Zehn Fallstudien einer diversen Bewerbergruppe bilden das Herz des Buches. Die Autoren analysieren sowohl positive als auch negative Erfahrungen. Doch vor allem die negativen bleiben den Betroffenen und auch dem Leser im Gedächtnis.

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Berichtet wird von ausbleibender oder nicht wertschätzender Kommunikation, der Vorspiegelung falscher Tatsachen im Bewerbungsprozess oder unprofessionellen Gesprächspartnern.

Was folgt aus der genauen Analyse und den Erkenntnissen aus den Fallstudien? Bei Maïté und Robindro Ullah ist es vor allem eine lange und technische Liste von Dos and Don’ts. Die gesamte Betrachtung bezieht sich auf Recruitingprozesse, die Arbeit der Personalabteilungen und deren Kommunikation. Vor allem hier verorten die Autoren den Ursprung der Candidate Experience. Die Handlungsempfehlungen sind nachvollziehbar und klar dargestellt, doch der Blickwinkel ist hier zu stark eingeschränkt. Zwar ist die Eindimensionalität der Betrachtungen sicherlich beabsichtigt. Doch über eine Symptombehandlung gehen sie nicht hinaus, da sie sich ausschließlich an die Personalabteilungen richten. Wie andere Abteilungen sind aber auch diese ein Spiegel der Unternehmenskultur. Hier verpassen die Autoren die Chance, die Perspektive im Recruiting nicht nur zu wechseln, sondern zu erweitern. Lohnend und lehrreich wäre der Blick auf erfolgreiche Arbeitgebermarken wie zum Beispiel Google. Eric Schmidt (CEO Google, 2001-2011) bringt es auf den Punkt: „Hiring Is the Most Important Thing You Do“. Hier zeigt sich, wie tief das Thema Recruiting in der Strategie und Kultur des gesamten Unternehmens angelegt ist. Aus dieser Verankerung erwächst die Candidate Experience. Der wichtige Beitrag von Maïté und Robindro Ullah liegt darin, den Finger in die Wunde zu legen.

Sie machen Unternehmen und deren Personalverantwortlichen die besondere Dringlichkeit deutlich, mit der diese ihr Recruiting professionalisieren müssen. Dabei kann die Umsetzung der im Buch dargestellten Handlungsempfehlungen für Personalabteilungen ein erster wichtiger Schritt sein.

Dies allein wird jedoch nicht ausreichen. Diejenigen Unternehmen, die jetzt anfangen, Bewerbern eine „Top Candidate Experience“ im Recruitingprozess zu ermöglichen, schließen lediglich zum Status quo der zukunftsfähigen Arbeitgebermarken auf.

Erfolgsfaktor Candidate Experience
Der Perspektivwechsel im Recruiting

Von Maïté Ullah und Robindro Ullah

 

Schäffer Poeschel
1. Auflage 2015
206 Seiten
ISBN 978-3-7910-3480-5
39,95 Euro

 

 

 

 

Leseprobe


Candidate Experience ist ein Begriff, der erst in den letzten Jahren aufgekommen ist. Schlagworte wie demografischer Wandel, Fachkräftemangel oder Ingenieurslücke gingen ihm voraus und ebneten den Weg für die Entstehung eines neuen Bewusstseins in den Köpfen der Personaler.

Um an die grundsätzliche Thematik anzuknüpfen hatte Joachim Diercks, Geschäftsführer der Cyquest GmbH und bekannter HR-Blogger, 2014 zum „Jahr des Kandidaten“ ausgerufen und traf damit den Nagel auf den Kopf. Um sich als Arbeitgeber aus der Masse zu lösen und Erfolg bei der gewünschten Bewerber-Zielgruppe zu haben, muss eben dieser, der Kandidat eines Bewerbungsprozesses, wahr- und ernst genommen werden und seine Wünsche, Anforderungen, Gefühle während des Einstellungsverfahrens – und grundsätzlich an ein potenzielles Arbeitsverhältnis – müssen gründlich analysiert und nach Möglichkeit umgesetzt bzw. optimiert werden.

Der Kampf um die passenden Talente ist vielerorts zunehmend anstrengend und schwierig geworden. Der Konkurrenzdruck steigt, und man kann sich die Bewerber als Unternehmen nicht mehr einfach aussuchen.


Quelle: personal manager – Zeitschrift für Human Resources | Ausgabe 3  Mai/ Juni 2016.