Rich­tung“: Wenige Autoren stellen Informationen für viele Mitarbeiter zu Verfügung.

In den späten 1990er-Jahren entwickelte HP Softwaretools, welche die Zusammenarbeit – auch über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg – erleichtern (Stufe 3 der Architek­tur). Internationale Teams können seitdem per Videokonferenz Besprechungen durch­führen, über Instant Messaging Lösungen diskutieren oder im virtuellen Klassenzimmer an Dokumenten arbeiten und gemeinsam lernen. In Microsoft-SharePoint-Teamseiten können Projektteams gemeinsam Doku­mente, Termine oder Listen verwalten. Das Wissen, das sie entwickeln und teilen, ist dy­namisch. Da es oft noch nicht einen finalen beziehungsweise „teilbaren“ Zustand erreicht hat, braucht es einen geschützten Raum. Die Teams können Zugriffsberechtigungen zu ih­ren temporären Teamseiten selbst verwalten. Das Portal für Projektwissen (Stufe 2 der Ar­chitektur) macht dann wiederverwendbares Wissen der Projekte für andere zugänglich. Zusätzlich zu dieser unternehmensweiten Infrastruktur für Collaboration gibt es unter­schiedliche Werkzeuge für Social Media, wie zum Beispiel ein HP-weites Wikipedia, Blogs und Netzwerkplattformen, um Experten mit Experten sowie Experten mit Inhalten zu ver­binden. “OneHP“ bietet seit November 2012 allen Mitarbeitern weltweit die Möglichkeit zur sozialen Zusammenarbeit in einer Face­book-ähnlichen Umgebung.

Während HP die Werkzeuge für Informa­tionsmanagement und Collaboration allen Mitarbeitern weltweit zur Verfügung stellt, schneidet das Unternehmen seine Pro­gramme für das Wissensmanagement auf die spezifischen Geschäftsfelder und deren Bedürfnisse zu. Im Fokus steht dabei ein Wis­sen, das durch vordefinierte Metadaten (wie Dokumententyp, Land, Sprache, Produkt- oder Servicekategorie sowie Kundenbran­che) teilweise strukturiert ist, um sowohl den dynamischen Austausch als auch eine opti­male Auffindbarkeit zu ermöglichen. Inhalte können so hinsichtlich der definierten Eigen­schaften (Metadaten) auch mehrdimensional strukturiert und gesucht werden. So können Mitarbeiter beispielsweise nach einem Ange­bot in Österreich in der Sprache Deutsch su­chen, das zum Bereich „Rechenzentren“ und der Kundenbranche „Telekommunikation“ gehört.

Portfolio-Wissen

Von Seiten der Mitarbeiter bekam das Wis­sensmanagement-Team das Feedback, dass es zentral mehr (vor-)gebündeltes Wissen für Berater und Außendienst bereitstellen sollte. Daher schnürten die Verantwortlichen „Wis­senspakete“ (standardisierte Dokumente) für externe Dienstleistungen in der Beratung und stellten sie in den Kategorien „Verkauf“, „An­gebotsmanagement“ und „Projektlieferung“ auf der Wissensmanagement-Plattform be­reit. 

Marketing- und Servicemanager arbeiteten zusammen, um standardisierte Inhalte in ei­ner strukturierten und leicht wiederverwend­baren Art und Weise anzubieten. Das Portal bietet somit Zugriff auf Dokumentationen zu Themen, die für unser Portfolio relevant sind, beispielsweise Kundenpräsentationen, Marketing-Flyer, standardisierte Angebote, Merkblätter und Leitfäden für die Projektim­plementierung. Die Autoren, welche die Do­kumente erstellen, sind vorwiegend globale Services und Marketingmanager oder Mitar­beiter aus diesen Bereichen. Die Art von Wis­sen, die sie dokumentieren, wird in unserer dreistufigen Architektur „Portfolio-Wissen“ genannt. Hier geht es um Kernwissen zu al­len Dienstleistungen des Technology Consul­tings, die HP weltweit am Markt anbietet, und somit darum, sicherzustellen, dass Dokumen­tationen für Verkauf, Angebotsmanagement und Lieferung verfügbar sind.

Fazit

Dass HP in Sachen Wissensmanagement auf dem richtigen Weg ist, haben uns exter­ne Analysen bestätigt. Während des letzten Jahrzehnts war das Unternehmen mehr­mals unter den Gewinnern der weltweiten MAKE-Studie (MAKE = Most Admired Knowledge Enterprise). Auch die Autoren der APQC-Studie „The Role of Evolving Tech­nologies“ haben HP als eines der fünf „Best Practice“-Unternehmen ausgewählt. Ferner wurde im Jahr 2009 HP´s Business Manage­ment System (BMS) für Wissensmanagement ISO-zertifiziert (im Technology-Consulting- Geschäft, Region „Europa, Mittlerer Osten und Afrika“). 

Doch Wissensmanagement ist nie abge­schlossen. Es gilt, immer wieder zu überprü­fen, ob die Prozesse und Technologien noch passen und die Menschen nach wie vor mit im Boot sind. Dabei können die in Abbildung 3 dargestellten Schlüsselfragen für die Ein­führung von Wissensmanagement hilfreich sein, wie die Erfahrung zeigt.

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Der Originalbeitrag erschien in der Human Resources-Zeitschrift
personal manager” | Ausgabe 4/2014


 

Prozesse

Im Prozessmanagement ging es vor allem darum, das Wissensmanagement in beste­hende Geschäftsprozesse einzubetten, bei­spielsweise in das Projektmanagement. Über Wissensmanagement-Aktivitäten wird zu­dem als Bestandteil der Projektarbeit berich­tet. Kennzahlen sind sehr wichtig, um Erfolg und Wirkung des Wissensmanagements zu belegen. Messbare Größen sind beispielswei­se die Anzahl der Downloads und die Zahl der eingebrachten Beiträge. Aber auch die durch das Wissensmanagement gewonnenen An­gebote und Umsätze sowie die Einsparungen von Zeit und Kosten (etwa durch Fallstudien) lassen sich beziffern.  

Eine Wissensmanagement-Initiative bringt zwangsläufig einen Veränderungsprozess mit sich. Schlüssel zum Erfolg dieses Pro­zesses sind eine klare und konsequente Kommunikation, Führungsunterstützung, Einbeziehung aller „Stakeholder“ und Schlüs­selpersonen sowie der Mitarbeiter selbst. Großgruppenveranstaltungen sind ein guter Weg, die Belegschaft zu involvieren. Im Jahr 2004 organisierte ich beispielsweise eine „Wissensmesse“ bei HP in Wien. Teilnehmer aus der gesamten Organisation in Österreich traten in einem für jeden Teilnehmer auf die Geschäftseinheit maßgeschneiderten Quiz gegeneinander an. Das Beantworten der Fra­gen setzte voraus, dass die Teilnehmer das Wissensmanagement-Tool nutzen sowie an den Marktständen vor Ort Experten finden. Dieser groß angelegte Event steigerte das Be­wusstsein für Wissensmanagement im Un­ternehmen. Die HP-Führungsspitze eröffnete, unterstützte und führte diese besondere Mit­arbeiterveranstaltung zu einem gelungenen Abschluss.