man standing in front of group of men
Foto von Austin Distel

Entsprechend gross ist jeweils die Aufbruchsstimmung bei den westlichen Kunden. Doch was in Präsentationen und Tabellenkalkulationen oft unproblematisch klingt, erweist sich in der Praxis als eine plötzliche Zunahme von Mikromanagement, Ineffizienz und Frustration.

Langjährige IT-Mitarbeiter auf Kundenseiten betrachten die Auslagerung mit Skepsis, manche sogar mit Argwohn. Der Grund: Was sie aufgebaut haben, erachten sie als ihr „Baby“, das ihnen jetzt einfach so aus den Händen gerissen werden soll.

 

Verunsicherung und Schuldzuweisungen

In Indien packt man die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Auftraggeber mit grossem Elan an. Doch bald geraten Arbeitsabläufe ins Stocken. Der Kunde wechselt den Programm-Manager aus, und bereits in Angriff genommene Projekte werden neu ausgerichtet. Zur Ernüchterung bei den indischen Partnern kommt Verunsicherung.

Der Email-Verkehr wird einsilbig, Telefonkonferenzen werden vom Kunden kurzfristig grundlos abgesagt, und die indischen Kollegen sind vor den Kopf gestossen. Wie soll unter diesen Bedingungen der gegenseitige Know-how-Transfer vollzogen werden? Wie soll man mit dem Kunden überhaupt noch zusammenarbeiten?

Für die indische Firma, einem weltweit bekannten IT-Dienstleister, steht einiges auf dem Spiel. Das Outsourcing-Programm hat ein Volumen in zweistelliger Millionenhöhe. Ein frühzeitiger Stopp würde neben dem finanziellen Verlust auch einen Image-Schaden nach sich ziehen.

In der Schweiz, wo bereits Gerüchte über einen peinlichen Rückzug aus Indien im Umlauf sind, erkennt man den Ernst der Lage: Ein interkultureller Vermittler soll her, der die Kommunikation zwischen Indern und Schweizern wieder zum Fliessen bringen soll.

Tatsächlich verringern interkulturelle Schulungen das Mikromanagement um rund 30%. Ausserdem fühlen sich Mitarbeiter gestärkt und zuversichtlich, dass ihre Zusammenarbeit mit den Kollegen in Indien erfolgreich sein wird.

 

Wenn Kunden mich zu Rate ziehen, kläre ich die Befindlichkeiten auf beiden Seiten ab. Auf der indischen Seite tönt es dann meistens so:

    „Die Teams in der Schweiz behandeln uns von oben herab.“

    „Sie trauen uns nicht, und sie trauen uns nichts zu.“

    „Für die Schweizer Kollegen zählen einzig Qualität und Pünktlichkeit.“

    „Sie erwarten Kreativität und selbständiges Arbeiten – lassen uns dann aber doch nicht gewähren.“

Die Aussagen der Schweizer über ihre Kollegen in Indien sind ebenso ernüchternd:

    „Die Inder denken in Hierarchien. Immer sichern sie sich bei ihrem Management ab.“

    „Die Organisation der Zusammenarbeit ist zeitraubend.“

    „Die Inder erfüllen nur die Aufträge. Aber sie denken nicht mit.“

    „Sie halten zwar die Termine ein, liefern ihre Projekte aber oft qualitativ ungenügend ab.“

 
 

Viele Inder fühlen sich brüskiert

Liest man diese Aussagen, könnte man denken, Outsourcing nach Indien sei eine schlechte Idee. Tatsache ist, dass der Gang nach Indien jedes Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Wer dies in Abrede stellt, verkennt die Realitäten. Inder pflegen einen Arbeitsstil, der für Westeuropäer oft unerklärbar oder gar irritierend ist. Doch auch umgekehrt gilt: Westeuropäer kommunizieren und handeln in einer Art und Weise, die für viele Inder ungewohnt und oft sogar brüskierend ist.

Doch es wäre falsch, die Zusammenarbeit mit Indien deswegen grundsätzlich infrage zu stellen. Viele Probleme können nämlich von Anfang an dank interkulturellem Training vermieden werden. Denn die kulturellen Unterschiede machen sich immer bei den Themen Führung, Hierarchie, Kommunikation, Zeitmanagement und Qualitätssicherung bemerkbar.

Wer die Kernelemente der indischen Kultur und Mentalität Indiens versteht und lernt, wie diese sich auf die soeben erwähnten Themen auswirken, hat mehr Planungssicherheit in seinem Indien-Projekt. Teilnehmer solcher interkultureller Schulungen können mühelos konkrete, einfache Handlungsoptionen erarbeiten, um die Zusammenarbeit mit Indien erfolgreich zu gestalten.

 

 

Die 5 kritischen Erfolgsfaktoren

   

1. Hierarchie

Status und hierarchische Ordnung haben in Indien einen hohen Stellenwert. Für Schweizer Projektleiter und Teammitglieder ist es wichtig zu wissen, wieso indische Mitarbeiter sich an hierarchischen Strukturen orientieren. Ohne dieses Wissen kann es Schweizern nicht gelingen, ihre Zusammenarbeit mit indischen Kollegen richtig zu organisieren.

2. Führung…

Der partizipative Führungsstil, wie wir ihn in der Schweiz kennen, wird in Indien oft als Schwäche interpretiert. Es gilt, klarer und bewusster zu führen, statt sich darauf zu verlassen, dass „die andern schon wissen, was man meint“.

3. Kommunikation…

Der Mensch kommuniziert auch in technischen Dokumenten zwischen den Zeilen. Genau diese Informationen muss das Schweizer Team schriftlich und mündlich artikulieren.

4. Zeit-
Management

Inder haben gemäss ihrer Mythologie 311 Billionen Jahre Zeit, um die Seele harmonisch zu vervollkommnen – ein Problem, wenn man pünktlich sein soll! Der Schweizer Projektleiter muss Verbindlichkeit und Dringlichkeit von Terminen plausibel und mit Nachdruck aufzeigen.

5. Qualitäts-sicherung

Indien steht inmitten seiner Industrialisierung und geht daher von anderen Qualitätsstandards aus als man dies in der Schweiz tut. Wie bei den Terminen gilt auch hier: was Qualität ist, muss zuerst im Detail spezifiziert und kann erst dann eingefordert werden.