Wissensmanagement implementieren
Das Wissensmanagement von HP soll den systematischen Informations- und Wissensfluss im Unternehmen unterstützen. Relevantes Wissen soll zur richtigen Zeit die richtigen Personen erreichen, damit diese ihren Arbeitsalltag effektiver gestalten können. HP schneidet seine Wissensmanagementprogramme und –ressourcen (Stufe 2 der Architektur) möglichst passgenau auf Geschäftsbereiche und -einheiten zu. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem der Dienstleistungsbereich stark in individuelle Wissensportale und auch Wissensmanager investiert. Der Bereich Technology Consulting – eine Geschäftslinie im Dienstleistungsgeschäft – unterscheidet zwischen Portfolio-, Projekt- und Experten-Wissen. Diese drei Wissensarten entsprechen den Bedürfnissen der unterschiedlichen Zielgruppen wie Verkäufer, Projektmanager, technische und strategische Berater.
Rollen im Wissensmanagement
Eine erfolgreiche Wissensmanagement-Initiative benötigt definierte Rollen und Zuständigkeiten (Abbildung 2). Dazu gehören (Business-)Manager als Sponsoren, eine Führung des Wissensmanagements und mögliche lokale oder fachbereichsspezifische Kontakte sowie individuell Mitwirkende (alle Mitarbeiter). Es empfiehlt sich auch dringend, Betriebsräte und die Rechtsabteilung (soweit erforderlich) von Beginn an mit einzubeziehen.
Technologie
Unternehmen benötigen Technologie, um Inhalte zugänglich zu machen. An diesem Punkt ist es wichtig, dass es einen zentralen Zugangspunkt für alle vorhandenen Werkzeuge (Portale, Experten und Wissensmanagement-Kontakte) gibt und die gewählte Technologie für die vorhandene IT-Landschaft geeignet ist. Technologie ist der große Wegbereiter, aber Menschen und Prozesse sind parallele Grundvoraussetzungen. Das ist der Grund, warum die IT und alle Stakeholder zusammenarbeiten müssen, um eine erfolgreiche Wissensmanagement-Initiative gestalten zu können.
Erfolgsfaktoren und Lessons Learned
Die Erfahrung mit Wissensmanagement bei HP zeigt, dass es wichtig ist, die drei Hauptkomponenten des Wissensmanagements im Blick zu haben:
- Menschen – sie sind die Produzenten und Konsumenten des Wissens.
- Prozesse – sie leiten das Wissensmanagement.
- Tools (Technologien) – sie erleichtern den Zugriff auf Wissensbestände.
Werte und Kultur
Basis des Wissensmanagements ist der sogenannte „HP Way“, die Kultur des Unternehmens. Hewlett-Packard legt Wert auf Vertrauen, Respekt und Offenheit. Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. Im Wiener Büro können sich die Mitarbeiter täglich zu einem gemeinsamen Frühstück in den abteilungsübergreifenden Kaffeeecken treffen. Einmal monatlich gibt es ein Gemeinschaftsfrühstück, bei dem das österreichische Managementteam ein aktuelles Thema präsentiert. Die Führungskräfte sind angehalten, ihre Tür stets offen zu halten – und das internationale Management informiert regelmäßig per Webcast oder Videostream über Strategien, nächste Schritte und Innovationen. Eine durch Offenheit und Kommunikation geprägte Kultur kann – wie im Fall von HP – eine gute Grundlage für Wissensmanagement sein. Andersherum betrachtet kann aber auch das Wissensmanagement selbst Kommunikation, Offenheit und Teamgeist befördern. Idealerweise entsteht somit durch die Beschäftigung mit Wissen eine positive Spirale innerhalb der Organisation.
Experten-Wissen
Ein weiteres Element des Wissensmanagementprogramms ist der Expertenaustausch über die „Knowledge Briefs“. Dabei handelt es sich um etwa fünf- bis zehnseitige Artikel, welche HP-Mitarbeiter für Kollegen schreiben. Knowledge Briefs können beispielsweise der Fehlerbehebung dienen, neue Technologien beschreiben oder „Best Practices“ anhand von Kundenbeispielen vorstellen. Sie basieren auf einer strukturierten Word-Vorlage und enthalten Informationen zum Autor inklusive Fotos. Fachkollegen überprüfen die Artikel, um eine hohe Qualität sicherzustellen. Eine Bewertungsmöglichkeit sowie weitere Social-Media-Funktionalitäten (wie Feedback durch direkte Kommentare) sind in Planung. Als Social Media aufkamen, zog HP in Erwägung, die Knowledge Briefs in ein Wiki zu transferieren. Aber das Feedback der Mitarbeiter war eindeutig: Sie wollten die Struktur der Wordvorlage behalten, jedoch einen vereinfachten Prozess hinsichtlich der Durchsicht durch Fachkollegen und Editoren sowie eine raschere Veröffentlichung. Diesen Wünschen kam HP entgegen. Es zeigte sich, dass die Knowledge Briefs den HP-Experten helfen, ihr Wissen und Know-how im Unternehmen zu demonstrieren und sich mit anderen Fachkollegen weltweit zu vernetzen.
Projekt-Wissen
Als HP anfing, sich mit Wissensmanagement zu beschäftigen, konzentrierten sich die Verantwortlichen zunächst auf das Projekt-Wissen im Beratungsbereich von HP. Sie begannen, das Kernwissen über Kundenprojekte in Projektprofilen (Projektsteckbriefen) auf einer digitalen Wissensplattform festzuhalten. Meist sind es die Projektmanager, die Schlüsselinformationen beisteuern, damit diese später für ähnliche Projekte zur Verfügung stehen. Auf der Plattform finden sich ganze Projektdokumentationen, die zum Beispiel Informationen über Angebote, Projektpläne oder Kalkulationen für das Risikomanagement enthalten.
Die Projektmanager übermitteln die Projektprofile, basierend auf einer Auswahl der Businessmanager. Deren Aufgabe ist es, das für das Unternehmen relevante Kern-Projektwissen auf Basis von ausgewählten Kriterien zu definieren. Das Wissensmanagement-Team steuert diesen Prozess und erinnert beispielsweise die Projektmanager daran, Projektprofile für geeignete Projekte zu übermitteln. Der regionale Wissensmanager für Technology Consulting ist jeweils hauptverantwortlich und wird durch lokale „KM Champions“ (Mitarbeiter in anderen Jobrollen, die zusätzlich als Ansprechpartner für Wissensmanagement agieren) durch Kommunikation und Feedback unterstützt. Wissensmanager sind im Dienstleistungsbereich direkt dem Fachbereich zugeordnet und üblicherweise sehr nahe am Management, um optimale Kommunikation und Strategieentscheidungen zu ermöglichen.
Heute ist das Wissensmanagement fest in den Lebenszyklus der Projekte integriert. Die Projektmanager haben Ziele, die sich auf das Wissensmanagement beziehen. Wissen zu teilen und zu dokumentieren gehört zu ihrer Stellenbeschreibung. Seit fast einem Jahrzehnt sind die Methoden und Prozesse des Wissensmanagements in das Prozessrahmenwerk – inklusive des digitalen Projektmanagementhandbuches – eingebunden.
Noch immer ist das Projektwissen eines der wichtigsten Elemente der Wissensmanagement-Initiative im Beratungsgeschäft. Statistiken zeigen, dass HP bis zu einem Drittel seines Know-hows europaweit in seinen Beratungsprojekten wiederverwendet (Quelle: Project Profiles Statistik, HP Technology Consulting EMEA, 2013).
Menschen
Nach mehr als zehn Jahren Programm-Implementierung, Reorganisation und einigen Übernahmen (beispielsweise Compaq und EDS), gefolgt von einer Verfeinerung und Wiedereinführung des Wissensmanagements, lassen sich einige Erfolgsfaktoren für das Wissensmanagement bei HP nennen: Bezogen auf den Faktor Mensch waren insbesondere der Einsatz von kompetenten Wissensmanagern sowie ein starkes Kommunikations- und Trainingsprogramm zentral. Das Wissensmanagementprogramm von HP Technology Consulting umfasst beispielsweise jobrollenspezifische Onlinetrainings für Verkäufer, Projektmanager und Technische Berater. Außerdem informieren der regionale Vice President und die Wissensmanager die Mitarbeiter regelmäßig über Ziele und Erfolge des Wissensmanagements. Ebenfalls wichtig war es, dass HP in die Mitarbeiterzielvereinbarungen und das damit verbundene Belohnungssystem Ziele integrierte, die sich auf das Wissensmanagement bezogen. Das Belohnungssystem honoriert Leistungen, die über die definierten Ziele hinausgehen. Es zeigt, welchen Mehrwert Wissensmangement für das Business bringt, zum Beispiel durch konkrete Beispiele dafür, wie HP durch das „Wiederverwenden“ von Wissen Zeit einspart, Angebote gewinnt sowie Umsatz und Kundenzufriedenheit erhöht.
Information, Wissen, Zusammenarbeit
HP unterscheidet zwischen Collaboration (Zusammenarbeit), Wissensmanagement und Informationsmanagement (Abbildung 1). In den Bereich des Informationsmanagements (Stufe 1 der Architektur) fällt der Umgang mit „statischem Wissen“ im Intranet und Mitarbeiterportal – Wissen über Organisation und Prozesse, das die Beschäftigten für ihre Arbeit benötigen. Dieses Wissen auf „oberster Ebene“ dreht langsamer und stellt eher Informationen dar, die erst durch Anwendung zu Wissen werden. Zu diesen Informationen gehören beispielsweise das weltweite Produkt- und Serviceangebot von HP auf dem Markt, diverse Abteilungsinformationen, das HP-weite elektronische Telefonbuch und allgemeine Prozessbeschreibungen (etwa bezüglich Reiseabrechnungen oder Einkauf). Informationsmanagement versteht das Unternehmen als „Kommunikation in eine Richtung“: Wenige Autoren stellen Informationen für viele Mitarbeiter zu Verfügung.
In den späten 1990er-Jahren entwickelte HP Softwaretools, welche die Zusammenarbeit – auch über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg – erleichtern (Stufe 3 der Architektur). Internationale Teams können seitdem per Videokonferenz Besprechungen durchführen, über Instant Messaging Lösungen diskutieren oder im virtuellen Klassenzimmer an Dokumenten arbeiten und gemeinsam lernen. In Microsoft-SharePoint-Teamseiten können Projektteams gemeinsam Dokumente, Termine oder Listen verwalten. Das Wissen, das sie entwickeln und teilen, ist dynamisch. Da es oft noch nicht einen finalen beziehungsweise „teilbaren“ Zustand erreicht hat, braucht es einen geschützten Raum. Die Teams können Zugriffsberechtigungen zu ihren temporären Teamseiten selbst verwalten. Das Portal für Projektwissen (Stufe 2 der Architektur) macht dann wiederverwendbares Wissen der Projekte für andere zugänglich. Zusätzlich zu dieser unternehmensweiten Infrastruktur für Collaboration gibt es unterschiedliche Werkzeuge für Social Media, wie zum Beispiel ein HP-weites Wikipedia, Blogs und Netzwerkplattformen, um Experten mit Experten sowie Experten mit Inhalten zu verbinden. “OneHP“ bietet seit November 2012 allen Mitarbeitern weltweit die Möglichkeit zur sozialen Zusammenarbeit in einer Facebook-ähnlichen Umgebung.
Während HP die Werkzeuge für Informationsmanagement und Collaboration allen Mitarbeitern weltweit zur Verfügung stellt, schneidet das Unternehmen seine Programme für das Wissensmanagement auf die spezifischen Geschäftsfelder und deren Bedürfnisse zu. Im Fokus steht dabei ein Wissen, das durch vordefinierte Metadaten (wie Dokumententyp, Land, Sprache, Produkt- oder Servicekategorie sowie Kundenbranche) teilweise strukturiert ist, um sowohl den dynamischen Austausch als auch eine optimale Auffindbarkeit zu ermöglichen. Inhalte können so hinsichtlich der definierten Eigenschaften (Metadaten) auch mehrdimensional strukturiert und gesucht werden. So können Mitarbeiter beispielsweise nach einem Angebot in Österreich in der Sprache Deutsch suchen, das zum Bereich „Rechenzentren“ und der Kundenbranche „Telekommunikation“ gehört.
Portfolio-Wissen
Von Seiten der Mitarbeiter bekam das Wissensmanagement-Team das Feedback, dass es zentral mehr (vor-)gebündeltes Wissen für Berater und Außendienst bereitstellen sollte. Daher schnürten die Verantwortlichen „Wissenspakete“ (standardisierte Dokumente) für externe Dienstleistungen in der Beratung und stellten sie in den Kategorien „Verkauf“, „Angebotsmanagement“ und „Projektlieferung“ auf der Wissensmanagement-Plattform bereit.
Marketing- und Servicemanager arbeiteten zusammen, um standardisierte Inhalte in einer strukturierten und leicht wiederverwendbaren Art und Weise anzubieten. Das Portal bietet somit Zugriff auf Dokumentationen zu Themen, die für unser Portfolio relevant sind, beispielsweise Kundenpräsentationen, Marketing-Flyer, standardisierte Angebote, Merkblätter und Leitfäden für die Projektimplementierung. Die Autoren, welche die Dokumente erstellen, sind vorwiegend globale Services und Marketingmanager oder Mitarbeiter aus diesen Bereichen. Die Art von Wissen, die sie dokumentieren, wird in unserer dreistufigen Architektur „Portfolio-Wissen“ genannt. Hier geht es um Kernwissen zu allen Dienstleistungen des Technology Consultings, die HP weltweit am Markt anbietet, und somit darum, sicherzustellen, dass Dokumentationen für Verkauf, Angebotsmanagement und Lieferung verfügbar sind.
Fazit
Dass HP in Sachen Wissensmanagement auf dem richtigen Weg ist, haben uns externe Analysen bestätigt. Während des letzten Jahrzehnts war das Unternehmen mehrmals unter den Gewinnern der weltweiten MAKE-Studie (MAKE = Most Admired Knowledge Enterprise). Auch die Autoren der APQC-Studie „The Role of Evolving Technologies“ haben HP als eines der fünf „Best Practice“-Unternehmen ausgewählt. Ferner wurde im Jahr 2009 HP´s Business Management System (BMS) für Wissensmanagement ISO-zertifiziert (im Technology-Consulting- Geschäft, Region „Europa, Mittlerer Osten und Afrika“).
Doch Wissensmanagement ist nie abgeschlossen. Es gilt, immer wieder zu überprüfen, ob die Prozesse und Technologien noch passen und die Menschen nach wie vor mit im Boot sind. Dabei können die in Abbildung 3 dargestellten Schlüsselfragen für die Einführung von Wissensmanagement hilfreich sein, wie die Erfahrung zeigt.
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Der Originalbeitrag erschien in der Human Resources-Zeitschrift
“personal manager” | Ausgabe 4/2014
Prozesse
Im Prozessmanagement ging es vor allem darum, das Wissensmanagement in bestehende Geschäftsprozesse einzubetten, beispielsweise in das Projektmanagement. Über Wissensmanagement-Aktivitäten wird zudem als Bestandteil der Projektarbeit berichtet. Kennzahlen sind sehr wichtig, um Erfolg und Wirkung des Wissensmanagements zu belegen. Messbare Größen sind beispielsweise die Anzahl der Downloads und die Zahl der eingebrachten Beiträge. Aber auch die durch das Wissensmanagement gewonnenen Angebote und Umsätze sowie die Einsparungen von Zeit und Kosten (etwa durch Fallstudien) lassen sich beziffern.
Eine Wissensmanagement-Initiative bringt zwangsläufig einen Veränderungsprozess mit sich. Schlüssel zum Erfolg dieses Prozesses sind eine klare und konsequente Kommunikation, Führungsunterstützung, Einbeziehung aller „Stakeholder“ und Schlüsselpersonen sowie der Mitarbeiter selbst. Großgruppenveranstaltungen sind ein guter Weg, die Belegschaft zu involvieren. Im Jahr 2004 organisierte ich beispielsweise eine „Wissensmesse“ bei HP in Wien. Teilnehmer aus der gesamten Organisation in Österreich traten in einem für jeden Teilnehmer auf die Geschäftseinheit maßgeschneiderten Quiz gegeneinander an. Das Beantworten der Fragen setzte voraus, dass die Teilnehmer das Wissensmanagement-Tool nutzen sowie an den Marktständen vor Ort Experten finden. Dieser groß angelegte Event steigerte das Bewusstsein für Wissensmanagement im Unternehmen. Die HP-Führungsspitze eröffnete, unterstützte und führte diese besondere Mitarbeiterveranstaltung zu einem gelungenen Abschluss.