Black und Mendenhall [1] beschreiben die oben erwähnten Typen danach, wie stark ausgeprägt bei einer Person die Bindung an das Gast- bzw and das Heimatland ist. Aus der Sicht der Personalentwicklung ist interessant, welche spezifischen Stärken jeder dieser Typen für Führungsaufgaben am Auslandsstandort mitbringt, und wo die Risiken liegen, bzw. eventuell Unterstützungsbedarf besteht.
Eine starke Bindung an das Gastland, wie bei den “Gastland-orientierten” und “doppelten Staatsbürgern” ist mit Sicherheit von Vorteil, wenn es darum geht, lokale Netzwerke aufzubauen und zu erhalten. Auch kann die Zusammenarbeit mit lokalen Mitarbeitern davon profitieren, dass die entsandte Führungskraft eine starke Bindung an das Gastland mitbringt bzw. entwickelt. Fällt diese Bindung, wie beim “doppelten Staatsbürger” mit einer ebenfalls starken Bindung ans Heimatland zusammen, so ergeben sich idealerweise Chancen für eine echte Vermittlung zwischen lokalen Rahmenbedingungen und den Anforderungen des Mutterunternehmens an unternehmensweite Kohärenz von Arbeitsabläufen. Die dabei auftretenden Spannungen bergen andererseits das Risiko, die Führungskraft mit starken Bindungen zum Heimat- und zum Gastland zu überlasten. Eine kontinuierliche Begleitung vor Ort kann dem vorbeugen.
Ist die Bindung zu Heimatland weniger ausgeprägt, besteht das Risiko eher darin, dass Interessen des Stammunternehmens zugunsten lokaler Lösungen vernachlässigt werden. Hier ist es wichtig, möglichst gute Kommunikationskanäle zwischen Stammhaus und lokaler Führung zu schaffen, und darauf zu achten, dass diese funktionsfähig bleiben.
“Heimatland orientierte” werden eher dazu neigen, die Führungspratiken des Stammunternehmens im lokalen Unternehmen umzusetzen, was dem Interesse des Stammunternehmens nach weltweit möglichst einheitlichen Arbeitsabläufen, und den damit verbundenen Synergie-Effekten, entgegenkommt. Dabei besteht allerdings das Risiko, lokale Rahmenbedingungen falsch einzuschätzen, und notwendige Anpassungen an lokale Gegebenheiten zu unterlassen. Auch hier kann eine kontinuierliche Begleitung helfen, bei Bedarf rechtzeitig gegenzusteuern.
Auch die stark an der Aufgabe, und weniger an den Beziehungen zu Heimat- oder Gastland orientierte Haltung des “globalen Nomaden” kann für die Führung eines Auslandsstandortes von Vorteil sein, wenn sie etwa zu kreativen und vielleicht unkonventionellen Lösungen für Probleme vor Ort führt, die sich nicht ohne weiteres mit bestehenden Abläufen des Stammhauses abhandeln lassen. Voraussetzung für konstruktive Lösungen ist allerdings auch hier eine gute und kontinuierliche Kommunikation zwischen Stammhaus und lokaler Führung.
In allen Fällen kann eine kontinuierliche Begleitung der entsandten Führungskraft vor Ort, etwa durch
virtuelles Coaching, helfen, die Potentiale der individuellen Prägungen (s. dazu z.B.
Fragen zur Selbsteinschätzung) zu nutzen, aber auch ggf. die Situation aus neuen Perspektiven zu betrachten.
In der Literatur findet man vier Typen von Expats:
Da sind zum einen die Heimatland-orientierten, jene, die „ ihr Herz zuhause lassen“. Jene, die keine große Nähe zum Gastland aufbauen und stark in ihrem Heimatland verwurzelt bleiben.
Dann die „Gastland-orientierten“, deren Wunsch es ist, sich möglichst intensiv mit dem Gastland auseinander zu setzen; sie identifizieren sich mit dem Gastland, zu dem sie eine große Nähe entwickeln. Gleichzeitig gehen sie auf eine größere Distanz zum Heimatland.
Dann sind da noch die „doppelten Staatsbürger“, die innerlich in einer ausbalancierten Nähe bzw. Distanz zu ihrem Heimatland und ihrem Gastland leben.
Last but not least gibt es noch jene, die weder eine große Nähe zum Heimatland bewahren, noch eine starke Verbindung zum Gastland aufbauen. Die sogenannten globalen Nomaden. Ihr Fokus ist stärker die Aufgabe, die vor ihnen liegt, als das Land in dem sie gerade beschäftigt sind.
1. Black et al 1991, Towards a comprehensive model of international adjustment; Academy of Management Review