Zwei Tage hatte ich in dieser Woche Zeit, mir ein Bild von der LEARNTEC in Karlsruhe zu machen. Im vergangenen Jahr hatte ich viele Anregungen aus dem Kongress – vor allem zum damals noch relativ neuen Thema Web 2.0 in Unternehmen - mitgenommen und war mit entsprechend hohen Erwartungen angereist. Der Besuch hielt für mich allerdings nicht, was er versprach.

Selbstverständlich bot der Kongress auch dieses Mal spannende Sektionen, darunter beispielsweise eine Reihe mit dem Titel "Web 2.0-gestütztes Wissensmanagement". www.weiterbildungsblog.de/archives/cat_trends_in_der_weiterbildung.html
Doch wirklich neue Ansätze? Leider Fehlanzeige. Im Vordergrund standen, zumindest in den Vorträgen, die sich mit unternehmensinterner Weiterbildung beschäftigten, das Lernen 2.0. Da viele Unternehmen noch immer sehr skeptisch sind, was Web 2.0-Technologien betrifft, fehlten die neuen Best-Practice-Beispiele. Dass sich die Unternehmen so zurückhalten, ist natürlich ihr eigenes Problem: Sie versäumen es derzeit, mithilfe des Web 2.0 aktuellen Herausforderungen wie dem demographischen Wandel oder der Konkurrenz im globalen Wettbewerb entgegen zu steuern. Die so genannten High Potentials wachsen mit neuen Technologien auf und werden diese auch von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten.

Für die LEARNTEC ist diese Tendenz allerdings auch gefährlich. Gelingt es ihr nicht, neue Akzente zu setzen, steht möglicherweise ihre Zukunft auf dem Spiel. Die Besucherzahlen konnten an den beiden Tagen, an denen ich vor Ort war, nicht mit denen des vergangenen Jahres mithalten – auf dem Kongress und auf der Messe mit einer verkleinerten Ausstellungsfläche. Unzufriedene Messeaussteller waren an den ersten beiden Tagen in der Mehrheit. Der eine oder andere sprach deshalb auch davon, dass die LEARNTEC bald vor dem Aus stehe, wenn das so weiter ginge. Das sind Spekulationen, die sicherlich auch darauf beruhen, dass die Messe in den vergangenen Jahren kontinuierlich geschrumpft ist.

Wie versucht der Veranstalter, die Karlsruher Messe- und Kongressgesellschaft (KMK), dieser Entwicklung entgegen zu wirken? Zum einen mit einer erweiterten Themenpalette: So drehte sich die Eröffnungsveranstaltung um das Thema Ethik und Moral in der Wirtschaft. Von den Keynote-Speakern gelang es allerdings nur Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, dabei auch die Verbindung zur Lernkultur herauszustellen. Die muntere Diskussion darum, ob unsere Eliten angesichts von unverhältnismäßigen Managergehälter therapiebedürftig sind, mutete auf einer Messe für Bildungstechnologie eher befremdlich an. Der Bezug zur Bildung blitze nur in der Frage auf: „Brauchen wir mehr Erziehung anstatt Bildung?“

Zum anderen ist es offensichtlich ein Anliegen der Veranstalter, die Themen der LEARNTEC in der gesellschaftlichen Diskussion höher aufzuhängen. Bildungsetats steigern, die intellektuelle Bildungscommunity öffnen und die finanziellen Entscheidungsträger wachrütteln, da Bildung eine entscheidende Bedeutung für unsere Wissensgesellschaft hat - das waren Forderungen, die die Diskutanten in der Podiumsdiskussion „Kopf oder Zahl“ äußerten. Wenn es nicht beim Lamentieren darüber bleibt, dass Politik und Wirtschaft, die Bildung nicht Ernst genug nehmen, sind diese Ansätze bestimmt der richtige Weg. Doch werden die Beteiligten ihre Ideen noch rechtzeitig genug in die Tat umsetzen, um die LEARNTEC zu retten? Aussagen wie die von Gerald Böse, Geschäftsführer der KMK, dass es die LEARNTEC noch die nächsten 15 Jahre geben werde, wirken vor diesem Hintergrund jedenfalls wie das verzweifelte Aufbäumen eines sterbenden Schwans.

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Foto von Green Chameleon