Absolventenkappe wird in die Luft gestreckt
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Uni- und Hochschulabsolventen sind eine Zielgruppe im Arbeitsmarkt, die momentan leider bei vielen Unternehmen in den Hintergrund rutscht.  Unwille ist da, in Weiterbildungen für junge Jobanfänger zu investieren. Jedoch birgt diese Arbeitsgruppe eine Riesenchance und kann maßgeblich zu dem Erfolg Ihres Unternehmens beitragen.

In der aktuellen Folge des HRM Hacks Podcast spricht Alexander Petsch mit Dr. Philipp Karl Seegers, dem Gründer und CEO von candidate select darüber, wie Sie diese Graduierten für Ihr eigenes Unternehmen fesseln können und welches Potenzial sie in sich bergen.

Graduates als wichtige Zielgruppe  

Graduierte sind eine wichtige Zielgruppe, und laut Dr. Karl Philipps Seegers sollte man diese auch nicht vernachlässigen, wenn es gerade opportun ist, oder der Arbeitsmarkt einen dazu zwingt, Budgetstreichungen durchzuführen. Besonders aus dem  betriebswirtschaftlichen Blick macht es Sinn, junge Leute direkt nach dem Studium einzustellen, da sie in der Regel weniger Geld verdienen, aber noch durchaus Kraft und Lust haben, sich in Ihrem Unternehmen einzusetzen.

Internationale Graduates gegen den Fachkräftemangel

In den letzten Jahren konnte man einen leichten Rückgang in den deutschen Studienanfängerzahlen verzeichnen. Wenn man jedoch den Blick in den internationalen Raum richtet, sieht es anders aus: es gibt inzwischen über 240 Millionen Studierende weltweit, davon 20 Millionen in Europa, 20 Millionen in den USA, 40 Millionen in Indien und 40 Millionen China. Diese vier Märkte decken allein die Hälfte aller Studierende weltweit ab und die Zahl steigt weiterhin exponentiell.

Hier liegt eine riesige Chance für den deutschen Arbeitsmarkt: durch den großen Wachstum im Hochschulbereich auf dem globalen Level hat man die Chance, qualifizierte Personen, die nicht aus Deutschland kommen, in den Arbeitsmarkt einzugliedern und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Sprache könnte hierbei jedoch als Bottleneck auftreten: wenn Sie jedoch bereit sind, sich als Unternehmen zu öffnen, ist die Chance laut Dr. Philipp Kark Seegers hoch, dass Sie extrem smarte, motivierte und gute Leute für Ihr Unternehmen gewinnen.

FHs sollten nicht unterschätzen

Es herrscht immer noch das Stigma, das Fachhochschulen eher schlechter abschneiden als Universitäten – und deshalb bevorzugen Unternehmen Absolventen aus der Uni. Diesen Fehler sollten Sie jedoch nicht machen: in den kognitiven Leistungstests, die Seegers bei case durchführte, schnitten FH-Absolventen kaum schlechter als Uni- Absolventen ab. Manche FHs sind qualitativ besser als Universitäten.

Bachelor reicht vollkommen aus

Viele Unternehmen fordern heutzutage immer noch mindestens ein Master-Abschluss. Jedoch geht der Trend immer weiter in die Richtung, dass junge Leute nach ihrem Bachelor direkt arbeiten gehen wollen. Im internationalen Vergleich wie zum Beispiel mit den USA und UK ist der Bachelor ein vollwertiger Abschluss – die wenigstens machen einen Master noch hintendran. Seegers ist der festen Überzeugung, dass für die meisten Jobs auch der Stoff und die Inhalte des Bachelors ausgereicht hätten.

Was wollen Graduates?

Für Unternehmen, die eine starke Marke haben, ist es kein Problem, sich zwischen zahlreichen Bewerbungen zu entscheiden. Doch Unternehmen, die eher unbekannt sind, müssen sich überlegen, wie sie attraktiv für Absolventen bleiben und werden. Dabei spielen die Benefits eine große Rolle. In einer Studierendenbefragung von Seegers sagen etwa 80 Prozent, dass Weiterbildung ein wichtiges Benefit sei. Bei Mobilitätsangeboten sind es etwa 60 Prozent, Essen und Trinken bevorzugen auch etwa 60 Prozent. Ein Firmenhandy finden nur etwa 20 Prozent attraktiv.

Rückkehr ins Büro als großer Anreiz

Die Coronazeit hat besonders bei jungen Leuten ihre Spuren hinterlassen: Home Office oder remote arbeiten ist eher unattraktiv geworden. Der gewünschte Schnitt an Tagen im Büro liegt bei drei Tage. Über 20 Prozent wollen Vollzeit im Büro sein. Und nur 4,6 Prozent wollen wirklich Vollzeit Remote arbeiten. Die jungen Leute wollen ins Büro, wollen lernen, wie ein Unternehmen funktioniert, ein Netzwerk aufbauen und im Kontakt mit den Kollegen sein.

First Mover Advantage: Werkstudentenjobs

Ein Großteil der Studierenden arbeiten während des Studiums. Während manche einen fachfremden Job wählen, haben viele Studierende schon einen Nebenjob, der einen klaren Bezug zu dem hat, was sie im Studium durchnehmen, also die sogenannten Werkstudentenjobs. Und hier liegt ein Riesenvorteil  für Ihr Unternehmen: sie können vor dem Abschluss ihres Werkstudenten potenzielle langfristige Arbeitnehmer recruiten. Hier liegt der first mover advantage: Sie können neue Talente entdecken, bevor sie ihr Studium abschließen und auf den Arbeitsmarkt kommen.

Zur Person: Dr. Karl Philipp Seegers beschäftigt sich als „Labour Economist” mit dem Übergang zwischen Bildung und Arbeitsmarkt. Er hat das HR-Tech Unternehmen candidate select GmbH (case) gegründet, welches große Datensätze und wissenschaftliche Methoden nutzt, um Bildungsabschlüsse weltweit vergleichbar zu machen. Darüber hinaus forscht Philipp als Research Fellow der Maastricht University und als Initiator der Studienreihe „Fachkraft 2030“ aktiv an Fragestellungen im Bereich Bildungsökonomie, psychologische Diagnostik und Arbeitsmarkt.